Entwicklung eines testtheoretisch fundierten Instruments zur Erfassung des Selbstpflegeverhaltens von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2

Ähnliche Dokumente
Management des Typ 1 Diabetes Wirkung von Geschlecht und Gender

Fallvorstellung. Station A5 Ost

Möglichkeiten der Bolusvariablen (CSII) unter Berücksichtigung der Fett- und Eiweißmenge

Strukturierte Blutzucker- Selbstmessung bei Diabetes Typ 2

DMPs - die Rolle der Rehabilitation

Gestations- Diabetes. Referentin: Agnes Ruckstuhl

Soziale Kompetenzen in der medizinischen Rehabilitation fördern. Workshop C Tagung am 1. Juni 2012

Honigsüßer Durchfluss

Mein persönliches Diabetes-Tagebuch.

Insulin same procedure as every year? Barbara Felix KliFo 2013 KSBL Standort Bruderholz

Patientenzufriedenheit

Arbeitsgruppe der SGED B. Felix, D. Fischer-Taeschler, U. Keller (Vorsitz), U. Ledermann Bulti, B. Meichtry, C. Willi

Insulin Pumpen Therapie 2015

Begutachtungsleitfaden für psychosomatische Erkrankungen in der privaten BU Versicherung

Moderne Diabetestherapie evidence based medicine oder managed care? Martin Pfohl

Einfluss des Vortrages auf die Versorgungsqualität? Evaluationsergebnisse

Schadenfälle infolge von Diagnosefehlern

Einsatz neuer Medikamente: GLP1-Analoga & DPP4-Hemmer

(für Berater) Name Vorname Straße PLZ Ort Tel. Mobil geb. am

Diabetes und Depression. von Dr. Andrea Benecke, Universität Mainz 10. Oktober 2013

Hypo- und Hyperglykämie

Über den Autor 7 Widmung 7 Danksagung des Autors 7 Geleitwort 10. Einführung 21

Gesundheitsmesse E r f u r t

KOPIE. Diabetes in Kürze. «Schritt um Schritt zu mehr Gesundheit!»

Kann man dem Diabetes davonlaufen?

»Ich fühle mich gut trotz Diabetes«

Indikationserweiterungen für JANUVIA (Sitagliptin, MSD) in der EU - Kombination mit Sulfonylharnstoff n

INSULIN-ABC WAS ES IST UND WIE ES VERWENDET WIRD

Insulin aus den Langerhansschen Inseln

Heutige Versorgung des Diabetes mellitus Typ1 Probleme in der Versorgung Versorgungslücken

Erfolgsfaktoren und Bewertungskriterien in Change Management Prozessen

Einstufung Beschreibung GdBMin GdBMax Diätbehandlung ohne blutzuckerregulierende Medikamente 0 0

2015 webtogether.de Gabriele Ungethüm, Defensio akademische Abschlussarbeit KSBE01+ WME 03

Diabetes. Eine Befragung der Dialego AG, Januar 2012

WAS IST DIABETES? 1. Zucker - Kraftstoff des Menschen

MEHR GESUNDHEIT DURCH NEUE MEDIEN?

Diabetes in der. Schwangerschaft. Sicherheit für Sie und Ihr Baby. Ein Service von

Gestationsdiabetes, insulinpflichtig. Intensivierte Insulin- Therapie und Insulinpumpentherapie. Konventionelle Insulin-

So hab` ich meinen Blutzucker im Griff! Voraussetzungen für ein erfolgreiches Diabetes-Management

FIT 1 Herzlich willkommen

Regionale Unterschiede in der Lebensqualität von DMP-Teilnehmern am Beispiel von 4 Bundesländern

Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. Esther Menzel Krankenschwester, Diabetesassistentin

Klaus Badenhoop. M. Addison und Diabetes mellitus

Zertifiziertes Diabeteszentrum DDG

Die Wahrnehmung der Patient-Arzt- Beziehung von schlecht eingestellten Menschen mit Typ 2-Diabetes mellitus Baseline-Teilergebnisse der DEBATE-Studie

Diabetes mellitus. Risikofaktor

Nordic Walking und Diabetes mellitus


FORD ST _ST_Range_V2_ MY.indd FC1-FC3 27/06/ :24:01

Diabetes kompakt für die Hausarztpraxis

DMP Diabetes - Fluch oder Segen?

Akademische Qualifizierung von Pflegepersonen und der Einfluss auf die Pflegequalität

Nutzen und Sicherheit von DPP-4-Inhibitoren und GLP-1-Analoga bei Typ2-Diabetes. Carsten Otto, Bahnhofstraße 98, Gräfelfing

Arbeitspapier: Die Delphi-Methode. Projekt OPEN OPen Education in Nursing

Vergütung DMP Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 LKK: Diabetologisch qualifizierter Hausarzt

Dann et al.: Unterrichtsklima 1. Unterrichtsklima

Vorlesung Organisationspsychologie WS 06/07 Personaldiagnostik I

Typ 2 Diabetes Einbahnstraße in die Insulinpflicht? Hans Hauner

Eine Selbsthilfegruppe, die ihren Zweck erfüllte und sich danach auflöste

AGPD. Diabetes in Kindertagesstätten (Kita) und Kindergärten

Diabetes. Neue Strategien gegen die Volkskrankheit Nummer 1. Modernes Therapiekonzept am St. Vincenz:

Geschlechtsperspektiven in der Medizin - Gesundheits- und fachpolitische Herausforderungen nach Erkenntnissen bei Diabetes

Dr. Heidemarie Keller

Neue Empfehlungen zur Injektionstechnik für Diabetes-Patienten. DDG, Herbsttagung Berlin Dr. G.-W.Schmeisl, Bad Kissingen

Agenda. 1. Gesundheitsgipfel 2008 Prävention und Gesundheitsförderung. Der Einfluss des Führungsverhaltens auf die Gesundheit der Beschäftigten

22.Reha-Kolloquium 2013

Wunde und Insulingabe eine tückische Kombination?

Aufbau einer Wundsprechstunde für Praxis und Forschung

INFORMATIONEN FÜR TYP-2-DIABETIKER. Warum der HbA 1c -Wert für Sie als Typ-2-Diabetiker so wichtig ist!

Hausärztliche Fortbildung Referententandem aus Hausarzt und Diabetologe

Vorstellung des BQS-MammaCa-Fragebogens und der BQS-Qualitätsindikatoren. Dr. Norbert Birkner, Düsseldorf

Immer alles im Blick. Ihr Insulinpass.

bei Kindern und Jugendlichen Aktuelle Therapiekonzepte Verlauf

Somatopsychische Zusammenhänge bei Diabetespatienten in Psychotherapie

Elisabeth Höfler Leiterin der Diätschule und der Diät- und Ernährungsberatung Vinzenz von Paul Kliniken ggmbh Marienhospital Stuttgart

3.5 Disease-Management-Programme

Pflegebezogene Kompetenzen und Gesundheitsbezogene Lebensqualität von Dualstudierenden eines grundständigen Pflegestudienganges

Ich habe Diabetes was kann ich tun? Kurhan Ӏ Dreamstime.com

WAS ES IST UND WIE ES VERWENDET WIRD

QUALITÄTSSICHERUNGSZIELE, -INDIKATOREN UND -MASSNAHMEN Diabetes mellitus Typ 1 auf Grundlage des Datensatzes 8a

1.3 Zusammenfassung und Ausblick Medizinische Grundlagen des Diabetes mellitus 27

Diabetes mellitus. ausgewogen essen und trinken mit der ganzen Familie. Diabetes mellitus. verstehen Grundlagen zur Zuckerkrankheit

PartizipativeAnsätze und Methoden in der Gesundheitsförderung

DIABETES MELLITUS Dr.med. Benno Weissenberger

FIT 4 Herzlich willkommen

Sinnvolle Labordiagnostik ist ärztliches Handeln im Interesse der Patientengrundversorgung.

Diabetes im Kindesalter aktuelle Therapieformen

Initialschulung bei Typ-1-Diabetes im Kindes- und Jugendalter

Funktionelle Insulintherapie bei Diabetes mellitus Typ 1

Bewährte & neue Therapieoptionen in der Behandlung von Typ 2 Diabetespatienten WORKSHOP IN 3 KURSEN FÜR ÄRZTE & ARZTHELFERINNEN

Schwangerschaftsdiabetes

Evaluation des DMP Diabetes

DIABEtES typ 1 Kurzer leitfaden für Eltern und Kinder

Intrinsisch motivierte Mitarbeiter als Erfolgsfaktor für das Ideenmanagement: Eine empirische Untersuchung

Bedeutung der Hypoglycämie in der oralen Therapie des Diabetes mellitus Typ 2

Transkript:

Entwicklung eines testtheoretisch fundierten Instruments zur Erfassung des Selbstpflegeverhaltens von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 Forschungstag Gesundheit CCG 15.5.2012 Uta Gaidys Thorsten Meyer

1. Grundlagen des Projektes 2. Projektaufbau 3. Projektschritte 4. Reliabilität 5. Validität 6. Schlussfolgerungen Gliederung

7% aller Deutschen mit Diabetes diagnostiziert (Weber et al. 2005) 90% Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 (Hauner et al. 2003a) überproportionale Zunahme der mit Insulin behandelten Diabetiker 2 (Hauner et al. 2003b) Diabetes mellitus alltägliche Herausforderung Selbstpflegeverhalten Basis für Diabetestherapie Pflege Einschätzung der Selbstpflegedefizite Unterstützung in der Selbstpflege Orem (2001) Nursing Concepts of Practice Diabetes-Selbstpflege-Skala (Peeters 1995, 2002) Leitlinie für die Versorgung von Diabetes Typ 2 (2002) Grundlagen

1. Qualitative Phase Inhaltsvalidität 2. Quantitative Phase Reliabilität Validität: - konvergente - prognostische - diskriminate Projektaufbau

1. Aufstellung und Kategoriesierung aller krankheitsbedingten Selbstpflegetätigkeiten von Menschen mit Diabetes Typ 2 mit Insulintherapie Sichtung der Literatur 120 Selbstpflegetätigkeiten Kategorisierung nach Handlungsdimensionen Projektschritte

2. Interviews mit Pflegenden aus der Diabetesversorgung Leitfadeninterviews mit - Diabetesberaterin - Diätassistentin - 2 Pflegenden von 2 Diabetesschwerpunktstationen Wertung der Bedeutung der Selbstpflegetätigkeiten Reduzierung der Selbstpflegetätigkeiten - 60 Projektschritte

3. Entwicklung von Items Tätigkeitsbezug der Frage konkreter Zeitbezug der Frage Antwort meistens 4-stufig Projektschritte

LüDiSka = Lübecker Diabetes Selbstpflegeskala Die folgenden Fragen beziehen sich auf die vergangene Woche In der vergangenen Woche 1... habe ich die Broteinheiten von meinen Mahlzeiten berechnet: nicht manchmal häufig jede Mahlzeit 2... habe ich Vollkornprodukte gegessen: nicht manchmal 1x täglich mindestens 2x täglich 3... habe ich Obst gegessen: mindestens 2x täglich 1x täglich manchmal nicht In der vergangenen Woche 8... habe ich mir vor der Blutzuckerkontrolle die Hände gewaschen: nicht manchmal häufig jedesmal 9... habe ich die Nadel der Einstechhilfe gewechselt: jedesmal häufig manchmal nicht 10 habe ich den Blutzucker kontrolliert: nicht mindestens 1x in der Woche 2x in der Woche mindestens 3x in der Woche mindestens 1x täglich 2x täglich mindestens 3x täglich Projektschritte

4. Prüfung der Skala durch Gespräche mit 24 Betroffenen Leitfadeninterview Relevanz, Verständlichkeit der Fragen Modifizierung der Skala Projektschritte

5. ExpertInnengespräch zur Beurteilung der Skala Gruppendiskussion: Diabetesberaterin, Diätassistentin, Pflegewissenschaftlerin, methodischer Berater, Diabetologe, Betroffene, Apothekerin, Pflegende in diab. Reha Tonbandaufzeichnung, Transkription Auswertung hinsichtlich Relevanz, Vollständigkeit, Wichtung der Items Modifizierung der Skala Projektschritte

6. Survey Einschlusskriterien: > 35 Jahre Typ 2 Diabetiker Insulintherapie mit PEN Anzahl verschickten Fragebögen 724 100% Arztpraxen 343 47 % Selbsthilfegruppen 175 24% Reha-Klinik, Diabetesberatung, Anzeigen, Apotheken Anzahl zurückgesandter Fragebögen 206 28 % 222 30,6% 100% unausgefüllt 24 3% 11% nicht geeignet 13 1,7% 2% verwendet 185 25,5% 83% Projektschritte

6. Survey Stichprobe: n = 185 Frauen 86 46% Männer 97 52% ICT (Intensivierte Insulintherapie) KT (Konventionelle Insulintherapie) 81 43% 67 32% fehlender Wert 42 22% Mittelwert Standardabweichung Alter 65 10 Krankheitsdauer 15,3 9,8 BMI 30 5,8 HbA1c 7,1 1,0 Projektschritte

7. Erstellung der Subskalen Reduzierung von 52 Items auf 41 Item In der vergangenen Woche habe ich Traubenzucker bei mir gehabt. 140 130 120 100 80 60 40 20 10 5 31 0 habe ich immer vergessen habe ich häufig vergessen habe ich manchmal vergessen habe ich nicht vergessen Projektschritte

7. Erstellung der Subskalen Ernährung und Bewegung Insulintherapie BZ-Kontrolle Verhinderung von Komplikationen Verhalten bei Komplikationen Umgang mit Therapieentscheidungen / Integration der Erkrankung in der Alltag Projektschritte

8. Test-Retest Retest nach 4 Wochen, n=76 Ernährung und Bewegung r = 0.83 Insulintherapie r = 0.74 BZ-Kontrolle r = 0.75 Verhinderung von Komplikationen r = 0.71 Verhalten bei Komplikationen r = 0.70 Umgang mit Therapieentscheidungen / r = 0.73 Integration der Erkrankung in der Alltag Reliabilität

Test Retest annähernde Normalverteilung Reliabilität

9. Überprüfung der Validität konvergente: Wissen DDZ(Toeller, 2005) und Kontrollüberzeugungen KKG (Lohaus & Schmitt, 1989) prognostische: HbA1c + Komplikationsrate (selbstberichtet) diskriminante: Soziale Erwünschtheit SES (Stöber, 1999) Validität

HbA1c Wissen (DDZ) Fatalistische Externaliät (KKG) Soziale Erwünschtheit (SES) Anzahl Komplikationen Ernährung und Bewegung -.076.228 -.161.243 -.033 BZ-Kontrolle -.048.073 -.102.161 -.160 Insulintherapie -.251.224 -.202.155 -.029 Verhinderung von Komplikationen Verhalten bei Komplikationen Umgang m.therapieentscheidung./ Integration d. Erkrankung in den Alltag -.101.122 -.118.055 -.049 -.097 -.073.038.133.382 -.191.140 -.182.041 -.010 Signifikanz <.05 Validität

inhaltsvalide reliabel Zusammenhänge vorhanden Konvergente Validität: Wissen, Krankheitskontrollüberzeug. Prognostische Validität: HbA1c, Komplikationen Diskriminante Validität: soziale Erwünschtheit LüDiSka epidemiologische Studien individuelle Diagnostik? Schlussfolgerungen

Bundesärztekammer et al. (2002): Nationale Versorgungs-Leitlinie Diabetes mellitus Typ 2. www.leitlinien.de/versogungsleitlinien/ diabetes/pdf/nvldiabetes abgerufen 09.09.03. Lohaus, A.; Schmitt, G. M. (1999): KKG Fragebogen zur Erhebung von Kontrollüberzeugungen zu Krankheit und Gesundheit. In: Westhoff, G. (Hrsg.): Handbuch psychosozialer Messinstrumente, Hogrefe Verlag Orem, D. E. (2001): Nursing Concepts of Practice, 6th edition, Mosby, St. Louis Peeters, C.; Meyer, I. ; Muls, E. ; Evers, G. (2002): Die Diabetes Selbstpflege-Skala (LDZ). In: Evers, G. (Hrsg.): Professionelle Selbstpflege: Einschätzen Messen - Anwenden, Hans Huber Verlag, Bern, 235-254 Toeller, M. (2005): DDZ Prüfen Sie Ihr Diabeteswissen. http://modul.diabetes.uni-duesseldorf.de/wissen-2/. abgerufen 1.03.2005. Stöber, J. (1999): Die Soziale-Erwünschtheits-Skala-17 (SES-17): Entwicklung und erste Befunde zu Reliablität und Validität. In: Diagnostica, 45, 173-177 Literatur