Was uns prägt und was uns hilft.

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Transkript:

Was uns prägt und was uns hilft. Einleitung Frühkindliche Prägung Was ist es, womit wir so früh beeinflusst werden? Resilienz Prägung durch das gesellschaftliche Umfeld Einleitung Im wissenschaftlichen Sinn kann man beim Menschen kaum von Prägung sprechen. Konrad Lorenz definierte dies als eine angelernte aber nicht mehr rückgängig zu machende Verhaltensweise. Vermutlich gibt es dies beim Menschen auch, aber da menschliches Verhalten zu komplex und zu formbar ist, hat man mit wissenschaftlichen Methoden bisher keine eindeutigen, in jedem Fall unveränderlichen Prägungen feststellen können. Sicherlich überdauern bei jedem Menschen einzelne Verhaltensweisen, Sichtweisen und Gefühlsreaktionen das ganze Leben, und das muss auch so sein. Nur die gleiche Reaktionsweise verändert sich bei einem anderen Menschen durchaus. Die Wissenschaft kann dazu nur sagen, dass wir ein extrem anpassungsfähiges Wesen sind, welches aber alle Erfahrungen integriert und dadurch auch Kontinuität schafft. Trotzdem sprechen wir davon was uns prägt, und meinen damit einen Ausgangspunkt Orientierungsmarken unseres Handelns, Fühlens und Denkens welche aus unsere Herkunft und unserem Umfeld kommen. Und genau diesbezüglich möchte ich die drei wichtigsten und interessantesten Aspekte hervor heben. Frühkindliche Prägung Um Freuds These des frühen Kindheit auf unser Leben zu belegen gab es im 20ten Jh. nicht die geeigneten Methoden, und deshalb wurde diese These von der wissenschaftlichen Welt wenig ernst genommen. Erst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts war es gerade die neurologische Forschung, die dem dadurch entstandenen Glaubensstreit ein Ende machte. Sie konnte zeigen, dass die Einflüsse auf die verarbeitende Ebene, unser Denken und vor allem unser Fühlen (welches viele werden dies nicht akzeptieren wollen weitgehend unser Denken

steuert) umso größer sind, je früher sie einsetzen. Die frühesten Einflüsse beeinflussen, auf der Basis der Veranlagung, die Ausformung unserer Nervenbahnen. Diese sind später noch veränderbar, aber mit zunehmendem Alter nur sehr langsam. Dies sagt noch nichts über unseren gesellschaftlichen Erfolg, aber darüber wie wir uns bewegen, unseren Stoffwechsel, was wir sehen, hören und tasten, wie wir uns fühlen, unsere Fähigkeit zu Glück unsere Ängstlichkeit, usw. - insgesamt ein schöner Teil unserer Identität. Was ist es, womit wir so früh beeinflusst werden? In den ersten Wochen unseres Lebens erleben wir den allgemeinen Zyklus des Wohlbefinden, Hunger und Sattheit. Wenn es gut geht, lernen wir schlechte Gefühle kennen, aber wir merken sie weichen guten Gefühlen, bevor es zu schlimm wird. Hiermit wird schon vom ersten Tag an die Grundlage gelegt, welche Bedeutung negative Gefühle später in unserem Leben haben werden. Sind sie erträglich zeitlich begrenzt oder unerträglich und unbegrenzt, oder dürfen sie gar nicht vor kommen. Hinzu kommen andere Aspekte der Wärme, des Wiedererkennen von vertrauten Gesichtern, Stimmen, Umarmungen, usw.. Das Kind erfühlt, ob es gesehen wird, ob der eigene aktiv passiv Rhythmus und der der Außenwelt zueinander kommen können oder ob sie unvereinbar sind. Ebenso erlebt das Kind schon vom ersten Moment an die Effizienz des eigenen Handeln, des Saugens. Es erlebt, ob es das eigene Wohlgefühl beeinflussen kann oder nicht. Ab dem dritten-vierten Monat bekommt das Kind eine klare Beziehungsaufgabe. Es soll lächeln, wenn es sich gut fühlt, andernfalls kränkt es die Eltern, und die Eltern- Kind Beziehung verschlechtert sich. Das Kind ist also der ersten wichtigen Beziehungsaufgabe ausgesetzt und es erfährt wie es sich anfühlt, in Beziehung zu sein. Unterstreichen möchte ich hier noch, dass durch das Beschriebene auch die Grundlagen für das Denken gelegt werden. Wie werde ich mich später selbst denken, kann ich dem Anderen vertrauen. Was bedeutet Trennung, wie sehr werde ich mich verstanden fühlen, ja welche Worte verletzen mich mehr, welche weniger? Auch für diese kognitven Aufgaben werden die Grundlagen vom ersten Tag an gelegt. Unser Denken geht also auf eine vorsprachliche nicht erinnerte Lebensphase zurück. Da uns Menschen unsere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an neue Situationen auszeichnet, ist unsere Prägung mit den frühen Wochen und Monaten noch nicht

zu Ende. Die Entwicklung des Menschen in seiner Umwelt wird mehr über wiederholte Erfahrungen, über emotionale Atmosphäre und länger andauernde Situationen als über Einzelereignisse gesteuert. Die beispielhaft angesprochenen Aspekte unserer frühesten Kindheit, sind zwar für unser ganzes Leben eine wirksame Grundlage für einen immer weiter fortschreitenden Prozess der Entwicklung des Fühlens, des in-beziehung-tretens, des Handelns und Denkens, und damit Grundlage all unserer Anpassung und Veränderung. Ob und wie stark sie wirksam werden hängt aber vom weiteren Verlauf unserer Kindheit und unseres Lebens ab. Wir haben immer eine zweite, dritte ja vierte und fünfte Chance. Als besondere Etappen hierfür hervorzuheben, sind die Phasen in unserem Leben in der wir in Familie und Schule erzogen werden, wir uns in unserer Jugend einer Peergroup anschließen, und wenn wir uns, mit dem Aufnehmen einer Arbeit, einer festen Beziehung und der damit verbundenen Verantwortung, weiterentwickeln. Resilienz Der bezogen auf die weitere kindliche Entwicklung interessanteste Ansatz geht von der Frage aus: Was zeichnet Menschen aus, die schwierige, ja traumatische Situationen besonders gut, ja praktisch unbeschadet meistern? Die ersten Antworten waren recht schnell gefunden: Insgesamt sind für uns Menschen hier für offensichtlich drei Aspekte wichtig: a) die Fähigkeit, die Zusammenhänge des Lebens in ihrer Vielfalt und Widersprüchlichkeit zu verstehen, b) die Überzeugung, das eigene Leben gestalten zu können c) dem, was geschieht einen Sinn geben zu können. Woher kommt es aber, dass einige Menschen dies besser können als andere? Kann man hierbei in der Erziehung behilflich sein? Schon während des zweiten Weltkrieges gab es hierzu die ersten Beobachtungen. In den 80er Jahren begann man auf der Grundlage älteren Beobachtungen dieser Frage systematisch nachzugehen, und vor allem auch den Einfluss der Kindheit und Jugend auf diese Widerstandsfähigkeit (wissenschaftlich: Resilienz) genauer zu untersuchen. Heute sind wir hier auf halbem Weg, in Zukunft werden sicher noch mehr und konkretere Hinweise für das was uns stärkt gefunden werden. Sicher weiß man schon, dass Resilienz keine lebenslange und alle Lebensbereiche umfassende Eigenschaft ist, sondern auf der Grundlage sehr langer (jahrelanger) Erfahrungen und Beziehungen einer Veränderung unterworfen ist.

Schützende Faktoren Welches sind die schützenden Faktoren beim Aufwachsen: - Stabile emotionale Beziehung zu einem Elternteil oder Bezugsperson - Soziale Unterstützung innerhalb und außerhalb der Familie (Nachbarn, Lehrer oder Gleichaltrige), vor allem Jugendliche brauchen Erwachsene Bezugspersonen, die nicht die Eltern sind - Emotional warmes, für das Gespräch offenes, und gleichzeitig strukturierendes und Norm orientiertes Erziehungsklima - Vorbilder in Elternhaus, Schule, Kirchengemeinde, Jugendgruppe, usw. die aktiv und konstruktiv Lösungen bei Schwierigkeiten oder Veränderungen suchen und hierbei sich auch die notwendige Hilfe holen - Soziale Verantwortlichkeit (z.b. Sorge für Verwandte oder Freunde) und Leistungsanforderungen (z.b. Pflichten in Familie, Schule) und angemessene Begleitung innerhalb dieser Anforderungen. Hierunter fällt auch die Möglichkeit zu Verzicht und die Notwendigkeit, dass Gewünschtes erarbeitet werden muss. - Erfahrung, dass einem selbst etwas gelingt, dass man kompetent ist, und die Rückmeldung das man selbst wertvoll ist. - Erziehung zu realistischen Erwartungen und Neugierde - Glaube: Erfahrung von Sinn, Struktur und Bedeutung in der eigenen Entwicklung, und positive Haltung zu Leben und Umwelt Wenn man diese Punkte ließt, so wird für die Familien klar, dass ein warmes und zum Dialog offenes Klima wichtig ist, bei dem es aber trotzdem klare Orientierungen gibt und Regeln beachtet werden. Ebenso ist wichtig den Kindern und Jugendlichen die ihnen angemessene Verantwortung zu übergeben, sie aber darin altersangemessen, trotzdem zu begleiten. Aber auch für Schule, Kindergärten, sonstige Institutionen und für alle Mitbürger insgesamt geht aus diesen Ergebnissen hervor, dass es wichtig ist, sich langfristig als Gesprächspartner für Kinder und Jugendliche anzubieten, und ihnen Hilfe anzubieten. Bei Kindern bedeutet dies vor allem konkrete Hilfe, an Stellen, an denen ein Kind überfordert ist, und bei Jugendlichen bedeutet dies vor allem Begleitung auf dem Weg von der Kindheit in die Realität der Gesellschaft hinein. Natürlich gibt es auch Faktoren, die uns in unserer Fähigkeit, uns Veränderungen und Problemen zu stellen, schwächen. Zu nennen ist hier z.b. Migration, Arbeitslosigkeit der Eltern, Einelternfamilie, Verlust eines Elternteils, chronische Disharmonie in der Familie, Sucht oder chronische schwere Krankheit eines

Elternteils, Delinquenz eines Elternteils, Missbrauch. Diese Faktoren sind aber vor allem deshalb schwächend, weil es in diesen Familien oft (nicht immer) schwierig ist, stärkend im Sinne der genannten Faktoren zu wirken. Hierbei genügt es nicht, nur diesen Familien zu helfen, sondern auch vor allem das Umfeld, die Institutionen müssen im Sinne der stärkenden Faktoren wirksam werden. Prägung durch das gesellschaftliche Umfeld Frühe Kindheit, Kindheit und Jugend formt uns ja nicht um an einem undefinierten Ort überlebensfähig und glücklich zu werden, sondern in der Gesellschaft in der wir leben. Jede Gesellschaft hat eine Vorstellung davon, wie ein geglücktes Leben aussehen kann, oder womit sozialer Status verbunden ist. Abweichungen sind natürlich immer bis zu einem gewissen Grad möglich. Als ein Beispiel gesellschaftlicher Veränderung mag die Jugend als Etappe in unseres Leben dienen. In ihr geht man in die Schule und zum Tanzen, trifft sich mit Gleichaltrigen mit Scootern nachmittags auf der Straße oder am Bolzplatz, streitet sich mit den Eltern, und der erwachsene Teil der Gesellschaft will mit all dem möglichst wenig zu tun haben, weil er sowieso sonst schon viel zu überfordert ist. Diese Lebensphase ist maximal 50 Jahre alt. Davor war man bis 13 Kind und mit 14 ging man arbeiten, man war kleiner Erwachsener, der die Aufgaben der Erwachsenen zu erledigen hatte, und wurde daran gemessen wurde, wie gut man es schon konnte. An diesem Beispiel sieht man wie wenig selbstverständlich uns scheinbar selbstverständliches erscheint. Viele Dinge wirken auf Kinder und Jugendliche ein, und sie müssen sich daran orientieren. Ebenso prägen unsere Kinder die Werte, die sie wahrnehmen, und als Jugendlich oft als ambivalent wahrnehmen: Was ist nun wichtiger, Arbeit oder Freizeit, Geld oder Korrektheit, Verantwortung übernehmen oder formal das nicht Kritisierbare zu tun? Zum Glück hat die Gesellschaft einige Institutionen geschaffen, die den verunsicherten Familien helfen sollen den Kindern eine Orientierung zu geben. Aber ich bin mir an dieser Stelle nicht sicher ob diese Institutionen (allen voran Schulen, Kindergärten und Sozialdienste) auch die notwenige Unterstützung haben, um dieser Aufgabe auch gerecht zu werden. Vor führt das Hinausschieben der Begegnung mit der Arbeit dazu, dass viele Jugendliche, die innerhalb der Familie nur eine unübersichtliche Orientierung haben auch außerhalb der Familie

bis sie über 20 sind nie erfahren, dass jedes Verhalten positive oder negative Konsequenzen hat. Über das materielle und natürliche Umfeld, über die realen Konsequenzen oder nicht Konsequenzen unseres Verhaltens, den Wertekonsens oder Nichtkonsens innerhalb gesellschaftlicher Gruppen, unsere unbewussten Vorstellungen über das geglückte Leben und über unsere eigene Neugier und Bereitschaft zur Begleitung bei Schwierigkeiten (damit ist nicht das Wegnehmen der Schwierigkeit gemeint), und natürlich unsere Kommunikations- und Beziehungsvorstellungen schaffen wir ein gesellschaftliches Umfeld, welches uns und unsere Kinder prägt.