Kindergeld: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Verschulden von Familienangehörigen als Hilfspersonen

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Transkript:

FG München, Beschluss v. 22.11.2016 12 V 2736/16 Titel: Kindergeld: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Verschulden von Familienangehörigen als Hilfspersonen Normenketten: AO 110 AO 355 FGO 69 Abs. 3 S. 1 FGO 69 Abs. 2 S. 2 EStG 32 Abs. 4 Nr. 2 Leitsätze: 1. Auch eine aus familiären Gründen entstandene, schwerwiegende seelische Belastung kann einen Entschuldigungsgrund i. S. d. 110 AO bilden. 2. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen ( 110 Abs. 1 Satz 2 AO); diese Zurechnung gilt nicht für Hilfspersonen des Beteiligten selbst, wie etwa Familienangehörige. Schlagworte: Wiedereinsetzung, Seelische Belastung Fundstellen: LSK 2016, 122976 NZFam 2017, 722 Tatbestand I. Mit Bescheid vom 9. Juli 2015 hob der Antragsgegner (die Familienkasse) gegenüber dem Antragsteller die Festsetzung des Kindergeldes für [ AA] und [ BB] ab August 2015 auf; außerdem wurde die Kindergeldfestsetzung für [ CC] wegen der Ordnungszahl geändert und auf die Höhe von monatlich 184 EUR festgesetzt. Die Entscheidung begründete die Familienkasse damit, dass nach den vorgelegten Unterlagen die Kinder AA und BB im Juli 2015 ihre Schulausbildung beendet hätten. Am 12. August 2015 beantragte der Antragsteller weiterhin Kindergeld für AA und BB und legte zur Begründung seines Antrages die Abiturzeugnisse der beiden Kinder vom jeweils 26. Juni 2015, sowie für BB eine Studienplatzbestätigung für die Zeit nach dem September 2015 vor und kündigte an, von AA eine Immatrikulationsbescheinigung nachzureichen. Mit Bescheid vom 27. August 2015 setzte die Familienkasse gegenüber dem Antragsteller wieder das Kindergeld für BB ab August 2015 fest, und änderte die Kindergeldfestsetzung für CC wieder auf monatlich 188 EUR. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2015 lehnte die Familienkasse den Antrag des Antragstellers auf Festsetzung für Kindergeld für AA ab August 2015 ab, da trotz Aufforderung keine Studienbescheinigung für das Wintersemester 2015/2016 vorgelegt worden sei. Mit Bescheid vom 18. Mai 2016 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes für die Kinder AA, BB und CC gegenüber dem Antragsteller ab Oktober 2013 auf und forderte das für den Zeitraum von Oktober 2013 bis einschließlich März 2016 gewährte Kindergeld in Höhe von 15.380 EUR zurück. Diese Entscheidung begründete die Familienkasse damit, dass der Antragsteller der Aufforderung, die Fragebögen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld sowie eine Arbeitgeberbescheinigung für jedes der drei Kinder vorzulegen, nicht nachgekommen sei. Diese Aufforderungen seien an den Antragsteller mit Schreiben vom 18. November 2015 und 25. April 2016 ergangen.

Mit Schreiben vom 13. August 2016 erhob der Antragsteller vertreten durch seine Ehefrau Einspruch gegen den Bescheid vom 18. Mai 2016. Zur Begründung wurde vorgetragen: Die verspätete Einspruchseinlegung sei unverschuldet, denn der Bescheid sei im Mai 2016 in der Annahme abgelegt worden, es handele sich um eine Nachfrage zur Immatrikulationsbescheinigung für den Sohn AA, die zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen habe. AA habe im April einen schweren unverschuldeten Autounfall erlitten. Der Antragsteller bitte um Verständnis für die Situation und erlaube sich nun alle erforderlichen Unterlagen umgehend zur Verfügung zu stellen und seiner Mitwirkungspflicht uneingeschränkt nachzukommen. Ab August 2015 sei für AA kein Kindergeld mehr bezahlt worden. Alle bis zu diesem Zeitpunkt geleisteten Zahlungen der Familienkasse hätte er rechtmäßig erhalten. Die erforderlichen Nachweise hierfür hätte die Familienkasse im August 2015 erhalten. AA und BB hätten im Juli 2015 Abitur gemacht. BB studiere seit September 2015 in [ EU-Land] und sei für das zweite Studienjahr ab September 2016 zugelassen. AA werde im September 2016 mit dem Studium beginnen. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 2016 verwarf die Familienkasse den Einspruch gegen den Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid als unzulässig. Der Einspruch sei nicht fristgerecht erhoben worden und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht eingeräumt werden. Dagegen richtet sich die beim Finanzgericht München anhängige (Az. 12 K 2578/16) Klage des Antragstellers. Zur Begründung seiner Klage und seines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung des Kindergeldaufhebungsbescheides trägt der Antragsteller vor, dass eine unverschuldete Versäumnis der einmonatigen Einspruchsfrist vorliege. Der Bescheid vom 18. Mai 2016 sei nicht per Einschreiben zugestellt worden. Nicht klar sei deshalb, wann dieser Brief bei ihnen eingetroffen sei. Ihn selbst habe der Bescheid nicht erreicht. Er sei als Wochenendpendler [ ] tätig; seine Ehefrau erledige deshalb unter der Woche die Steuer- und Finanzangelegenheiten der Ehegatten. Der Bescheid sei erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt seiner Frau in die Hände gefallen. In der Zeit als dieser Bescheid zugestellt worden sein solle, sei der älteste Sohn AA nach einem unverschuldeten Unfall am [ ] in der chirurgischen Klinik [ ] behandelt worden. Er und seine Frau hätten zu dieser Zeit um sein Leben gebangt und hätten selbstverständlich den Fokus auf diese Situation gerichtet. Die Anhörungsschreiben vom 18. November 2015 und 25. April 2016 habe er nicht erhalten. Er hätte nie unberechtigt Kindergeld bezogen, die Kindergeldberechtigung für alle drei Kinder sei bis Juli 2015 durch Urkunden nachgewiesen. Deshalb sei die angeordnete Rückzahlung des Kindergeldes ab dem Jahr 2013 völlig unberechtigt und unverständlich. Im April 2016 seien die Kindergeldzahlungen insgesamt eingestellt worden. Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Bescheid vom 18. Mai 2016 über die Aufhebung der Festsetzung des Kindergeldes für die Kinder AA, BB und CC ab Oktober 2013 sowie die Rückzahlung des Kindergeldes in Höhe von 15.380 EUR in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2016 ab Fälligkeit für die Dauer des Klageverfahrens wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit von der Vollziehung auszusetzen und die Vollziehung der verwirkten Säumniszuschläge aufzuheben. Die Familienkasse beantragt, den Antrag abzulehnen. Die Familienkasse ist der Auffassung, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Einspruchsfrist hätte nicht gewährt werden können, da die Fristversäumnis nicht unverschuldet sei. Dass der Sohn AA am [ ] einen schweren unverschuldeten Unfall gehabt hätte, sei ein harter Schicksalsschlag, stelle aber kein Hindernis dar, das eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könne, zumal die Einspruchsfrist über zwei Monate nach dem Unglück geendet habe. Im Übrigen werde zur weiteren Begründung auf die Einspruchsentscheidung verwiesen. Wegen des weiteren Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die vorgelegten Akten verwiesen.

Gründe II. 1. Der Antrag ist begründet. a)a) Nach 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.s. von 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, z.b. BFH- Beschlüsse vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, und vom 28. Mai 2015 V B 15/15, BFH/NV 2015, 1117, m.w.n.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 1117). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.b. BFH-Beschlüsse vom 6. November 2008 IV B 126/07, BFHE 223, 294, BStBl II 2009, 156, vom 20. Juli 2012 V B 82/11, BFHE 237, 545, BStBl II 2012, 809, m.w.n. und vom 23. Mai 2016 V B 20/16, BFH/NV 2016, 1308) b)b)b)b)b)b)b)b)b)b) Nach diesen Maßstäben bestehen im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom 18. Mai 2016 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung des Kindergeldes. Nach summarischer Prüfung ist der beschließende Senat der Auffassung, dass die Familienkasse in ihrer Einspruchsentscheidung vom 24. August 2016 zu Unrecht den Einspruch als unzulässig verworfen und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt hat; im Streitfall ist nach summarischer Prüfung dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. 110 Abgabenordnung (AO) wegen der Versäumnis der Einspruchsfrist zu gewähren. aa) Im Einspruchsschreiben vom 13. August 2016 hat die Ehefrau des Antragstellers vorgetragen, dass der Bescheid vom 18. Mai 2016 von ihr im Mai 2016 in der Annahme abgelegt worden sei, es handele sich um eine Nachfrage nach einer Immatrikulationsbescheinigung für den Sohn AA. Nach summarischer Prüfung ist deshalb der Senat der Auffassung, dass der Aufhebungsbescheid dem Antragsteller im Mai 2016 bekannt gegeben worden (in seinen Machtbereich gelangt) ist. Demgemäß ist die Einspruchseinlegung im August 2016 verspätet, da die einmonatige Einspruchsfrist gemäß 355 Abs. 1 Satz 1 AO zu diesem Zeitpunkt abgelaufen war. Eine Zustellung des Verwaltungsaktes war entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht erforderlich; wie 122 Abs. 2 Nr. 1 AO zeigt, ist die Bekanntgabe mit einfachem Brief durch die Post ausreichend. bb) Die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Einspruchsfrist durch die Familienkasse erscheint nach summarischer Prüfung unzutreffend. Nach 110 Abs. 1 Satz 1 AO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen ( 110 Abs. 1 Satz 2 AO). "Ohne Verschulden" verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist jemand dann, wenn er die für einen gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet hat. Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) dürfen die Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht überspannt werden (BFH-Urteile vom 29. November 2006 VI R 48/05, BFH/NV 2007, 861; vom 20. November 2008 III R 66/07, BFHE 223, 317, BStBl II 2009, 185). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfordert eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen innerhalb der Monatsfrist des 110 AO Abs. 2 Satz 1 AO. Nach Ablauf dieser Frist können Wiedereinsetzungsgründe nicht mehr nachgeschoben werden. Lediglich unklare

oder unvollständige Angaben können erläutert oder ergänzt werden; dies jedoch nur dann, wenn jedenfalls innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist der Kern der Wiedereinsetzungsgründe in sich schlüssig vorgetragen worden ist (BFH-Urteil vom 21. Februar 1995 VIII R 76/93, BFH/NV 1995, 989, 990, m.w.n.). cc) Der beschließende Senat geht mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung davon aus, dass auch eine aus familiären Gründen entstandene, schwerwiegende seelische Belastung einen Entschuldigungsgrund bilden kann (BFH-Beschluss vom 20. Juni 1996 X R 95/93, BFH/NV 1999, 40 m.w.n.; BGH-Beschluss vom 24. März 1994 X ZB 24/93, NJW-RR 1994, 957). dd) Nach diesem Maßstab ist der beschließende Senat nach summarischer Prüfung der Auffassung, dass die Versäumnis der Einspruchsfrist unverschuldet ist und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Einspruchsfrist gemäß 110 AO zu gewähren ist. Nach dem Vorbringen des Antragstellers hat ihn der Bescheid vom 18. Mai 2016 "nicht erreicht". Das ist nach Auffassung des Senats nur so zu verstehen, dass er bis zum Einspruchsschreiben seiner Ehefrau von diesem Bescheid keine Kenntnis hatte. Nach der bereits im Einspruchsverfahren vorgebrachten Begründung des Wiedereinsetzungsantrages durch den Antragsteller (und seine Ehefrau), hat die Ehefrau den Aufhebungsbescheid im Mai 2016 bekommen und aufgrund der Stresssituation nach dem Unfall des Sohnes AA falsch interpretiert und abgelegt und dann erst später wieder gefunden und die richtigen Schlüsse gezogen. Danach wurde mit dem Schreiben vom 13. August 2016 auch unverzüglich der Einspruch erhoben. Damit kann allenfalls ein Verschulden der Ehefrau an der Fristversäumnis in Betracht kommen. Nach summarischer Prüfung ist der Senat aber der Auffassung, dass die Familienkasse dem Antragsteller zu Unrecht ein Verschulden seiner Ehefrau zugerechnet hat. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob seiner Ehefrau tatsächlich ein Verschulden zur Last fällt; auf jeden Fall ist der Senat nach summarischer Prüfung davon überzeugt, dass aufgrund der Sorge um das Leben des Sohnes AA der Ehefrau des Antragstellers nicht vorgeworfen werden kann, dass sie den Aufhebungsbescheid vom 18. Mai 2016 nicht richtig zur Kenntnis genommen hat und unbeachtet beiseite gelegt hat. Dieses Verhalten der Ehefrau erscheint dem Senat in dieser besonderen Situation verständlich und aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vergleiche oben Text II.1.b.cc.) nach summarischer Prüfung entschuldbar. Jedenfalls stünde dieses Verschulden nicht einem Verschulden des Antragstellers gleich. Zwar ist nach 110 Abs. 1 Satz 2 AO das Verschulden des Bevollmächtigten als ein Verschulden des Beteiligten selbst anzusehen. Gedacht ist in diesem Zusammenhang jedoch an das Verschulden eines Anwalts oder Steuerberaters (Klein/Rätke, AO, 13. Aufl. 2016, 110 Rz. 59; obwohl der Begriff des Vertreters weit auszulegen ist) oder eines Prozessbevollmächtigten. Aber auch für die Frage der Wiedereinsetzung wird das Verschulden der Hilfspersonen eines prozessbevollmächtigten Anwalts nur dann als Verschulden des Beteiligten erachtet, wenn es vom Anwalt selbst z.b. wegen eines Organisationsverschuldens zu vertreten ist. Die gleichen Grundsätze müssen auch für den Beteiligten selbst gelten, wenn er Hilfspersonen heranzieht (BFH-Urteil vom 11. Januar 1983 VII R 92/80, BFHE 137, 399, BStBl II 1983, 334; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl. 2016, 110 Rz. 89). Der Antragsteller hat im vorliegenden Fall seine Ehefrau, die auch bei seiner Abwesenheit unter der Woche wegen seiner Arbeit [ ] in der gemeinsamen Familienwohnung anwesend war, als Hilfsperson für seine Finanz- und Steuerangelegenheiten, damit auch seine Angelegenheiten in Kindergeldsachen herangezogen. Das erscheint nach der Lage des Falles sachgerecht. Außerdem hat der Antragsteller seine Ehefrau auch wiederholt für die Stellung von Kindergeldanträgen bevollmächtigt; sie erlangt dadurch aber nicht die Stellung einer Vertreterin i.s. des 110 Abs. 1 Satz 2 AO (BFH-Beschlüsse vom 23. Oktober 2001 VIII B 51/01, BFH/NV 2002, 162; vom 5. Februar 1975 II B 29/74, BFHE 115, 12, BStBl II 1975, 465). Im Übrigen hat der Senat nach summarischer Prüfung auch keinen Anlass davon auszugehen, dass dem Antragsteller ein Verschulden bei der Kontrolle der Postsendungen in seinen Finanz- und Steuerangelegenheiten unterlaufen wäre. Denn der Antragsteller hat nach summarischer Prüfung glaubhaft vorgetragen, dass ihn das Schreiben der Familienkasse vom 25. April 2016 nicht erreicht hat; der Senat geht deshalb davon aus, dass er seine Ehefrau deshalb auch nicht besonders instruieren hätte müssen. c)c)c) Nach summarischer Prüfung hat der beschließende Senat erhebliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Bescheids vom 18. Mai 2016 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Kinder AA (geb.

[ ]), BB (geb. [ ]) und CC (geb. [ ]) ab Oktober 2013. Aus den von der Familienkasse vorgelegten Kindergeldakten beginnend mit dem Kindergeldantrag vom 6. Januar 2015 ist nach summarischer Prüfung für den Senat ersichtlich, dass AA die Kindergeldvoraussetzungen gemäß 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz (EStG) bis Juli 2015 durch Schulbesuch (bis zum Abitur) und BB bis September 2016 (Abitur 2015 und dann Studium in [ EU-Land] bis mindestens September 2016) erfüllen. CC ist ohnehin als Kind unter 18 Jahren gemäß 32 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen. Weitere Streitigkeiten zwischen den Beteiligten über die Kindergeldberechtigung des Antragstellers sind weder geltend gemacht noch nach summarischer Prüfung zwischen den Beteiligten ersichtlich. Jedenfalls ist nach summarischer Prüfung aus der Kindergeldakte nicht ersichtlich, in wieweit aus dem Umstand, dass der Antragsteller als Wochenendpendler einer Arbeit in [ EU-Land] nachgeht (nach dessen Angaben im Kindergeldantrag vom 6. Januar 2015 bereits seit [ mehreren Jahren]), eine Berechtigung zur rückwirkenden Aufhebung der Kindergeldfestsetzungen resultieren kann. Auch befindet sich ein Abdruck der Anfrage der Familienkasse vom 18. November 2015 nicht in der vorgelegten Kindergeldakte und das in die Akte erst nach dem Bescheid vom 15. Dezember 2015 eingereihte entsprechende Vordruckblatt (ohne Datum; mit dem Ausdruckdatum 16.01.2016) bezieht sich auch nur auf einen "künftigen Anspruch". d) Für die bisher auf die zurückzuzahlende Steuervergütung (Kindergeld) angefallenen Säumniszuschläge ( 240 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO) war die Aufhebung der Vollziehung auszusprechen. Im Streitfall hat der beschließende Senat den Antrag so ausgelegt, dass die Aussetzung der Vollziehung ab Fälligkeit beantragt und damit erkennbar auch eine rückwirkende Beseitigung der Säumniszuschläge begehrt wird. Inhaltlich ist eine Aufhebung der Vollziehung mit Wirkung zum Fälligkeitszeitpunkt gerechtfertigt (BFH-Beschluss vom 19. März 2014 III S 22/13, BFH/NV 2014, 856). 2. Die Kostenentscheidung beruht auf 135 Abs. 1 FGO.