WOHNUNGSLOSE KINDER UND JUGENDLICHE IN BADEN-WÜRTTEMBERG

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Transkript:

WOHNUNGSLOSE KINDER UND JUGENDLICHE IN BADEN-WÜRTTEMBERG UMFANG, LEBENSLAGE UND BEDARFE Gerda Holz, Frankfurt am Main Expertise im Rahmen des 1. Armuts- und Reichtumsberichtes des Landes Baden-Württemberg Aufgabe: Lage von wohnungslosen Kindern und Jugendlichen in BaWü unter Einbeziehung des Forschungsstandes betrachten Ziel: Einblick in die Hilfelandschaft zu erhalten Fragestellungen: Wie sieht die Lebenslage aus? Wie gestaltet sich die Bildungssituation? Inwieweit ist eine Gesundheitsversorgung gewährleistet? Wie können Betroffene erreicht und gefördert werden? Wie viele Kinde rund Jugendliche sind in Baden-Württemberg betroffen? Welche Angebote bestehen und werden genutzt? Methodik: Sekundäranalysen und Interviews mit Betroffenen sowie Expert*innen 14 Experten-Interviews in Verbänden und Kommunen/Kreisen, z.b. BAGW, Diakonie Württemberg, Caritas Stadt Stuttgart, Stadt Mannheim, Rhein-Neckar-Kreis, Ostalbkreis, Ortenaukreis, Freezone Mannheim, Schlupfwinkel, Johannes-Falk-Haus, Neefhaus (alle Stuttgart), Südstadtkids Heilbronn Face-to-Face-Interviews mit sechs Jugendlichen zwischen 15 und 23 Jahren sowie einer Familie mit Kindern. Zeitraum: Januar bis Juli 2014 1

Gliederung Wohnungslosigkeit Definition und Rechtssituation Wohnungslosigkeit Mehrdimensionale Problematik Lebenslage der Kinder und Jugendlichen Rückschlüsse und Anforderungen an das Hilfesystem Wohnungslosigkeit Definition und rechtliche Aspekte 2

Definition Wohnungslosigkeit Von Wohnungslosigkeit sind diejenigen Personen betroffen, ohne jegliche Unterkunft Lebende, in Behelfsunterkünften (wie Baracken, Wohnwagen, Gartenlauben, etc.) Lebende, vorübergehend bei Freunden, Bekannten und Verwandten untergekommene Personen, sowie vorübergehend auf eigene Kosten in einer gewerbsmäßigen Behelfsunterkunft (wie Hotels, Pensionen) Lebende. Quelle: BAG-Wohnungslosenhilfe (2011: 1f.) Definition Wohnungslosigkeit Hinzu kommen Personen, die ohne eigene mietrechtlich abgesicherte Wohnung (oder Wohneigentum), aber institutionell untergebracht sind, darunter per Verfügung, (Wieder-)Einweisung oder sonstiger Maßnahme der Obdachlosenbehörde oder zuständigen Ordnungsbehörde untergebrachte Menschen (ordnungsrechtlich untergebrachte Wohnungsnotfälle), mit Kostenübernahme nach Sozialgesetzbuch SGB II oder SGB XII vorübergehend in Behelfs- bzw. Notunterkünften oder sozialen Einrichtungen untergebrachte Personen (durch Maßnahmen der Mindestsicherungssysteme untergebrachte Wohnungsnotfälle), mangels Wohnung in sozialen oder therapeutischen Einrichtungen länger als notwendig untergebrachte Personen, bzw. Personen deren Entlassung aus einer sozialen oder therapeutischen Einrichtung oder aus dem Strafvollzug unmittelbar bevorsteht und für die keine Wohnung verfügbar ist. Quelle: BAG-Wohnungslosenhilfe (2011: 1f.) Straßenkinder/-jugendliche 3

Rechtliche Situation im Bedarfsfall Wohnungslosigkeit Beispiel 31 SGB VIII = Sozialpädagogische Familienhilfe Die Gewährung von Jugendhilfe setzt einen Unterstützungsbedarf bei der Erziehung voraus Beispiel 16 SGB XII = Familiengerechte Hilfen Bei Leistungen der Sozialhilfe sollen die besonderen Verhältnisse in der Familie der Leistungsberechtigten berücksichtigt werden. Die Sozialhilfe soll die Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und den Zusammenhalt der Familie festigen. Beispiel 67-69 SGB XII = Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten Diese Hilfen werden traditionell als Hilfe für Alleinstehende und weniger als familienspezifische Hilfe gewährt Typisch ist eine Schnittstellproblematik zwischen den Rechtskreisen Rechtliche Situation im Bedarfsfall Wohnungslosigkeit für Kinder und Jugendliche (0-17J.) und ihre Familien SGB VIII (insb. 8a, 13, 27ff) = Kinderschutz, Jugendsozialarbeit, Hilfen zur Erziehung SGB XII ( 67, 68) = Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten für junge Volljährige (18-21 J.) SGB VIII (insb. 13, 41) = Jugendsozialarbeit; Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung SGB XII ( 67, 68) = Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten SGB II (im Ausnahmefall) = Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende für Erwachsene (über 21 J.) SGB VIII (im Ausnahmefall 41, 35a) = Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche; Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung SGB XII ( 67, 68) = Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten SGB II = Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende 4

Wohnungslosigkeit Ursächlichkeiten und Zusammenhänge Ursächlichkeiten, Mehrdimensionalität und Problemspirale Armut Fehlende Teilhabechancen Mangelnde Bildung Physisches und psychisches Erkrankungsrisiko Gewalt Kriminalität Arbeitslosigkeit Soziale Isolation Stigmatisierung Risikoerhöhung/ geht einher mit Wohnungslosigkeit Risikoerhöhung/ geht einher mit 5

Entstehung von Wohnungslosigkeit Bei Kinder und Jugendlichen ist Wohnungslosigkeit meist eine Folge der Lebenslage der Familie: Wenn Kinder wohnungslos sind, dann sind sie es in den allermeisten Fällen, weil ihre Eltern wohnungslos sind. Sie werden gemeinsam mit den Eltern ordnungsrechtlich untergebracht Wohnungslosigkeit ist bei ihnen also die Folge der aktuellen Lebenssituation ihrer Familie Diese wird zur kindlichen Lebenslage und stellt für den jungen Menschen eine hochriskante wie brisante Entwicklungsbedingung dar Entstehung von Wohnungslosigkeit Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen entsteht Wohnungslosigkeit meist aus einer Kumulation von Lebensbedingungen und Entwicklungsproblemen: Ebene Indikatoren individuell: Familiäre Konflikte in der Herkunftsfamilie Armutslagen Suchtmittelkonsum Häufiger Gewalterfahrungen Emotionale Verwahrlosung Strukturell Institutionell Fehlende Bildungsabschlüsse Geringes oder kein Einkommen des Heranwachsenden Schnittstellenproblematik Jugend- und Wohnungslosenhilfe beim Übergang in die Volljährigkeit im SGB II = U-25-Regelung: Das Auszugsverbot unter 25-jährige, wenn sie mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft leben 6

Quantitative Daten Landesebene Baden-Württemberg Liga der freien Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg Stichtagserhebung aller Einrichtungen und Dienste 2013 Hilfen nach 67ff SGB VIII Altersklasse Bis 24 Jahren davon bis 17 Jahre davon 18-20 Jahre davon 21-24 Jahre wohnungslose Jugendlicher (absolut) 1.427 55 ( 3,8%) 1) 411 (28,8%) 961 (67,3%) Anteil 13 % Problem: Dunkelziffer! ab 25 Jahre 9.846 87 % Gesamt 11.273 100 % 13 Quantitative Daten Landesebene Baden-Württemberg Anzahl der unter 25jährigen Nutzer/innen nach Angebotsform 2012 bis 2013 Inanspruchnahme nach Jahren Angebotsform 2012 2013 Absolut In Prozent Absolut In Prozent Fachberatungsstelle 630 51 766 54 Betreutes Wohnen 253 20 239 17 Tagesstätte 121 10 160 11 Stationäre Einrichtung 102 8 91 6 Aufnahmehaus 65 5 77 5 Teilstationäre Einrichtung 56 4,5 58 4 Sonstige ambulante Stelle 20 1,5 36 3 Gesamt 1.247 100 1.427 100 7

Zur Lebenslage der Kinder und Jugendlichen Lebenslage von wohnungslosen Kindern Soziale Lage Stigmatisierung bei Unterbringung in Obdachlosenunterkünften Diskriminierung in der Schule Freundschaftspflege ist schwierig Massiv auf sich selbst angewiesen sein Kulturelle Lage Überwiegender Schulbesuch Zusätzliche Förderung unterliegt Barrieren: Zugang, (vermeintliche) Kosten, Kontinuität Wahrnehmung außerschulischer Bildungsangebote ist die Ausnahme 8

Lebenslage von wohnungslosen Kindern Materielle Lage Kleine Notwohnung; Küche und Bad müssen sich mit anderen Bewohner/innen geteilt werden. Alltägliche Konfrontation mit den Problemlagen der anderen Bewohner/innen Gewohnte Umgebung, Spielsachen, Privates wurden zurückgelassen Zusätzlich: normale Folgen der Armutsbetroffenheit Gesundheitliche Lage Multipel belastende Lebenssituation führt auch zu gesundheitlicher Belastung (psychisch, physisch) Verhaltensauffälligkeit als Indiz für Belastung Gefahr des passiven Mitkonsums von Suchtmitteln Lebenslage von wohnungslosen Jugendlichen Soziale Lage Oftmals von bisheriger Familiensituation geprägt, häufig mit Gewalterfahrungen Eher gutes Verhältnis zu Geschwistern und relativ stabiler Freundeskreis Wenige haben tatsächlich auf der Straße gelebt Oftmals bereits mehrmaliger Kontakt mit Hilfeangeboten; Schwierigkeit mit Vertrauensbildung Kulturelle Lage Häufig Schulabbruch, aber auch alle Formen von Bildungsabschlüssen vorhanden. Oftmals wenig Selbstwirksamkeitsempfinden Hohe Anstrengungsbereitschaft gefordert, um Bildung in Anspruch zu nehmen. 9

Lebenslage von wohnungslosen Jugendlichen Materielle Lage Kein oder geringes Einkommen Umgang mit Geld ist schwierig, teilweise bedeutungslos Oftmals Pendeln zwischen verschiedenen Wohnsettings (Einrichtung, Freunde, Straße, Familie) Alltag wird im öffentlichen Raum verbracht, wenig Struktur Gesundheitliche Lage Wenig Erkenntnisse Robustheit vs. starkes Krankheitsrisiko Subjektive und objektives Gesundheitsempfinden differieren Oftmals Konsum von Suchtmitteln Rückschlüsse und Anforderungen an das Hilfesystem 10

Erkenntnisse zu Anforderungen an das Hilfesystem Der Zugang erfolgt häufig über Freunde, selten zielgerichtet über formale Information (Internet etc.). Bürokratischer Aufwand oder Regeln sind Schwellen. Es bedarf viel Geduld, um Vertrauen aufzubauen. Die Annahme von Hilfen (als neue Lösung) geht mit der Aufgabe von Wertvollem (z.b. Freiheit, Autonomie etc.) einher. Hilfen sollten: einen sicheren und geschützten Wohnraum zu bieten, Gelegenheit bieten, kurz-, mittel- und langfristige Perspektiven zu entwickeln, um die gesellschaftliche Eingliederung dauerhaft möglich zu machen, Hilfen beim Gang zu den Institutionen zu geben, bei der physischen und psychischen Stabilisierung zu helfen, beim Erlernen von Alltagskompetenzen zu begleiten und zu unterstützen. Jugendliche am Übergang ins junge Erwachsenenalter und Herausforderungen für die Jugendhilfe Hier: Stationen Jugendlicher durch das Hilfesystem anhand von Falldarstellungen Befragt: 21 Personen zw. 15 und 23 Jahren Quelle: Mögling/Tillmann/Reisig 2015: Entkoppelt vom System. Düsseldorf. S. 17. 11

Jugendliche am Übergang ins junge Erwachsenenalter und Herausforderungen für die Jugendhilfe Hier: Stationen Jugendlicher durch das Hilfesystem anhand von Falldarstellungen Für die Jugendhilfe muss das Thema Wohnungslosigkeit zentral sein Befragt: 21 Personen zw. 15 und 23 Jahren Quelle: Mögling/Tillmann/Reisig 2015: Entkoppelt vom System. Düsseldorf. S. 17. Fazit Über die Lage von wohnungslosen Kindern und Jugendlichen ist sowohl qualitativ als auch quantitativ wenig bekannt Die Versorgung ist regional stark unterschiedlich Zielgruppenorientierung vs. Inklusionsprämisse im Hilfesystem Expert/innen fordern: Abbau rechtliche Restriktionen Schaffung adäquater Wohnraum Erhöhter Betreuungsbedarf Förderung spezieller Hilfeangebote Bildung kommunaler Netzwerke Fachgerechte weiterführende Hilfen für über-21-jährige Fachdiskurse Wichtig zur strukturellen Weiterentwicklung der Unterstützung Bedürfnisnahes Angebot flächendeckend, auch in ländlichen Räumen Bedürfnisgerechte Konzepte der Kinder- und Jugendhilfe in Kooperation mit den relevanten Akteuren 12

Literaturverweise Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.v. Statistikberichte Positionen und Handlungsstrategien Eichler/Holz (2014): Expertise zur Lage von wohnungslosen Kindern du Jugendlichen in Baden-Württemberg: Online verfügbar Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung e.v. Publikationen wie Prävention von Wohnungslosigkeit in Nordrhein-Westfalen (2014). Wohnungslosigkeit in Baden-Württemberg. Untersuchung zu Umfang, Struktur und Hilfen für Menschen in Wohnungsnotlagen. Bremen 2015 Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) Zuletzt: Integrierte Wohnungsnotfall-Berichterstattung 2015 in Nordrhein-Westfalen. Mögling/Tillmann/Reisig (2015): Entkoppelt vom System. Jugendliche am Übergang ins junge Erwachsenenalter und Herausforderungen für die Jugendhilfestrukturen. Düsseldorf Fachliteratur zu Straßenkindern Schwerpunkthefte von Forum für Kinder- und Jugendarbeit 1/2016 + neue caritas 7/2016 Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. Zeilweg 42 60439 Frankfurt am Main E-Mail: info@iss-ffm.de Tel.:069-95 78 9-0 Fax: 069-95 789 190 Gerda Holz E-Mail: gerda.holz@iss-ffm.de Tel.:069 95 78 9-131 13