Informationsveranstaltung zum Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) am 24. und 26.11.2014 in Braunschweig bzw. Lüneburg Erfahrungsbericht und Anmerkungen zu Kontrollen auf städtischen Baustellen Markus Lachmann, Stadt Köln
Schwarzarbeit auf öffentlichen Baustellen! Wie kann das denn sein?
Schwarzarbeit richtet einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden an. Sozialversicherungsträgern werden Beiträge entzogen, Steuern werden hinterzogen, Wettbewerbe werden unterlaufen, in dem ordentliche zuverlässige Unternehmen unterboten werden. Sozial schlecht gestellte Arbeiter werden ausgenutzt und als moderne Sklaven missbraucht.
Es wäre vermessen zu glauben, öffentliche Auftraggeber sind hiervon nicht betroffen. Nach Aussagen von Zollbeamten sind gerade öffentliche Baustellen besonders von Schwarzarbeit betroffen. Ursache dürfte sein, dass bei den meisten Beauftragungen der günstigste Preis der Maßstab für die Auftragsvergabe ist und eine Nicht-Auskömmlichkeit des Angebotes häufig schwer nachzuweisen ist.
Was geschieht in der Ausschreibung? Die Vorschriften zu Vergabeverfahren regeln, dass lediglich leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer beauftragt werden dürfen. Leistungsfähigkeit beinhaltet die Anzahl der Mitarbeiter einer Firma und deren Qualifikation Unter der Zuverlässigkeit werden zum Beispiel Steuerrückstände, Sozialversicherungsbeiträge und Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen (Schwarzarbeit und Straftaten) gefasst.
Wie erfolgt die Prüfung im Vergabeverfahren? Es werden Unbedenklichkeitsbescheinigungen (Finanzamt, BG, Soka Bau, Gewerbeanmeldung, Handwerkskarte und spezielle Qualifikationen) eingefordert. Dies ist der optimale Fall, aber selbst hier hat der Bauherr kaum die Möglichkeit, diese Nachweise zu überprüfen, da dies gegen den Datenschutz verstößt. Den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern fehlt zum Teil die Sachkenntnis, häufig aber die Zeit zur Bewertung der vorgelegten Unterlagen.
Die derzeit beste Kontrolle erfolgt durch das eingerichtete PQ Verfahren. Hier werden die vorgelegten Nachweise von Fachleuten geprüft. Firmen die präqualifiziert sind, werden im Vergabeverfahren ohne weitere Prüfung als zuverlässig eingestuft.
Durch Aufweichung der Zuverlässigkeitsprüfung werden in der Praxis auch Eigenerklärungen als Nachweise akzeptiert, die sich jedoch aus rechtlichen Gründen bei Dritten nicht überprüfen lassen. Die Firma erklärt, es bestehen keine Steuerschulden und das Finanzamt verweigert mit Verweis auf 30 AO eine Auskunft.
Was passiert auf der Baustelle? Das Interesse der Bauleitungen liegt in der Fertigstellung der Baustelle. Wenn ein Schwarzarbeiter auf der Baustelle ist, dann müssen wir weggucken, die Kinder müssen am Montag wieder in die Schule gehen! Der Bauleiter hat aus seiner Sicht recht. Dies führt dazu, dass in der Praxis der Bauherr nicht weiß, welche Firmen auf seiner Baustelle tätig sind.
Die Bauleitung, die in der Regel aus Architekten und Technikern besteht, hat keine hinreichende Kenntnis von den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen und kann diese auch nicht prüfen. Dieser Umstand führt dazu, dass sich unbemerkt immer mehr nicht korrekt arbeitende Subunternehmer und Sozialbetrüger auf den Baustellen einschleichen.
Auftraggeber die diesen Zustand hinnehmen beteiligen sich an Schwarzarbeit!
Kontrollen der Stadt Köln Der Rat der Stadt Köln hat bereits 07.05.1987 eine Kontrollgruppe zur Bekämpfung von illegaler Leiharbeit eingeführt. Die Regelung hierzu erfolgten in den Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Stadt Köln und bilden nach etlichen Änderungen auch die Grundlage für die heutige Arbeit. 12
Regelungen der Stadt Köln Ordentliche Prüfung in der Ausschreibung (nicht immer gewährleistet ständige Verbesserung angestrebt) Nachunternehmer dürfen nur genehmigt eingesetzt werden (Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit). Es muss eine Anwesenheitsliste geführt werden, die jederzeit vorgelegt werden kann.
Diese Regelungen werden in Stichproben auf den Baustellen kontrolliert. Vertraglich sind bei Verstößen Sanktionen vereinbart. zuerst erfolgen zwei Verwarnungen nicht genehmigter Nachunternehmereinsatz bis 3 % Vertragsstrafe fehlende Anwesenheitslisten bis maximal 5.000 Verstöße gegen Sozialversicherungsbestimmungen ohne Verwarnung bis 5 %
Statistik Kontrollen 1. Verw. 2. Verw. Zoll Jobcenter Subs Liste Personen Festsetzungen Bezahlt I 2011 44 19 3 3 15 13 21 169 92.000,00 92.000,00 II 2011 40 15 3 1 5 6 15 116 6.200,00 4.506,50 III 2011 51 17 4 4 13 34 21 215 12.610,00 12.610,00 IV 2011 35 12 9 0 1 25 17 74 0 0 2011 170 63 19 8 34 78 74 574 110.810,00 109.116,50 I 2012 43 13 6 6 4 19 18 108 30.650,00 30.650,00 II 2012 49 13 4 1 3 24 13 185 7.750,00 7.750,00 III 2012 27 11 5 3 6 16 18 89 21.900,00 21.900,00 IV 2012 34 14 3 1 0 12 15 121 17.200,00 17.200,00 2012 153 51 18 11 13 71 64 503 77.500,00 77.500,00 27 Zentrales Vergabeamt Der Vergabelotse Honrath/Welzel
Erkenntnis der letzten 5 Jahre Die Einstellung der Bauleiter ändert sich zunehmend, da sie erkannt haben, dass sich mit gutem Personal auch die Arbeitsqualität verbessert. Unternehmen, die der Bauleitung Probleme bereiten, sind oft auch die Problemfälle bei Schwarzarbeit.
Zuverlässigkeitsprüfungen sind oft nicht das Papier wert, auf dem Sie stehen. Es ist eine bessere Prüfung erforderlich. Der Zoll kontrolliert Baustellen und informiert den Bauherrn nicht über negative Erkenntnisse. Die festgestellte Schwarzarbeit kann durch den Bauherrn nicht abgestellt werden. Nachunternehmer werden oft in großem Umfang eingesetzt und bei diesen erfolgt dann Schwarzarbeit.
21 AEntG(Gesetz) Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge (1) Von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag der in 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber sollen Bewerber oder Bewerberinnen für eine angemessene Zeit bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden, die wegen eines Verstoßes nach 23 mit einer Geldbuße von wenigstens zweitausendfünfhundert Euro belegt worden sind. Das Gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung im Sinne des Satzes 1 besteht. (2) Die für die Verfolgung oder Ahndung der Ordnungswidrigkeiten nach 23 zuständigen Behörden dürfen öffentlichen Auftraggebern nach 98 Nr. 1 bis 3 und 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und solchen Stellen, die von öffentlichen Auftraggebern zugelassene Präqualifikationsverzeichnisse oder Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisse führen, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte geben.
Es ist dringend eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Behörden erforderlich. Dem Zoll sind oft Baustellen nicht bekannt. Er kann von den Ortskenntnissen und den Auftragsunterlagen profitieren und der Auftraggeber muss von den negativen Kontrollen erfahren. BG und Soka Bau müssen von widersprüchlichen Arbeitnehmerzahlen erfahren. Jobcenter müssen erfahren, wenn die Rückenkranken Leistungsempfänger auf dem Bau arbeiten.
Kurioses Ein Landwirt hilft im Rahmen der Nachbarschaftshilfe auf einer städtischen Baustelle. Ein Schmuckverkäufer baut Fenster ein und kennt die Bau BG nicht. Ein Sozialhilfeempfänger hat zwei Firmen und etliche Arbeitnehmer und das Sozialamt weiß nichts davon.
Ein fast blinder Leistungsempfänger hat vergessen mitzuteilen, dass er arbeitet und antwortet auf die Nachfrage: Beim Aufstellen des Gerüstes klettern Sie doch nicht nach oben? Nein, ich bin nur der Fahrer!!!!
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