Händehygiene und Führung. Prof. Dr. med. D. Conen Chefarzt Medizinische Klinik Kantonsspital Aarau AG

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Transkript:

Händehygiene und Führung Prof. Dr. med. D. Conen Chefarzt Medizinische Klinik Kantonsspital Aarau AG

Händedesinfektion Direkte Beobachtungsstudie, Universitätsklinik Genf, 163 Ärzte nur 57% von 163 Ärzten hielten sich an die Richtlinien Einflussfaktoren: Positiv: Wissen beobachtet zu werden Bewusste Vorbildfunktion Positive Einstellung zur Händedesinfektion Leichter Zugang zu Desinfektionsmitteln Negativ: Hohe Arbeitsbelastung Hochrisiko-Eingriffe Bestimmte Disziplinen (Chirurgie, Anästhesie, Notfall- und Intensivmedizin) D. Pittet et al.: Ann Intern Med, 141; 2004: 1-8

Organisationen und das Wahrnehmen von Führungsaufgaben:Umgang mit Fehlern Error-prone organizations Tätigkeit: Schlechtes Design, geringe Spezifikation Probleme: Mitarbeiter versuchen to get the job done Konsequenzen: Beinahe-Unfälle passieren regelmässig, Schäden häufen sich High-performing organizations Tätigkeit: klar definiert, gut spezifiziert Probleme: werden sofort untersucht Konsequenzen: Abnahme von Beinahe-Unfällen, Schäden ereignen sich nur selten Spears et al. Ann.Int.Med. 2005; 142:627-630

Prinzipien von Good Clinical Governance Fordere systematisches Berichten Es genügt nicht ad hoc Qualitäts- und Sicherheitsberichte zu verlangen Geschäfts- und Klinikleitung müssen darauf vertrauen können, dass ein Prozess systemischen Monierens und Berichtens in der ganzen Organisation vorhanden ist und dass Gutes und Schlechtes berichtet wird

Alltagsereignis: Banalität? Beschreibung: Pat. mit Clostridieninfekt für ein Konsilium aufgeboten. In Aktentasche Einmalschürze gelegt, auf Sack vermerkt, dass diese sich in Sack befindet,pat.aus der Isolationspflege kommt (mit Schürze, Handschuhen,Mundschutz etc.). Es kommt alles unangetastet zurück laut Pat. hätte Arzt Schürze nicht angezogen sowie andere Ärzte auch nicht (Anmerkung Pat.) Eingeleitete Sofortmassnahme: Keine Management: Keine Ausgang / Outcome Patient: Weiss nicht, hoffe Arzt hat zumindest Hände desinfiziert. Frage mich, wozu wir uns die Mühe machen.

Gefahren ausgehend vom Mitarbeiter / Mitarbeiterin Hände!!!!! Hände!!!!! Hände!!!!! Hände!!!!! Hände!!!!! Hände!!!!! Hände!!!!!

Interventionen der Spitalhygiene seit 2004 Überarbeitung der Richtlinien Isolation von Patienten mit multiresistenten Keimen. Tägliche Kontrollen der Isolation durch die Hygienefachfrau Hygiene ist Chefsache Wiederholte Händehygiene-Instruktion bei allen Berufsgruppen mit Patientenkontakt. Teilnahme an der Schweizerischen Händehygienekampagne 2005/2006 Neue Alkoholspender an allen Zimmertüren, zusätzliche Alkoholspender in den Zimmern. Kitteltaschenflaschen für alle HCW Überarbeitung der Richtlinien für die präoperative antibiotische Prophylaxe. Kontrolle der Adherence nach Implementation Monitorisierung des Antibiotikaverbrauches für Stationen und Kliniken

Die Kittelflasche: Alkohol immer zur Hand

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Medizin restliche Abteilungen Compliance 2006 Compliance 2005

Händehygienekampagne Die Schweiz 2005 90 Spitäler KSA 2005 41,684 Gelegenheiten 5,299 Beobachtungssequenzen 1,615 Stunden 877 Gelegenheiten 115 Beobachtungssequenzen 34 Stunden Compliance 54% Compliance 58%

NEJM 2006:355; 121-122

7. Ziele 2006 (2)

Händehygienekampagne KSA 2005 KSA 2006 877 Gelegenheiten 115 Beobachtungssequenzen 34 Stunden ca. 900 Gelegenheiten Compliance 58% Compliance 79%

Compliance mit der Händehygiene nach der Intervention 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 86 % Medizin 71 % 79 % 56 % restliche Abteilungen Compliance 2006 Compliance 2005

Händealkohol-Verbrauch Liter 7000 6000 32 % 6.5 % 5000-7 % 4000 3000 2000 1000 0 Juli - Dez. 2004 Jan. - Juni 2005 Juli - Dez. 2005 Jan. - Juni 2006

Nosokomiale Infektionen 1999 2006: Innere Medizin 18 16 Mittelwert 1999-2004 15.7 14 13.43 12 10 8 6 10.49 8.04 5.62 4 2 0 1999 2002 2003 2004 2006

Nosokomiale Infektionen 1999 2006: KSA total 14 12.96 Mittelwert 1999-2004 12.80 12 10.67 10.54 10 8 6.77 6 4 2 0 1999 2002 2003 2004 2006

Nosokomiale Infektionen am KSA 14 12.96 12.8 Durchschnitt 12 1999 2004 11.74 % 10 8 6 4 Infected patients % 10.67 10.54 6.77 Ca. 40 % Reduktion 2 0 1999 2002 2003 2004 2006

Prävalenz nosokomialer Infektionen KSA 04 vs 06 25% 20% 15% 2004 2006 2004: 42 von 328 Patienten mit nosokomialen Infekten 10% 5% 12.8% 6.8%0% 2006: 21 von 310 Patienten mit nosokomialen Infekten KSA OR = 0.5, p = 0.01, 95 %CI 0.27-0.88