Fit fÿr den Aufschwung: Rechtliche und steuerliche Aspekte von VerŠnderungsprozessen



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geben. Die Wahrscheinlichkeit von 100% ist hier demnach nur der Gehen wir einmal davon aus, dass die von uns angenommenen

Transkript:

ANW LTE UND NOTARE Herbstveranstaltung 2004 Fit fÿr den Aufschwung: Rechtliche und steuerliche Aspekte von VerŠnderungsprozessen

Herbstveranstaltung 2004 Fit fÿr den Aufschwung: Rechtliche und steuerliche Aspekte von VerŠnderungsprozessen Kurzreferate und DiskussionsbeitrŠge Dr. iur. Bernhard Christ BegrŸssung Dr. iur. Adrian Dšrig ÇM&A-AktivitŠtenÈ Dr. iur. Felix W. Egli ÇDer Verwaltungsrat in der PflichtÈ lic. iur. Ursula Hubschmid ÇDie Personalverantwortlichen sind gefordertè Dr. iur. David Jenny ÇDrohende Insolvenz: Was tun, was unterlassen?è Dienstag, 19. Oktober 2004, 17.00 Uhr, Kongresshaus ZŸrich Dienstag, 16. November 2004, 17.00 Uhr, Hotel Hilton, Basel

Inhalt 1. M&A-AktivitŠten 3 Referat von Dr. iur. Adrian Dšrig 2. Der Verwaltungsrat in der Pflicht 13 Referat von Dr. iur. Felix W. Egli 3. Die Personalverantwortlichen sind gefragt 21 Referat von lic. iur. Ursula Hubschmid 4. Drohende Insolvenz: Was tun, was unterlassen? 27 Referat von Dr. iur. David Jenny Anhang Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance Swiss Code der Economiesuisse vom 1. Juli 2002 FŸr die Beantwortung von Fragen im Zusammenhang mit den vorliegenden Unterlagen stehen wir Ihnen gerne zur VerfŸgung. Kontaktpersonen in Basel: lic. iur. Ursula Hubschmid Dr. iur. David Jenny Kontaktpersonen in ZŸrich: Dr. iur. Adrian Dšrig Dr. iur. Felix W. Egli

5 M&A-AktivitŠten Referat von Dr. iur. Adrian Dšrig 1. Einleitung Seit dem Jahr 2000 ist ein RŸckgang der globalen Mergers & Acquisitions-AktivitŠten zu beobachten. Branchenkenner und vor allem auch Berater glauben jedoch, dass nun die Talsohle erreicht sein sollte. Ob sich die Trendwende im M&A- Markt tatsšchlich einstellen wird, hšngt von verschiedenen marktspezifischen, wirtschaftlichen und politischen Faktoren ab. Mag die Stimmung im Gesamtmarkt noch eher gedrÿckt sein, zeigen sich dennoch da und dort Zeichen eines Aufschwunges, wo das Vertrauen in zukÿnftige GeschŠftsopportunitŠten die Ungewissheit Ÿberwiegt. Auch unsere Kanzlei betreut wieder mehr M&A-Mandate als noch vor Jahresfrist. Gerade jetzt lassen sich tiefe Bewertungen von Unternehmungen oder Unternehmensteilen fÿr die Expansion oder die Konsolidierung von GeschŠftsbereichen nutzen. Wird sich zudem der Konzentrationsprozess in der Schweiz fortsetzen, dann werden als Folge davon auch viele Schweizer Unternehmungen von M&A-AktivitŠten betroffen sein, sei es als Kaufende, Gekaufte oder als Gesellschaft, die sich an einem Zusammenschlussvorhaben beteiligt. 2. InhaltsŸbersicht Im Folgenden mšchte ich zunšchst kurz die Rahmenbedingungen des Kaufes eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils darstellen, nšmlich die vielfšltigen BeweggrŸnde der KŠufer, die verschiedenen und zum Teil divergierenden Interessen der beteiligten Parteien sowie einen typischen Transaktionsablauf. Im Zentrum meiner AusfŸhrungen werden rechtliche und steuerliche Aspekte zu den Mšglichkeiten der Strukturierung und Finanzierung von M&A-AktivitŠten stehen. Am Ende des Referates werde ich aufzeigen, worauf bei der Integration nach einer vollzogenen M&A-Transaktion besonders zu achten ist.

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 6 3. Motive der KŠufer Die GrŸnde, weshalb eine Unternehmung ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil kaufen will, kšnnen vielfšltig und unterschiedlich wichtig sein. Bei einer im Jahre 2002 bei Schweizer Unternehmen durchgefÿhrten Umfrage wurden die Motive ÇZukauf MarktanteilÈ und ÇUmsatzwachstumÈ am hšufigsten genannt; weitere wichtige Motive fÿr M&A-Transaktionen waren ÇKonzentrationÈ auf der einen und ÇDiversifikationÈ auf der anderen Seite sowie ÇZukauf von InnovationÈ. Die TŠtigung einer Investition mag sich aufdršngen, um SkalenertrŠge, Margen oder den EBIT der Unternehmung zu verbessern oder die eigene AnlagenausnŸtzung zu erhšhen. Der mit dem Kauf eines Unternehmens geschaffene Nutzen kann zum Beispiel in der Erweiterung der Wertschšpfungskette oder der Produktepalette liegen, oder aber im Zugang zu zukunftsgerichteten Technologien und SchlŸsselpersonen im Bereich Forschung + Entwicklung mit entsprechendem Know-how. Auch MarktŸberlegungen kšnnen von Bedeutung sein, etwa die Erhšhung des eigenen Marktanteiles, die Erschliessung neuer MŠrkte, die Marktarrondierung oder gar die Marktabschottung. Aus finanzieller Sicht ermšglicht der Kauf eines Unternehmens unter UmstŠnden den Zugang zu flÿssigen Mitteln oder fÿhrt zu einer Hebelwirkung bezÿglich des Eigenkapitals bei gÿnstiger Fremdkapitalstruktur. Unter gewissen UmstŠnden lassen sich VerlustvortrŠge der Zielgesellschaft zur Steueroptimierung Ÿbernehmen oder eigene, von der VerjŠhrung bedrohte VerlustvortrŠge mit Gewinnen der Zielgesellschaft verrechnen. KŠufer kšnnen aber auch emotional motiviert sein. Sie mšchten ihre eigene Machtbasis vergršssern, ein Liebhaberobjekt Ÿbernehmen oder den Kauf durch einen Konkurrenten verhindern. 4. Interessen der beteiligten Parteien Der VerkŠufer strebt in der Regel eine Reduktion der Kapitalbindung sowie einen LiquiditŠtszufluss an. Mit dem Verkauf eines Unternehmens werden bei ihm ManagementkapazitŠten entlastet und Risiken abgebaut. Wie bereits gesehen, ist der KŠufer unterschiedlich motiviert. Sicher geht es ihm darum, im richtigen Moment zu einem gÿnstigen Preis zu kaufen, mit dem Kauf Synergien mit dem bisherigen GeschŠftsbetrieb zu erzielen und die eigene Marktposition zu stšrken. Hat der KŠufer das Kaufobjekt mit einer Zukunftsperspektive gekauft (d.h. es geht ihm nicht um die Aushšhlung der Substanz des Kaufobjekts), kann der EigentŸmerwechsel beim Kaufobjekt zu einem Kapital- und/oder LiquiditŠtszufluss so-

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 7 wie zu einem Synergie- und Kompetenzgewinn fÿhren. Auf jeden Fall kann sich die Lage nach einer allfšlligen lšngeren Phase der Ungewissheit beruhigen. FŸr das bisherige obere Management des Kaufobjektes kann es mit der neuen Situation kritisch fÿr den eigenen Arbeitsplatz werden. FŸr die Mitarbeiter generell kann sich die Situation durchaus verbessern und die neue EigentŸmerschaft kann fÿr einen Motivationsschub sorgen. Es kann jedoch Ð bedingt durch StrukturverŠnderungen Ð auch zu Entlassungen und neuen Unsicherheiten kommen. Die Lieferanten und Kunden werden den neuen EigentŸmern des Kaufobjekts in aller Regel positiv abwartend gegenÿber stehen. Die Kreditgeber der KŠufer haben sich bereits in der Finanzierungsphase der Transaktion vertieft mit dem Kaufobjekt und seinen wirtschaftlichen Perspektiven auseinandergesetzt. Wurde die Finanzierung genehmigt, steht auch ein ÇBusiness CommitmentÈ dahinter. FŸr die weiteren ÇStakeholdersÈ Gesellschaft, Medien und Politik reduziert sich die Wahrnehmung einer M&A-Transaktion leider regelmšssig auf die Frage, wie viele ArbeitsplŠtze nach Vollzug der Transaktion allenfalls abgebaut werden sollen. Das Interessenspektrum, vor welchem sich eine M&A-Transaktion abspielt, ist also sehr breit und teilweise auch widersprÿchlich. 5. Transaktionsablauf Rein technisch lšuft eine M&A-Transaktion typischerweise folgendermassen ab: Am Anfang steht die Vorbereitung der Transaktion. Es wird eine Strategie festgelegt, ein Businessplan erstellt, der Preisrahmen und die Transaktionsstruktur bestimmt sowie potenzielle Interessenten ermittelt. In der zweiten Phase werden potenzielle Interessenten diskret kontaktiert und VertraulichkeitserklŠrungen eingeholt, bevor erste Informationen Ÿber das Kaufobjekt geliefert werden. Der VerkŠufer stellt die fÿr die Evaluation des Kaufobjekts relevanten Dokumente Ð in einem sogenannten ÇData RoomÈ Ð zusammen und lšsst durch das Management PrŠsentationen des Kaufobjekts vor-bereiten. In der nšchsten Transaktionsphase wird die sogenannte ÇDue DiligenceÈ weiter vorbereitet. Den Kaufinteressenten werden Kerninformationen Ÿber das Kaufobjekt zugestellt, bei gršsseren Transaktionen, welche in einem Auktionsverfahren durchgefÿhrt werden, in der Form des sogenannten ÇInformation MemorandumÈ (dann meistens redigiert durch eine Investmentbank). Die Kaufinteressenten geben AbsichtserklŠrungen und Offerten ab, welche vom VerkŠufer ausgewertet werden. Nachdem unter UmstŠnden mehrere Kaufinteressenten eine Due Diligence des Kaufobjekts durchgefÿhrt und ein verbindliches Kaufangebot dem VerkŠufer ab-

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 8 gegeben haben, hat sich der VerkŠufer zu entscheiden, mit welchem Kaufinteressenten er in exklusive Verhandlungen eintreten will. In dieser Phase treten Kaufinteressenten auch von sich aus von der Transaktion zurÿck, am hšufigsten wegen unterschiedlichen Preisvorstellungen, zu hohen Risiken oder einem negativen Ergebnis der Due Diligence. Die Vertragsverhandlungen finden ihren Abschluss in der Unterzeichnung des Kaufvertrages, dem sogenannten ÇSigningÈ. Der Vollzug des Kaufvertrages, das sogenannte ÇClosingÈ, kann stattfinden, sobald sšmtliche Vollzugsvoraussetzungen Ð wie etwa eine allfšllige Zustimmung der Wettbewerbsbehšrden Ð erfÿllt sind. Mit dem Vollzug des Kaufvertrages erwirbt der KŠufer das Eigentum am Kaufobjekt, zusammen mit Nutzen und Risiken daran, sofern vertraglich nichts anderes vorgesehen wurde. Nach Vollzug des Kaufs beginnt die Phase der Integration des Kaufobjekts in die bestehende Unternehmung oder Unternehmensgruppe und Organisation des KŠufers. Schliesslich sollte jede M&A-Transaktion mit einer kritischen Auseinandersetzung des Geplanten, DurchgefŸhrten und letztlich Erreichten seinen Abschluss finden. 6. Strukturierung Am hšufigsten trifft man in der Praxis den Transaktionstyp des sogenannten ÇShare PurchaseÈ an. Kaufobjekt sind die Anteile der Gesellschaft (bei einer Aktiengesellschaft Aktien, bei einer GmbH Stammanteile), welcher das operative Unternehmen gehšrt. Die Kontrolle Ÿber die Gesellschaft vermittelt die Kontrolle Ÿber das gesamte Unternehmen. Als bertragungsvorgang reicht die bertragung des Eigentums an den Anteilen vom VerkŠufer an den KŠufer. Man spricht in diesem Zusammenhang von der sogenannten Universalsukzession. Mit dem neuen Fusionsgesetz, das am 1. Juli 2004 in Kraft getreten ist, lšsst sich nun auf neuer Basis dem ÇShare PurchaseÈ eine Abspaltung eines GeschŠftsbereiches in eine neue Gesellschaft vorschalten. Die Aktien dieser neuen Gesellschaft werden dann verkauft. Derzeit ist jedoch noch offen, welche praktische Bedeutung die Spaltung bei M&A-AktivitŠten, vor allem UnternehmenskŠufen, tatsšchlich erlangen wird. Der sogenannte ÇAsset PurchaseÈ hat den Erwerb spezifischer Aktiven und allenfalls Passiven zum Inhalt. Im Einzelfall mag dies sachgerechter sein, namentlich wenn bloss ein Unternehmensteil Ÿbernommen werden soll. Nachteilig ist jedoch, dass die Vermšgenswerte nach dem Prinzip der Singularsukzession Ÿbertragen werden mÿssen, d.h. fÿr die gÿltige bertragung jedes Aktivums sind die jeweils darauf anwendbaren bertragungsvorschriften zu beachten (z.b. šffentliche Beurkundung bei einer GrundstŸckŸbertragung). Die bertragung von VertrŠgen setzt sodann regelmšssig die Zustimmung jedes einzelnen Vertragspartners voraus.

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 9 Mit Hilfe des Instituts der VermšgensŸbertragung, einer Innovation des Fusionsgesetzes, kann das in Frage stehende Vermšgen insgesamt mit Aktiven und Passiven in einem Akt gestÿtzt auf einen schriftlichen bertragungsvertrag mit Eintragung in das Handelsregister rechtswirksam auf den KŠufer Ÿbertragen werden. Die fÿr die einzelnen Aktiven beim ÇAsset PurchaseÈ zu beachtenden bertragungsvorschriften mÿssen nicht eingehalten werden. Mit der VermšgensŸbertragung lšsst sich ein Unternehmensteil Ÿbernehmen. Sie steht auch dann zur VerfŸgung, wenn ein ganzer Betrieb oder ein Betriebsteil auf einen KŠufer Ÿbertragen werden soll. Damit eine VermšgensŸbertragung im Sinne des Fusionsgesetzes vorgenommen werden kann, muss der VerkŠufer im Handelsregister eingetragen sein. Inwieweit sich die VermšgensŸbertragung bei UnternehmenskŠufen gegenÿber dem ÇAsset PurchaseÈ in der Praxis durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Die rechtlichen und steuerlichen Aspekte der Strukturierung einer M&A-Transaktion sind vielfšltig. Im Vordergrund steht bei allen Transaktionstypen der Vertrag zwischen VerkŠufer und KŠufer. Insbesondere bei der VermšgensŸbertragung aber auch beim ÇShare PurchaseÈ sind zusštzlich gesellschafts- und handelsregisterrechtliche Aspekte bedeutsam. Die Transaktion soll mšglichst steuerneutral abgewickelt werden kšnnen. Besondere Beachtung ist der steuerlichen Behandlung allfšlliger stiller Reserven und des Goodwill des Kaufobjekts sowie der Finanzierungskosten des KŠufers zu schenken. Exkurs zum Erbenholding-Entscheid des Bundesgerichts Beim Verkauf einer privat gehaltenen Gesellschaft sind Ð vor allem nach dem jÿngsten Erbenholding-Entscheid des Bundesgerichts, der den Anwendungsbereich des steuerfreien, privaten Kapitalgewinnes bei einer KMU-Nachfolgelšsung weiter eingeschršnkt hat Ð die Steuerfolgen beim VerkŠufer genau zu analysieren und allenfalls mit der Steuerverwaltung vorgšngig zu besprechen. Wie wir in den letzten Wochen als AnwŠlte und Steuerexperten in unserer Praxis gespÿrt haben, hat der Bundesgerichtsentscheid bei Unternehmern und Beratern grosse Unsicherheit ausgelšst. In seinem Entscheid vom 11. Juni 2004 hat das Bundesgericht festgehalten, dass bei der bertragung von privat gehaltenen Aktien an eine von den Erben gehaltene Gesellschaft nicht, wie bei der Einbringung in eine eigene Gesellschaft, die Transponierungstheorie anzuwenden ist. Damit hat das Bundesgericht die Idee verworfen, wonach Erblasser und Erbe steuerlich zu einem Wirtschaftssubjekt zusammengefasst werden dÿrfen. Neu ist der Sachverhalt der bertragung von Anteilen an eine Erbenholding stets unter dem Gesichtspunkt der indirekten Teilliquidation zu prÿfen. Eine indirekte Teilliquidation liegt immer dann vor, wenn:

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 10 1. privat gehaltene Beteiligungen in das GeschŠftsvermšgen eines KŠufers ŸberfŸhrt werden (fÿr den das Buchwertprinzip gilt); 2. bei der Ÿbernommenen Gesellschaft eine Mittelentnahme eintritt oder ein-geleitet wird; und 3. VerkŠufer und KŠufer bei der Entnahme der Mittel zusammenwirken. Das Bundesgericht beschršnkt sich im Entscheid nicht darauf, die bisher bekannte Theorie der indirekten Teilliquidation auf Erbenholding-FŠlle anzuwenden. Es dehnt diese in der Lehre stark umstrittene Theorie zusštzlich dahingehend aus, dass heute bei einem Verkauf von einer privat gehaltenen Gesellschaft nicht mehr vom Grundsatz des steuerfreien Kapitalgewinns ausgegangen werden kann. Die neue (ausgedehnte) Theorie der indirekten Teilliquidation geht dahin, dass auch AusschŸttungen aus kÿnftigen Gewinnen schšdlich sind und nicht Ð wie bisher Ð nur die Entnahme von bis zum Verkauf der Gesellschaft erwirtschafteten Mittel. Zudem wurde die bisherige Praxis fallen gelassen, wonach keine indirekte Teilliquidation angenommen wird, wenn wšhrend fÿnf Jahren nach dem Verkauf keine AusschŸttungen vorgenommen werden. Schliesslich Ð und hier muss wohl die Hauptkritik am Bundesgericht ansetzen Ð hielt das Bundesgericht weiterhin daran fest, dass die Zusammenwirkung zwischen dem VerkŠufer und der KŠufergesellschaft nach objektiven Kriterien und aufgrund der gesamten fÿr die Finanzierung massgebenden UmstŠnde zu entscheiden ist. Diese Neuerungen zusammenfassend werden die Steuerbehšrden das Vorliegen einer indirekten Teilliquidation immer bejahen und nachweisen kšnnen, wenn eine KŠuferschaft in kÿnftige ausschÿttbare Gewinne einer Gesellschaft investiert und den Kaufpreis zumindest teilweise fremdfinanziert. Dies wird wohl in fast jedem Fall zutreffen, erwartet doch jeder vernÿnftige Unternehmer einen Çreturn on investmentè und versucht seine Kapitalrendite durch marktkonforme Fremdfinanzierung zu steigern. Die bisherigen Planungsmodelle fÿr die bertragung von gesunden, ertragsreichen KMUs an die Erben sind durch den Bundesgerichtsentscheid Ÿberholt worden. Bei bereits umgesetzten bertragungen besteht, solange der VerkŠufer nicht definitiv veranlagt ist, eine erhebliche Gefahr, dass die steuerfreien Kapitalgewinne in steuerbare VermšgensertrŠge umqualifiziert werden, wurden die kantonalen Steuerbehšrden doch vom Bund angewiesen, alle offenen und neuen FŠlle, die nach dem neuen Bundesgerichtsentscheid unter dem Tatbestand der indirekten Teilliquidation zu prÿfen sind, der Eidgenšssischen Steuerverwaltung zu melden. Eine Unternehmensnachfolge, aber auch ein ÇManagement Buy-outÈ und ein ÇLeveraged Buy-outÈ sind aufgrund der neuen Bundesgerichtspraxis steuerlich besonders sorgfšltig zu begleiten.

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 11 Je lšnger der Planungshorizont bei der bertragung einer Unternehmung ist, desto sicherere steuerliche Lšsungen kšnnen gefunden werden. Mšgliche steuerliche LšsungsansŠtze sind: Ð eine sukzessive bertragung an die Erben, unter Einbezug der erb- und schenkungsrechtlichen Mšglichkeiten; Ð eine frÿhzeitige Ausstattung der kaufenden Gesellschaft oder der Erben mit genÿgend eigenen finanziellen Mitteln zum Erwerb der Gesellschaft; oder Ð eine Fremdfinanzierung der Transaktion Ÿber eine intransparente auslšndische Struktur. Mit dem neuen Bundesgerichtsentscheid sind die bisher im Markt bekannten LšsungsansŠtze Ÿberholt. Die Erarbeitung individueller Lšsungen dršngt sich zunehmend auf. Strukturierung Arbeitsrechtlich geht es bei einer M&A-Transaktion um Themen wie BetriebsŸbernahme und Massenentlassung (vgl. Referat Hubschmid). Ist bei einer M&A-Transaktion eine Gesellschaft involviert, die in finanziellen Schwierigkeiten steckt, d.h. Ÿberschuldet ist, sich im Nachlass befindet oder gar kurz vor dem Konkurs steht, sind die schuldbetreibungs- und konkursrechtlichen Risiken aufzuarbeiten (vgl. Referat Jenny). Braucht es bei M&A-AktivitŠten Ÿberhaupt einen externen Anwalt? Wie die bisherigen AusfŸhrungen bereits gezeigt haben, kšnnen solche AktivitŠten durchaus komplex und technisch anspruchsvoll sein. Die UnterstŸtzung durch externe AnwŠlte dršngt sich oft bereits aus KapazitŠts- und Know-how-GrŸnden auf. Ab einer gewissen Gršsse und KomplexitŠt einer Transaktion empfiehlt es sich, eine grosse Anwaltskanzlei auszuwšhlen, die kurzfristig genÿgende Ressourcen in verschiedenen Fachbereichen auf hohem QualitŠtsniveau zur VerfŸgung stellen kann und Ÿber internationale Kontakte bzw. Erfahrungen verfÿgt. Externe Rechtsberater sind rechtzeitig einzuschalten, damit diese die rechtlich und steuerlich optimale Transaktions- und Finanzierungsstruktur beratend mitgestalten kšnnen; in gewissen FŠllen gibt es keine zweite Chance. Bevor Sie einen externen Anwalt beauftragen, haben Sie durchaus die Mšglichkeit, eine Offerte zu verlangen bzw. die Offerten und Ihre persšnlichen EindrŸcke verschiedener Kanzleien zu vergleichen. Umfragen zeigen jedoch auch, dass das VertrauensverhŠltnis zwischen Unternehmen und externem Rechtsberater fÿr dessen Wahl ausschlaggebend ist.

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 12 7. Finanzierung Neben der Strukturierung ist die Finanzierung einer M&A-AktivitŠt von grosser Bedeutung. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Finanzierung eigenkapital- oder fremdkapitalseitig erfolgen soll. Kombinationen sind mšglich und in der Praxis hšufig anzutreffen. Ab einem gewissen Volumen ist zu Ÿberlegen, an den Kapitalmarkt zu gelangen. In den meisten FŠllen wird jedoch ein Bankkredit, sei es mit einer Bank oder einem Bankensyndikat, ausreichen. Eine mšgliche Finanzierungsquelle fÿr den KŠufer ist aber auch der VerkŠufer. So kann der Kaufpreis ganz oder teilweise in Aktien des KŠufers abgegolten werden. Eine Šhnliche Mšglichkeit besteht in der RŸckbeteiligung des VerkŠufers, regelmšssig verbunden mit dem Abschluss eines AktionŠrbindungsvertrages zwischen KŠufer und VerkŠufer bezÿglich der Aktien des Kaufobjekts. Schliesslich kann der VerkŠufer einen Teil des Kaufpreises als Darlehen stehen lassen. Dies verringert fÿr den KŠufer die LiquiditŠtsbelastung im Zeitpunkt der bernahme des Kaufobjekts. Im Zusammenhang mit der klassischen Fremdfinanzierung einer M&A-Transaktion durch Banken ist zunšchst deren Interessenlage zu vergegenwšrtigen. Den Banken geht es neben einer prosperierenden GeschŠftsbeziehung mit dem Kreditkunden primšr um die Vermeidung von Schadenspotenzial, sei es durch Kreditverluste, wirtschaftliche FolgeschŠden oder ImageschŠden. Die Banken sehen es regelmšssig nicht als ihre Aufgabe, gewisse Kunden quer zu subventionieren und mit der Privilegierung gewisser Schuldner zu Wettbewerbsverzerrung oder Strukturerhaltung beizutragen. Die Banken haben ihre Aktiven Ð und somit ihre Kredite Ð mit Eigenmitteln zu unterlegen. Grundlage bildet die Eigenmittelvereinbarung Basel I von 1988, die einheitliche Mindestanforderungen fÿr Kreditrisiken setzt. Die neuen Eigenmittelvorschriften Basel II werden voraussichtlich Ende 2006 eingefÿhrt. Sie werden durch die Banken u.a. mit einem Ratingsystem umgesetzt, welches auf dem Grundsatz der individuellen Risikobeurteilung beruht. Das Rating widerspiegelt die Beurteilung der BonitŠt einer Unternehmung und deren Vermšgen und FŠhigkeit, den finanziellen Verbindlichkeiten nachzukommen. Auf der Darstellung unten sehen Sie die differenzierten Ratingsysteme der beiden Schweizer Grossbanken sowie die vergleichbaren Ratingklassen der beiden gršssten internationalen Ratingagenturen. Der Bereich von C6 Ð D0 (beim UBS- Ratingsystem) gilt als die Spanne, innerhalb welcher sich die KMUs bewegen. Ab D1 und schlechter (beim UBS-Ratingsystem) gilt die volle RŸckzahlung des Kredits als gefšhrdet.

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 13 Rating Rating Rating Rating UBS Credit Suisse Standard & PoorÕs MoodyÕs C0/C1 R1 AAA Aaa C2 R1/R2 AA+bis AA- Aa1 bis Aa3 C3 R2/R3 A+ bis A- A1 bis A3 C4 R3/R4 BBB+ bis BBB Baa1 bis Baa2 C5 R4 BBB- Baa3 C6 R5 BB+ Ba1 C7 R5 BB Ba2 C8 R5 BB- Ba3 C9 R6 B+ B1 D0 R6 B B2 D1 R6 B- B3 D2 R7 CCC bis C Caa bis C D3 R8 D D D4 R8 D D In Zukunft wird jede Unternehmung im Rahmen des KreditprŸfungsverfahrens ein individuelles Kundenrating ihrer Bank erhalten. Mit dem Rating steuert die Bank ein risikogerechtes Pricing. Auf der Basis des Rating wird die RisikoprŠmie zur Deckung des hypothetisch erwarteten Verlusts errechnet, welche sich als Risikokosten in den Kreditkonditionen niederschlšgt. Ein wichtiges Thema einer M&A-Finanzierung ist sodann die rechtliche und steuerliche Problematik der Belehnung und Besicherung der Aktiven des Kaufobjekts. In rechtlicher Hinsicht mÿssen hier die Stichworte Gesellschaftsinteresse und Eigenkapitalschutzvorschriften genÿgen. In steuerlicher Hinsicht ist auf die Problematik der indirekten Teilliquidation zu verweisen. 8. Integration Nach Vollzug der M&A-Transaktion ist das Kaufobjekt in die Strukturen des KŠuferunternehmens bzw. der Gesellschaftsgruppe des KŠufers zu integrieren. Diese Phase ist entscheidend, hšngt doch der Erfolg einer Akquisition massgeblich davon ab, ob das Kaufobjekt erfolgreich in die bestehenden Strukturen beim KŠufer integriert werden kann. Aus rechtlicher und steuerlicher Sicht stellt sich zunšchst die Frage, ob das Kaufobjekt, regelmšssig die gekaufte Gesellschaft, weiterhin als rechtlich selbstšndige Einheit weiterexistieren oder aber ob sie etwa mit einer Gesellschaft der KŠufergruppe fusioniert werden soll. Denkbar ist auch eine Abspaltung eines GeschŠftsbereichs des KŠufers, welcher dann mit dem Kaufobjekt zusammengelegt wird. Aus steuerlicher Sicht ist die Umstrukturierung so zu planen, dass sie mšglichst steuerneutral durchgefÿhrt werden kann. Goodwill-Abschreibungen, allfšllige stille Reserven und die Allokation der Finanzierungskosten sind nur einige Themen, die aufzuarbeiten sind.

Dr. iur. Adrian Dšrig M&A-AktivtŠten 14 Sodann sind die GeschŠftsaktivitŠten im Rahmen der Integration u.u. generell neu zu strukturieren. Dies kann sowohl gesellschaftsrechtliche wie auch vertragsrechtliche Implikationen haben. Den Ÿbernommenen Arbeitnehmern schliesslich werden neue Anstellungsbedingungen angeboten, arbeitsvertragsrechtlich, aber auch was die Pensionskasse und die Versicherungsdeckung anbelangt.

15 Der Verwaltungsrat in der Pflicht 1 Referat von Dr. iur. Felix W. Egli Meine Damen und Herren, mein Vorredner hat Ihnen gezeigt, wie man Unternehmen kauft. Noch wichtiger als das wie, ist aber das ob. ÇTo buy or not to buyè oder, umgekehrt, Çto sell or not to sellè sind fÿr jedes der beteiligten Unternehmen Gretchenfragen von strategischer Bedeutung, deren Beantwortung gršsste Sorgfalt erfordert. Auch und gerade im Aufschwung, dessen berschštzung schon manchen Absturz eingeleitet hat. Fragen wir uns daher als erstes, wem das Recht diese schwierige Aufgabe aufbÿrdet. Und als zweites, wann es sie als erfÿllt betrachtet und wann nicht. 1. Die Hauptaufgabe des Verwaltungsrats: Strategische FŸhrung ZustŠndig fÿr strategische Entscheide ist der Verwaltungsrat. Die Strategische FŸhrung Ð in der Terminologie des Obligationenrechts die ÇOberleitungÈ Ð ist die unentziehbare und undelegierbare Hauptaufgabe des Verwaltungsrates schlechthin. Das Obligationenrecht weist ihr im Aufgabenkatalog des Verwaltungsrates (Artikel 716a OR) den ersten Platz zu. Mitunter wird Ÿbersehen, dass der Verwaltungsrat auch dann das strategische FŸhrungsorgan bleibt, wenn er Ð wovon ich hier aus ZeitgrŸnden ausgehe Ð das operative TagesgeschŠft an die GeschŠftsfŸhrung delegiert. Ein solcher Verwaltungsrat ist keineswegs nur ÇAufsichtsratÈ, wie man hšufig hšrt. Das ist er zwar immer auch, aber eben nicht nur. Die Aufsicht ist lediglich das letzte der vier in Artikel 716a OR genannten FŸhrungsmittel: Organisationsverantwortung, Finanzverantwortung, Bestellung der GeschŠftsfŸhrung und Oberaufsicht. Sie alle dienen der strategischen FŸhrungsaufgabe. Was heisst nun aber Çstrategische FŸhrungÈ? Ralf Dahrendorf hat sie in einem Beitrag Ÿber politische Leadership so definiert: ÇFŸhrung heisst, Ð eine Vorstellung davon zu haben, wohin die Reise gehen soll, 1 Ich danke meinen Partnern, insbesondere Dres. Christian BrŸckner und Peter Gloor, fÿr wertvolle Anregungen.

Dr. iur. Felix W. Egli Der Verwaltungsrat in der Pflicht 16 Ð einen Sinn fÿr die KrŠfte zu haben, mit denen man es zu tun hat, wenn man diese Reise erfolgversprechend antreten will, und Ð die Kraft zu haben, auf der Reise Kurskorrekturen vorzunehmen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.è (Ralf Dahrendorf, ÇFŸhrerlos gleich steuerlos?è, in: Finanz und Wirtschaft Nr. 67 vom 25.08.2004, S. 1). Dahrendorf trifft damit auch das aktienrechtliche VerstŠndnis der strategischen FŸhrungsaufgabe des Verwaltungsrates. Fragen wir uns nun als zweites, wann der Verwaltungsrat diese Aufgabe erfÿllt und wann nicht. Die Antwort des Marktes ist klar: Er erfÿllt, wenn die Firma Erfolg hat und er erfÿllt nicht, wenn sie keinen Erfolg hat. Die Antwort des Rechts lautet anders: 2. AufgabenerfŸllung = Sorgfalt im Vorgehen Das aktienrechtliche Verantwortlichkeitsrecht kennt das Verdikt des Marktes ÇMisserfolg = VersagenÈ nicht. Zwar wird nach dem Urteil des Rechts regelmšssig erst dann gefragt, wenn sich Misserfolg einstellt hat. Dennoch misst es den Verwaltungsrat nicht am Erfolg, sondern am Vorgehen. Das Verantwortlichkeitsrecht sanktioniert unsorgfšltiges Vorgehen, das zum Misserfolg fÿhrt, nicht Misserfolg an sich. Dies ist VerwaltungsrŠten bisweilen zuwenig bewusst. Mitunter stellt sich deshalb eine diffuse und lšhmende Angst vor persšnlicher Haftung fÿr strategische Fehlentscheide ein. Lassen Sie mich daher das verantwortlichkeitsrechtliche Grundprinzip der Sorgfalts- statt Erfolgshaftung kurz illustrieren: Erstens: Nicht die Zielverfehlung, sondern das fehlende Zielbewusstsein ist SchlechterfŸllung. Der Verwaltungsrat erfÿllt seine FŸhrungsaufgabe nicht, wenn er keine Vorstellung davon hat, wohin die Reise gehen soll. Wenn er sich auf eine voyage de surprise einlšsst, die von Wind und Wetter oder dem freiem Ermessen der GeschŠftsleitung bestimmt wird. Das heisst nun nicht, dass sich jedes Verwaltungsratsmitglied auf Teufel komm raus als Hobby-Stratege versuchen soll. Es liegt in der Natur der Sache, dass professionelle StrategieantrŠge von der GeschŠftsleitung und den exekutiven, also in der Firma operativ tštigen, Verwaltungsratsmitgliedern zu erarbeiten sind. Die nicht exekutiven Mitglieder sind jedenfalls dann, wenn sie branchenfremd sind, gut beraten, sich zu Strategiefragen auf eine kritische Mithšrkompetenz zu beschršnken. Dabei dÿrfen und sollen sie aber den Finger auf fehlende Alternativen und allfšllige LŸcken, WidersprŸche, Unstimmigkeiten oder PlausibilitŠtsdefizite in den Entscheidgrundlagen legen. Das blosse Vorhandensein ihrer Fragen und

Dr. iur. Felix W. Egli Der Verwaltungsrat in der Pflicht 17 ihrer Kritik hšlt die GeschŠftsfŸhrung und die exekutiven Kollegen zu mehr Sorgfalt und konsensfšhigeren Lšsungen an. Etwa so, wie schon die blosse Existenz von Rechtsmittelinstanzen die Sorgfalt der unteren Gerichte beeinflusst. Zweitens: Nicht der Fehleingriff, sondern die fehlende Kraft zum Eingriff ist SchlechterfŸllung. Der Verwaltungsrat handelt unsorgfšltig, wenn er die Kraft fÿr eine notwendige Kurskorrektur nicht aufbringt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn er lethargisch vor Klumpenrisiken, sich abzeichnender technologischer Substitution, wegbrechenden MŠrkten oder unfšhigen GeschŠftsfŸhrern steht. Von alledem ist ein strategisch oder fachtechnisch inkompetenter GeschŠftsfŸhrer etwas vom schlimmsten und anspruchsvollsten, was dem Verwaltungsrat passieren kann. Er muss sich von ihm trennen und einen kompetenten Ersatz finden, ohne FŸhrungsvakuum und Chaos ausbrechen zu lassen. In der Pflicht sind hier vorab die nicht exekutiven Verwaltungsratsmitglieder. Das ist lange nicht allen bewusst. Sie sind verantwortlich dafÿr, dass das oberste Management gut bestÿckt ist und einwandfrei funktioniert Ð die exekutiven Kollegen sind ja in diesen FŠllen das Problem, und nicht mehr Teil der Lšsung. Fehlt dem Verwaltungsrat die Kraft fÿr solche Entscheide, liegt die Ursache meist in der fehlenden UnabhŠngigkeit von der GeschŠftsfŸhrung. Sie kann sich einstellen, wenn sich eine Mehrheit gegenÿber der GeschŠftsfŸhrung unfrei fÿhlt. Unfrei zum Beispiel deshalb, weil man in der Firma unter oder neben dem CEO operativ tštig ist, ihm seine Wahl in den Verwaltungsrat verdankt, von ihm AuftrŠge oder Arbeit fÿr Familienmitglieder erhšlt, mit ihm im Verwaltungsrat einer anderen Firma sitzt oder weiss, dass ihm eine sorgsam geheimgehaltene Leiche im Keller bekannt ist. Nicht von ungefšhr wollen die Empfehlungen des Swiss Code of Best Practices for Corporate Governance solche Konstellationen vermeiden. Die Swiss Best Practices Ð so kÿrze ich sie im folgenden ab Ð empfehlen dazu, OrgangeschŠfte dem Gesamtverwaltungsrat zur Genehmigung vorlegen zu lassen (Ziffer 16), operative Kader der Firma nur minoritšr in den Verwaltungsrat zu berufen (Ziffer 12) und die exekutiven wie auch die mit der Firma geschšftlich verbundenen Mitglieder vom PrŸfungsausschuss des Verwaltungsrats fernzuhalten (Ziffern 22, 23 und 25). 3. Der Sorgfaltsmassstab Um es gleich vorweg zu nehmen: Ein gesetzlich geregelter Sorgfaltssmassstab fÿr die allgemeine VerwaltungsratstŠtigkeit fehlt. Der Gesetzgeber hat dieses Feld zu Recht der flexibleren Rechtsprechung Ÿberlassen. Einzig dort, wo sich ein Unternehmen bereits in bedrohlicher Schieflage befindet, normiert das Aktienrecht (Art. 725 OR) ganz konkrete Massnahmen als zwingende Elemente sorgfšltigen Vorgehens. Kollege Jenny wird in seinem Referat darauf zurÿckkommen.

Dr. iur. Felix W. Egli Der Verwaltungsrat in der Pflicht 18 Geht man die Verantwortlichkeitspraxis der Gerichte durch, so lšsst sich daraus eine etwas unjuristische, aber umso miliztauglichere Faustregel ableiten, die ich den KopfschŸttel-Test nenne: Der Verwaltungsrat handelt unsorgfšltig, wenn er in einer Weise vorgeht, die gemeinhin nur KopfschŸtteln auslšst Ð gemessen an dem, was in vergleichbaren VerhŠltnissen sinnvollerweise erwartet werden kann und darf. Damit ist zweierlei gesagt: Ð Erstens: Gemessen wird an dem, was in vergleichbaren VerhŠltnissen sinnvollerweise erwartet werden kann und darf. Dies setzt eine Ahnung Ÿber den Durchdringungsgrad sich wandelnder Standards voraus. Ich habe bereits verschiedentlich die Empfehlungen der Swiss Best Practices erwšhnt. Sie sind daran, sich fÿr bšrsenkotierte Gesellschaften als Standard-Messlatte sorgfšltiger VerwaltungsratstŠtigkeit zu etablieren Ð nicht zuletzt unter dem Druck der Bšrsenrichtlinie zur Corporate Governance. An privat gehaltene Familien Ð KMUÕs kann dieser Massstab indessen nicht ohne weiteres angelegt werden. Was nicht ausschliesst, dass er auch da Ð in angepasster Form Ð via Beratungspraxis und Rechtsprechung Einzug halten wird. Ð Zweitens: Die Kenntnis und Implementierung solcher Regelwerke allein ist weder eine notwendige, noch eine hinreichende Voraussetzung sorgfšltiger VerwaltungsratstŠtigkeit. Im Verantwortlichkeitsrecht gilt der Grundsatz ÇSubstance over FormÈ. Niemand schÿttelt den Kopf, wenn der Verwaltungsrat umsichtig vorgeht, ohne dabei bewusst ein zum Standard gewordenes Regelwerk anzuwenden. bernimmt er aber solche Empfehlungen in sein Reglement oder lšsst er sich gar auf good Corporate Governance zertifizieren, so spricht daraus nur, aber immerhin, eine natÿrliche Vermutung fÿr auch materiell sorgfšltiges Vorgehen. Dadurch werden Ð jedenfalls in der Tendenz Ð die Beweisanforderungen an solche, die wegen Verantwortung klagen wollen, erhšht. Fragen wir uns also zum Schluss, was Sorgfalt im Erkennen und Beurteilen wesentlicher VerŠnderungen materiell kennzeichnet. Erstens: Sorgfalt im Erkennen wesentlicher VerŠnderungen Reporting KopfschŸtteln lšst der KapitŠn aus, der sich ohne die Ÿblichen Anzeigeinstrumente auf hohe See begibt. Oder der sie zwar hat, aber nicht oder nicht in der gebotenen HŠufigkeit konsultiert. Das unentbehrliche, minimale Anzeigeinstrument des Verwaltungsrates einer operativ tštigen Unternehmung ist ein stufengerechter Zusammenzug aus dem MIS Ð dem Management Information System. Er sollte im Quartalsrhythmus eine Saldobilanz und eine Erfolgsrechnung des betrieblichen Rechnungswesens samt

Dr. iur. Felix W. Egli Der Verwaltungsrat in der Pflicht 19 prozentualer Abweichung gegenÿber Vorjahres- und Budgetwerten aufzeigen, je nach Struktur des Unternehmens wenn mšglich konsolidiert und nach Bereichen aufgeschlÿsselt. Was ein solches ÇBoard Information SystemÈ darÿber hinaus an Indikatoren zur Erkennung wesentlicher VerŠnderungen bieten sollte, entscheidet sich anhand der konkreten, firmenspezifischen VerhŠltnisse, Probleme und Erfolgsfaktoren. Die Kunst liegt darin, sich aus den schier unbegrenzten Mšglichkeiten der betrieblichen und finanzwirtschaftlichen Rechnungswesenprogramme das Ð Wenige Ð herausfiltern zu lassen, das den Verwaltungsrat erkennen lšsst, ob das Schiff auf Kurs ist oder davon abkommt. Lassen Sie sich nicht mit allen mšglichen Detailauswertungen und Ðinformationen zum TagesgeschŠft zudecken, um dann vor lauter BŠumen den Wald aus den Augen zu verlieren. Ein Verwaltungsrat, der ein ungenÿgendes Reporting hinnimmt oder Ÿber ein taugliches Reporting verfÿgt, es aber entweder nicht liest oder nicht versteht, handelt unsorgfšltig. Allerdings: Die nicht exekutiven Verwaltungsratsmitglieder kšnnen kaum je erkennen, ob sie fÿr die BewŠltigung ihrer Aufgabe vollstšndig informiert werden, d.h. alle erforderlichen Informationen erhalten. Dies sicherzustellen, ist Aufgabe der exekutiven VerwaltungsrŠte und der GeschŠftsfŸhrung. Ziffer 15 der Swiss Best Practices erblickt im VerwaltungsratsprŠsidenten sogar den ÇGaranten der InformationÈ. Testen Sie Ihr Reporting mit der Frage, wie lange es geht, bis der Verwaltungsrat etwas bemerkt, das ihm der CEO vorenthalten will. StŠndiger Kontakt zur GeschŠftsfŸhrung Auch das beste Reporting ersetzt den persšnlichen Kontakt zur GeschŠftsfŸhrung nicht. An den Verwaltungsratssitzungen mÿssen die operativen SchlŸsselpersonen zu den traktandierten GeschŠften fÿr Fragen zur VerfŸgung stehen. Wer zulšsst, dass niemand da ist, um kritische Fragen kompetent zu beantworten, handelt unsorgfšltig. Deshalb verlangen die Swiss Best Practices (Ziffer 15), dass die fÿr ein GeschŠft verantwortlichen Kader anwesend sind und weitere Know How Ð TrŠger auf Pikett stehen. Auch zwischen den Sitzungen muss gewšhrleistet sein, dass der Verwaltungsrat Ÿber eine Çkommunizierende RšhreÈ zur GeschŠftsfŸhrung verfÿgt. Wie frÿh er sich anbahnende VerŠnderungen erkennt, hšngt wesentlich von der Offenheit des GeschŠftsfŸhrers ab. Die SchlŸsselperson fÿr die QualitŠt dieses VerhŠltnisses ist in der Regel der PrŠsident. Er ist die stšndig zum Empfang bereite Antenne des Verwaltungsrates. Stimmt die ÇChemieÈ zwischen ihm und dem GeschŠftsfŸhrer nicht, ist die wichtigste informelle Informationsquelle des Verwaltungsrats verstopft. Ein Verwal-

Dr. iur. Felix W. Egli Der Verwaltungsrat in der Pflicht 20 tungsrat, der Ÿber lšngere Zeit eine gestšrte, verstockte oder verstopfte Kommunikation mit der GeschŠftsfŸhrung duldet, handelt unsorgfšltig. Zweitens: Sorgfalt im Beurteilen von VerŠnderungen Ein Kollektiv-Verwaltungsrat bietet den Vorteil, verschiedene Wissens- und Erfahrungshorizonte zu bÿndeln. Das enorme Potential eines solchen Kollektivs wird aber erst in der Diskussion im Verwaltungsrat voll genutzt. Gerade wenn es um die Beurteilung wesentlicher VerŠnderungen geht, ist die Beratungskultur eines der wichtigste Sorgfaltselemente. An einer intakten Beratungskultur fehlt es vorab in den folgenden drei FŠllen: 1. Die Sitzungen werden mit Traktanden Ÿberfrachtet. FŸr Beratungen wird keine Zeit eingeplant. VerwaltungsratsprŠsidenten, die die Traktandenliste systematisch Ÿberfrachten, sabotieren im Ergebnis die Beratung. Verwaltungsratsmitglieder, die dergleichen akzeptieren, lassen sich zu Statisten degradieren. 2. Die Sitzungsunterlagen werden zu spšt oder in unÿbersichtlichem Durcheinander ausgehšndigt. Dem Swissair-Bericht von EY lšsst sich entnehmen, dass es Verwaltungsratssitzungen gab, deren Unterlagen jeweils erst an der Sitzung selbst abgegeben wurden. Wer die Unsitte solcher ÇTischvorlagenÈ oder Ç berraschungsfolienè akzeptiert, fšllt beim KopfschŸtteltest durch. Nicht von ungefšhr empfehlen die Swiss Best Practices (Ziffer 15), die Sitzungsunterlagen erstens Ÿbersichtlich aufbereitet und zweitens vor der Sitzung zuzustellen. ÇVor der SitzungÈ bedeutet aber nicht am Abend vor der Sitzung. Eine sorgfšltige Vorbereitung setzt m.e. voraus, dass die Sitzungsunterlagen spštestens am letzten Freitag Abend vor der Sitzung zugehen Ð zwecks Wochenendstudium. 3. Das Gremium wird durch einen starken Opinion Leader unter schwachen Persšnlichkeiten dominiert. Nicht selten schšlt sich im Kollektivorgan Ÿber kurz oder lang ein Opinion Leader heraus. Das ist gewiss nichts Schlechtes. Aber: Die Beratungskultur steht und fšllt mit dem GefŠlle zwischen ihm und den Ÿbrigen Mitgliedern. Warten diese jeweils gespannt auf sein Votum, um sich ihm lobpreisend anzuschliessen, degradieren sie sich zu Statisten. Allerdings lassen sich nur schwache oder fachlich unterlegene Persšnlichkeiten auf Dauer von Opinion Leadern dominieren. Im Interesse der Beratungskultur empfehlen daher die Swiss Best Practices (Ziffer 12), den Verwaltungsrat aus fšhigen Persšnlichkeiten so zusammenzusetzen, dass Çeine eigenstšndige Willensbildung im kritischen Gedankenaustausch mit der GeschŠftsleitung gewšhrleistet ist.è Damit spricht der Code allerdings ein grosses Wort gelassen aus: Zum einen ist der firmen- und branchenspezifische Wissensvorsprung der in einer Firma oft jahrelang operativ arbeitenden VerwaltungsrŠte sehr gross. Oft braucht ein neu gewšhltes, nicht exekutives Verwaltungsratsmitglied

Dr. iur. Felix W. Egli Der Verwaltungsrat in der Pflicht 21 Monate der Einarbeitung, bevor es Ÿberhaupt kritische Fragen stellen kann. Auch danach ist es nicht davor gefeit, hin und wieder eine aus Sicht des Managements ÇdummeÈ Frage zu stellen. Ist die Beratungskultur intakt, muss es sich aber deshalb nicht blamiert fÿhlen. Zum andern ist auch ein Gremium von starken Persšnlichkeiten nicht immun gegen die Befangenheit in kollektiven Konsensritualen. In Schweizer VerwaltungsrŠten herrscht ein tiefverankerter Imperativ kollegialen Konsenses. Man beschliesst einstimmig und ist Ð meist zu Recht Ð stolz darauf. Dahinter lauert aber das Geisterfahrersyndrom: Man fšhrt als Freundesgruppe im warmen Autobus in angeregtem GesprŠch wohlig durch die stockdunkle Nacht und kann sich gar nicht vorstellen, dass der erfahrene und zuverlšssige Berufschauffeur gerade eine Geisterfahrt absolviert. Eine ÇeigenstŠndige WillensbildungÈ im Sinne der Swiss Best Practices setzt aber die Bereitschaft voraus, das Unglaubliche zu glauben, Misstrauen aufzunehmen, wo Vertrauen als Tugend gilt, und aus den gewohnten Sitzungsritualen auszubrechen, wo die KollegialitŠt das Mitmachen erheischt. Nicht von ungefšhr empfehlen die Swiss Best Practices (Ziffer 14) dem Verwaltungsrat, seine Arbeits- und Funktionsweise jedes Jahr einer offenen und kritischen Selbstbeurteilung zu unterziehen. Wird mit einigen methodischen Kunstgriffen verhindert, dass sie zum eitlen Bauchpinsel-Ritual verkommt, liegt darin ein wirksames Instrument stšndiger Pflege und Verbesserung der Sorgfalt im Vorgehen. Fragen wir uns abschliessend, wann ein Verwaltungsrat zum eigenen Schutz von Bord gehen sollte. Meine Empfehlung: Treten Sie rechtzeitig zurÿck, wenn Sie als einsamer Rufer in der WŸste dauernd minorisiert werden oder wenn sie einer Minderheit angehšren, die den GeschŠftsfŸhrer fÿr inkompetent oder die Strategie des Unternehmens fÿr verfehlt hšlt. Sinkt der Kahn, ist es in der Regel zu spšt. VerlŠsst der KapitŠn als Erster das sinkende Schiff, begeht er in der Regel seinen letzten Sorgfaltsfehler. Ich danke Ihnen fÿr Ihre Aufmerksamkeit.

23 Die Personalverantwortlichen sind gefragt Referat von lic. iur. Ursula Hubschmid Der Aufschwung kann viele Gesichter haben. Er kann zum Beispiel in der Expansion der bestehenden Unternehmung durch die GrŸndung von Tochterfirmen im In- und Ausland bestehen. Er kann sich auch Šussern im Erwerb einer andern Unternehmung, in einer neuen Gewichtung der bisherigen AktivitŠten oder in der Konzentration auf ein KerngeschŠft. Vor allem im Zusammenhang mit der zuletzt erwšhnten Vorgehensweise, kšnnen auch Entlassungen notwendig werden. Dieses Referat behandelt einige der genannten Mšglichkeiten und die Aufgaben, die dabei den Personalverantwortlichen zukommen. Wenn im Folgenden oft von Personalverantwortlichen die Rede ist, so sind damit Ð je nach rechtlicher Ausgestaltung und tatsšchlicher Struktur Ð der Unternehmer selbst, die GeschŠftsleitung oder die mit Personalfragen betrauten Mitarbeitenden gemeint. 1. Erwerb einer Unternehmung Will eine Unternehmung eine andere Unternehmung kaufen, so muss dieser Vorgang den Personalverantwortlichen in einer ersten Phase nicht viel Kopfzerbrechen bereiten. Beim Erwerb einer Unternehmung oder eines Unternehmensteils kommen die Bestimmungen Ÿber den BetriebsŸbergang zur Anwendung, weil damit eine auf Dauer angelegte, in sich geschlossene Leistungseinheit, bestehend aus Personen sowie materiellen und immateriellen GŸtern, den EigentŸmer wechselt. FŸr diesen Fall sieht das Obligationenrecht (Art. 333) vor, dass alle ArbeitsvertrŠge mit dem BetriebsŸbergang auf den Erwerber des Betriebes Ÿbergehen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Arbeitnehmenden damit einverstanden sind. Ist ein Arbeitnehmender nicht einverstanden, so kann er Einspruch erheben. Erhebt er Einspruch, so wird sein ArbeitsverhŠltnis auf das Ende der gesetzlichen KŸndigungsfrist aufgelšst. FŸr den Erwerber des Betriebs kann dies dann sehr unangenehm sein, wenn gerade jene Mitarbeitenden Einspruch erheben, deren Fachwissen und Erfahrung fÿr die WeiterfŸhrung des Betriebes entscheidend sind. Den Personalverantwortlichen des Ÿbernehmenden Betriebs ist deshalb zu empfehlen, mit den zukÿnftigen Arbeitnehmenden, vor allem mit jenen, auf deren Mitarbeit sie angewiesen sind, sobald wie mšglich Kontakt aufzunehmen und mit ihnen die ModalitŠten

lic. iur. Ursula Hubschmid Die Personalverantwortlichen sind gefragt 24 ihrerweiterarbeit vertraglich zu regeln. Sie mÿssen so schnell wie mšglich vertraglich eingebunden werden. Sollte sich in den folgenden Monaten herausstellen, dass es Arbeitnehmende gibt, bei denen der im Ÿbernommenen Vertrag vereinbarte Lohn nicht gerechtfertigt ist, und erwšgt der neue Arbeitgeber z.b. LohnkŸrzungen, so hat er Folgendes zu beachten: Unterstehen die Ÿbernommenen ArbeitsverhŠltnisse einem Gesamtarbeitsvertrag, so ist dieser noch wšhrend eines Jahres einzuhalten, sofern er nicht vorher auslšuft oder gekÿndigt wird. 2. Umstrukturierung Was ist vorzukehren, wenn eine Abteilung geschlossen wird, die bisher dort tštigen Arbeitnehmenden aber in einer anderen Abteilung weiterbeschšftigt werden kšnnen? Diese Situation ist rechtlich dann nicht problematisch, wenn der Arbeitsort nicht Šndert, wenn die Arbeit und die Arbeitszeit im Wesentlichen gleich bleiben, und wenn der Lohn nicht herabgesetzt wird. Diese Voraussetzungen dÿrften jedoch bei den wenigsten Umstrukturierungen vorliegen. Sollen die Arbeitsbedingungen in zentralen Punkten gešndert werden, so ist dies nur mit dem EinverstŠndnis der Arbeitnehmenden mšglich. Liegt das EinverstŠndnis der Arbeitnehmenden vor, so kann dies in NachtrŠgen zu den bestehenden ArbeitsvertrŠgen festgehalten werden. Bei Arbeitnehmenden, welche mit den geplanten nderungen nicht Ð oder vielleicht noch nicht Ð einverstanden sind, muss eine sogenannte nderungskÿndigung eingeleitet werden. Dies bedeutet, dass der bisherige Arbeitsvertrag unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten KŸndigungsfristen gekÿndigt wird, und dass auf den Ablauf der KŸndigungsfrist hin ein neuer Arbeitsvertrag mit den neuen Arbeitsbedingungen angeboten wird. Ist ein Arbeitnehmer angesichts der KŸndigung und nach nochmaligem Nachdenken mit den gešnderten Arbeitsbedingungen einverstanden, so wird er den neuen Arbeitsvertrag unterschreiben. Ist er es nicht, so geht sein ArbeitsverhŠltnis mit Ablauf der KŸndigungsfrist zu Ende. Die Gerichtspraxis hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob solche nderungskÿndigungen Ÿberhaupt zulšssig sind. Das Bundesgericht hat diese Frage bejaht, wenn folgende Voraussetzungen erfÿllt sind: Die nderungskÿndigung muss bei nderungen, die fÿr die Arbeitnehmenden nachteilig sind, die vertraglich vereinbarten KŸndigungsfristen beachten. Sie muss sich Ÿberdies betriebswirtschaftlich begrÿnden lassen. Bei einer Umstrukturierung oder bei einer schlechten Ertragslage dÿrften diese Voraussetzungen regelmšssig erfÿllt sein. MŸssen nderungskÿndigungen in grosser Zahl ausgesprochen werden, so sind die Vorschriften einzuhalten, welche fÿr die Massenentlassungen gelten. Werden nderungskÿndigungen gut vorbereitet, so ermšglichen sie eine nicht geringe FlexibilitŠt bei der Anpassung an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese Aussage trifft allerdings bei den Langzeit-VertrŠgen nicht zu. Langzeit- VertrŠge Ð dazu gehšren befristete VertrŠge mit einer langen Vertragsdauer oder

lic. iur. Ursula Hubschmid Die Personalverantwortlichen sind gefragt 25 VertrŠge mit einer langen KŸndigungsfrist Ð werden von Arbeitgebern oft abgeschlossen, um besonders qualifizierte Arbeitnehmende an sich zu binden, oder die KontinuitŠt in der GeschŠftsfŸhrung zu sichern. Bei der Redaktion solcher VertrŠge wird hšufig zu wenig beachtet, dass auf nderungen im wirtschaftlichen Umfeld kurzfristig reagiert werden muss; das erforderliche rasche Handeln kann auch bedeuten, dass Entlassungen unumgšnglich werden. In aller Regel hat ein Arbeitgeber bei Langzeit-VertrŠgen keine Mšglichkeit, die Vertragsdauer oder die Dauer der KŸndigungsfrist angesichts der gešnderten UmstŠnde abzukÿrzen. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber grundsštzlich wšhrend der ganzen Vertragsdauer bzw. bis zum Ablauf der KŸndigungsfrist seinen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen muss, auch wenn er die betreffende Person nicht mehr oder nicht mehr in der gleichen Funktion einsetzen kann oder will. Die damit verbundenen finanziellen Folgen kšnnen erheblich sein. Dadurch werden nicht nur die LiquiditŠt und der Handlungsspielraum eines Unternehmens verkleinert, sondern auch die Motivation der verbleibenden, unter UmstŠnden fÿr einen reduzierten Lohn tštigen Arbeitnehmenden negativ beeinflusst. 3. Entlassungen Sieht sich der Arbeitgeber gezwungen, viele Arbeitnehmende zu entlassen Ð die zahlenmšssigen Vorgaben sind im Obligationenrecht (Art. 335d) umschrieben Ð so mÿssen die bei einer sogenannten Massenentlassung vorgeschriebenen Verfahrensschritte eingehalten werden. Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmenden informieren und konsultieren, bevor er die KŸndigungen ausspricht. Er muss ihnen darlegen, weshalb es zu den Entlassungen kommt, wie viele Leute davon betroffen sind, und in welchem Zeitraum die KŸndigungen ausgesprochen werden. Er informiert zudem ein erstes Mal das kantonale Arbeitsamt. Dieses soll so die Mšglichkeit erhalten, bei der Vermittlung von Stellen mitzuwirken. Oft bieten ArbeitsŠmter auch an, an weiteren Informationsveranstaltungen teilzunehmen, was fÿr alle Beteiligten ein grosser Vorteil sein kann. Im Anschluss an die Information muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmenden Gelegenheit geben, VorschlŠge zu unterbreiten, wie KŸndigungen vermieden oder deren Anzahl beschršnkt und ihre Folgen gemildert werden kšnnen. Damit das Ganze nicht zu einer AlibiŸbung wird, soll den Arbeitnehmenden oder, falls solche bestehen, ihren Vertretungen fÿr die Erarbeitung von VorschlŠgen mindestens eine Woche Zeit eingeršumt werden. Der Arbeitgeber Ð und damit sind insbesondere auch die Personalverantwortlichen gemeint Ð muss die VorschlŠge sorgfšltig prÿfen. Der Wert der Konsultation darf weder Ÿber-, noch unterschštzt werden. Es kommt zwar in der Praxis nicht hšufig vor, dass aufgrund der Konsultation weniger KŸndigungen ausgesprochen werden, weil die Arbeitgeber in der Regel bereits die mšglichen Alternativen geprÿft hatten, bevor sie sich zu KŸndigungen entschlossen. In jedem Fall ist es jedoch nicht nur fÿr die ausscheidenden, sondern auch