Grundlagen der ambulanten Substitutionsbehandlung. Unter besonderer Berücksichtigung der Situation in der Schwangerschaft

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Transkript:

Grundlagen der ambulanten Substitutionsbehandlung Unter besonderer Berücksichtigung der Situation in der Schwangerschaft

Dr. med. Karl- Georg Büscher Arzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Ernährungsmedizin Suchtmediziner seit 1990 Praxis in Bottrop, Filiale in Essen- Borbeck Zur Zeit ca. 170 Patienten in Substitution Unterstützt durch Frau Stefan (Allgemeinmedizin, Suchtmedizin) und Dr. Brackmann (Weiterbildungsassistent Allgemeinmedizin) und Praxisteam

Gliederung Die gesetzlichen Rahmenbedingungen Problematische Aspekte der Suchtbehandlung in der Schwangerschaft Fallbeispiele Diskussion

Gesetzliche Rahmenbedingungen BtmVV BtmG AMG BUB Richtlinien Richtlinien der Bundesärztekammer Leitlinien der DGS

Gesetzliche Rahmenbedingungen Indikation Therapiekonzept Einleitung der Substitution Verlaufskontrollen Beendigung/ Abbruch

Indikation Diagnose Abhängigkeit Über 18 Jahre wenn diese in Abwägung aller entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte gegenüber primär abstinenzorientierten Therapieformen die erfolgversprechendere Behandlung darstellt. (RL der BÄK) Bei bestehender Schwangerschaft ist die Substitutionstherapie die Behandlung der Wahl

Therapiekonzept Die Substitution dient 1. ihrer Behandlung mit dem Ziel der schrittweisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes, 2. der Unterstützung der Behandlung einer neben der Opiatabhängigkeit bestehenden schweren Erkrankung oder 3. der Verringerung der Risiken einer Opiatabhängigkeit während einer Schwangerschaft und nach der Geburt.

Therapiekonzept Sicherung des Überlebens, Reduktion des Gebrauchs anderer Suchtmittel, Gesundheitliche Stabilisierung und Behandlung von Begleiterkrankungen, Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und am Arbeitsleben, Opiatfreiheit.

Therapiekonzept Dazu gehört die Abklärung somatischer Erkrankungen und ggf. Einleitung entsprechender Behandlungen, die Abklärung weiterer psychischer Störungen und Einleitung entsprechender Behandlungen, die Vermittlung in psychosoziale Maßnahmen.

Einleitung der Substitution 1 gründliche Erhebung der Vorgeschichte des Patienten, eingehende Untersuchung des Patienten, ggf. Austausch mit Vorbehandlern, Ausschluss einer Mehrfachsubstitution, Durchführung eines Drogenscreenings zur Feststellung des Opiatgebrauchs und des Gebrauchs weiterer Substanzen, Feststellung der Opiatabhängigkeit und Indikationsstellung, Formulierung des umfassenden Therapiekonzeptes sowie Festlegung der Therapieebenen und -ziele, Aufklärung des Patienten, dass bei einer Substitutionstherapie die Opiatabhängigkeit erhalten bleibt,

Einleitung der Substitution 2 Wahl des geeigneten Substitutionsmittels, Aufklärung über die Gefahren einer nicht bestimmungsgemäßen Applikationsform, ausführliche Aufklärung des Patienten über das Substitutionsmittel und dessen Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit psychoaktiven Substanzen wie z. B. Alkohol und Benzodiazepinen, Aufklärung über eine eventuelle Einschränkung des Reaktionsvermögens bzw. Fahruntüchtigkeit (gemäß Richtlinie der Bundesanstalt für Straßenwesen BASt),

Einleitung der Substitution 3 Abklärung einer evtl. bestehenden Schwangerschaft, Aufklärung über eine in der Regel verbesserte Fertilität unter Substitution und geeignete Verhütungsmaßnahmen, Abschluss einer Vereinbarung mit dem Patienten, Meldung in codierter Form an das Substitutionsregister bei der Bundesopiumstelle gemäß 5a BtmVV.

Abgabe des Substituts unter kontrollierten Bedingungen Grundsätzlich tägliche Vergabe Wenn ein Aufsuchen der Vergabestelle nicht möglich: Take home Vergabe durch Apotheken und Pflegedienste möglich

Take home möglich wenn: die Einstellung auf das Substitutionsmittel abgeschlossen ist, der bisherige Verlauf der Behandlung zu einer klinischen Stabilisierung des Patienten geführt hat, Risiken der Selbstgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind, der Patient stabil keine weiteren Substanzen konsumiert, die zusammen mit der Einnahme des Substitutionsmittels zu einer gesundheitlichen Gefährdung führen können, der Patient die erforderlichen Kontakte zum Arzt und zur PSB wahrgenommen hat, die psychosoziale Reintegration fortgeschritten ist und für eine Fremdgefährdung durch Weitergabe des Substitutionsmittels keine Hinweise bestehen.

Therapiekontrolle Der substituierende Arzt muss sich im gesamten Behandlungsverlauf anhand klinischer und laborchemischer Parameter ein genaues Bild davon machen, ob der Patient das Substitut in der verordneten Weise einnimmt und ob bzw. in welchem Umfang ein Konsum anderer psychotroper Substanzen besteht. Eine Substitutionstherapie ist zu beenden, wenn sie sich als nicht geeignet erweist, sie mit einem fortgesetzten, problematischen Konsum anderer gefährdender Substanzen einhergeht. (RL BÄK) Bei Beigebrauch ist wegen der damit möglicherweise verbundenen lebensbedrohlichen Gefährdung eine sorgfältige individuelle Risikoabwa gung zwischen Fortführung und Beendigung der Substitution vorzunehmen. (BUB)

Beendigung Eine Substitution darf nicht durchgeführt werden, wenn und solange der Substitution medizinisch allgemein anerkannte Ausschlussgru nde entgegenstehen, wie z. B. eine primäre/hauptsächliche Abhängigkeit von anderen psychotropen Substanzen (Alkohol, Kokain, Benzodiazepine etc.) oder der Patient Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art und Menge den Zweck der Substitution gefährdet. (BtmVV)

Beendigung Aufgrund des hohen Gefährdungspotenzials, das mit einem Behandlungsabbruch verbunden ist, ist anzustreben, den Patienten auch bei Verstößen möglichst weiter in der Behandlung zu halten. Vor einem Abbruch ist daher immer zunächst zu prüfen, ob die Non Compliance Resultat der zu behandelnden Suchterkrankung oder komorbider Störungen ist. Bevor eine Behandlung beendet wird, sollten alle anderen Interventionsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sein. Hierzu gehören insbesondere Optimierungen des Therapiekonzeptes, z. B. durch Dosisanpassungen, sowie Versuche eines Wechsels des Patienten in ein anderes ambulantes oder stationäres Therapieangebot. (RL BÄK)