- Zwei Ehegatten wollen ein Testament errichten, in dem sie sich zu Alleinerben einsetzen wollen.

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Transkript:

DNotI Deutsches Notarinstitut Gutachten-Abruf-Dienst Gutachten des Deutschen Notarinstituts Abruf-Nr.: 105897# letzte Aktualisierung: 31. Januar 2011 EGBGB Art. 14, 15, 17, 18, 25, 26, 236 3 Weißrussland: Gemeinsames Testament und evtl. Ehevertrag zwischen deutschem Ehemann (ehemaliger DDR-Bürger) und eingebürgerter vormals russischer bzw. sowjetischer Ehefrau ehelicher Güterstand I. Sachverhalt - Zwei Ehegatten wollen ein Testament errichten, in dem sie sich zu Alleinerben einsetzen wollen. - Erben des letztversterbenden Ehegatten sollen die beiden gemeinsamen, ehelich in Deutschland geborenen Kinder der Ehegatten zu gleichen Teilen werden. - Der Ehemann ist von Geburt an Deutscher. Er war bis zur deutschen Wiedervereinigung Staatsangehöriger der DDR. - Die Ehefrau war von Geburt her sowjetische bzw. russische Staatsangehörige und erhielt 1994 durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit. - Der Ehemann befand sich wegen seines Studiums von 1971 bis Juli 1976 in der damaligen Sowjetunion, nämlich in der Belorussischen Sozialistischen Sowjetrepublik, einer Teilrepublik der UdSSR, wo er im Mai 1976 seine heutige Ehefrau heiratete. - Im Juli 1976 kehrte der Ehemann in die DDR zurück. Die Ehefrau beendete erst noch ihr Studium in der Sowjetunion und folgt dem Ehemann sodann im November 1978 in die DDR. Seitdem lebten beide Ehegatten ausschließlich in Deutschland bzw. vor der Wiedervereinigung in der damaligen DDR. - Die Ehefrau verfügt in Russland über kein Vermögen und erwartet dort auch keines (z. B. durch Erbschaft oder Schenkung). II. Fragen 1. Ist es richtig, dass sich der Güterstand nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB und damit nach russischem/weißrussischem Recht richtet? Deutsches Notarinstitut Gerberstraße 19 97070 Würzburg Telefon (0931) 35576-0 Fax (0931) 35576-225 email: dnoti@dnoti.de internet: www.dnoti.de user/mr/pool/gutachten/2011/105897-fax.doc

Seite 2 2. Empfiehlt es sich, vorsorglich im Testament aufzunehmen, dass die Eheleute als Erbstatut für ihr gesamtes gegenwärtiges und künftiges in Deutschland belegenes Vermögen das deutsche Erbrecht wählen und diese Wahl des Erbrechtsstatuts auch für sonstiges Vermögen gelten soll? 3. Sofern güterrechtlich russisches/weißrussisches Recht für diese Ehe gelten sollte, beabsichtigen die Eheleute einen Ehevertrag dahingehend abzuschließen, dass sowohl - für die güterrechtlichen Wirkungen - als auch für die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe - sowie vorsorglich auch für evtl. Unterhaltsverpflichtungen der Ehegatten untereinander - und für die Scheidungsfolgen deutsches Recht gelten soll. Hierzu ist zu klären, ob angesichts des geschilderten Sachverhaltes einer derartigen ehevertraglichen Regelung etwas entgegensteht. III. Zur Rechtslage 1 Zu den Staatsangehörigkeiten der Ehegatten a. Zur Ehefrau Es wird davon ausgegangen, dass die Ehefrau bis zur Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit im Jahr 1994 die russische und nicht die weißrussische Staatsangehörigkeit hatte. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass die Ehefrau im Zuge ihrer Einbürgerung ihre vormalige Staatsbürgerschaft zugunsten der deutschen Staatsangehörigkeit aufgegeben hat, also im Jahr 1994 nicht etwa zur Doppelstaatlerin wurde. Bereits seit der ersten Verfassung der UdSSR aus dem Jahr 1924 war in Art. 1 die Alleinzuständigkeit der Union für deren Staatsangehörigkeit festgelegt, was in alle nachfolgenden Verfassungen übernommen wurde (vgl. Lorenz/von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Förderation, Stand: 1.3.2010, S. 8). Die Staatsangehörigkeit der Unionsrepubliken der UdSSR bestand daher nur aus einer Wohnsitzzugehörigkeit und hatte keine internationale sondern lediglich eine innerstaatliche Bedeutung (vgl. Lorenz/von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Förderation, Stand: 1.3.2010, S. 8). Gemäß dem Staatsangehörigengesetz vom 28.11.1991 wurden als Staatsbürger der Russischen Förderation alle Staatsbürger der ehemaligen UdSSR anerkannt, die am 6.2.1992 ständig auf dem Territorium der Russischen Förderation lebten, sofern sie nicht innerhalb eines Jahres nach diesem Tag erklärten, nicht Staatsbürger der Russischen Förderation werden zu wollen (vgl. Lorenz/von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Förderation, Stand: 1.3.2010, S. 9). Da die Ehefrau 1992 nicht auf dem Gebiet der Russischen Förderation lebte, ist es unwahrscheinlich, dass sie die russische Staatsbürgerschaft auf diesem Wege erworben hat. Darüber hinaus enthielt das Gesetz jedoch auch zahlreiche Gründe, bei deren Vorliegen der Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft im Registrie-

Seite 3 rungsverfahren möglich war (vgl. Lorenz/von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Förderation, Stand: 1.3.2010, S. 9), so dass ein Übergang von der sowjetischen zur russischen Staatsangehörigkeit noch vor der seinerzeitigen Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit seitens der Ehefrau plausibel erscheint. Mit der Proklamation der Unabhängigkeit von Weißrussland am 25.8.1991 entstand eine eigenständige weißrussische Staatsangehörigkeit (vgl. von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Weißrussland, Stand: 22.12.2003, S. 7). Das erste Staatsbürgerschaftsgesetz Weißrusslands wurde am 18.10.1991 verabschiedet und trat am 12.11.1991 in Kraft (vgl. von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Weißrussland, Stand: 22.12.2003, S. 7). Nach Art. 2 Abs. 1 dieses mittlerweile abgelösten ersten Staatsbürgerschaftsgesetzes galten als Staatsbürger Weißrusslands solche Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens auf weißrussischen Staatsgebiet ihren ständigen Wohnsitz hatten, wobei diese Norm nur auf Staatsbürger der ehemaligen UdSSR Anwendung fand (vgl. von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Weißrussland, Stand: 22.12.2003, S. 7 ff.). Da die Ehefrau 1991 nicht auf weißrussischem Staatsgebiet ständig wohnte, ist es unwahrscheinlich, dass sie die weißrussische Staatsbürgerschaft von der jedoch ohnehin nicht anzunehmen ist, dass sie sie jemals besessen hat auf diesem Wege erworben hat. Da es nach Art. 17 und Art. 17.1 des Gesetzes jedoch offenbar weitere Möglichkeiten gab, die Staatsangehörigkeit Weißrusslands zu erwerben (vgl. hierzu den Gesetzestext bei von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Weißrussland, Stand: 22.12.2003, S. 7 f.), ist ein seinerzeitiger Übergang von der sowjetischen zur weißrussischen Staatsangehörigkeit seitens der Ehefrau zumindest denkbar. So besaßen nach Art. 17.1 des Gesetzes etwa solche Personen das Recht auf Erwerb der weißrussischen Staatsangehörigkeit im Registrierungsverfahren, die ihren ständigen Wohnsitz auf dem Territorium der Republik Weißrussland hatten, aber vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ausgereist sind (vgl. hierzu den Gesetzestext bei von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Weißrussland, Stand: 22.12.2003, S. 7 f.). Gemäß der Verordnung des Obersten Rates der Republik Weißrussland über das Inkrafttreten des Gesetzes über die Staatsbürgerschaft der Republik Weißrussland vom 18.10.1991 (VVS 1991 Nr. 32, Pos 582) konnte vom Recht auf Erwerb der Staatsbürgerschaft der Republik Weißrussland im Registrierungsverfahren nach Art. 17.1 des Gesetzes seinerzeit bis zum 1.1.2002 Gebrauch gemacht werden (vgl. hierzu den Gesetzestext bei von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Eheund Kindschaftsrecht, Weißrussland, Stand: 22.12.2003, S. 8 f.).

Seite 4 b. Zum Ehemann Die DDR hatte 1967 mit dem Gesetz über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik eine eigene Staatsangehörigkeit eingeführt (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/deutsche_staatsangeh%c3%b6rigkeit). Im Gegensatz zur DDR hatte die Bundesrepublik Deutschland immer an einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit festgehalten (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/ Deutsche_Staatsangeh%C3%B6rigkeit). Die Bundesrepublik erkannte bis 1990 keine eigenständige Staatsbürgerschaft der DDR an und behandelte auch DDR-Bürger generell als (bundes-)deutsche Staatsbürger (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/ Alleinvertretungsanspruch). Mit der Wiedervereinigung wurde dann das Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland wieder einheitlich (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/deutsche_ Staatsangeh%C3%B6rigkeit). 2. Zum Erbstatut a. Zur deutschen Sicht Auf deutsch-russische (vgl. BGBl. II 1992, S. 1016) wie auch auf deutschweißrussische (vgl. BGBl. II 1994, S. 2533) Erbfälle findet der Konsularvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der vormaligen Sowjetunion vom 25.4.1958 (vgl. www.datenbanken.justiz.nrw.de/ir_htm/dt-sow_konsularvertrag.htm) Anwendung (vgl. Mosgo, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Russland, Stand: 1.7.2009, Grdz. A, Rn. 34; Süß, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008,Weißrussland, S. 1613, Rn. 1). Als staatsvertragliche Regelung i.s.d. Art. 3 Abs. 2 EGBGB geht der deutschsowjetischen Konsularvertrages den Regelungen des EGBGB in der Anwendung vor (vgl. Mosgo, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Russland, Stand: 1.7.2009, Grdz. A, Rn. 35; Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2007, Vorbem. zu Art. 25 f. EGBGB, Rn. 198). Der deutsch-sowjetische Konsularvertrag vom 25.4.1958 enthält in seinem Art. 28 Abs. 3 folgende Regelung: Hinsichtlich der unbeweglichen Nachlaßgegenstände finden die Rechtsvorschriften des Staates Anwendung, in dessen Gebiet diese Gegenstände belegen sind. Die Vererbung beweglichen Nachlasses wird hingegen vom deutsch-sowjetischen Konsularvertrag nicht geregelt, so dass sich diese nach den allgemeinen Vorschriften des jeweiligen nationalen IPR richtet (vgl. Mosgo, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Russland, Stand: 1.7.2009, Grdz. A, Rn. 35). Soweit der deutsch-sowjetische Konsularvertrag also vorliegend nicht anwendbar ist, weil es um die Vererbung beweglichen Nachlasses geht, bemisst sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen aus deutscher Sicht sowohl im Verhältnis zu Russland wie auch im Verhältnis zu Weißrussland gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB nach dem Recht desjenigen Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehört.

Seite 5 Die Wahlmöglichkeit des Art. 25 Abs. 2 EGBGB, wonach ein Erblasser für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen in der Form einer Verfügung von Todes wegen deutsches Recht wählen kann, läuft vorliegend wegen der vorrangigen Regelung des Art. 28 Abs. 3 des deutsch-sowjetischen Konsularvertrages im Verhältnis zu Russland wie auch zu Weißrussland leer. Für die Anknüpfung der materiell-rechtlichen Wirksamkeit sowie der Bindungswirkung einer letztwilligen Verfügung ist gemäß Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB allerdings nicht auf den Zeitpunkt des Todes (Art. 25 Abs. 1 EGBGB) sondern vielmehr auf den Zeitpunkt der Errichtung eines Testaments abzustellen (vgl. Schotten/Schmellenkamp, Das IPR in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, Rn. 308; Palandt/Thorn, 70. Aufl. 2011, Art. 26 EGBGB Rn. 7), so dass eine Änderung des Erbstatuts aufgrund von Umständen, die erst nach Errichtung eines Testaments eintreten aus deutscher Sicht auf Wirksamkeit und Bindungswirkung der letztwilligen Verfügungen keinen Einfluss mehr hat. Man spricht insoweit vom Errichtungsstatut (vgl. Schotten/Schmellenkamp, Das IPR in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, Rn. 308). Da die Ehefrau seit ihrer Einbürgerung - ebenso wie der Ehemann - ausschließlich deutsche Staatsangehörige ist, gilt für beide Ehegatten nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB aus heutiger deutscher Sicht sowohl im Verhältnis zu Russland wie auch zu Weißrussland das deutsche Recht als einschlägiges Erbstatut bzw. nach Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB als Errichtungsstatut, soweit es um die Vererbung von beweglichen Vermögen und von weder in Russland oder Weißrussland belegenem unbeweglichen Vermögen geht. b. Zur russischen Sicht Aus Sicht der Russischen Förderation gilt im deutsch-russischen Verhältnis hinsichtlich der Vererbung von unbeweglichem Vermögen ebenfalls der deutsch-sowjetische Konsularvertrag. Soweit der deutsch-sowjetische Konsularvertrag nicht anwendbar ist, weil es um bewegliches Vermögen geht, bestimmt sich aus russischer Sicht nach Art. 1224 Abs. 1 des russischen Zivilgesetzbuchs (im Folgenden: RZGB ) das Erbstatut nach dem Wohnsitz des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes (vgl. Mosgo, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Russland, Stand: 1.7.2009, Grdz. A, Rn. 48). In der Übersetzung bei Mosgo lautet der Art. 1224 RZGB wie folgt (vgl. Mosgo, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Russland, Stand: 1.7.2009, 2. Teil: Gesetzestexte, S. 19 ff.): Art 1224. Auf erbrechtliche Beziehungen anzuwendendes Recht 1. Erbrechtliche Beziehungen unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser seіnen letzten Wohnsitz hatte, soweit durch diesen Artikel nicht etwas anderes bestimmt wird. Die Vererbung des unbeweglichen Vermögens bеstіmmt sich nach dem Recht des Staates, in dem sich dieses Vеrmögen befindet, und bei in das staatliche Register der Russischen Födеratіon еingetragenem unbeweglichen Vermögen nach dem russischen Recht. 2. Die Fähigkeit einer Person, ein Testament ua hinsіchtlich des unbeweglichen Vermögens zu errichten und аufzuheben sowie die Form eines solchen Testaments oder des Aktes seiner Aufhebung bestimmt sich nach dem Recht des Staates, in dem der Testator seіnen Wohnsitz im Zeitpunkt der Errichtung eines solchen Testamentes oder Aktes hatte. Das Testament oder seine Aufhebung können јedoch nicht wegen Formmangels für unwirksam erklärt werden, wenn die

Seite 6 Form den Еrfordernissen des Rechts des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat, oder denen des russischen Rechts еntsprіcht. Unter Wohnsitz wird nach Art. 20 Abs. 1 RZGB derjenige Ort verstanden, an dem eine Person ständig oder überwiegend wohnt (vgl. Mosgo, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Russland, Stand: 1.7.2009, Grdz. A, Rn. 48). In der Übersetzung bei Mosgo lautet der Art. 20 RZGB wie folgt (vgl. Mosgo, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Russland, Stand: 1.7.2009, 2. Teil: Gesetzestexte, S. 9 ff.): Art 20. Wohnort des Bürgers 1. Als Wohnort gilt der Ort, an dem der Bürger ständig oder überwiegend wohnt. 2. Als Wohnort von Мinderjährіgеn, die das 14. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, oder von unter der Vormundschaft stehenden Bürgern gilt der Wohnort ihrer gesetzlichen Vertreter, dh der Eltern, Adoptiveltern oder des Vormunds. Aus heutiger russischer Sicht ist somit im deutsch-russischen Verhältnis das deutsche Recht als Erbstatut der Eheleute berufen, soweit es um die Vererbung von beweglichem Vermögen und von in Deutschland belegenem unbeweglichen Vermögen geht. Im Gegensatz zum deutschen Recht sind nach dem russischen Recht gemäß Art. 1118 Abs. 4 RZGB gemeinschaftliche Testamente nicht zulässig, da ein Testament nur die letztwillige Verfügung einer Person enthalten kann (vgl. Masannek, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008, Russische Förderation, S. 1259, Rn. 27). c. Zur weißrussischen Sicht Aus Sicht Weißrusslands gilt im deutsch-weißrussischen Verhältnis hinsichtlich der Vererbung von unbeweglichem Vermögen natürlich ebenfalls der deutsch-sowjetische Konsularvertrag. In Weißrussland ist am 1.7.1999 ein neues Zivilgesetzbuch (im Folgenden: WRZGB ) in Kraft getreten, welches in seinem 7. Abschnitt auch das IPR regelt (vgl. Süß, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008,Weißrussland, S. 1613, Rn. 2). Die Art. 1133-1135 WRZGB bestimmen hierbei das auf die erbrechtlichen Beziehungen anwendbare Recht. Diese Normen lauten in der Übersetzung bei Mosgo (vgl. Mosgo, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Weißrussland, Stand: 15.12.2000, 2. Teil: Gesetzestexte, S. 1 ff.) wie folgt: Art 1133. Erbrechtliche Beziehungen Erbrechtliche Beziehungen unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Еrblаssеr seіnen letzten ständigen Wohnsitz hatte, soweit durch die Art 1134 und 1135 nicht etwas anderes bestimmt wird und der Erblasser im Testament nicht das Recht des Staates gewählt hat, dessen Stааtsаngеhörіgkеіt er besitzt. Art 1134. Vererbung von unbеweglichem und еintragungsрflichtigem Vermögen Die Vererbung des unbeweglichen Vermögens bestimmt sich nach dem Recht des Staates, in dem sich dieses Vermögen befindet, und bei in der Republik Belarus eingetragenem Vеrmögen nach dem Recht der Republik Belarus. Art 1135. Теstiеrfähigkеit, Form des Testaments und des Aktes seiner Aufhebung

Seite 7 Die Fähіgkеіt einer Person, ein Testament zu errichten und aufzuheben, sowie die Form des Testaments und des Aktes seiner Aufhebung bestimmen sich nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser seіnen ständigen Wohnsitz im Zeitpunkt der Errichtung oder Aufhebung hatte, soweit von dem Erblasser im Testament nicht das Recht des Staates gewählt wurde, dessen Staаtsаngеhörigkeit ег besitzt. Ein Testament oder seine Aufhebung können jedoch nicht wegen Formmangels für unwirksam erklärt werden, wenn diе Form den Erfordernissen des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat, oder denen des Rechts der Republik Belarus entspricht. Aus weißrussischer Sicht unterliegen die erbrechtlichen Beziehungen somit dem Recht desjenigen Staates, in dem der Erblasser seinen letzten ständigen Wohnsitz hatte (vgl. Süß, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008,Weißrussland, S. 1613, Rn. 2), wobei dies im deutsch-weißrussischen Verhältnis wegen des vorrangigen Art. 28 Abs. 3 des deutsch-sowjetischen Konsularvertrages nur für bewegliches Vermögen gilt. Wohnsitz im Sinne des Art. 1133 WRZGB ist gemäß Art. 19 WRZGB derjenige Ort, an dem eine Person ständig oder überwiegend ansässig ist, was wohl dem gewöhnlichen Aufenthalt des deutschen Rechts entspricht (vgl. Süß, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008,Weißrussland, S. 1613, Rn. 2). Aus heutiger weißrussischer Sicht ist somit im deutsch-weißrussischen Verhältnis das deutsche Recht als Erbstatut der Eheleute berufen, soweit es um die Vererbung von beweglichem Vermögen und von in Deutschland belegenem unbeweglichen Vermögen geht. Nach weißrussischem Recht sind gemeinschaftliche Testamente nach Art. 1040 Abs. 4 WRZGB unzulässig, vielmehr können Verfügungen von Todes wegen ausschließlich als einseitige Testamente errichtet werden (vgl. Süß, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008,Weißrussland, S. 1614, Rn. 9). 3. Zum ehelichen Güterstatut a. Zur deutschen Sicht Bis zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland waren in beiden deutschen Staaten unterschiedliche IPR-Regelungen in Kraft, nämlich das EGBGB in der Bundesrepublik und das Rechtsanwendungsgesetz vom 5. Dezember 1975 (Gesetz über die Anwendung des Rechts auf internationale zivil-, familien- und arbeitsrechtliche Beziehungen sowie auf internationale Wirtschaftsverträge - im Folgenden: RAG ) in der DDR, welches dort am 1.1.1976 in Kraft getreten war (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 EGBGB, Rn. 2). Bei der Ermittlung des auf den ehelichen Güterstand aus deutscher Sicht anwendbaren Rechts ist folglich zunächst zu ermitteln, ob diese Frage nach den Vorschriften des EGBGB der Bundesrepublik Deutschland oder nach den Vorschriften des RAG der DDR zu beurteilen ist. Art 8 des Einigungsvertrages sieht vor, dass im Beitrittsgebiet mit dem Wirksamwerden des Beitritts Bundesrecht in Kraft tritt, soweit es in seinem Geltungsbereich nicht auf bestimmte Länder oder Landesteile beschränkt ist und soweit durch den Einigungsvertrag nebst Anlagen nichts anderes bestimmt wird (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 EGBGB, Rn. 3).

Seite 8 Im Hinblick auf das BGB und das EGBGB präzisiert Art. 230 EGBGB, dass diese Gesetze im Beitrittsgebiet am Tage des Wirksamwerdens des Beitritts nach Maßgabe der folgenden Übergangsvorschriften in Kraft treten (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 EGBGB, Rn. 3). Art. 230 EGBGB lautet wie folgt: Das Bürgerliche Gesetzbuch und dieses Einführungsgesetz treten für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet am Tage des Wirksamwerdens des Beitritts nach Maßgabe der folgenden Übergangsvorschriften in Kraft. Die das IPR betreffende Übergangsvorschrift des Art. 236 EGBGB legt fest, wenn die bundesdeutschen Kollisionsnormen und wann die entsprechenden Regelungen der DDR zur Anwendung gelangen (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 EGBGB, Rn. 3). Art. 236 EGBGB lautet wie folgt: 1 Abgeschlossene Vorgänge Auf vor dem Wirksamwerden des Beitritts abgeschlossene Vorgänge bleibt das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar. 2 Wirkungen familienrechtlicher Rechtsverhältnisse Die Wirkungen familienrechtlicher Rechtsverhältnisse unterliegen von dem Wirksamwerden des Beitritts an den Vorschriften des Zweiten Kapitels des Ersten Teils. 3 Güterstand Die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschlossen worden sind, unterliegen von diesem Tag an dem Artikel 15; dabei tritt an die Stelle des Zeitpunkts der Eheschließung der Tag des Wirksamwerdens des Beitritts. Soweit sich allein aus einem Wechsel des anzuwendenden Rechts nach Satz 1 Ansprüche wegen der Beendigung des früheren Güterstandes ergeben würden, gelten sie bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Wirksamwerden des Beitritts als gestundet. Art. 236 3 EGBGB enthält eine Sonderregelung des intertemporalen Ehegüterkollisionsrechts (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 EGBGB, Rn. 52). Hiernach bestimmt sich, argumentum e contrario zu Art. 236 3 EGBGB, wenn die Ehe - wie im vorliegenden Fall - vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik geschlossen wurde, das Ehegüterstatut bis einschließlich zum 2.10.1990 grundsätzlich nach 19 RAG (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 EGBGB, Rn. 52). 19 RAG lautet wie folgt: Persönliche und vermögensrechtliche Beziehungen der Ehegatten Die persönlichen Beziehungen, die Unterhaltsansprüche und die Vermögensverhältnisse der Ehegatten bestimmen sich nach dem Recht des Staates, dessen Bürger die Ehegatten sind. Sind die Ehegatten Bürger verschiedener Staaten, so ist das Recht der Deutschen Demokratischen Republik anzuwenden. Zu beachten ist allerdings, dass 19 RAG nur greift, soweit von der DDR abgeschlossene Staatsverträge keine vorrangige Sonderregelung enthalten (vgl. hierzu im Detail: Henrich, IPRax 1991, 14, 17). Der einschlägige 2 Abs. 2 RAG lautet wie folgt: Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind nicht anzuwenden, soweit in für die Deutsche Demokratische Republik verbindlichen völkerrechtlichen Verträgen etwas anderes festgelegt ist.

Seite 9 Zahlreiche Rechtshilfeabkommen der DDR enthalten Kollisionsnormen zum Ehegüterrecht, so etwa auch der Vertrag zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Rechtshilfe in Zivil-, Familienund Strafsachen vom 28.11.1957 (im Folgenden: Rechtshilfevertrag v. 1957 ) (vgl. Henrich, IPRax 1991, 14, 18). Diese Staatsverträge sind auf jeden Fall heranzuziehen, wenn es um die Frage geht, in welchem Güterstand Ehegatten aus der Sicht der DDR vor dem 3.10.1990 gelebt haben (vgl. Henrich, IPRax 1991, 14, 18). Der seinerzeit einschlägige und 19 RAG vorrangige Art. 22 des Rechtshilfevertrags v. 1957 lautete wie folgt: Artikel 22 - Persönliche und vermögensrechtliche Beziehungen der Ehegatten (1) Die persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen von Ehegatten, die eine gemeinsame Staatsangehörigkeit besitzen und von denen der eine auf dem Territorium des einen, der andere auf dem Territorium des anderen Vertragspartners wohnt, bestimmen sich nach dem Recht desjenigen Vertragspartners, dessen Angehörige sie sind. (2) Ist einer der Ehegatten Angehöriger eines Vertragspartners und der andere Angehöriger des anderen Vertragspartners, so bestimmen sich ihre persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen nach dem Recht desjenigen Vertragspartners, auf dessen Gebiet sie ihren gemeinschaftlichen Wohnsitz haben oder gehabt haben. In Ermangelung einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten i. S. d. Art. 22 Abs. 1 des Rechtshilfevertrags v. 1957, kam folglich Art. 22 Abs. 2 des Rechtshilfevertrags v. 1957 zur Anwendung und die persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen der Eheleute bemaßen sich seinerzeit nach dem Recht desjenigen Vertragspartners, auf dessen Gebiet sie ihren gemeinschaftlichen Wohnsitz haben oder gehabt haben. Aufgrund des Wortlauts des Art. 22 Abs. 2 des Rechtshilfevertrags v. 1957 ( bestimmen ) darf wohl davon ausgegangen werden, dass es sich um eine wandelbare Anknüpfung handelte, so dass nach Art. 22 Abs. 2 des Rechtshilfevertrags v. 1957 also jeweils das Recht desjenigen Vertragspartners als eheliches Güterstatut zur Anwendung kommen sollte, auf dessen Gebiet die Ehegatten aktuell bzw. zuletzt ihren gemeinsamen Wohnsitz haben bzw. hatten. Allerdings wurde der Rechtshilfevertrag v. 1957 später durch den Vertrag zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über Rechtshilfe in Zivil-, Familien- und Strafsachen (im Folgenden: Rechtshilfevertrag v. 1979 ) ersetzt, der am 19. September 1979 unterzeichnet wurde. Ausweislich Art. 91 des Rechtshilfevertrages v. 1979 (vgl. Gesetzesblatt der DDR, 1980, Teil II, S. 12 ff.) trat der Rechtshilfevertrag v. 1957 mit dem Tag des Inkrafttretens des Rechtshilfevertrages v. 1979 außer Kraft. Der einschlägige Art. 28 des Rechtshilfevertrages v. 1979 lautete wie folgt: Artikel 28 - Persönliche und vermögensrechtliche Beziehungen der Ehegatten (1) Die persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten bestimmen sich nach den Gesetzen des Vertragsstaates, auf dessen Territorium sie ihren gemeinsаmen Wohnsitz haben. (2) Hаt einer der Ehegatten seinen Wohnsitz auf dem Territorium des einen und der andere auf dem Territorium des anderen Vertragsstaates und haben beide Ehegatten dieselbe Stааtsbürgеrschаft, bestimmen sich ihre persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen nach den Gesetzen des Vertragsstaates, dessen Staatsbürger sie sind.

Seite 10 (3) Ist einer der Ehegatten Staatsbürger des einen und der andere des anderen Vertragsstaates und hat einer von ihnen seinen Wohnsitz auf dem Territorium des einen und der andere auf dem Territorium des anderen Vertragsstaates, bestimmen sich ihre persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen nach den Gesetzen des Vertragsstaates, auf dessen Territorium sie ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten. (4) Hatten die in Absatz 3 genannten Ehegatten keinen gemeinsаmen Wohnsitz, gelten diе Gesetze des Vertragsstaates, vor dessen Gericht Klage erhoben wurde. (5) Für die Entscheidung über die persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten ist das Organ des Vertragsstaates zuständig, dessen Gesetze nach den Absätzen 1, 2 und 3 anzuwenden sind. Für die Entscheidung nach Absatz 4 sind die Gerichte beider Vertragsstaaten zuständig. Aufgrund des Wortlauts des Art. 28 Abs. 1 des Rechtshilfevertrags v. 1979 ( bestimmen ) darf wohl davon ausgegangen werden, dass es sich um eine wandelbare Anknüpfung handelte, so dass nach Art. 28 Abs. 1 des Rechtshilfevertrags v. 1979 also jeweils das Recht desjenigen Vertragspartners als eheliches Güterstatut zur Anwendung kommen sollte, auf dessen Gebiet die Ehegatten jeweils aktuell ihren gemeinsamen Wohnsitz hatten. Der Rechtshilfevertrag v. 1979 ist gemäß Art. 12 des Einigungsvertrages am 3.10.1990 außer Kraft getreten (vgl. Lorenz/von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Förderation, Stand: 1.3.2010, S. 30). Nach Art. 28 Abs. 1 des Rechtshilfevertrages v. 1979 müssten sich die vermögensrechtlichen Beziehungen der Eheleute mithin bis einschließlich zum 2.10.1990 nach den Gesetzen desjenigen Vertragsstaates bestimmt haben, auf dessen Territorium sie ihren gemeinsаmen Wohnsitz hatten. Dies war seit November 1978 offenbar das Territorium der DDR. Sollten die Eheleute damals keinen anderslautenden Ehevertrag abgeschlossen haben, wovon wohl auszugehen ist, so lebten sie demnach bis einschließlich zum 2.10.1990 im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuchs der DDR. Vom Beitritt der DDR zur Bundesrepublik an, also seit dem 3.10.1990 bestimmen sich die ehegüterrechtlichen Wirkungen der Ehe aus deutscher Sicht hingegen laut Art. 236 3 S. 1 EGBGB nach Art. 15 EGBGB mit der Maßgabe, dass als Anknüpfungszeitpunkt der Zeitpunkt des Beitritts und nicht, wie sonst der Zeitpunkt der Eheschließung gilt (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 EGBGB, Rn. 52). Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe, dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Gemäß Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 236 1 S. 1 EGBGB unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe somit seit dem 3.10.1990 dem im Zeitpunkt des Beitritts, also am 3.10.1990, für die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe maßgeblichen Recht. Das für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebliche Recht bemisst sich nach Art. 14 EGBGB. Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe dem Recht desjenigen Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört. Da die Eheleute am 3.10.1990 noch keine gemeinsame Staatsangehörigkeit besaßen, kommt eine Anknüpfung gemäß Art. 14 Abs, 1 Nr. 1 EGBGB vorliegend nicht in Betracht.

Seite 11 Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, der Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB nachrangig ist, unterliegen die allgemeinen Ehewirkungen dem Recht desjenigen Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da davon auszugehen ist, dass die Eheleute am 3.10.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten, ist aus deutscher Sicht mithin seit dem 3.10.1990 das gesamtdeutsche Recht als eheliches Güterstatut der Eheleute berufen. Nach Art. 234 4 Abs. 1 EGBGB gelten - soweit die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben - vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik an die Vorschriften über den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn Ehegatten am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuchs der DDR gelebt haben. Wie oben ausgeführt, ist davon auszugehen, dass die güterrechtlichen Ehewirkungen der Eheleute bis einschließlich zum 2.10.1990 dem Recht der DDR unterstanden. Mangels gegenteiliger Angaben ist zudem davon auszugehen, dass die Eheleute bis einschließlich zum 2.10.1990 im gesetzlichen Güterstand der DDR gelebt haben, so dass Art. 234 4 Abs. 1 EGBGB vorliegend Anwendung finden sollte. Zwar konnte nach Art. 234 4 Abs. 2 EGBGB seinerzeit - sofern nicht vorher ein Ehevertrag geschlossen oder die Ehe geschieden worden war - jeder Ehegatte bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Wirksamwerden des Beitritts dem Kreisgericht gegenüber erklären, dass für die Ehe der bisherige gesetzliche Güterstand fortgelten solle. Mangels gegenteiliger Angaben ist allerdings wohl davon auszugehen, dass die Eheleute eine entsprechende Erklärung seinerzeit nicht abgegeben hatten. Nach alledem darf also angenommen werden, dass aus deutscher Sicht die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe seit dem 3.10.1990 dem Recht der Bundesrepublik Deutschland unterfallen und dass die Eheleute aus deutscher Sicht seit dem 3.10.1990 im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngewinngemeinschaft bundesdeutschen Rechts leben. b. Zur russischen Sicht Hauptrechtsquelle der Familiengesetzgebung der Russischen Föderation ist das Familiengesetzbuch vom 8.12.1995 (im Folgenden: FamGB ), welches seit dem 1.3.1996 in Kraft ist (vgl. Lorenz/von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Eheund Kindschaftsrecht, Russische Förderation, Stand: 1.3.2010, S. 29). Familienrechtliche Sachverhalte mit Auslandsberührung sind in den Art. 156-167 FamGB geregelt (vgl. Lorenz/von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische Förderation, Stand: 1.3.2010, S. 29). Der einschlägige Art. 161 FamGB lautet in der Übersetzung bei Lorenz/von Albertini wie folgt (vgl. Lorenz/von Albertini, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Eheund Kindschaftsrecht, Russische Förderation, Stand: 1.3.2010, S. 32o ff.): Art. 161 Persönliche niсhtvеrmögеnswеrtе und vеrmögеnswеrtе Rechte und Pflichten der Ehegatten 1. Die persönlichen niсhtvеrmögеnswеrtеn und vеrmögеnswеrtеn Rechte und Pflichten der Ehegatten bestimmen sich nach der Gesetzgebung des Staates, auf dessen Gebiet sie ihren gemeinsamen Wohnsitz haben und in Ermangelung eines gemeinsamen Wohnsitzes nach der Gesetzge-

Seite 12 bung des Staates, auf dessen Gebiet sie ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten. Die persönlichen nichtvermögenswerten und vеrmögеnswеrtеn Rechte und Pflichten der Ehegatten, welche keinen gemeinsamen Wohnsitz hatten, bestimmen sich auf dem Gebiet der Russischen Föderation nach der Gesetzgebung der Russischen Föderation. 2. Bei Abschluss eines Ehevertrags oder einer Vereinbarung über die Leistung von Unterhaltsbeiträgen aneinander können Ehegatten, die keine gemeinsame Staatsbürgerschaft oder keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, die Gesetzgebung wählen, die zur Bestimmung ihrer Rechte und Pflichten nach dem Ehevertrag oder der Vereinbarung über die Leistung von Unterhaltsbеiträgen Anwendung finden soll. Wenn die Ehegatten die anwendbare Gesetzgebung nicht gewählt haben, findet Ziff 1 dieses Artikels auf den Ehevertrag oder ihre Vereinbarung über die Leistung von Unterhaltsbeiträgen Anwendung. Nach Art. 161 Abs. 1 FamGB ist demnach vorliegend das deutsche Recht als eheliches Güterstatut berufen, weil die Eheleute ihren gemeinsamen Wohnsitz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland haben. Auch wenn das Güterstatut aus russischer Sicht nach dem Wortlaut des Art. 161 FGB ganz offenbar wandelbar ist, soll auf eine Darstellung des gesetzlichen Güterstandes nach russischem Recht hier verzichtet werden, weil die Eheleute wohl weder derzeit noch künftig beabsichtigen, ihren gemeinsamen Aufenthalt in Deutschland aufzugeben. c. Zur weißrussischen Sicht Am 1.7.1999 trat in Weißrussland mit dem neuen Zivilgesetzbuch (im Folgenden: ZGB ) in dessen Art. 1093-1135 auch eine Neuregelung des IPR in Kraft (vgl. DNotI-Report 2000, 98). Das eheliche Güterstatut wird von den Art. 1093-1135 ZGB jedoch nicht geregelt (vgl. DNotI-Report 2000, 98; Mosgo, IPRax 2000, 148, 148). Dieses Fehlen der in westeuropäischen IPR-Kodifikationen üblichen Vorschriften zum Familienrecht im ZGB erklärt sich wohl durch das Festhalten der weißrussischen Rechtswissenschaft an dem aus der sozialistischen Rechtslehre stammenden dogmatischen Grundsatz, dass das Familienrecht ein selbstständiges Rechtsgebiet mit weitgehend eigenen Regelungsmethoden bildet und vom Zivilrecht getrennt zu regeln ist (vgl. Mosgo, IPRax 2000, 148, 148 f.). Offenbar hält das weißrussische Rechtssystem auch sonst bislang keinerlei Kollisionsnormen zur Ermittlung des einschlägigen ehelichen Güterstatuts bereit. Der einzige Anknüpfungspunkt, der vorliegend überhaupt daran denken lassen kann, dass weißrussisches Recht für das eheliche Güterstatut der Eheleute irgendeine Rolle spielen könnte, besteht offenbar darin, dass die Eheleute seinerzeit in der Belorussischen Sozialistischen Sowjetrepublik geheiratet (und dort möglicherweise auch kurz als Eheleute zusammengelebt) haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser weit zurückliegende und noch unter der Ägide der Sowjetunion geschehene Sachverhalt dazu führen könnte, dass aus heutiger weißrussischer Sicht das weißrussische Recht als eheliches Güterstatut der Eheleute berufen sein könnte, dürfte so unwahrscheinlich sein, dass eine weitere Aufklärung der weißrussischen Rechtsauffassung zu dieser Frage nicht geboten erscheint. Höchstvorsorglich sei jedoch auf die Liste weißrussischer Rechtsanwälte verwiesen, die die deutsche Botschaft in Minsk im Internet bereithält: www.minsk.diplo.de/contentblob/2759332/daten/846708/pdf_rechtsanwaltsliste_juli_de.pdf.

Seite 13 4. Zur Überleitung des Güterstandes im Zuge der deutschen Wiedervereinigung Zur Vervollständigung dieses Gutachtens erscheinen - angesichts der Ehehistorie der Eheleute - noch einige Ausführungen zur seinerzeitigen Überleitung vom gesetzlichen Güterstand der DDR zur Zugewinngemeinschaft bundesdeutschen Rechts geboten. Der Art. 236 3 EGBGB lautet wie folgt: Die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschlossen worden sind, unterliegen von diesem Tag an dem Artikel 15; dabei tritt an die Stelle des Zeitpunkts der Eheschließung der Tag des Wirksamwerdens des Beitritts. Soweit sich allein aus einem Wechsel des anzuwendenden Rechts nach Satz 1 Ansprüche wegen der Beendigung des früheren Güterstandes ergeben würden, gelten sie bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Wirksamwerden des Beitritts als gestundet. Eine Auffassung vertritt in Analogie zur Rspr. des BGH zu Art. 220 Abs. 3 EGBGB (vgl. etwa: BGH, NJW 1988, 638) offenbar, dass ein Wechsel des Güterrechtes, der aufgrund der Regelung des Art. 236 3 EGBGB eintritt, dazu führt, dass rückwirkend ab Eheschließung bereits der Güterstand gilt, der gemäß Art. 236 3 S. 1 EGBGB ab dem Tage des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik gelten würde (in diesem Sinne wohl: Palandt/Edenhofer in Palandt-Archiv Teil II, Art. 236 1-3 EGBGB, Rn. 10 unter Verweis auf die Palandt- Kommentierung zu Art. 15 EGBGB, Rn. 13). Nach anderer Auffassung kommt im Bereich des Art. 236 3 EGBGB eine Übertragung der Rechtsprechung des BGH zu Art. 220 Abs. 3 EGBGB gerade nicht in Betracht, da ansonsten die Regelung des Art. 236 3 S. 2 EGBGB vollständig leerlaufen würde (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 1-3 EGBGB, Rn. 55). Nach dieser Auffasung ist es im Rahmen des Art. 236 3 EGBGB unabdingbar, dass dasjenige Vermögen, welches im vorherigen Güterstand erworben wurde, abgewickelt wird (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 1-3 Rn. 54). Grundsätzlich bilden in einem solchen Fall die aus der Abwicklung hervorgehenden Vermögensrechte der Ehegatten das jeweilige Anfangsvermögen für den Güterstand der Zugewinngemeinschaft (vgl. Staudinger/Dörner, Neubearbeitung 2003, Art. 236 1-3 Rn. 54). Soweit ersichtlich hat der BGH zur Frage einer etwaigen Übertragbarkeit seiner Rechtsprechung zu Art. 220 Abs. 3 EGBGB auf den Art. 236 3 EGBGB bislang offenbar noch nicht entschieden. Gemäß Art. 234 4 Abs. 4 EGBGB gilt für die Auseinandersetzung des gesetzlichen Güterstandes der DDR zum Beitrittszeitpunkt sinngemäß 39 des Familiengesetzbuchs der DDR. Haben die Ehegatten keine Erklärung nach Art. 234 4 Abs. 2 Satz 1 EGBGB abgegeben, so wurde gemeinschaftliches Eigentum von Ehegatten nach Art. 234 4 a Abs. 1 S. 1 EGBGB Eigentum zu gleichen Bruchteilen. 5. Fazit Nach alledem lassen sich die gestellten Fragen wie folgt beantworten: a. Zur ersten Frage Gefragt war, ob sich der Güterstand der Eheleute nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB und damit nach russischem/weißrussischem Recht richtet.

Seite 14 Hierzu wurde festgestellt, dass aus heutiger deutscher Sicht vielmehr das deutsche Recht als Güterstatut der Eheleute berufen sein dürfte und zudem davon auszugehen ist, dass die Ehegatten seit dem 3.10.1990 im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts leben. b. Zur zweiten Frage Gefragt war, ob es sich vorsorglich empfiehlt, im Testament aufzunehmen, dass die Eheleute als Erbstatut für ihr gesamtes gegenwärtiges und künftiges in Deutschland belegenes Vermögen das deutsche Erbrecht wählen und diese Wahl des Erbrechtsstatuts auch für sonstiges Vermögen gelten soll. Angesicht der oben dargestellten Überlegungen und vor dem Hintergrund, dass die Eheleute offenbar nicht beabsichtigen, Deutschland zu verlassen, ist wohl nicht ersichtlich, welchen Mehrwert dies derzeit haben sollte. c. Zur dritten Frage Für den Fall, dass güterrechtlich russisches/weißrussisches Recht für die Ehe gelten sollte, war gefragt, ob einer ehevertraglichen Regelung etwas entgegensteht, wonach für die güterrechtlichen Wirkungen, für die allgemeinen Wirkungen, für die Unterhaltsverpflichtungen und für die Scheidungsfolgen deutsches Recht gelten soll. Angesichts der oben dargestellten Überlegungen und Ergebnisse sowie angesichts des Umstandes, dass die Ehegatten offenbar nicht beabsichtigen Deutschland zu verlassen, dürfen derartige ehevertragliche Regelungen derzeit wohl entbehrlich sein.