663 Geometergis-mobile ein Informationssystem für Geometerbüros mit Open-Source-Software am Beispiel von gvsig Mini Hartmuth SCHACHINGER 1 Einleitung/Motivation Das Geometerbüro Schachinger gibt es in Schärding seit 1976. Im Laufe der Zeit haben sich große Datenbestände angesammelt. Einerseits gibt es zu jedem Geschäftsfall Sachdaten ohne direkten Raumbezug. Andererseits gibt es verteilt im Dateisystem Vermessungsdaten mit Raumbezug, die wiederum keinen direkten Bezug zu den Sachdaten aus den Geschäftsfällen haben. Als Neueinsteiger in die Firma ist es schwer, die alten Geschäftsfälle zu finden und zu bewerten. In einem Kundengespräch im Büro oder auch vor Ort hat man allerdings meist nur wenig Zeit zu reagieren. Man muss innerhalb weniger Sekunden im Bilde sein, um mitreden zu können. Aus diesem Grund entstand als hauseigenes Informationssystem Geometergis. 1.1 Anforderungen Daten möglichst aktuell aber kein Anspruch auf Vollständigkeit GIS-Daten möglichst allgemein verwendbar Client einfach und schnell Ausdrucke Anpassbar Neu: mobil verwendbar Niedrige Softwarekosten 1.2 Realisierung Über die Jahre hat sich im Büro eine heterogene Softwarelandschaft entwickelt. Die Daten der Geschäftsfälle werden in einer MySQL-Datenbank abgelegt. Katasterdaten (DKM) liegen als DXF-Dateien vor. Vermessungsdaten sind als Textdateien oder Microsoft Access Datenbanken vorhanden. Zusätzlich sind teilweise Flächenwidmungspläne sowohl als AutoCAD-Zeichnungen als auch als GIS-Datensatz verfügbar. In einigen Bereichen sind Orthofotos als Bilddateien vorhanden. Zur Datenspeicherung wird für das Geometergis PostGIS verwendet. Kaum veränderliche Daten werden bei Bedarf in die Datenbank eingepflegt. Die Daten aus den Geschäftsfällen und Vermessungsdaten werden wöchentlich automatisiert in die Datenbank übernommen. Dabei wird zugunsten der Automation auf Vollständigkeit verzichtet. Zur Publikation der Daten wird GeoServer verwendet. Dieser erlaubt es die Daten komfortabel in Google Earth einzublenden und Ergebnisse von WMS-GetFeatureInfo requests zu gestalten. Strobl, J., Blaschke, T. & Griesebner, G. (Hrsg.) (2011): Angewandte Geoinformatik 2011. Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-508-9. Dieser Beitrag ist ein Open-Access-Beitrag, der unter den Bedingungen und unter den Auflagen der Creative Commons Attribution Lizenz verteilt wird (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/).
664 H. Schachinger Google Earth als GIS-Client wird verwendet, da keine Lizenzkosten anfallen und die Hintergrunddaten (Orthofoto, Adressdaten) im Raum Oberösterreich sehr aktuell sind (wurden von OÖ Landesregierung erworben). Seit eineinhalb Jahren wird als zusätzlicher Client gvsig Mini verwendet. Dieses erlaubt es, das Geometergis im offenen Gelände zu verwenden und abzufragen. Prinzipiell werden für das Geometergis Open-Source-Software und freie Programme verwendet. Dies geschieht aus Kostengründen. Außerdem hat sich herausgestellt, dass der Support über Mailing-Listen äußerst effizient funktioniert. 2 Server Da die Daten gemischt in diversen Datenbanken und als Dateien im Dateisystem vorhanden sind, werden alle GIS relevanten Daten als Kopie in eine zentrale PostGIS-Datenbank überführt. PostGIS wird wegen der mächtigen Funktionalität verwendet. Außerdem war am Anfang der Umgang mit verschiedenen Projektionssystemen fehlerfrei nur mit PostGIS möglich. Speziell gab es Probleme mit den Systemen der österreichischen Landesvermessung und der Projektion nach WGS84 (EPSG:4326). Die Speicherung in einer Datenbank ist natürlich nicht Selbstzweck des Geometergis. Die Daten werden als OGC Webservices mit GeoServer publiziert. Auf GeoServer ist die Wahl gefallen, weil dieses Programm einfach zu konfigurieren ist. Außerdem ist die Entwicklergemeinde sehr aktiv. GeoServer bietet außerdem die Möglichkeit sogenannte superoverlays für Google Earth zu erstellen. In GeoServer werden die Abfrageergebnisse vorkonfiguriert. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit mittels PDF maßstabsgerechte Ausdrucke zu erzeugen. 3 Client Google Earth Der größte Vorteil von Google Earth als GIS-Client ist die weite Verbreitung bei EDV Anwendern. Eine Schulung der Programmfunktionen ist daher meist nicht notwendig. Ein weiterer Pluspunkt sind die bei Google vorhandenen Daten. In den letzten Jahren wurden von der OÖ Landesregierung erstklassige hochauflösende Luftbilder gemacht, die in den Google Satellitenbildern enthalten sind. Zusätzlich hat Google auch die Adressdaten aus OÖ übernommen. Leider ist es nicht möglich, mit der freien Version von Google Earth maßstabsgerechte Ausdrucke zu erzeugen. Diese Funktion muss daher GeoServer übernehmen. Im GeoServer werden folgende Ebenen für die Verwendung in Google Earth bereitgestellt. DKM: Nutzungen (nur zur Ansicht) Punkte mit Sachdaten und Analysemöglichkeiten Grundstücke mit Sachdaten und Analysemöglichkeiten
Geometergis-mobile 665 Vermessungsdaten: Festpunkte mit Sachdaten und Analysemöglichkeiten GPS Messungen (nur zur Ansicht) Messpunkte mit Sachdaten und Analysemöglichkeiten Sonstige: Flächenwidmung (nur zur Ansicht) In den Analysen wird zum Teil auch die Möglichkeit genutzt, mit GeoServer PDFs zu erstellen. Weiters gibt es die Möglichkeit vom Geometergis direkt in die Erzeugerprogramme zu wechseln oder zumindest in das Verzeichnis der Geschäftszahl im Dateisystem zu wechseln. Eine Abfragemöglichkeit des BEV-Portals für den Bezug von Geobasisdaten ist ebenfalls implementiert. 4 Client GvSIG Mini 4.1 Historie von Geometergis-mobile In den letzten beiden Jahren ist die Verbreitung von Smartphones rasant gestiegen. In der Regel sind diese Geräte mit einem GPS Empfänger und einer Internetverbindung ausgestattet. Es liegt also nahe, diese Geräte mit einem kleinen schlanken GIS Viewer auszustatten, der auf OGC-Services zugreifen kann. GvSIG Mini ist unter anderem auch für Android Handys erhältlich. Ein erster Schritt war einfach die Ebenen, welche im Google Earth verwendet werden mit gvsig Mini darzustellen. Um ähnliche Informationen, wie am Desktop zu bekommen, wurden die Stylingregeln im GeoServer für die Smartphones angepasst. Im Gegensatz zu Google Earth ist es nicht möglich, Layer gefiltert nachzuladen. Dafür ist es möglich mehrere Layergruppen zu definieren, die wechselseitig ausgewählt und dargestellt werden können. Mittlerweile ist es möglich, GetFeatureInfo requests an WMS Dienste zu senden. Mit dieser Programmfunktion ist es nun wieder möglich, ähnliche Analysen wie in der Desktopvariante des Geometergis anzubieten. Der Unterschied liegt jetzt rein darin, dass keine Popups mehr auftauchen sondern das Ergebnis eines GetFeatureInfo request entsprechend gestaltet wird. 4.2 Anforderungen Darstellung der Daten am Standpunkt (Positionierung mittels GPS) Blickrichtung in Karte darstellen Verschiedene Darstellungen je nach Einsatz Abfrage von Kataster und Bürodaten Im Einsatz im Feld werden in erster Linie Suchen nach Punktkoordinaten sowohl von Festpunkten als auch von Grenzpunkten benötigt. Ebenso interessant ist die Verknüpfung zur Geschäftsdatenbank und deren Daten. Auch PDFs sind im Feldeinsatz erzeugbar und auch gleich weiterleitbar an Kundschaften beziehungsweise das Büro.
666 H. Schachinger 4.3 gvsig Mini GvSIG Mini wird von der Firma prodevelop entwickelt. Als Opensource Projekt stehen die Quellen zur Verfügung. Ein großer Vorteil im Gegensatz zu gvsig (desktop) ist, dass die Dokumentation auf Englisch erstellt wird. Es ist dadurch relativ leicht, gvsig Mini zu installieren und zu konfigurieren. Support ist durch die englischsprachige gvsig-e-mail- Liste erhältlich. In der Regel werden Anfragen innerhalb weniger Tage beantwortet. Anregungen zu neuen Funktionen werden angenommen und relativ schnell ausgeführt. GvSIG Mini ist ein Programm zur Darstellung von TileCacheservices und WMS-Diensten. Standardmäßig sind mehrere Varianten von OSM vorkonfiguriert. Anhand der Datei layers.txt im Smartphone kann diese Liste aber ersetzt bzw. ergänzt werden. 1 Geometergis mit Bem;5[>],http://gisgeometer.dyndns.org:8080/geometergis/wms?, image/png,22,0,256,-99.568,-35.85,-99.568,-35.85,129.17,57.952,epsg:4326, 0.8935078125:0.44675390625:0.223376953125:0.1116884765625:0.05584423828125:0.0279221191 40625:0.0139610595703125:0.00698052978515625:0.003490264892578125:0.0017451324462890625 :8.725662231445312E-4:4.362831115722656E-4:2.181415557861328E-4:1.090707778930664E- 4:5.45353889465332E-5:2.72676944732666E-5:1.36338472366333E-5:6.81692361831665E- 6:3.408461809158325E-6:1.7042309045791626E-6:8.521154522895813E- 7,geometer1000,1.1.1,text/html In dem File werden nacheinander die Reihenfolge in der Layerliste, der Name, die Art des Services, URL, das Bildformat, Die Anzahl der Zoomstufen, die Projektion, die darzustellenden Layer, die Version des Services und das Info Format für den GetFeaturInfo-request angegeben. Es ist also möglich eigene Layerzusammenstellungen einzufügen. Außerdem ist es möglich das Antwortverhalten des WMS-Dienstes zu beeinflussen. Bei der Darstellung kann auf die vom Gerät bestimmte Position gezoomt werden. Eine Suche nach Ortsnamen mit OSM Daten ist ebenfalls (online) möglich. GvSIG Mini bietet zusätzlich noch die Möglichkeit die eigene Position über email oder Twitter weiterzugeben. Für TileCacheServices gibt es außerdem die Möglichkeit die Daten für den Offlinegebrauch auf das Smartphone zu laden. 4.4 Geometergis-mobile Für die Verwendung mit gvsig Mini werden im GeoServer mehrere spezielle Layergruppen definiert. Diese dienen in erster Linie zur Visualisierung verschiedener Aspekte des Geometergis. DKM DKM mit Orthofoto DKM mit Flächenwidmung und Punktwolke Zusätzlich wurde ein einzelner Layer definiert, der rein zur Abfrage und Analyse dient. DKM Grundstücke Die Layer basieren in erster Linie auf der DKM des BEV. Die DKM ist in der Regel die Grundlage für Pläne in einem Geometerbüro. Die Verortung der Geschäftsfälle ist daher stark an die Raumgliederung des österreichischen Katasters angelehnt.
Geometergis-mobile 667 (1) DKM Der Layer ist eine Mischung aus Punkt, Linien und Polygonthemen. Als Grundlage dient eine Darstellung der Grundstücksgrenzen. Zur besseren Darstellung werden die Benützungsarten verschiedenfarbig dargestellt. Im Grundstücksthema werden entlang von Grundstücksgrenzen Sperrmaße dargestellt. Für die Vermessungsarbeit werden alle im Büro verwalteten Polygonpunkte dargestellt. Mit GPS bestimmte Punkte werden separat dargestellt. (2) DKM mit Orthofoto Dieser Layer unterscheidet sich vom vorgenannten nur durch die Darstellung von Orthofotos. Diese liegen im Büro nicht flächendeckend vor. Wo sie vorhanden sind, werden sie als Hintergrund in das Bild eingefügt. Ein eigener Layer wurde erzeugt, da Bilddaten beim Rendern am Server und in der Übertragung langsamer sind. (3) DKM mit Flächenwidmung und Punktwolke Dieser Layer enthält im Unterschied zum reinen DKM- Layer keine Bemaßungen. Dafür wird eine Ebene mit Flächenwidmungsplänen dargestellt. Eine weitere Ebene stellt alle im Büro vorhanden digital vorhanden Messpunkte dar. Die Flächenwidmung ist wichtig für die Beurteilung der Verwertbarkeit von Grundstücken. Die Punktwolke ist für die hausinterne Beurteilung der Arbeit wichtig. (4) DKM Grundstücke Der Layer Grundstücke ist als einziger nicht als Gruppenlayer definiert. Er dient rein zur Analyse. Es ist mit diesem Layer möglich Geometergis-Abfragen zu starten. Die Info-Abfrage im gvsig Mini ergibt eine HTML-Seite, die im Browser dargestellt wird. Bezugsobjekt für die Analysen ist immer das Grundstück. Die GIS-Operationen werden vom GeoServer am Server ausgeführt.
668 H. Schachinger Nach einer Darstellung der Sachdaten zum Grundstück ist es möglich, folgende Aktionen zu starten: PDF des Grundstückes in verschiedenen Darstellungen zu erzeugen Darstellung des gewählten Grundstückes in der Urmappe von DorisEasy Punktlisten zu erzeugen (Koordinatenabfrage von Grenzpunkten und Festpunkten) Analysen der Punktwolken und Bürodatenbank (Gibt es Bürodaten in der näheren Umgebung) Automatisierte Abfrage des BEV-Portals 5 Zusammenfassung Die mobile Variante des Geometergis steht in Funktionalität der Desktopvariante nicht um viel nach. Sie bietet eine gute Möglichkeit, auch im Feld Zugriff auf bürointerne Daten zu haben. Durch die Vorbereitung der einzelnen Layer am Server ist der mobile Zugriff einfach und effektiv. Das Client-Server-Modell macht eine Aktualisierung der Daten am Smartphone außerdem unnötig. Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass die Netzabdeckung für die benötigten Datendienste gut genug ist. Die übertragene Datenmenge ist durch Verwendung von Gruppenlayern im GeoServer überschaubar. Die Onlineverbindung ermöglicht eine schnelle Beurteilung der Situation vor Ort im Hinblick auf bereits erfolgte beziehungsweise zukünftige Vermessungen. Links zu verwendeter Software und Onlinediensten BEV: http://www.bev.gv.at DorisEasy: http://www.doris.ooe.gv.at Geoserver: http://geoserver.org/display/geos/welcome gvsig: http://www.gvsig.org/web/ gvsigmini: https://confluence.prodevelop.es/display/gvmn/home MySQL: http://dev.mysql.com/ PostGIS: http://www.postgis.org/