Gleiches gilt zudem etwa auch im Falle eines Streits um eine Befristungsabrede, eine Aufhebungsvereinbarung oder bei einer Anfechtung des Arbeitsvertr

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Transkript:

Der Beschäftigungs- und Weiterbeschäftigungsanspruch Jeder wirksame Arbeitsvertrag beinhaltet zunächst sog. Hauptleistungspflichten. Dabei geht es um die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung auf Seiten des Arbeitnehmers und die Pflicht zur Zahlung des Lohnes seitens des Arbeitsgebers. Was versteht man unter dem Beschäftigungsanspruch? Über die Hauptleistungspflichten hinaus ergeben sich aus dem Arbeitsverhältnis auch verschiedene Nebenpflichten. Eine davon ist die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer tatsächlich zu beschäftigen. Diese Pflicht entspringt bereits dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 I, 1 I GG. Denn der Arbeitnehmer ist idr. daran interessiert sich am Arbeitsplatz zu entfalten, sich gegebenenfalls über diesen weiterzubilden, um so auch seine Leistungsfähigkeit zu erhalten. Kann dieser Beschäftigungsanspruch entfallen? Ausnahmsweise kann der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers in gewissen Extremsituationen entfallen. Das ist dann möglich, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich oder absolut unzumutbar ist, seinen Arbeitnehmer zu beschäftigen d.h. wenn der Beschäftigung überwiegend schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. So kann der Arbeitgeber durch Erhebung einer Einrede die Beschäftigung etwa dann verweigern, wenn ein Auftragsmangel für sein Unternehmen besteht oder der Arbeitnehmer durch oder während seiner Tätigkeit dem Arbeitsergebnis oder den anderen Arbeitnehmern schaden würde. Auch möglich ist eine Einschränkung des Beschäftigungsanspruchs zb. in Bezug auf einen demnächst zur Konkurrenz abwandernden Arbeitnehmer, um somit Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Allerdings muss der Arbeitgeber in solchen Fallkonstellationen dennoch den jeweils vereinbarten Lohn weiter an den Arbeitnehmer bezahlen. Was ist unter einem Weiterbeschäftigungsanspruch zu verstehen? Problematischer als der bloße Beschäftigungsanspruch ist die Frage nach einer Weiterbeschäftigung, wenn ein Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber beendet wurde, aber insgesamt unsicher ist, ob die Beendigung tatsächlich eingetreten ist. Diese Frage stellt sich etwa dann, wenn dem Arbeitnehmer gekündigt wurde, dieser aber um die Wirksamkeit der Kündigung prozessiert d.h. wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt [vgl. hierzu weiterführend den Rechtstipp "Die Kündigungsschutzklage"]. 1

Gleiches gilt zudem etwa auch im Falle eines Streits um eine Befristungsabrede, eine Aufhebungsvereinbarung oder bei einer Anfechtung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber. Inwiefern im Einzelfall ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers trotz der etwaigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht, ist nach folgenden Kriterien zu beurteilen: Der gesetzlich normierte Weiterbeschäftigungsanspruch Zunächst gibt die Sondervorschrift des 102 V BetrVG dem Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Weiterbeschäftigung dies jedoch nur unter sehr engen Voraussetzungen. Ähnliche Regelungen finden sich in 79 II BPersVG sowie in Bayern etwa in Art. 77 BayPVG. Danach kann ein Weiterbeschäftigungsanspruch nur im Falle einer ordentlichen Kündigung bestehen und auch nur dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet. Die Regelung des 102 V BetrVG betrifft demnach nur Arbeitnehmer, die in einem Betrieb arbeiten, der mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt (Auszubildende zählen hier nicht mit) und, wenn sie dort bereits sechs Monate beschäftigt waren, bevor ihnen die Kündigung zugegangen ist. Damit schließlich ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht, muss der Arbeitnehmer auf die Kündigung hin Kündigungsschutzklage innerhalb der Drei-Wochen-Frist des 4 KSchG erhoben haben. Weitere Voraussetzung ist zudem, dass der Betriebsrat im Rahmen seiner Anhörung nach 102 II 1, III BetrVG der ordentlichen Kündigung innerhalb einer Woche widersprochen hat. Die Gründe, auf die sich der Betriebsrat dabei stützen kann, ergeben sich aus der Auflistung in 102 III Nr. 1 5 BetrVG. So kann sich der Betriebsrat etwa darauf berufen, dass der Arbeitnehmer unter geänderten Vertragsbedingungen oder auf einem anderen Arbeitsplatz im gleichen Unternehmen weiterbeschäftigt werden könnte. Für einen ordnungsgemäßen Widerspruch des Betriebsrates reicht es insoweit allerdings nicht aus, dass er nur allgemein auf eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens verweist. Der Betriebsrat muss vielmehr eine konkrete Argumentation vorbringen d.h. er muss den künftigen Arbeitsplatz in bestimmbarer Weise angeben [vgl. BAG, Urt. v. 17.06.1999 2 AZR 608/98]. Zudem muss selbstverständlich auch der gekündigte Arbeitnehmer sein Weiterbeschäftigungsverlangen zum Ausdruck bringen und zwar bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und unter Angabe der entsprechenden Rechtsgrundlage. Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch Die doch sehr eng gefasste Vorschrift des 102 V BetrVG darf nach allgemeiner Ansicht nicht als abschließend angesehen werden. Denn ansonsten würde das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ab dem Zeitpunkt, an dem ihm gekündigt wird, keine Berücksichtigung mehr finden. 2

In einer Grundsatzentscheidung leitete der Große Senat am BAG daher einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch aus 611, 613, 242 BGB ivm. Art. 2 I, 1 I GG für streitige Arbeitsverhältnisse ab [vgl. BAG, Beschl. v. 27.02.1985 GS 1/84]. Insgesamt komme es dabei allerdings auf eine Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers an, wobei zu beachten sei, dass ab dem Zeitpunkt einer Kündigung etwa die Interessen des Arbeitgebers in den Vordergrund treten. Lediglich dann, wenn das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers die Interessen des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer aus vom Betrieb fern zu halten, überwiegen, sei die Bejahung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs überhaupt geboten. Grundsätzlich wird also davon ausgegangen, dass das Interesse des Unternehmers ab dem Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnis überwiegt. Die Ungewissheit des Ausgangs eines Kündigungsprozesses begründet daher ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung. Bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts in erster Instanz über die Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist demzufolge ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung generell nicht gegeben. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Erklärung also im Regelfall die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Um diesbezüglich von einer offensichtlichen Unwirksamkeit ausgehen zu können, darf dabei allerdings keinerlei Beurteilungsspielraum bestehen. Es muss ohne die Durchführung einer Beweiserhebung klar sein, dass die Beendigung unwirksam ist. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht daher nur in seltenen Fällen bereits schon vor dem Urteil des Arbeitsgerichts in erster Instanz. Bejaht wurde ein Anspruch bislang etwa im Fall der Kündigung einer Schwangeren ohne behördliche Zustimmung oder bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages, dem eine widerrechtliche Drohung des Arbeitgebers isd. 123 BGB zugrunde lag. Entscheidet das Arbeitsgericht in erster Instanz dann zu Gunsten des Arbeitnehmers, so ändert sich die Rechtslage und zwar auch dann, wenn das Urteil noch keine Rechtskraft erlangt hat. Denn es entsteht ab der Verkündung des für den Arbeitnehmer obsiegenden Urteils ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. Ist also etwa die Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erfolgreich, weil das Gericht die Kündigung als unwirksam ansieht, wird damit regelmäßig ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung begründet. Denn im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung entfällt nunmehr das grundsätzlich überwiegende Interesse des Arbeitnehmers, den Arbeitnehmer vom Betrieb auszuschließen. Die Rechtslage ist mit der arbeitsgerichtlichen Entscheidung ja zunächst geklärt, so dass die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers nicht mehr begründen kann. Wie auch im Fall des Beschäftigungsanspruchs [vgl. hierzu oben] können allerdings ausnahmsweise zusätzliche Umstände vorliegen, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers wegen Unzumutbarkeit der Beschäftigung ergibt. 3

Hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass eine bestimmte Kündigung unwirksam ist, beendet eine weitere offensichtlich unwirksame Kündigung den damit begründeten Weiterbeschäftigungsanspruch ebenso wenig wie eine weitere Kündigung, die auf dieselben Gründe gestützt ist, die nach Auffassung des Arbeitsgerichtes schon für die erste Kündigung nicht ausgereicht haben. Die vertraglich vereinbarte Weiterbeschäftigung Schließlich kommt auch eine vertragliche Zusage des Arbeitgebers auf Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in Betracht; sie verpflichtet den Arbeitgeber. Die Weiterbeschäftigungspflicht entfällt in einem solchen Fall nur ausnahmsweise dann, wenn die Zusage mit der Einschränkung erteilt worden ist, die Pflicht solle entfallen, wenn das ArbG den Arbeitgeber von der Weiterbeschäftigungspflicht entbindet oder feststellt, eine solche Pflicht besteht wegen Fehlens eines ordnungsgemäß begründeten Widerspruchs des Betriebsrats ohnehin nicht [vgl. ArbG Lörrach, Urt. v. 5.06.2000 3 Ca 89/00]. Was passiert im Fall einer ungerechtfertigten Weiterbeschäftigung? Nimmt der Arbeitnehmer auf Grund seines Weiterbeschäftigungsanspruchs die Arbeit wieder auf und stellt sich danach heraus, dass das Arbeitsverhältnis doch wirksam beendet worden ist, so stellt sich die Frage, wie sich dies auf den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers auswirkt. Denn wenn etwa die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung oder die Vertragsbeendigungsvereinbarung wirksam war, wäre der Arbeitgeber an sich nicht mehr zur Weiterbeschäftigung verpflichtet gewesen. Unter Umständen hätte er sich damit die Lohnkosten für den Arbeitnehmer erspart. Der Arbeitnehmer kann in einem solchen Fall sein Entgelt jedenfalls nicht auf der Grundlage eines wirksamen Arbeitsvertrages verlangen, denn dieser war ja bereits beendet. Ein vertraglicher Vergütungsanspruch besteht also nicht, da dieser gerade durch die wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfallen ist. Erfolgte die Weiterbeschäftigung auf Grund des gesetzlich normierten Weiterbeschäftigungsanspruchs, so bestand zwar kein vertragliches, aber dennoch ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen den Parteien. Der Arbeitnehmer erhält dann wegen dieser gesetzlich angeordneten Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses den auch bis dahin üblicherweise geschuldeten Arbeitslohn. Fand eine Weiterbeschäftigung hingegen auf der Grundlage des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs und von Seiten des Arbeitgebers nur im Hinblick auf eine sonst drohende Vollstreckung statt, so gilt es auf die bereicherungsrechtlichen Vorschriften der 812 ff BGB abzustellen. 4

Dies hat zur Folge, dass die Parteien die jeweils erlangten Leistungen an den anderen zurückzugewähren haben. Da der Arbeitgeber allerdings die Arbeitsleistung nicht tatsächlich zurückgewähren kann, muss er dem Arbeitnehmer einen Wertersatz nach 818 II BGB leisten. Dabei ist der objektive Wert der erbrachten Arbeitsleistung maßgeblich. In der Regel ist davon auszugehen, dass der früher übliche Arbeitslohn dem objektiven Wert der Arbeitsleistung entspricht, wobei sich das Gehalt normalerweise nach den tarif- oder einzelvertraglichen Vereinbarungen richtet. Auch zu berücksichtigen sind die Zusatzleistungen, denen Entgeltcharakter zukommt. Als wichtigstes Beispiel sei hier das sog. dreizehnte Monatsgehalt angeführt. Im Gegensatz dazu nicht in den objektiven Wert einbezogen werden Gratifikationen, die ausschließlich wegen der Betriebstreue des Arbeitnehmers ausgezahlt werden. Sie haben mit der Arbeitsleistung an sich nicht unmittelbar etwas zu tun. Wendet der Arbeitgeber ein, die Arbeitsleistung des Weiterbeschäftigten sei minderwertig gewesen und entspreche nicht der Höhe des Gehalts, so ist er hierfür darlegungs- und beweispflichtig, d.h. er muss entsprechende wertmindernde Umstände nachweisen können. Im Ergebnis ist also der Lohn für diejenigen Tage, an denen gearbeitet wurde, an den Arbeitnehmer auszubezahlen. War der Arbeitnehmer während der Phase seiner Weiterbeschäftigung krank und hat er in diesem Zeitraum eine Entgeltfortzahlung erhalten, darf er diesen Betrag nicht behalten, da er dafür keine Leistung an den Unternehmer erbracht hat. Das gleiche gilt im Fall der Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub, für Entgeltzahlungen an Feiertagen und infolge sonstiger Verhinderungen. Der für den gesetzlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nach 102 V BetrVG maßgebliche Gesetzestext lautet: 102 Mitbestimmung bei Kündigungen.... (5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn 1. die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder 2. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder 3. der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war. juracontent.de 5