Integration von Ökosystemleistungen in die erste Säule der GAP Analyse des Greenings Dr. Sebastian Lakner Lehrstuhl für Agrarpolitik, Georg-August-Universität Göttingen 29. Juni 2016 TEEB-Seminar Ökosystemleistungen und deren Inwertsetzung in ländlichen Räumen Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm Folie Nr. 1
Gliederung 1.! GAP-Reform 2013 und das Greening 2.! Definition Greening und Ökologische Vorrangfläche 3.! Analyse ökologische Vorrangflächen (ÖVF) 1.! Charakter der Ökosystemleistung der ÖVF? 2.! Wo ist das Potenzial der ÖVF? 3.! Welche ÖVF-Optionen sind effektiv? 4.! Effizienz der ÖVF? 5.! Bestimmungsgründe für die Entscheidung für ÖFV? 4.! Schlussfolgerungen für die GAP-Reform 2020 Folie Nr. 2
1. GAP-Reform 2013 und das Greening Übersicht der wichtigsten Reform-Maßnahmen! Entwurf Reform der EU-Kommission Okt. 2011: Eine faire und umweltfreundliche Agrarpolitik! Greening: Umweltkriterien als Verpflichtung (30 % DZ, 1,5 Mrd.! in 2015)! Umverteilung extern und intern! Zwischen Mitgliedsstaaten! Innerhalb Mitgliedsstaaten! Zwischen Betriebsgrößen! Beschluss Reform im Dez. 2013! Aufweichung der Greening-Kriterien! Viele Wahlmöglichkeiten für die Mitgliedsländern! Stärkere Kürzungen in II. Säule als bei Direktzahlungen Folie Nr. 3
1.) Anbau-Diversität: min. 3 Früchte 75%- und 95%-Regel 2.) Beibehaltung von Grünland ab 2015 Umbruchverbot sensibles Grünland 3.) Ökologische Vorrangfläche (ÖVF) Für alle Betriebe 5 % der Ackerfläche Ausnahme Ökolandbau Folie Nr. 4
2. GAP-Reform 2013 und das Greening Ökologische Vorrangfläche (ÖVF, Art. 46)!!! Betriebe > 15 ha: 5% des Ackerlandes für ÖVF Unterschiedliche Typen ÖVF Gewichtungsfaktor für die Typen der ÖVF Fläche entsprechend anrechenbar Ausnahme! a.) Betriebe mit hohem Anteil Ackerfutterbau (75%) (Gras, Grünfutter, Brache, Leguminosen auf Ackerfläche) Das verbleibende Ackerland des Betriebes < 30 ha! b.) Betriebe mit hohem Dauergrünland-Anteil (75%) Das verbleibende Ackerland des Betriebes < 30 ha Evaluation der EU-Kommission (März 2017) Danach ggf. Erhöhung auf 7% der Ackerfläche Folie Nr. 5
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2. GAP-Reform 2013 und das Greening Vorrangflächen und Gewichtungsfaktoren Optionen der ÖVF Gewichtungsfaktor Fläche zur Erfüllung von 5 ha ÖVF Bracheflächen 1,0 5,0 Streifenelemente 1,5 3,3 Landschaftselemente 1,0 2,0 2,5 5,0 Zwischenfrucht 0,3 16,7 Grasuntersaat 0,3 16,7 Leguminosen 0,7 7,1 Kurzumtriebs-Plantagen (KUP) 0,3 16,7 Aufforstungsflächen 1,0 5,0 Quelle: Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen 2015, leicht verändert http://www.lk-wl.de/foerderung/pdf/uebersicht-oekologische-vorrangflaechen.pdf Folie Nr. 7
Biodiversität Landschaftsbild Strukturvielfalt Biodiversität Landschaftsbild Strukturvielfalt Erosionsschutz/Bodenfruchtbarkeit Biodiversität Erosionsschutz Bodenfruchtbarkeit Landschaftsbild Fruchtfolgevielfalt Stickstoff-Fixierung Fruchtfolgevielfalt Erosionsschutz Bodenfruchtbarkeit 3.1 Charakter der Ökosystemleistung der ÖVF? Private Leistung Beides Gesellschaftl. Leistung Landschaftselemente (1,0 2,0) Streifenelemente (1,5) Brachfläche (1,0) Leguminosen (0,7) Zwischenfrüchte und Untersaat (0,3) Quelle: Eigene Darstellung
3.2 Was ist das Potenzial der Ökologischen Vorrangfläche (ÖVF) und wie können wir es messen? Biotopindex: Beschreibt die Vielfalt von Landschafts- u. Strukturelementen Folie Nr. 9
3.2 Regionale Wirksamkeit der Ökologischen Vorrangfläche?! Anpassungsbedarf: Gunstregionen Ackerbau! Potenzial: Greening in Gunstregionen Biotopindex des JKI: Beschreibt die Vielfalt von Landschafts- u. Strukturelementen Abb.: Mittlerer Biotopindex der Landkreise Quelle: Eigene Kalkulation basierend auf Daten des JKI, Lakner & Holst 2015, Natur und Landschaft Folie Nr. 10
3. Analyse ökologische Vorrangflächen (ÖVF) Effektivität: Bewertung durch Ökologen Ergebnisse noch nicht publiziert Umfrage unter 89 Ökologen in der EU und der Schweiz. Kernaussage der Folie:! Effektive ÖVF-Optionen sind: Brachflächen, Streifenund Landschaftselemente! Wenig effektiv sind: Zwischenfrüchte, KUP, Agroforstflächen, Leguminosen! Als kontraproduktiv werden die Aufforstungsflächen bewertet. Folie Nr. 11
3.3 Effektivität: Entscheidung der Landwirte 2015 in DE 11,8% 2,4% 1,2% 0,2% 0,1% Zwischenfrüchte & Untersaaten Brachflächen 16,2% Leguminosen Landschaftselemente Streifenelemente 68,0% Kurzumtriebsplantagen Effektive Optionen = ca. 20% der ÖVF oder 2,3% des AL Aufforstungsflächen Quelle: BMEL 2015, Lakner 2015, vgl. https://slakner.wordpress.com/2015/10/08/ecological-focus-area-in-germany-the-full-dataset/ Folie Nr. 12
Biodiversität Landschaftsbild Strukturvielfalt 3.3 Effektivität: Charakter der Ökosystemleistung der ÖVF? Private Leistung Beides Gesellschaftl. Leistung Anteil? Landschaftselemente (1,0-2,0) 2,4% Streifenelemente (1,5) Biodiversität Landschaftsbild Strukturvielfalt 1,2% Erosionsschutz Brachfläche (1,0) Biodiversität Erosionsschutz Bodenfruchtbarkeit 16,2% Landschaftsbild Fruchtfolgevielfalt Stickstoff-Fixierung Fruchtfolgevielfalt Erosionsschutz Leguminosen (0,7) Zwischenfrüchte und Untersaat (0,3) Bodenfruchtbarkeit Kernaussage: Es werden von den Betrieben überwiegend Optionen gewählt, bei denen der Nutzen der Ökosystemleistung für die Betriebe (d.h. privat) anfällt. Ökosystemleistungen mit öffentlichem Gut-Charakter sind dagegen eher selten. 11,8% 68,0% Quelle: Eigene Darstellung
3.4 Effizienz: Mögliche Kosten der ÖVF Kosten der ökologischen Vorrangfläche in der Magdeburger Börde 400 ha, davon 370 AL, 18,5 ha ÖFV Erbsen Fünfjähriger Feldrandstreifen Zwischenfrüchte u. Erbsen Gewichtungsfaktor F 0,7 1,5 0,3 / 0,7 ÖVF notwendig ha 26,43 12,3 40,71 Greening Prämie (87) EUR 34.800 Kosten gesamt EUR 11.750 6.213 10.652 Kosten je ÖFV EUR/ha 635 534 576 Rest Greening-Prämie EUR 23.050 28.587 24.148 EUR/ha 57,62 71,47 60,37 Mitnahmeeffekt % 66,2 82,1 69,4 Typischer Betrieb Landkreise Börde, Sachsen-Anhalt, 370 ha Ackerland, d.h. 18,5 ha ÖVF Quelle: Lakner, S. & A. Bosse (2016): Mühsames Abwägen (Zur ökologische Vorrangfläche in Sachsen- Anhalt), Bauernzeitung 10/2016, S.50-51 Folie Nr. 14
3. Analyse ökologische Vorrangflächen (ÖVF) Bestimmungsgründe für die Wahl der ÖVF? Ergebnisse noch nicht publiziert Hauptaussage der Folie:! Wichtigste Bestimmungsgründe von Landwirten für die Wahl der ÖVF-Option sind rechtliche Bedingungen, gefolgt von ökonomischen Bestimmungsgründen! Umweltfaktoren, Ökosystemleistungen und Politikintegration spielen eine weniger wichtige Rolle Folie Nr. 15
Tabelle: Höhe der Zuwendung und Kürzungssatz bei Anrechnung auf ÖVF nach GAK-Rahmenplan Art des Strukturelements Ziffer in GAK-Rahmenverordnung Höhe der Zuwendungen (EUR/ha Ackerfläche) Kürzungsbetrag bei Anrechnung auf ÖVF (EUR/ha) 1.) Leguminosen Körnerleguminosen 90 > 50 % großkörnige Leguminosen 100 20 Ausschließlich großkörnige Leguminosen 110 2.) Zwischenfrüchte 75 4.) Integration naturbetonter Strukturelemente der Feldflur Blühstreifen - 850 Mehrjährigen Blühstreifen 850 Schutzstreifen 770 380 Schonstreifen 670 Hecken. Knicks, Baumreihen u. Feldgehölzen 2.500 510 Gewässer- und Erosionsschutzstreifen 760 Ackerrandstreifen 880 380 Quelle: Eigene Darstellung nach Angaben von BMEL (2015b): GAK-Rahmenplan, aus Lakner et al. 2016 Folie Nr. 16
3.6 Förderung der ökologischen Vorrangfläche durch Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUKM) in den Bundesländern Brache Streifenelemente Landschaftselemente Zwischenfrüchte Leguminosen Forstoptionen Baden-Württemberg x x Bayern x x x Brandenburg 3 Hessen Mecklenburg-Vorpommern x x Niedersachsen 3 x x x Nordrhein-Westfalen x x x Rheinland-Pfalz x x Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt x x x Schleswig-Holstein 3 Thüringen x x Quelle: eigene Recherche, aus Lakner et al. 2016 x Folie Nr. 17
3.6 Auswirkungen der zusätzlichen Förderung durch Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUKM)? Mit AUKM Unterstützung Ohne AUKM Unterstützung Durchschnitt Brachfläche (380!/ha) 9,4% 18,9% 16,2% Pufferstreifen (380!/ha) 1,3% 0,9% 1,2% Landschaftselemente (510!/ha) 0,5% 3,6% 2,4% Zwischenfrüchte und Untersaat (75!/ha) 71,8% 67,1% 68,0% Leguminosen (20!/ha) 13,5% 10,1% 11,8% Gesamte ÖVF-Fläche 24,4% 75,6% 100,0% Quelle: Lakner 2016, siehe https://slakner.wordpress.com/2016/06/21/supporting-greening-with-agri-environmental-measures-improvement-or-rather-a-waist-of-money/ Slide No 18
4. Schlussfolgerungen Reformperspektive für 2020! Greening und ÖVF: Weder effektiv noch effizient!! Ökosystemleistung überwiegend mit privatem Nutzen! Kurzfristige Empfehlung bis 2020! Überbuchung: Debatte 5 vs. 7% ÖVF ist irrelevant (Anteil ÖVF vor Gewichtungsfaktoren DE = 11,5%, EU = 20%)! Ändern der Gewichtungsfaktoren! Weglassen der ineffektiven ÖVF-Optionen! Stärkere Nutzung der Agrarumweltmaßnahmen für ÖVF? https://slakner.wordpress.com/2016/06/21/supporting-greening-with-agri-environmental-measuresimprovement-or-rather-a-waist-of-money/! Mittelfristige Empfehlung für die GAP ab 2020! Kürzen und Umschichten der Direktzahlungen in der West-EU!! Integration von Tierwohl und Sozialstandards! Ausbau und Verbesserung der Agrarumweltprogramme! Stärkung der dunkelgrünen Maßnahmen, Regionalisierung! Abstimmung der Agrarumweltprogramme mit FFH u. Natura 2000 Folie Nr. 19
Quellen Heinrich, B., C. Holst & S. Lakner (2013): Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik: Wird alles grüner und gerechter? In: GAIA 22/1 (2013): S. 20 24 Lakner, S., C. Holst & B. Heinrich (2012): Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU 2014 - mögliche Folgen des Greenings, In: Neues Archiv Niedersachsen 2012, Heft 2, S. 28-49 Lakner, S. & C. Holst (2015): Betriebliche Umsetzung der Greening-Auflagen: die ökonomischen Bestimmungsgründe, Natur und Landschaft 90, 6, S. 271-277. Lakner, S. & A. Bosse (2016): Mühsames Abwägen (Zur ökologische Vorrangfläche in Sachsen-Anhalt, Bauernzeitung 10/2016, S.50-51 Weitere Kommentare und Daten hier: http://www.uni-goettingen.de/de/139563.html Und: https://slakner.wordpress.com/2015/10/08/ecological-focus-area-in-germany-the-full-dataset/ Und: https://slakner.wordpress.com/2016/06/21/supporting-greening-with-agri-environmental-measures-improvement-or-rather-a-waist-of-money/ Folie Nr. 20
Danke für die Aufmerksamkeit! Dr. Sebastian Lakner Georg-August-Universität Göttingen @SebastianLakner http://slakner.wordpress.com Credits to: Guy Pe er, Yves Zinngrebe, Jennifer Hauck, Stefan Schindler, Andreas Dittrich, Silvia Zingg, Teja Tscharntke, Rainer Oppermann, Laura Sutcliffe, Clelia Sirami, Jenny Schmidt, Christian Hoyer, Christian Schleyer, Stefan Schüler, Jonas Schmitt, Carsten Holst, Anika Bosse, Norbert Röder