beschlossen am 3. Gewerkschaftstag (4. bis 6. November 2014)

Ähnliche Dokumente
Position des ÖGB Handelsabkommen der EU

Freihandelsabkommen. Freier Handel gegen soziale Sicherheit oder freier Handel mit sozialer Sicherheit?

TTIP Worum geht es? Eine-Welt-Verein/ WELTLADEN E.Frasch

CETA steht insbesondere aus folgenden Gründen im Widerspruch zur Beschlusslage der SPD und sollte deshalb abgelehnt werden:

Positionspapier der Gewerkschaft PRO-GE zu den EU-Verhandlungen über Handelsabkommen mit den USA und Kanada sowie anderen Drittländern 5.

TTIP und TISA Nur ein Handel mit Dienstleistungen?

ARBEIT. LEBEN. GERECHTIGKEIT. TTIP, CETA und TiSA Freie Fahrt für die Multis?

Transatlantic Trade- and Investment Partnership. von Steffen Stierle

Handelsverträge / Handelsabkommen

TTIP, CETA und TiSA GEWERKSCHAFTLICHE POSITIONEN ZU DEN GEPLANTEN FREIHANDELSABKOMMEN

CETA Aktuell. Rechtliche und handelspolitische Aspekte

Reiner Hoffmann Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Kommunaler Spitzenverband in Deutschland und Europa

Stopp TTIP, CETA & TISA!

CETA auf der Zielgeraden

CETA KEINE AGENDA ZUR SICHERUNG UNSERER ARBEITSSTANDARDS

CETA KEINE AGENDA ZUR SICHERUNG UNSERER ARBEITSSTANDARDS

SPD-Kreistagsfraktion Kleve Bündnis 90/Die Grünen-Kreistagsfraktion Kleve

Umwelt und freier Handel Das Transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP) Jutta Wieding

Auswirkungen von TTIP und CETA auf den Rechtsrahmen für öffentliche Dienstleistungen in Europa

GWK 4. Klasse. Mag.Dr. Martin Anzengruber.

Bundesrat Drucksache 464/13 (Beschluss) Beschluss des Bundesrates

TTIP. Freier Handel - alles sicher?!

Investitionsschutz und EU- Freihandelsabkommen

TISA GEFAHREN FÜR STÄDTE UND GEMEINDEN

Jörg Hofmann Erster Vorsitzender der IG Metall

Fraktion im Kreistag Esslingen Antrag: DIE LINKE beantragt zur Kreistagssitzung am Donnerstag, dem 9. Oktober 2014 den Tagesordnungspunkt Gefährdung k

CETA REGULIERUNGSZUSAMMENARBEIT GEFÄHRDET DEMOKRATIE UND STANDARDS

FAIR HANDELN! Der internationale Handel muss allen nutzen TTIP darf nicht zu Lasten der Beschäftigten, der Umwelt oder der Verbraucher gehen.

Freier Handel Alles sicher?!

Soziale Sicherung im Freihandel:

Freihandels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den USA TTIP: Transatlantic Trade and Investment Partnership

Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft. (TTIP) Fakten zu einem kontrovers diskutierten Thema. (Stand )

CETA KEINE SONDERKLAGERECHTE FÜR KONZERNE

KEIN FREIHANDEL UM JEDEN PREIS. 10 Gründe gegen das geplante Abkommen mit den USA

Gabriel muss bei CETA Farbe bekennen

Die Evolution und Bedeutung moderner` EU-Freihandelsabkommen. Kommentar Mag. Claudia Stowasser (WKÖ, Abteilung Wirtschafts- und Handelspolitik)

Der Bundesrat hat in seiner 924. Sitzung am 11. Juli 2014 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

TTIP & CETA: Freihandel in dieser Form? Lüchow-Dannenberg,

Anzahl der Mitgliedsstaaten der WTO. WTO (engl. Abkürzung für...) Quiz-Karten WTO

TTIP: Transatlantic Trade- and Investment Partnership. Konzerne profitieren Menschen verlieren

Das Freihandelsabkommen TTIP eine Gefahr für die kommunale Daseinsvorsorge

Konsequenzen einer möglichen handelspolitischen Neuausrichtung

Freihandelsabkommen und Schiedsgerichtsbarkeit Opfer eines opportunistischen Populismus?

Thomas Eberhardt-Köster

CETA AUF EINEN BLICK:

Mitteilung. Tagesordnung - Öffentliche Anhörung. Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Eingangsstatement von Herrn Staatsminister zum Thema. Investitionsschutz in TTIP. für die Podiumsdiskussion im Rahmen der Bitburger Gespräche

TTIP Freihandelsabkommen Wozu und für Wen?

Positionierung zum transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen der EU, Kanada und den USA

TTIP & CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel!

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zu den TTIP-Verhandlungen

Beschluss. auf der ordentlichen Landesversammlung am 17./ in Bad Windsheim. Für fairen Handel Nein zu TTIP, CETA und TISA

Globale Arbeitsnormen als Bestandteil der TTIP-Verhandlungen

Bericht zur Veranstaltung Fair Trade statt Freihandel à la TTIP! PublikForum - Chefredakteur referiert in der Stadthalle Sigmaringen

TTIP und ihre Auswirkungen auf Österreich

TTIP. Kritik am geplanten Freihandelsabkommen zwischen EU und USA

NUR FAIRER HANDEL IST FREIER HANDEL

Stellungnahme der IG Bauen-Agrar-Umwelt zum Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement)

Klaus-Dieter Bornemann Tel FairHandelsKonferenz Zusammenfassung des Workshops Auswirkungen

NUR FAIRER HANDEL IST FREIER HANDEL

EUROPA-INSTITUT DER UNIVERSITÄT DES SAARLANDES INTERNATIONAL LAW SCHOOL

Rat der Europäischen Union Brüssel, den 8. Mai 2018 (OR. en)

I 001 Lfd.-Nr P A R L A M E N T D E R A R B E I T DGB - Bundeskongress, Berlin, Mai. Beschluss des DGB-Bundeskongresses

Antworten der Bundestagskandidatin Leni Breymaier (SPD) auf die vom Bündnis gestellten Fragen:

NACHHALTIGKEITSKAPITEL: LÖSUNG ODER LEGITIMIERUNGSSTRATEGIE?

TTIP Transatlantische Handelsund Investitionspartnerschaft. Bayerische Staatskanzlei

CETA ÖFFENTLICHE DIENSTLEISTUNGEN UNTER DRUCK

Leseprobe. Das Exportjahr 2018

CETA - Prüfstand für die Freihandelsabkommen der EU

Aussenwirtschaftspolitik

Entschließung des Bundesrates anlässlich des öffentlichen

Aussenhandelsstatistik Schweiz

o

Freihandel. Die Handelsverträge TTIP und CETA. AK-Hotline T Meine AK. Ganz groß für mich da.

TTIP Transatlantic Trade and Investment Partnership

Nationalrat, XXV. GP 12. Oktober Sitzung / 1

Policy Briefing: Freihandelsabkommen EU-Japan

JA zu TTIP! Chancen nutzen, Interessen wahren, Zukunft gestalten

Nur fairer Handel ist freier Handel

Das Freihandelsabkommen

Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)

Grundsätze sozialer Verantwortung. Codes of Conduct. der. Rheinmetall AG

Aktuelle Themen des Europäischen Gewerkschaftsbundes des Oeffentlichen Dienstes, und Handelspolitik eine Gefahr für die Demokratie?

TTIP Chancen und Risiken

CETA, TTIP, TTP, TISA Die Modernen Freihandelsabkommen Vorteil oder Bedrohung? Ravensburg, Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin.

Rendite vor Gesundheit

Deutschland, die EU und die WTO im Welthandel

TTIP, CETA. und TiSA. Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf Städte und Gemeinden in Österreich

TTIP zerstört alles wofür Europa je gekämpft hat!

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates

Montagsdemo, 06.Oktober 2014 Petra Schmidt (BI Mörfelden-Walldorf) zum Thema TTIP

Grußworte anlässlich des Gespräches mit Dr. Peter Gauweiler im Bezirksverband München am

2x NEIN zu den extremen Agrar-Initiativen Nein zur Fair-Food-Initiative Nein zur Ernährungssouveränität Abstimmung vom 23.

Behauptungen und Fakten zum Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU

HANDEL. Handel. #EUTrade. 1 #EUTrade

Government Relations Handels- & Industriepolitik Investitionsschiedsgerichtsbarkeit in der politischen Diskussion in Europa die Sicht der Industrie.

4631/AB XX. GP - Anfragebeantwortung 1 von /AB XX.GP

INTERNATIONALER HANDEL: Märkte öffnen, Barrieren abbauen

Transkript:

Anträge beschlossen am 3. Gewerkschaftstag (4. bis 6. November 2014) DIESE ENDFASSUNG ENTHÄLT ALLE BEIM GEWERKSCHAFTSTAG EINGEBRACHTEN UND BESCHLOSSENEN ÄNDERUNGEN.

Übersicht aller beschlossenen Anträge am 3. Gewerkschaftstag (4. bis 6. November 2014) Titel/Thema Seite Geschäftsordnung* Grundsatzprogramm* Verbesserung des Leistungsangebotes der ÖGB-Solidaritätsversicherung....3 Wiedereinführung des Zuschusses für Geburtstagsehrungen....3 Anbieten einer Express-Rechtsberatung/ Helpline.... 5 Entwicklung einer vida-app.... 5 Initiativantrag (TTIP) des Vorsitzenden der Gewerkschaft vida....7 Initiativantrag (ÖIAG) der Sektion Verkehr.... 11 * Erklärung zu der Geschäftsordnung und zum Grundsatzprogramm: Die Geschäftsordnung und das Grundsatzprogramm sind aufgrund des Umfanges eigene Druckwerke und daher in diesem Druckwerk nicht abgebildet. IMPRESSUM Herausgeber: Gewerkschaft vida, Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien, Telefon: +43(01) 534 44 79, E-Mail: info@vida.at, www.vida.at, ZVR-Nummer: 576439352, DVR-Nr.: 0046655, Medieninhaber und Hersteller: Verlag des ÖGB GmbH, Verlags- und Herstellungsort: Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien, Kreation Natalia Nowakowska, ÖGB-Verlag, ProduktionÖGB-Verlag, Cover: Michael Mazohl, ÖGB-Verlag, Seite 6, 10, 14, 22, 24, 32, 34, 38, 44: Fotolia, Seite 12 Paul Sturm, ÖGB-Verlag, Seite 12, 40, 46 Michael Mazohl, Seite 14 Alexandra Kromus, ÖGB-Verlag, Druck- und Satzfehler vorbehalten

Verbesserung des Leistungsangebotes der ÖGB-Solidaritätsversicherung Die seit vielen Jahren existierende Solidaritätsversicherung des ÖGB hat an Attraktivität wesentlich verloren. Seit Jahren sind die Leistungen dieser Versicherung unverändert, obwohl die Mitglieder mittlerweile naturgemäß höhere Mitgliedsbeiträge entrichten. Es ist daher korrekt und fair, wenn eine Überarbeitung dieser Versicherungsbedingungen erfolgt und diese Änderungen enthält, die den gegenwärtigen Anforderungen entsprächen. Der 3. vida-gewerkschaftstag fordert: Verbesserung des Leistungsangebots der ÖGB-Solidaritätsversicherung Entscheidung des Gewerkschaftstages: ANGENOMMEN ABGELEHNT ^ ^ZUGEWIESEN AN DEN BUNDESVORSTAND VIDA-ANTRÄGE 3

Wiedereinführung des Zuschusses für Geburtstagsehrungen Gerade ältere Gewerkschaftsmitglieder haben es sich verdient, zu runden Geburtstagen entsprechend geehrt zu werden. Mit einem kleinen Geschenk ein Danke für die langjährige Treue zu sagen wäre ein Zeichen des Respekts. Gerade wegen der langjährigen Treue und Einzahlung von Mitgliedsbeiträgen über Jahrzehnte ist es mehr als gerechtfertigt, hier die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Der 3. vida-gewerkschaftstag fordert: Wiedereinführung des Zuschusses in Höhe von 50 Euro für Geburtstagsehrungen für vida-pensionistinnen von 85 Jahren und ab 90 Jahren Entscheidung des Gewerkschaftstages: ANGENOMMEN ABGELEHNT ^ ^ZUGEWIESEN AN DEN BUNDESVORSTAND 4 VIDA-ANTRÄGE

Anbieten einer Express- Rechtsberatung/Helpline ÖGB-Mitglieder haben kostenlosen Anspruch auf Rechtsschutz und Rechtsberatung. Der Rechtsbeistand in arbeits-, dienst- und sozialrechtlichen Fragen gehört damit zu jenen Bereichen, in denen ArbeitnehmerInnen vom ÖGB und den Gewerkschaften aktive Unterstützung erhalten. Wenn es einmal schnell gehen muss: Für dringende Fälle soll eine rechtliche Einschätzung von Expertinnen und Experten auch an den Tagesrandzeiten und am Wochenende angeboten werden. Der 3. vida-gewerkschaftstag fordert: Die Erweiterung des Serviceangebotes für ÖGB-Mitglieder durch eine Express-Rechtsberatung in Form einer telefonischen Hotline Entscheidung des Gewerkschaftstages: ANGENOMMEN ABGELEHNT ^ ^ZUGEWIESEN AN DEN BUNDESVORSTAND VIDA-ANTRÄGE 5

Entwicklung einer vida-app Applikationen (Apps) für Smartphones werden mittlerweile von vielen Interessenvertretungen für ihre Mitglieder angeboten und ermöglichen den schnellen und unkomplizierten Direktkontakt und Informationsaustausch. Speziell für Gewerkschaftsmitglieder können gewerkschaftspolitische Themen, Umfragen, Aufrufe anhand dieser Anwendersoftware kommuniziert werden. Der 3. vida-gewerkschaftstag fordert: Die Entwicklung einer vida-app, um unsere vida-mitglieder auf direktem Wege über gewerkschaftspolitische Themen, Vergünstigungen zu informieren und zielgruppenorientierte (fachbereichsspezifische) Aktionen anzubieten (Umfragen, Aufrufe oder im Bereich Verkehr zum Beispiel die Erfassung von Übergriffen auf ArbeitnehmerInnen im Verkehrsbereich via vida-app usw.) Entscheidung des Gewerkschaftstages: ANGENOMMEN ABGELEHNT ^ ^ZUGEWIESEN AN DEN BUNDESVORSTAND 6 VIDA-ANTRÄGE

Initiativantrag - TTIP Die Europäische Union verfolgt seit Mitte der 1990er- Jahre eine offensive neoliberale Strategie in der Handelspolitik, die auf Marktöffnung und Abbau von Handelshemmnissen abzielt. Ende der 1990er-Jahre ist ein massiver Widerstand gegen weitere Liberalisierungsund Deregulierungsvorhaben durch das multilaterale Investitionsschutzabkommen (MAI) im Rahmen der OECD und durch das Allgemeine Abkommen über den Dienstleistungshandel (GATS) im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) entstanden. Die Liberalisierungsverhandlungen drohten das Arbeitsrecht, Bestimmungen zum Schutz der ArbeitnehmerInnen, der Umwelt, der Gesundheit und die Bereitstellung wichtiger öffentlicher Dienstleistungen Wasser, Gesundheitsversorgung, Bildung, soziale Dienstleistungen infrage zu stellen. In Österreich protestierten zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften gemeinsam im Rahmen der Stopp-GATS-Kampagne gegen die WTO-Verhandlungen. Die Gewerkschaften forderten ebenfalls einen Stopp bei den GATS-Verhandlungen. Nach dem Scheitern des MAI und den Verhandlungen in der WTO vollzog sich ab dem Jahr 2006 ein Richtungswechsel hin zu bilateralen Handelsabkommen mit Schwellenländern, aber auch Industriestaaten. Im Fokus der öffentlichen Diskussion stehen drei Handelsabkommen: ein Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada CETA Comprehensive Economic and Trade Agreement ; das Abkommen zwischen der EU und den USA TTIP Transatlantic Trade and Investment Partnership ; und TiSA Trade in Services Agreement, das Abkommen der EU mit 22 weiteren WTO-Ländern. Die Gewerkschaften haben große Bedenken zu diesen Vorhaben. Die Befürchtungen und Kritik werden von verschiedensten Organisationen der Zivilgesellschaft geteilt. Eine Zusammenarbeit mit diesen Organisationen hat auch heute große Bedeutung. TTIP Seit Juli 2013 verhandelt die EU-Kommission aufgrund eines den EU-HandelsministerInnen erteilten Verhandlungsmandats mit der US-Regierung über ein Investitions- und Freihandelsabkommen mit dem Ziel, die größte Freihandelszone der Welt zu schaffen. Es ist zu befürchten, dass diese neuen Abkommensbestimmungen z. B. zum Investitionsschutz und zur Einrichtung eines regulatorischen Kooperationsrates das europäische Sozialmodell infrage stellen könnten. Die EU-Kommission bewirbt das Abkommen als Motor für Wachstum und Beschäftigung, obwohl eigene Auftragsstudien nur sehr bescheidene Effekte für Wachstum ein zusätzliches jährliches Wirtschaftswachstum von 0,03 Prozentpunkten bis 0,05 Prozentpunkten in Aussicht stellen. Es werden keine Aussagen über die Verteilung dieser erwarteten Wachstumseffekte gemacht. Zudem werden mögliche Anpassungskosten infolge von Arbeitslosigkeit sowie Probleme im Zusammenhang mit einer Deregulierung von Standards zum Schutz der ArbeitnehmerInnen, der Gesundheit oder der Umwelt ausgespart. Eine selbst von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Untersuchung rechnet mit über einer Million Arbeitsplatzverlusten (0,7 Prozent des Arbeitskräfteangebotes der EU) in jenen Sektoren, in denen als Ergebnis des Handelsabkommens ein verstärkter Wettbewerb zu verzeichnen sein wird. Dies vor allem auch bei den Klein- und Mittelbetrieben. Auch mit der Schaffung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) zwischen Mexiko, Kanada und den USA wurden mehr Wachstum und Beschäftigung versprochen. Während die Proponenten dieses Abkommens sogar 170.000 neue Arbeitsplätze jährlich priesen, gingen mindestens 845.000 in der Folge des Anstiegs der Importe aus Mexiko und Kanada sowie von Produktionsauslagerungen verloren. CETA Nach dem politischen Durchbruch bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der EU mit Kanada im Herbst 2013 haben die Verhandler nun ihre Arbeit, ohne das Abkommen zu unterschreiben, für abgeschlossen erklärt. Das Abkommen muss Mitte des Jahres 2015 noch durch die Handelsminister unterzeichnet werden. VIDA-INITIATIVANTRÄGE 7

Die Gewerkschaft vida kritisiert: Intransparente Verhandlungen, demokratisches Defizit Die Verhandlungen werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Das Europäische Parlament kann während der Verhandlungen nicht mitentscheiden. Erst nach Beschluss des Abkommens im Handelsministerrat wird das Europäische Parlament befasst. Allerdings kann das Europäische Parlament nur für oder gegen das Abkommen stimmen. Die vollständige Intransparenz gegenüber der Öffentlichkeit, insbesondere gegenüber Gewerkschaften und anderen Interessenvertretungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie nationalen Parlamenten offenbart damit ein enormes Demokratiedefizit. Investitionsschutzbestimmungen und Investor-Staat- Streitbeilegungsverfahren Wie in der Vergangenheit sind die Investitionsbestimmungen sehr umstritten. Auch in der EU-Kommission gibt es nun Bedenken. Die Einführung des Investitionsschutzes in Freihandelsabkommen soll ausländische Konzerne ermächtigen, den Staat vor privaten Schiedsgerichten auf Schadenersatz zu klagen, wenn beispielsweise neue Gesetze oder Regeln sie aus ihrer Sicht unfair behandeln oder indirekt enteignen und damit ihre Profite schmälern. In Zukunft müssten Regierungen daher damit rechnen, dass sie wegen verbesserter sozialpolitischer und wirtschaftspolitischer Maßnahmen für ArbeitnehmerInnen, die Gesundheit und die KonsumentInnen auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagt werden und damit würden die Steuerzahler, also auch die ArbeitnehmerInnen, zur Kassa gebeten werden. Kanada, die USA und die EU sind demokratische Staaten mit einer hoch entwickelten Rechtsstaatlichkeit und Rechtskultur. Eine Einführung eines parallelen privaten Schiedssystems ist daher unnötig. Darüber hinaus zeigt die Schiedsgerichtspraxis die Unzulänglichkeiten des inakzeptablen Systems auf: Es ist geprägt durch Intransparenz und Ineffizienz, Widersprüchlichkeit, Unberechenbarkeit und fehlende Unabhängigkeit aufgrund des interessengeleiteten Handelns von Anwaltskanzleien und Investoren. Die bislang vorgenommenen Präzisierungen bei einzelnen Bestimmungen wie zum Beispiel beim CETA ändern inhaltlich nichts daran, dass die Vertragspartner massive handlungspolitische Einschränkungen hinnehmen müssten, da es keine explizite Ausnahme für das Regulierungsrecht gibt. Das gegenwärtige private Schiedssystem ist nicht reformierbar und auf dieser Basis dürfen keine weiteren Verträge geschlossen werden. Gefahr für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge Öffentliche Dienstleistungen wie Wasser, Bildung, Gesundheit oder Verkehr sind Gegenstand der Handelsgespräche. Alle Dienstleistungen sind grundsätzlich einbezogen, sofern sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind. Damit entsteht weiterer Liberalisierungsdruck. Weiters fordert die Europäische Kommission selbst Marktzugang in vielen öffentlichen Bereichen von den Verhandlungspartnern. Eine Gefahr für öffentliche Dienstleistungen sind auch Bestimmungen, wonach gescheiterte Privatisierungen nie wieder rückgängig gemacht werden könnten. Liefe eine Privatisierung schief, wäre sie trotzdem einzementiert, und die Rekommunalisierung von Leistungen wäre unmöglich. Damit wäre eine Privatisierung auf alle Ewigkeit festgeschrieben. Inländergleichbehandlung bedeutet, dass öffentliche Subventionen auch allen privaten profitorientierten Unternehmen zustünden. Es ist bislang nicht gelungen, eine beständige und definitive Formulierung für den Subventionsvorbehalt zu finden. Dadurch könnten Leistungen im öffentlichen Interesse unter Druck kommen, weil private Anbieter Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand einklagen könnten. Die Folge wäre, dass damit z. B. der Gesundheitssektor oder das Bildungssystem auf den Kopf gestellt würde. Auch das Recht der Gemeinden und Städte, Dienstleistungen in Eigenregie also öffentlich anzubieten, sowie die interkommunale Zusammenarbeit und Gemeindeverbünde können durch die Hintertür infrage gestellt werden. Weiters fehlt in den Beschaffungsregeln der Abkommen eine unmissverständliche Verankerung von Bestimmungen zur Einhaltung von Kollektivverträgen und von weiteren Sozial- und Arbeitsstandards Grundlegende Rechte der ArbeitnehmerInnen sind unverbindlich Die Bestimmungen zu international anerkannten sozialen und umweltpolitischen Mindeststandards der Internationalen Arbeitsorganisation unterliegen nicht 8 VIDA-INITIATIVANTRÄGE

dem allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus des Abkommens. Damit befürworten die Handelsminister, dass grundlegende Bestimmungen für die ArbeitnehmerInnen nicht rechtsverbindlich durchsetzbar sind und Verstöße ohne jegliche Konsequenz bleiben. Weder die USA noch Kanada haben das Übereinkommen zur Vereinigungsfreiheit und dem Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen zur Durchsetzung von Gewerkschaftsrechten ratifiziert. Arbeitgeber sind extrem gewerkschaftsfeindlich eingestellt und verhindern die Gründung von betrieblichen ArbeitnehmerInnen-Interessenvertretungen, wenn nötig auch mithilfe von auf Zerschlagung von Gewerkschaften spezialisierten Anwaltsfirmen. In den USA werden Kollektivverträge für einzelne Betriebe, in manchen Fällen auch für Betriebsgruppen verhandelt. Sie gelten nur für die gewerkschaftlich organisierten Mitglieder. Da es ja auch keine Sozialgesetzgebung wie in Europa gibt, werden zusätzlich ebenfalls die betriebliche Kranken-, Unfall- und Altersversorgung mitverhandelt. Eine gesetzliche Verankerung der Mitbestimmung durch BetriebsrätInnen wie in österreichischen Unternehmen ist ebenfalls nicht vorhanden. Arbeitsrechtliche und kollektivvertragliche Standards sind vom Goodwill von Konzernen abhängig. Abbau von Handelshemmnissen Die Gewerkschaft vida ist besorgt, dass die Einrichtung eines regulatorischen Kooperationsrates zur Harmonisierung und gegenseitigen Anerkennung bestimmter technischer Standards zu einer Nivellierung wichtiger Schutzstandards für die Gesundheit und die ArbeitnehmerInnen im Bereich der Lebensmittel, Pharmazeutika, Kosmetika oder beim Einsatz von Chemikalien führt. In diesem Rahmen werden Regelungen, technische Standards, Verbote, Zulassungen und Kennzeichnungspflichten unter dem Aspekt des Abbaus von nicht notwendigen Handelshemmnissen behandelt. In der EU bisher nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen (GVOs) und Pestizide oder Fleisch von hormonbehandelten Tieren könnten über die Hintertüre des CETA oder TTIP in die EU eingeführt werden. Der 3. vida-gewerkschaftstag fordert: TTIP, CETA, TiSA müssen in dieser Form gestoppt werden Kurswechsel in derhandelspolitik Aufgrund der Art und Weise, wie über das bereits abgeschlossene Freihandelsabkommen mit Kanada verhandelt wurde, und schwerwiegender inhaltlicher Gründe muss CETA verhindert werden, Allein schon, weil CETA auch immer als Vorbild für TTIP und alle weiteren Handelsabkommen dient. Der Gewerkschaftstag der Gewerkschaft vida verlangt einen Verhandlungsstopp für die laufenden Verhandlungen über TTIP und TiSA aber auch über Freihandelsabkommen mit Japan oder Singapur in der derzeitigen Form. Die Gewerkschaft vida anerkennt die Bedeutung verstärkter Handelsbeziehungen mit den verschiedensten Handelspartnern, fordert aber einen Kurswechsel in der Handelspolitik, die auf folgenden Grundsätzen basieren muss: Keine Investitionsschutzbestimmungen und Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS) Investitionsschutzbestimmungen und Investor-Staat- Streitbeilegungsverfahren (ISDS) sind überflüssig. Die jeweiligen Rechtsordnungen der Staaten bieten ausreichenden Schutz für Investoren. Das gegenwärtige private Schiedssystem ist nicht reformierbar und auf dieser Basis dürfen keine weiteren Verträge geschlossen werden. Öffentliche Dienstleistungen haben nichts in einem Handelsabkommen zu suchen Die Dienstleistungen der Daseinsvorsorge inklusive öffentliche Auftragsvergabe und Konzessionen müssen unmissverständlich aus dem Anwendungsbereich ausgenommen werden. Das betrifft u. a. die Bereiche der öffentlichen Infrastruktur (Wasser, Energie, Verkehr), der sozialen Sicherheit (Sozialversicherung, Gesundheitswesen), kommunale Dienstleistungen (Abfallbeseitigung), Bildung, Kultur und audiovisuelle Dienstleistungen. VIDA-INITIATIVANTRÄGE 9

^ ^ Kein Lohn- und Sozialdumping Das Arbeits- und Sozialrecht sowie kollektivvertragliche Bestimmungen dürfen durch Handelsabkommen keinesfalls ausgehöhlt werden. Allfällige Verhandlungen zur grenzüberschreitenden Entsendung von Arbeitskräften sind an eine funktionierende grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Verwaltung und Justiz in den Belangen des Arbeits- und Sozialrechts als Voraussetzung für die Gewährleistung der Kollektivvertragslöhne und der Arbeitsbedingungen zu binden. Eine fehlende Vollstreckung durch die Vertragsparteien muss zum Gegenstand der Streitschlichtung inklusive Sanktionen gemacht werden können. Verbindliche Verankerung von ILO-Kernarbeitsnormen und internationalenumweltabkommen Länder mit niedrigen Sozial- und Umweltstandards dürfen aus diesem Umstand keinen Wettbewerbsvorteil erzielen. Daher sind Kernarbeitsnormen und darüber hinausgehende Arbeitsstandards der ILO in Handelsabkommen verbindlich zu verankern und im Falle von Verstößen Sanktionen festzulegen. Nein zum Regulatorischen Kooperationsrat Normen zum Schutz der ArbeitnehmerInnen und der Gesundheit, des Umweltschutzes und der KonsumentInnen dürfen durch Handelsabkommen nicht gesenkt und deren Erhöhung nicht eingeschränkt werden. Die Einsetzung eines Regulatorischen Kooperationsrates über die Harmonisierung und gegenseitige Anerkennung von Standards ist abzulehnen. Keine Verhandlungen im Lebensmittelsektor Der Landwirtschafts- und der Lebensmittelsektor sind aus den Verhandlungen auszunehmen. Eine Harmonisierung von Vorschriften birgt die Gefahr einer Nivellierung nach unten mit Auswirkungen auf Lebensmittelsicherheit und -qualität. Eine weitere Liberalisierung des Nahrungsmittelsektors würde sich auf die Nachhaltigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen im Lebensmittelbereich auswirken. Keine Geheimverhandlungen Transparenz und umfassende Beteiligung der Parlamente, der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft an den Verhandlungen sind unverzichtbar. Das Europäische Parlament darf nicht erst nach Abschluss der Verhandlungen und der Unterzeichnung des Abkommens durch die Mitgliedsstaaten über das Verhandlungsergebnis abstimmen, sondern muss auch über die Verhandlungsposition der Europäischen Union entscheiden. ^ ^ Fairer Handel und Verteilungsgerechtigkeit Eine Neuausrichtung der Handelspolitik muss auf fairem Handel, auf hohen Standards für ArbeitnehmerInnen, Gesundheit und Umwelt für alle weltweit sowie auf Demokratie und Transparenz basieren. Zudem ist eine europäische Wirtschaftspolitik notwendig, die auf Verteilungsgerechtigkeit und Investitionen in Gesundheitsversorgung, Bildung und soziale Infrastruktur setzt. Entscheidung des Gewerkschaftstages: ^ ^ANGENOMMEN ABGELEHNT ZUGEWIESEN AN 10 VIDA-INITIATIVANTRÄGE

Initiativantrag ÖIAG In der Öffentlichkeit waren die letzten Wochen von der Debatte um die Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG) geprägt. Die ÖIAG fungierte als DIE Privatisierungsagentur der Regierungen (gesetzliche Vorgaben) und hat als solche bereits Milliarden an Volksvermögen verkauft und vernichtet! In einer AK-Studie vom März 2012 wurden die Verkäufe öffentlicher Anteile an der OMV, Telekom Austria sowie Post durch die ÖIAG untersucht. Fazit: Durch den Verkauf ergibt sich für die Republik Österreich ein kumulierter Verlust von 1,25 bis 1,78 Milliarden Euro! Die Mehrfachstrukturen sind nicht nur Ursache von Misswirtschaft, sie kosten den SteuerzahlerInnen zusätzlich jährlich Millionen. In Summe hat die ÖIAG im Jahr 2012 Personal- und Sachaufwand in der Höhe von 6,6 Millionen Euro verursacht. Es ist ein offenes Geheimnis, dass bei jeglicher Umstrukturierung der ÖIAG auch eine Erweiterung angedacht wird und der Privatisierungsauftrag grundsätzlich bestehen bleibt. Systemrelevante Unternehmen sollen in die ÖIAG eingegliedert und in weiterer Folge zumindest teilprivatisiert werden. Die ÖBB und andere Unternehmen werden immer wieder ins Spiel gebracht. Am Gewerkschaftstag 2010 haben wir als Gewerkschaft vida im Rahmen des Grundsatzprogramms und der Anträge bereits festgelegt, dass wir klar gegen eine Privatisierung oder Teilprivatisierung der Gesellschaften der ÖBB Holding AG, insbesondere der Rail Cargo AG sind. Im Rahmen dieses Gewerkschaftstags, haben wir diese Forderungen über die aktuelle Version des Grundsatzprogramms nochmals bestärkt und uns erneut gegen Privatisierungen in Bereichen der Daseinsvorsorge ausgesprochen. Aus den oben beschriebenen Tatbeständen in Bezug auf die ÖIAG sehen wir die Notwendigkeit die bestehenden Anträge zu den Forderungen in Bezug auf die Verhinderung von Privatisierungen zu ergänzen. Wir lehnen eine Privatisierung der ÖBB über die Hintertür klar ab! Der 3. vida-gewerkschaftstag fordert: Bekenntnis der Bundesregierung zum Erhalt und Ausbau der Verkehrsdienstleistungen und der dafür nötigen Infrastruktur (Wirtschaft fördern und Arbeitsplätze sichern). Bekenntnis der Bundesregierung zu Straße und Eisenbahn als systemrelevante Infrastrukturen, damit der Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplätze gesichert werden. Der Staat muss die noch in öffentlichem Eigentum verbliebenen Anteile aufrechterhalten. Es darf keinesfalls einen Verkauf von weiteren Anteilen bei ganz oder teilweise in öffentlichem Eigentum stehenden und industriepolitisch oder gemeinwirtschaftlich bedeutenden Unternehmen mehr geben. Bei bestehenden Beteiligungen muss das Mitziehen bei Kapitalerhöhungen und ein weiterer Anteilserwerb durch die öffentliche Hand möglich sein. Der Bund soll in Zukunft eine aktive Rolle übernehmen und die verbliebenen öffentlichen Anteile langfristig halten bzw. nötigenfalls aufstocken. Dazu sind gesetzliche Rahmenbedingungen und budgetäre Spielräume notwendig, um auch zusätzliche sinnvolle Beteiligungen der öffentlichen Hand im österreichischen Interesse einzugehen und langfristig zu halten. Sollte es zu beabsichtigten Privatisierungen bei den ÖBB kommen, sind wir als Fachgewerkschaft bereit, die notwendigen Aktionen bis hin zu Arbeitskampfmaßnahmen der BetriebsrätInnen der ÖBB zu unterstützen. Mit den BetriebsrätInnen der ASFINAG erklären wir uns solidarisch. Entscheidung des Gewerkschaftstages: ^ ^ANGENOMMEN ABGELEHNT ZUGEWIESEN AN VIDA-INITIATIVANTRÄGE 11

www.gewerkschaftstag.vida.at facebook.com/gewerkschaftvida