FRIEDENSKONSOLIDIERUNG UND TRANSITIONAL JUSTICE Prof. Dr. Susanne Buckley-Zistel
Gliederung 1. Friedenskonsolidierung 2. Transitional Justice
Friedenskonsolidierung Relevanz Hintergrund Definition Maßnahmen
Relevanz In 50% aller Länder, in denen ein Konflikt durch eine Friedensvertag beendet wurde, bricht innerhalb von 5 Jahren erneut Gewalt aus (conflict trap) Kriegsende nicht Ende, sondern der Anfang eines langen und schwierigen Prozesses Von negativem Frieden (Abwesenheit von direkter Gewalt) zum positiven Frieden (Abwesenheit von struktureller Gewalt, Aussöhnung, usw.) Prävention
Hintergrund Ende des Ost-West Konflikts Neu Hoffnung, dass VN ihren Erwartungen - Wahrung des Weltfriedens - endlich gerecht werden könne Folge: Maßgebliche Reformation der Friedenssicherung durch die VN Ziel der Reformen: Festlegen, Artikulieren und Übertragen von Normen um angemessenes Staatsverhalten zu formen
VN Agenda für den Frieden (1992) (Boutros Boutrous Ghali, Generalsekretär 1991-96) 1. Konfliktprävention (preventive diplomacy) 2. Friedensschaffung (peacemaking) 3. Friedenssicherung (peacekeeping) 4. Friedenskonsolidierung (post-conflict peacebuilding)
Konfliktkurve (Michael Lund)
Friedenskonsolidierung Definition Nachhaltige, kooperative Anstrengungen zur Bewältigung der zugrundeliegenden wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und humanitären Probleme, um eine dauerhafte Grundlage für einen erzielten Frieden zu schaffen (lt. Agenda für den Frieden)
Annahmen der Agenda Strukturelle Konfliktursachen müssen angegangen werden Verbindung zwischen mangelnder Entwicklung / dürftigen Institutionen und Unfrieden Konsolidierung braucht vereinte Kräfte von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren, top-down und bottom-up Demokratie als Garant für Frieden Einbettung in Paradigma des Liberalen Frieden
Akteure in Agenda VN als Akteur der technischen Zusammenarbeit Erstmals Betonung der Rolle von zivilen Akteure und deren Partizipation, sowie die Anerkennung von Minderheiten und Randgruppen
UN Peacebuilding Commission Seit 2005 Koordinierung des internationalen Engagements nach Ende eines bewaffneten Konflikts bis zur Aufnahme regulärer Entwicklungshilfe Entwicklung kohärenter Strategien zur Friedenskonsolidierung Koordination von Finanzierung Nahtstelle zwischen politischem Dialog und konkret friedenskonsolidierenden Aktivitäten
Akteure allgemein UN Institutionen (UNDP, UNHCR, UNICEF, etc.) World Bank Multilaterale und bilaterale Geber (EU, GTZ, DfiD, SIDA, DANIDA, etc.) Nicht-staatliche Akteure (internationale, nationale und lokale NROs, Glaubengruppen, etc.)
Strategien (Schneckener 2005) sozioökonomische n Maßnahmen Siche r-heit polit. Maßnahme n psycho-soziale Maßnahmen
Sicherheit Abrüstung und Rüstungskontrolle Demobilisierung und Re- Integration von Gewaltakteuren (Disarmament, Demobilisation and Reintegration, DDR) Reform des Sicherheitssektors, d.h. Militär, Polizei, Grenzschutz und Justiz (Secutiy Sector Reform, SSR) Bekämpfung von Kriminalität
Politische Maßnahmen Aufbau einer zivilen Verwaltung Entwicklung rechtsstaatlicher Strukturen Schaffung politischer Institutionen Durchführung freier Wahlen Verabschiedung einer neuen Verfassung Gewährleistung von Grundfreiheiten
Sozio-ökonomischen Maßnahmen Transformation der Bürgerkriegs- und Gewaltökonomien Wiederaufbau der Infrastruktur (z.b. Verkehrswege, Energie- und Wasserversorgung, Telekommunikation) Reaktivierung der Wirtschaft und Landwirtschaft Aufbau des Gesundheitsund Bildungssystems Bekämpfung von Armut
Psycho-sozialen Maßnahmen Betreuung und Reintegration von Kriegsopfern, Kindersoldaten, Flüchtlingen oder Vertriebenen Vergangenheitsarbeit, Transitional Justice
Gender-Aspekte Frauen und Männer sind unterschiedlich von Kriegserfahrung betroffen Nach gewaltsamen Konflikten sind Frauen häufig in der Mehrzahl Frau oft auf lokaler Ebene aktiv, jedoch kaum unter politischen Entscheidungsträgern Stärkere Inklusion von Frauen bei Friedensverhandlungen, Mediation und Wiederaufbau (UN Resolutionen 1325 + 1820)
Transitional Justice Definition Hintergrund Ziele Maßnahmen Wahrheits- und Versöhnungskommission Peru
Definition Instrumente und Bemühungen, die Vergangenheit eines gewaltsamen Konflikts oder Regimes aufzuarbeiten, um den Übergang zu einer nachhaltig friedlichen Gesellschaftsordnung zu ermöglichen
Hintergrund Neues Konzept, alter Praxis Veränderter politischer Kontext seit 1989 Geschichte: Rechtsentwicklung von Nürnberg bis International Crime Tribunal (ICC) zunehmend globale Norm
Ziele von Transitional Justice Aufdecken der Wahrheit über Verbrechen Identifizieren und zur Rechenschaft ziehen der Verantwortlichen Prävention zukünftiger Straftaten Wiederherstellung der Würde der Opfer Ermutigung zur Aussöhnung und friedlichen Koexistenz
Maßnahmen Rechtsprechung durch internationale, hybride und nationale Kriegstribunale Aufdeckung des Ausmaßes der Vergehen durch nationale und internationale Wahrheitskommissionen Reparationen für Opfer, Kompensation, Rehabilitation und symbolische Wiedergutmachung Erinnerungsarbeit, Konstruktion von Gedenkstätten und Museen
Rechtssprechung Strafverfolgung in nationalen, internationalen und hybriden Tribunalen
Erinnerungsarbeit Denkmäler, Museen, Trauerfeiern
Reparationen Symbolische und materielle Wiedergutmachung
Wahrheitssuche Wahrheitskommissionen, Wahrheits- und Versöhungskommissione n
Peruanische Kommission für Wahrheit und Versöhnung (2001-2003) Krieg zwischen Guerillaorganisationen,Paramilitärs und der Regierungsarmee Zeitraum der Ermittlungen: 1980-2000 Enthüllungen: 69.280 Todesopfer 54% vom Leuchtender Pfad 28% peruanischen Militär 13% Paramilitärs 1,5% Revolutionäre Bewegung Tupac Amaru 75% der Todesopfer sprachen Quechua oder eine andere indigene Sprache 79% der Opfer stammten aus ländlichen Gebieten Schmutziger Krieg von Seiten der peruanische Polizei und des peruanische Militärs / systematische Praxis der Menschenrechtsverletzungen
Film peruanische Wahrheits- und Versöhnungskommission Comisión de la Verdad y Reconciliación, CVR