09.12.2010 Stadt-Umland-Problematik - Beispiele aus der Region Trier - von Nicolai Bader Universität Trier, Fachbereich IV, Kommunal- und Umweltökonomie: Hauptseminar Kommunalökonomie in der Praxis, Herr Schröer, WS 0910
Inhalt 1. Einführung 1.1. Suburbanisierung 1.2. Geographische Modelle 1.3. Modell von Tiebout 2. Folgen der Stadt-Umland Disparitäten 3. Darstellung der Probleme am Beispiel Trier 4. Diskussion 4.1. Ursachen für die Stadt-Land Wanderung 4.1. Allgemeine Lösungsstrategien 4.2. Handlungsansätze für Trier 5. Fazit
Einführung - Stadt-Umland Beziehung durch Stadterweiterung, Ausbildung von Stadtregionen und besonders durch die Suburbanisierung geprägt - Industrie war Vorreiter und Schrittmacher, es folgten die Abnahme der Bevölkerung und die Verlagerung von Dienstleistungen und der Markfunktion. Bildung von New Downtowns - Hauptantrieb, der den Bedeutungsverlust der Kernstädte erst möglich machte, sind die stetigen Fortschritte in der Kommunikations- und Verkehrstechnologie
Einführung - Suburbanisierung - Besondere Phase in der Bedeutungsveränderung von Stadt und Umland - Erste Erwähnung durch den Stadtplaner und Architekten Muthesius 1907 - Neue Dynamik mit dem Einsetzen der individuellen Motorisierung in den 1960ern - Unterscheidung nach Bevölkerungs-, Industrie-, und Dienstleistungssuburbanisierung mit eigenen Ursachen und Folgen Definition nach Friedrichs (1977): Verlagerung von Nutzungen und Bevölkerung aus der Kernstadt, dem ländlichen Raum oder anderen metropolitanen Gebieten in das städtische Umland bei gleichzeitiger Reorganisation der Verteilung von Nutzungen und Bevölkerung in der gesamten Fläche des metropolitanen Gebietes.
Einführung Geograpische Modelle - Klassische Stadtstrukturmodelle, die sich mit der Stadt-Umland Beziehung beschäftigen, stammen z.b. von W. Christaller und E.W. Burgess E.W. Christaller: Burgess: Klassische Ringmodell Theorie der Stadtentwicklung der zentralen Orte (1925/1929) (1933) Basiert Entwickelt auf am der Beispiel ökonomischen von Chicago. Überlegung, Erklärt dass die Wohnsegregation Güter und Dienstleistungen und Ghettobildung. nicht in gleicher Um Weise die zone und Häufigkeit in transition von lagern den Bewohnern sich nach eines außen Raumes Gebiete in mit zunehmendem Anspruch genommen Sozialstatus werden. der Bewohner an. Annahmen: Der Begriff zentraler Ort impliziert ein Bedeutungsüberschuss (damit auch eine Verpflichtung) gegenüber dem Umland in der Versorgung der Bevölkerung mit (1) Städte verändern sich ständig unter dem Einfluss der Konkurrenz um die einem bestimmten Gut oder einer Dienstleistung. Standortvorteile Es geht hier vor allem um die Erklärung der Standorte von Industrie und (2) Städte sind integrale Einheiten, in denen kein Teilgebiet sich verändern Gewerbe und damit von unterschiedlich großen Siedlungen und ihrer kann, ohne dass daraus Folgen für alle anderen Teilgebiete entstehen Regelhaftigkeit.
Modell von C.Tiebout - Modell des Ökonom Charles Tiebout (1956) - Gemeinden sind wie Unternehmen im Wettbewerb um mobile Einwohner ( Steuerzahler ) - Die Steuerzahler wählen ihren Lebensort so, dass sie hinsichtlich ihrer Präferenzen optimale Lebensbedingungen bieten ( voting by feet oder public choice through mobility ), der Wettbewerb ist so eine potentielle Triebkraft für Wanderungsbewegungen - Die vollständige Mobilität der Bürger sorgt dafür, dass eine Vielzahl von Gemeinden existieren, die unterschiedliche Niveaus von Steuerbelastungen und öffentlichen Gütern gemäß den unterschiedlichen Präferenzen der Bürger anbieten. - Die Wanderung der Individuen führt im Gleichgewicht zu einer paretoeffizienten Bereitstellung lokaler öffentlicher Güter
Folgen der Stadt-Umland Disparitäten - Geographische Folgen sind hier hauptsächlich auf das gestiegene Verkehrsaufkommen zurückzuführen Ökonomische Folgen: - Kommunale Aufgaben müssen durch Gewerbesteuer, Einkommenssteuer und die Finanzzuweisungen von Bund und Ländern finanziert werden - Wandern Betriebe, Dienstleistungen und Einwohner in das Umland außerhalb der Stadtgrenzen ab, geraten die Städte in Finanzierungsschwierigkeiten. Ihre zentralörtlichen Aufgaben ändern sich nicht, ihre Einnahmen werden durch die Stadt-Umland-Disparitäten aber empfindlich gestört - Bildung so genannter Speckgürtel, Gemeinden im Umland von zentralen Orten die nur Teilfunktionen zentraler Orte haben aber hohe Einnahmen über die Gewerbe- und Einkommenssteuer erzielen
Darstellung der Probleme am Beispiel Trier Welche Konsequenzen hat das für die Stadt Trier? - Trier hat 104.640 Einwohner mit Hauptwohnsitz (Stand: 31.12.2008) - Kreisfreie Stadt und Oberzentrum der Region mit einem Einzugsbereich von etwa 500.000 weiteren Menschen der Region, davon 50.071 mit Pendlerbeziehung in 2008 - Vor Einführung der Zweitwohnsitzsteuer gab es zwischen 2002 und 2005 eine leichte Bevölkerungsabnahme 99.843 - Im Jahr 2008 gab es 8.976 Zuzüge und 8.122 Fortzüge
Darstellung der Probleme am Beispiel Trier Einnahmen und Ausgaben der Stadt Trier 2008: Bruttoeinnahmen: 249.693.763 Bruttoausgaben: 380.568.104 Schuldenlast: 239.979.000 www.infothek.statistik.rlp.de
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Darstellung der Probleme am Beispiel Trier Als Gegenbeispiel die dem Landkreis Trier-Saarburg zugehörige Verbandsgemeinde Schweich: - 6559 Einwohner (Stand 31.12.2008) - Nach der zweiten regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung Rheinland-Pfalz 2050 wird sich für Trier ein Bevölkerungsrückgang einstellen, während dem Landkreis Trier-Saarburg eine positive Bevölkerungsentwicklung vorausgesagt wird. Man kann davon ausgehen, dass dies auch durch die Stadt-Umland Wanderung verursacht wird - So hat z.b. Schweich in 20 der letzten 25 Jahre eine positive Bevölkerungsentwicklung aufzuweisen. Seit 1963 ist die Gemeinde von 5236 auf 6559 Einwohner gewachsen. - Eine ähnliche Entwicklung kann auch in anderen Gemeinden festgestellt werden
Darstellung der Probleme am Beispiel Trier www.infothek.statistik.rlp.de
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Gründe der Stadt-Umland Wanderung Motivlage für Bewohner: - Nach einer Studie sind persönliche Gründe das Hauptmotiv der Stadt- Umland Wanderung. Dem kann von Seiten der Kommunen kaum etwas entgegengesetzt werden - Auch das Wohnen im Grünen oder die Motive weniger Lärm und sauberere Luft können nur schwer beeinflusst werden - Aber schon die zweit und dritt häufigsten Gründe wie Umzug ins Eigentum oder Wohnung vergrößern können von den Kommunen deutlich beeinflusst werden - Weiteres Hauptmotiv ist die Verbesserung der Wohnsituation und des Wohnumfeldes: kulturelles Angebot der Stadt kombiniert mit den Annehmlichkeiten der Natur und des Wohnens im Grünen, gestiegene Mobilitätserfordernisse werden dafür in Kauf genommen
Rahmenbedingungen der Stadt-Umland Wanderung Es gilt mit einigen Vorurteilen aufzuräumen: - Nur Besserverdienende wandern ins Umland ab - Familien mit Kindern wandern ab - Die Abwandernden bilden Wohneigentum - Individualisierung der Lebensstile hat Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt: Qualität (Angebotsvielfalt, Wohnungsumfeld) statt Quantität - Eigentumsbildung wird im Neubau (nicht im Bestand) von der Politik zwecks Altersvorsorge, Kapitalbildung und dem Halten der Bevölkerung in einer Region forciert: Gegensatz zu den Kommunalen Subventionsprogrammen für Bauland - Hoher Flächenverbrauch in den Zentren für Neubau einfach nicht möglich
Rahmenbedingungen der Stadt-Umland Wanderung - Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt hat Auswirkungen auf die Wohnsituation und steht der Festlegung auf das Eigenheim als Wohnform gegenüber - Staatliche Eigenheimzulage wirkt als Stadtfluchtprämie - Zulagen beim ohnehin schwierigen Eigenheimbau innerhalb der Städte adressiert die tatsächlichen Gründe für Wanderungsbewegungen nicht und schafft außerdem milieu-homogene Umfelder, Gegenteil von Nutzungsmischung, sozialer Mischung und Dichte
Diskussion Lösungsansätze: - Wie kann auf die Stadt-Umland Wanderung reagiert werden? 1) Kann man die Wanderungsbewegung verringern oder verhindern? 2) Wie kann man die Folgen, hier vor allem die finanziellen Folgen, der Stadt-Umland Wanderung ausgleichen? - Gibt es konkrete Handlungsansätze für Trier?
Fazit - Gemeinden verfolgen eigene Ziele - Finanzielle Probleme durch Stadt-Umland Disparitäten - Externen Effekte können nie ganz verhindert werden - Lösung des Problems unabdingbar (z.b. in Form von Finanzausgleich) - Besser aber durch Interkommunale Kooperation in der Planung UND Finanzierung gemeinsam bewältigt werden