Die Mobilität der Zukunft Menschliches Verhalten als Treiber der Mobilität von morgen Gerhard Fehr Fachtagung Pendlermobilität 15. November 2016, Hard
Vorab: Umgang mit den «Voting Devices» Um abzustimmen, bitte einfach die entsprechende Zahl wählen Falls Sie Ihre Eingabe ändern möchten, einfach eine andere Zahl drücken Sollten Sie irgendwelche Probleme haben, wir helfen Ihnen gerne 3 Hier sehen Sie Ihre Eingabe 2 Nummer entsprechend Ihrer gewünschten Antwort drücken 1 Hier können Sie das Gerät ein- bzw. ausschalten FehrAdvice & Partners AG, November 2016 2
Bitte beantworten Sie nun folgende Fragen (I/III) 1 Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen EUR 1.10. Wenn der Schläger einen Euro mehr kostet als der Ball, wie viel kostet dann der Ball? 1: EUR 1.05 2: EUR 1.00 3: EUR 0.20 4: EUR 0.10 5: EUR 0.05 8% 4% 2% 63% 23% FehrAdvice & Partners AG, November 2016 3
Bitte beantworten Sie nun folgende Fragen (II/III) 2 Wenn es bei 5 Maschinen 5 Minuten braucht um 5 Produkte zu fertigen, wie lange brauchen 100 Maschinen um 100 Produkte zu fertigen? 1: 1 Minute 2: 5 Minuten 3: 10 Minuten 4: 20 Minuten 5: 100 Minuten 13% 54% 4% 7% 22% FehrAdvice & Partners AG, November 2016 4
Bitte beantworten Sie nun folgende Fragen (III/III) 3 In einem See wird eine Fläche von Seerosen bedeckt. Da die Seerosen neue Blätter bilden, verdoppelt sich die bedeckte Fläche jeden Tag. Wenn es 48 Tage dauert, bis die Seerosen den gesamten See bedecken, wie lange dauert es, bis die Seerosen den halben See bedecken? 1: 6 Tage 2: 12 Tage 3: 24 Tage 4: 36 Tage 5: 47 Tage 18% 10% 18% 7% 48% FehrAdvice & Partners AG, November 2016 5
Der Mensch denkt in zwei verschiedenen Systemen einerseits intuitiv und impulsiv sowie andererseits rational und langsam Die richtigen Antworten sind die folgenden: Der Ball kostet 5 Cent (intuitiv: 10 Cent) Die 100 Maschinen brauchen 5 Minuten (intuitiv: 100 Minuten) für 100 Produkte Es dauert 47 Tage (intuitiv: 24 Tage) bis die Seerosen den halben See bedecken Menschen denken in zwei Systemen 1) : System 1 ist...... intuitiv,... schnell und... impulsiv. System 2 im Gegensatz ist...... rational,... langsam und... faul. System 1 bewirkt, dass Leute in gewissen Situationen ungeduldig sind eine geringe Selbstkontrolle haben und ein geringes Durchhaltevermögen aufweisen. System 2 ist problemlos in der Lage, die gestellten Aufgaben zu lösen, wird oft aber gar nicht erst in die Entscheidung involviert. 1) Kahneman, D. (2011). Thinking, Fast and Slow. FehrAdvice & Partners AG, November 2016 6
Wie viele Teilnehmende haben alle drei Fragen richtig beantwortet? 11% 27% 37% 25% 3 Antworten richtig 2 Antworten richtig 1 Antwort richtig Keine Antwort richtig FehrAdvice & Partners AG, November 2016 7
Nicht nur Sie auch Studenten von Elite-Universitäten haben ihr System 1 nicht unter Kontrolle ** Als Manager & Führungskräfte sind Sie hohe kognitive Anforderungen gewohnt; dennoch beantworten auch Sie nicht alle Fragen richtig Wie auch die grosse Mehrheit der Studenten von Elite-Universitäten diese drei Fragen nicht korrekt beantwortet Das zeigt, dass nicht nur die kognitiven Fähigkeiten bei diesem Test ausschlaggebend sind, sondern vor allem auch nonkognitive Fähigkeiten Denken kann anstrengend sein Viele Menschen versuchen Anstrengungen wenn möglich zu vermeiden und treffen deshalb oft intuitive Entscheidungen (System 1) *Shane, F. (2005). Cognitive Reflection and Decision Making. ** Studenten, die alle drei Fragen richtig beantwortet haben. FehrAdvice & Partners AG, November 2016 8
Nun zu einem kurzen Spiel Sie Eine andere Person in einem anderen Raum FehrAdvice & Partners AG, November 2016 9
Jetzt ist Ihre Entscheidung gefragt Wie viel möchten Sie der anderen Person geben? 1: EUR 0 2: EUR 1-10 3: EUR 11-20 4: EUR 21-30 5: EUR 31-40 6: EUR 41-50 7: EUR 51-60 8: EUR 61-70 9: EUR 71-80 10: EUR 81-100 FehrAdvice & Partners AG, November 2016 10
Ihre Resultate 13% 5% 5% 5% 2% 47% 8% 2% 4% 10% 0 1-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-100 FehrAdvice & Partners AG, November 2016 11
Noch ein kurzes Spiel Sie Eine andere Person in einem anderen Raum FehrAdvice & Partners AG, November 2016 12
Jetzt ist Ihre Entscheidung gefragt Wie viel möchten Sie der anderen Person geben? 1: EUR 0 2: EUR 1-10 3: EUR 11-20 4: EUR 21-30 5: EUR 31-40 6: EUR 41-50 7: EUR 51-60 8: EUR 61-70 9: EUR 71-80 10: EUR 81-100 FehrAdvice & Partners AG, November 2016 13
Ihre Resultate 6% 4% 4% 2% 2% 61% 10% 3% 2% 6% 0 1-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-100 FehrAdvice & Partners AG, November 2016 14
Die vier BEA TM Verhaltenstreiber liefern vertiefte Einsichten in das menschliche Verhalten Was heisst dies für den öffentlichen Verkehr? FehrAdvice & Partners AG, November 2016 15
Bitte beantworten Sie folgende Fragen Wie sind Sie heute zur Fachtagung angereist? 1: Auto/Motorrad 34% 2: ÖV 43% 3: Fahrrad 20% 4: Zu Fuss 4% FehrAdvice & Partners AG, November 2016 16
Ist die Verkehrsmittelentscheidung von Menschen rational? FehrAdvice & Partners AG, November 2016 17
Wie sieht ein rationaler Verkehrsentscheider aus? Menschen machen eine bewusste Abwägung von Pros und Contras bei der Verkehrsmittelwahl und verhalten sich konsistent zu ihren Einstellungen und Intentionen.? Menschen beziehen alle verfügbaren Verkehrsalternativen in ihre Entscheidung ein? Menschen kennen die relevanten Informationen für die Verkehrsmittelwahl und ziehen diese auch in Betracht.? Menschen schätzen Reisezeit objektiv ein und beziehen sie rational in ihre Entscheidung mit ein.? Menschen schätzen Kostenaspekte objektiv ein und beziehen sie rational in ihre Entscheidung mit ein? Zeit und Kosten sind die wichtigsten Treiber der Verkehrsmittelwahl? FehrAdvice & Partners AG, November 2016 18
Habitualisierung und Informationssuche Habitualisierte Entscheidungen führen dazu, dass nur wenige Informationen überhaupt in die Entscheidung einfliessen Verplanken, B., Aarts, H., & Van Knippenberg, A. (1997). Habit, information acquisition, and the process of making travel mode choices. European Journal of Social Psychology, 27, 539 560. FehrAdvice & Partners AG, November 2016 19
Zwischenbilanz: Menschen verhalten sich nicht wie ein homo oeconomicus im Verkehrsverhalten Menschen machen eine bewusste Kosten-Nutzen-Rechnung bei der Verkehrsmittelwahl und wägen alle Alternativen systematisch ab. x Die Verkehrsmittelwahl findet häufig habitualisiert statt Informationen werden nur selten nachgefragt und gewisse Alternativen gar nicht ins Entscheidungsset aufgenommen Unterstützt wird diese Entscheidungsfindung durch den Status quo Bias und den Availability Bias. FehrAdvice & Partners AG, November 2016 20
Das Vertrauen in Preiswissen von Verkehrsalternativen ist häufig sehr gering Benzinpreis ÖV-Ticket 60% 50% 40% 30% Autofahrer ÖV- Fahrer 60% 50% 40% 30% Autofahrer ÖV- Fahrer 20% 20% 10% 10% 0% Sehr sicher Quelle: FehrAdvice Research Sicher Unsicher Sehr unsicher Keine Ahnung 0% Sehr sicher Sicher Unsicher Sehr unsicher Keine Ahnung Häufig ist nur wenig Wissen über Verkehrsalternativen vorhanden Dies gilt vor allem für die Verkehrsmittel, die man selbst nicht häufig braucht FehrAdvice & Partners AG, November 2016 21
Zwischenbilanz: Menschen verhalten sich nicht wie ein homo oeconomicus im Verkehrsverhalten Menschen haben vollständige Informationen über die Verkehrsmittel, die ihnen zur Verfügung stehen x Menschen besitzen häufig nur wenig Informationen über Verkehrsmittel Vor allem für Verkehrsmittel, die man selbst nicht häufig benutzt, ist das Informationswissen schwach ausgeprägt FehrAdvice & Partners AG, November 2016 22
Jetzt ist Ihre Einschätzung als Autofahrer gefragt! Spielt der Preis ihres Autos eine Rolle dafür, wie viel Sie fahren? 1: Ja je teurer mein Auto, desto mehr benutze ich es 13% 2: Ja je billiger mein Auto, desto mehr benutze ich es 6% 3: Nein das spielt für mich keine Rolle 81% FehrAdvice & Partners AG, November 2016 23
Sunk cost fallacy: Die Anschaffungskosten für ein Auto beeinflussen, wieviel man es benutzt Sunk cost fallacy für Luxusautos in Singapur Anschaffungspreis +$ 4 500 (= Effekt der Policy in Singapur) + 71 km pro Monat (6,4%) Ho, T.-H., Png, I. P. L., & Reza, S. (2013). Sunk Cost Fallacy in Driving the World s Costliest Cars, (April), 1 36. FehrAdvice & Partners AG, November 2016 24
Benzinkosten oder ÖV-Abo-Kosten aus der Vergangenheit werden nicht in die Entscheidung miteinbezogen Mental Accounting führt dazu, dass bereits getätigte Investitionen nicht mehr als Kosten wahrgenommen werden, wenn sie später konsumiert werden. FehrAdvice & Partners AG, November 2016 25
Zwischenbilanz: Menschen verhalten sich nicht wie ein homo oeconomicus im Verkehrsverhalten Menschen beziehen Verkehrskosten rational in ihre Entscheidung mit ein x Biases und Heuristics wie Prospective Accounting und Sunk Cost Fallacy führen zu irrationalen Kostenwahrnehmungen von Verkehrsmitteln. Kosten im Autoverkehr wie Benzin, Abschreibungen oder Versicherung fallen häufig nicht zum Zeitpunkt der Entscheidung an und werden damit diskontiert oder nicht miteinbezogen. FehrAdvice & Partners AG, November 2016 26
Zeit ist das wichtigste Kriterium für die Mobilitätswahl aller Fahrer Autofahrer: ÖV-Fahrer: Auto/ÖV-Kombinierer: 1. Zeit 2. Flexibilität 3. Sicherheit 4. Komfort 5. Umweltanliegen 6. Kosten 1. Zeit 2. Umweltanliegen 3. Kosten 4. Komfort 5. Flexibilität 6. Sicherheit 1. Zeit 2. Umweltanliegen 3. Flexibilität 4. Kosten 5. Sicherheit 6. Komfort Nicht-monetäre Variablen spielen eine grosse Rolle Kosten spielen nur eine untergeordnete Rolle bei Verkehrsmittelentscheidungen. Zeit ist nach Meinung der Menschen das wichtigste Kriterium ihrer Verkehrsmittelwahl. Mobilitätsverhalten von Pendlern zur Spitzenzeit heute und morgen (FehrAdvice 2012) FehrAdvice & Partners AG, November 2016 27
Zwischenbilanz: Menschen verhalten sich nicht wie ein homo oeconomicus im Verkehrsverhalten Zeit und Kosten sind die wichtigsten Treiber der Verkehrsmittelwahl (x)? Psychologische Faktoren wie Komfort, Status oder Umweltanliegen sind wichtige Treiber der Verkehrsmittelwahl Kosten spielen nur eine untergeordnete Rolle in der Verkehrsmittelwahl Zeit ist nach Meinung der Menschen der wichtigste Faktor in ihrer Verkehrsmittelwahl Ist Zeitwahrnehmung von Menschen im Verkehr objektiv? FehrAdvice & Partners AG, November 2016 28
Um Menschen zum Umsteigen auf den ÖV zu bewegen gibt es systematische Hindernisse Autofahrer haben extrem verzerrte Wahrnehmungen bezüglich der Reisezeit mit ÖV. Wären die Zeiteinschätzungen realistisch, würden 30% mehr Menschen den ÖV als Alternative zum Auto betrachten.? Weshalb sind Zeiteinschätzungen von Verkehrsmitteln so verzerrt? Van Exel, N. J. a, & Rietveld, P. (2009). Could you also have made this trip by another mode? An investigation of perceived travel possibilities of car and FehrAdvice & Partners AG, November 2016 29 train travellers on the main travel corridors to the city of Amsterdam, The Netherlands. Transportation Research Part A: Policy and Practice, 43(4), 374 385.
Weshalb überschätzen Autofahrer die benötigte ÖV-Reisezeit im Vergleich zum MIV? (I/II) Gründe, dass ÖV-Reisezeit im Vergleich zu Auto-Reisezeit von Autofahrern massiv überschätzt wird Fehlende Information Emotionen bestimmen Zeitwahrnehmung Episodisierung der ÖV-Reisezeit (loss aversion) Selbstrechtfertigung/Dissonanzreduktion Overconfidence Wittmann, M. (2009). The inner experience of time. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological Sciences, 364(1525), 1955 1967. doi:10.1098/rstb.2009.0003 FehrAdvice & Partners AG, November 2016 30
Weshalb wird benötigte ÖV-Reisezeit im Vergleich zu MIV überschätzt? (II/II) Nein, ich stand nicht im Stau! Mehr als die Hälfte der Autofahrer erinnert sich nicht an Stau! (Fallstudie Dietlikon, ZHW, 2002) Parkplatzangebot und Luftbelastung bei Einkaufszentren. Fallstudie Dietlikon. ZHW. (2002). FehrAdvice & Partners AG, November 2016 31
Zwischenbilanz: Menschen verhalten sich nicht wie ein homo oeconomicus im Verkehrsverhalten Menschen beziehen die Reisezeit objektiv in ihre Entscheidung mit ein. x Zeitschätzungen im Verkehr sind stark subjektiv geprägt und von psychologischen Faktoren abhängig Autofahrer überschätzen die Zeit, die sie mit dem ÖV brauchen würden, stark Wittmann, M. (2009). The inner experience of time. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological Sciences, 364(1525), 1955 1967. doi:10.1098/rstb.2009.0003 FehrAdvice & Partners AG, November 2016 32
Lessons learned: Menschen verhalten sich nicht wie ein homo oeconomicus im Verkehrsverhalten Menschen machen eine bewusste Kosten-Nutzen-Rechnung bei der Verkehrsmittelwahl und verhalten sich gemäss ihren Einstellungen. x Die Verkehrsmittelwahl findet meist habitualisiert statt, eine bewusste Kosten-Nutzen-Rechnung findet nur selten statt. Menschen haben vollständige Informationen für die Verkehrsmittelwahl x Viele Informationen vor allem diejenigen der Verkehrs-Alternativen sind Menschen gar nicht bekannt Menschen beziehen alle Verkehrsmittel in ihre Entscheidung ein x ÖV wird häufig gar nicht als Substitut des MIV wahrgenommen und kommt deshalb gar nicht ins Alternativenset. Menschen beziehen Verkehrskosten rational in ihre Entscheidung mit ein x Biases und Heuristics wie Prospective Accounting, Diskontierung und Sunk Cost Fallacy führen zu irrationalen Kostenwahrnehmungen. Menschen beziehen die Reisezeit rational in ihre Entscheidung mit ein x Zeitschätzungen sind stark subjektiv geprägt und oft zugunsten der Default- Alternative verzerrt. Zeit und Kosten sind die wichtigsten Treiber der Verkehrsmittelwahl x Psychologische Nutzen sind zentrale Treiber der Verkehrsmittelwahl und wichtiger als Kosten. FehrAdvice & Partners AG, November 2016 33
Klassische Massnahmen zur Steuerung der Verkehrsmittelwahl zeigen häufig nicht die erwünschte Wirkung FehrAdvice & Partners AG, November 2016 34
Was sind die Gründe, dass viele Massnahmen nicht die gewünschte Wirkung zeigen? 1 Massnahmen schaffen es nicht, Habit zu übersteuern 2 Wahrgenommener Nutzen der Verkehrsalternative ist häufig auch nach einer Massnahme kleiner Verzerrte Nutzen- und Kostenwahrnehmungen zugunsten des Status Quo Fehlende Informationen Sunk Cost Fallacy Massnahmen tangieren nur sekundäre Verhaltenstreiber; Menschen sind nicht sensitiv gegenüber Kosten in der Verkehrsmittelwahl FehrAdvice & Partners AG, November 2016 35
Was sind verhaltensökonomische Handlungsräume für effektive Massnahmen zur Steuerung der Verkehrsmittelwahl? 1 Break habit Massnahmen, die Habit brechen Wenn Habit natürlich unterbrochen wird Massnahmen, bevor Habit gebildet wird Strassengebühren (Stockholm) Verkauf des Autos Wechsel des Wohnorts Freeway closure Awareness im Moment des Entscheidungszeitpunkts (z.b. App, Radio, Strassenschild) 2 Wahrgenommene Nutzen-Kosten-Struktur verändern Berücksichtigung von nicht-monetären Nutzen und Kosten und sozialen Normen Belohnungs-/Sanktionierungssysteme (Punktesyteme, Strassengebühren) Belief-Update über Zeit, Kosten und psychologische Nutzen (z.b. App) Effiziente und effektive Massnahmen zur Steuerung der Verkehrsmittelwahl müssen auf echtem Verhalten von Menschen basieren. Mobilitätsverhalten von Pendlern zur Spitzenzeit heute und morgen (FehrAdvice 2012) Verplanken et al. (2008) Fujii, S., Garling, T., & Kitamura, R. (2002) FehrAdvice & Partners AG, November 2016 36
Ist die Verkehrsmittelentscheidung von Menschen rational? FehrAdvice & Partners AG, November 2016 37
FehrAdvice & Partners AG, November 2016 Fallbeispiel Berufspendler: ÖV heutzutage mit vielen Herausforderungen konfrontiert Die Auslastung der SBB bezogen auf den gesamten Tag liegt heute bei ca. 30%. In 25% der Betriebszeit der sogenannten Hauptverkehrszeit (HVZ) werden etwa die Hälfte aller Kunden transportiert. Das Angebot der SBB wird heute auf die Spitzenzeiten (HVZ) dimensioniert. Dies hat hohe Kosten für Betreiber und Besteller (Bund/Kantone) zur Folge. Gleichzeitig wirken sich die hohen Auslas-tungen auch negativ auf die Kunden-zufriedenheit aus. Aus diesen Gründen hat die SBB gemeinsam mit dem KÖV und dem VöV* eine Studie beauftragt, welche Hebel und Wege zur Optimierung der Auslastung aufzeigen soll. FehrAdvice & Partners hat auf Basis dieser Ausgangslage eine Studie erstellt, die die Verhaltenstreiber der Pendler eingehend analysiert hat. * KÖV: Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs. VöV: Verband öffentlicher Verkehr.
Viele öv-pendler, die zur HVZ unterwegs sind, könnten prinzipiell auch zur NVZ fahren tun dies aber nicht Menschen, die zur HVZ mit dem öv unterwegs sind: 60% der Arbeitspendler 1), die zur HVZ pendeln, könnten prinzipiell auch zur NVZ pendeln 40% der Arbeitspendler 1), die zur HVZ pendeln, können aufgrund institutioneller Rahmenbedingungen nicht zur NVZ pendeln Der grösste Hebel liegt beim Pendelverhalten Die institutionellen Rahmenbedingungen müssen ebenfalls geändert werden! Um das Verhalten der Menschen verändern zu können, müssen zuerst die relevanten Verhaltenstreiber identifiziert werden. Welche Faktoren beeinflussen das Pendelverhalten? 1) In einer früheren Studie von FehrAdvice und in der aktuellen Studie zum Mobilitätsverhalten gaben rund 60% der befragten öv-hvz-pendler an, dass sie prinzipiell auch zur NVZ pendeln könnten (FehrAdvice, 2012 und 2016). FehrAdvice & Partners AG, November 2016 39
Die evidenzbasierten Erkenntnisse darüber, wie diese Verhaltenstreiber das Pendelverhalten beeinflussen, können in 5 Prinzipien zusammengefasst werden Die 5 evidenzbasierten Prinzipien des Pendelverhaltens 1 Die Schweizer Pendler sind gewohnheitsgetrieben 75 Prozent der Arbeitspendler pendeln schon seit drei oder mehr Jahren auf die gleiche Art und Weise. 2 Viele Arbeitspendler hätten prinzipiell die Möglichkeit zur NVZ zu pendeln 3 Verhaltensänderungen bergen hohe Kosten für Pendler Ein Pendeln zur NVZ bringt für viele HVZ-Pendler hohe Kosten mit sich, beispielsweise hohe psychologische Kosten durch die Veränderung von habitualisiertem Verhalten sowie hohe soziale Kosten durch die Verletzung der Anwesenheitsnorm am Arbeitsort. 4 Was die Pendler selbst möchten, tritt oft in den Hintergrund Viele öv-hvz-arbeitspendler würden grundsätzlich gerne zur NVZ später am Morgen pendeln oder flexibler arbeiten; diese individuellen Präferenzen werden aber durch die institutionellen Rahmenbedingungen sowie die psychologischen und sozialen Kosten übersteuert. 5 Die Schweizer Pendler sind durchaus bereit, mit der öv-branche zu kooperieren FehrAdvice & Partners AG, November 2016 40
Für die Massnahmengenerierung stehen zwei grundlegende Strategien zur Verfügung Die 5 evidenzbasierten Prinzipien des Pendelverhaltens Es stehen zwei grundsätzliche Strategien zur Verfügung: 1 Die Schweizer Pendler sind gewohnheitsgetrieben I Die transaktionale Strategie 2 Viele Arbeitspendler hätten prinzipiell die Möglichkeit zur NVZ zu pendeln 3 Verhaltensänderungen bergen hohe Kosten für Pendler 4 Was die Pendler selbst möchten, tritt oft in den Hintergrund II Die kooperative Strategie 5 Die Schweizer Pendler sind durchaus bereit, mit der öv-branche zu kooperieren Was genau bedeuten diese Strategien, und was passiert, wenn sie umgesetzt werden? FehrAdvice & Partners AG, November 2016 41
Was heisst dies nun für die öv Mobilität der Zukunft? I Steuerung über Pricing Bestraft im «Moment der Entscheidung» II Bauen intelligenter Mobilitätsanreizsysteme zu bauen Unterstützt im «Moment der Entscheidung» FehrAdvice & Partners AG, November 2016 42
Test & Learn als effizienter Weg der Einführung Eine Test & Learn-Umgebung erlaubt eine agile, effiziente und zugleich effektive Einführung von Massnahmen Test and Learn FehrAdvice & Partners AG, November 2016 43
Lessons learned: Die vorhandene Kooperationsbereitschaft der Pendler nutzen Die Schweizer Pendler haben eine hohe Kooperationsbereitschaft mit der öv-branche Diese kann und muss genutzt werden! Eine kooperative Strategie nutzt, stärkt und untermauert die Kooperationsbereitschaft der Pendler Sie ist deshalb als «beste Lösung» zu betrachten Die transaktionale Strategie kann noch verwendet werden, sollte eine kooperative Strategie nicht umgesetzt werden können («zweitbeste Lösung») Wird jedoch von Anfang an die transaktionale Strategie verwendet, wird die Kooperationsbereitschaft gesenkt und kann nur unter sehr hohen Kosten eventuell wieder hergestellt werden («Irreversibilität») Für eine erfolgreiche Umsetzung der kooperativen Strategie müssen Massnahmen auf den drei Ebenen öv-branche, institutionelle Ebene und politische Ebene FehrAdvice & Partners AG, November 2016 44
Studie: «Gemeinsame Hebel und Wege zur Optimierung der Auslastung im öffentlichen Verkehr» Die gesamte Studie finden Sie als Download unter: www.fehradvice.com/pendlerstudie FehrAdvice & Partners AG, November 2016 45
Kontakt FehrAdvice & Partners AG Klausstrasse 20 8008 Zürich Tel. +41 44 256 79 00 info@fehradvice.com www.fehradvice.com Gerhard Fehr CEO/Managing Partner gerhard.fehr@fehradvice.com Tel. +41 44 256 79 00 FehrAdvice & Partners AG, November 2016 46
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