Einfluss des internationalen Steuerwettbewerbs auf Konzernstrukturen Prof. Dr. Wolfgang Kessler 14. Oktober 2008 62. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag Schmalenbach-Gesellschaft StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 1
I. Ideal und Wirklichkeit Ideale der Betriebswirtschaftslehre: Rechtsformneutralität der Besteuerung Finanzierungsneutralität der Besteuerung Strukturneutralität der Besteuerung Wirklichkeit: Besteuerung knüpft primär an die rechtliche Selbständigkeit und nicht an die wirtschaftliche Einheit des Konzerns an rudimentäres Konzernsteuerrecht Außerachtlassen wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Erkenntnisse Folge: zahlreiche konzernspezifische Mehrbelastungen selten konzernspezifische Minderbelastungen StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 2
I. Trends im internationalen Steuerwettbewerb Senkung der nominalen (Körperschaft-)Steuersätze Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage Verschärfung von Anti-Missbrauchsvorschriften Thin Cap-Rules (Abzugsverbote!) Change-of-Ownership Rules Transfer Pricing CFC-Rules StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 3
II. Steuerwettbewerb und UStR 2008: Deutschland im Trend? Unternehmensteuerreform 2008: Schönwetterreform Gegenfinanzierung (über-)kompensiert Steuerentlastungen, daher insgesamt misslungen Gewerbesteuer wird zur dominierenden, aber vermeidbaren Steuerbelastung Verbreiterung der Bemessungsgrundlage: Gewerbesteuer Ausweitung der Hinzurechnungen Verschärfung der Schachtelstrafe Körperschaft- und Einkommensteuer Zinsschranke Mantelkauf nachteilig vor allem für inländische Unternehmen StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 4
III. Gewerbesteuer Gewerbsteuer trifft nur deutsche Gesellschaften Besteuerung von Aufwand zwingt Gesellschaften mit Zins- und Lizenzeinkünften ins Ausland GewSt- Hinzurechnung: 25% D-Holding AG Euro FinCo Keine GewSt- Hinzurechnung GER GER EU EU Zinsen/ Lizenzen GmbH U.K. PLC GmbH U.K. PLC Darlehen/ Lizenzvertrag StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 5
III. Gewerbesteuer Überbesteuerung beim Cash Pool Leader AG GER EU Anlage Überschussliquidität BANK AG Anlage Nettoliquidität cash concentration account Ausgleich Liquiditätsdefizit LTD SARL SL Zinsertrag : 102 Mio. Zinsaufwand: 100 Mio. Steuerlast: 2 Mio. x 15,8 % = 316 T (KSt/SolZ) 27 Mio. x 14 % = 3.780 T (GewSt) 4.096 T 205% (bezogen auf 2 Mio. ) Steuern echter Gewinn (29,8 % x 2 Mio. ) 596 T - Gesamtbelastung 4.096 T Doppelbesteuerung auf durchgeleiteten Betrag (3,5% x 100 Mio. ) 3.500 T StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 6
III. Gewerbesteuer Verschärfung der Schachtelstrafe zwingt Holdinggesellschaften ins Ausland Holding AG GewSt-Belastung: 14% GewSt-Belastung: 0% Euro- Holding GER EU 14,99% 14,99% GER 14,99% 14,99% Dividende GmbH GmbH GmbH GmbH Beteiligung keine Beteiligungsertragsbefreiung! Vermeidung einer steuerlichen Doppelbelastung StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 7
IV. Zinsschranke Zinsaufwand Zinsertrag Schuldzinsüberhang 30 % EBITDA höherer Abzug möglich, wenn eine der drei Ausnahmen greift abzugsfähiger Zinsaufwand Mindest-Abzug Freigrenze (1 Mio. Euro) Konzern-Klausel Escape-Klausel (EK-Vergleich) und bei KapG keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 8
IV. Zinsschranke Diskriminierung von Holdinggesellschaften 8a Abs. 4 KStG a.f. dagegen Privilegierung von Holdinggesellschaften Beteiligungsbuchwertkürzung benachteiligt deutsche Stammhauskonzerne Folge: Escape unmöglich D-AG (in Mrd. Euro) Bankdarlehen D-AG EK-Quote: 50% Aktiva 5 Beteiligung 5 EK 5 FK 2,5 Pensionsrückstellung 2,5 10 10 D- GmbH U.K.-Ltd. U.S.-Corp. EK-Quote: 50% EK-Quote: 50% EK-Quote: 50% Berechnung EK der D-AG EK: 5 Beteiligung: -5 EK 0 StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 9
IV. Zinsschranke Buchwertkürzungen U.S.- Holding Keine Buchwertkürzung D-Holding AG Buchwertkürzung Euro- D-Holding Holding Zinsen Organschaft Organschaft Darlehen Voller Zinsabzug OpCo OpCo Beschränkung/ Ausschluss des Zinsabzugs OpCo OpCo GmbH StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 10
IV. Zinsschranke Joint Venture Falle Globale Betrachtung bei Escape-Klausel schafft enorme Risiken für tiefgestaffelte Konzernstrukturen und Joint Ventures Gefahr: bei schädlicher Gesellschafter-Fremdfinanzierung, z.b. bei einem Joint Venture Partner, ist ein Escape vewehrt China GER Zinsaufwand: 1 Yuan 40% Zinsertrag: 8 Mio. China- Corp. 60% D-AG Bankdarlehen Zinsaufwand: 10 Mio. China JV, kein weiterer Zinsaufwand/Zinsertrag Nettozinsaufwand China JV = 1 Yuan 1 Yuan > 10% des Nettozinsaufwands (0,1 Yuan) 10%-Grenze überschritten: Schädl. GesFF StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 11
V. Mantelkauf Technische Regel zur Verlustvernichtung im Konzern erhebliche Probleme für Umstrukturierungen im Konzern (fehlende Konzernklausel) Verlust- und Zinsuntergang oft zufällig, da Wirkungen mittelbarer Anteilsübertragungen kaum handhabbar mangels Sanierungsklausel hohe Hürde für Erwerber in Krisenzeiten (Ausnahme: 8c Abs. 2 EStG für bestimmte Wagniskapitalgesellschaften) Ausgangsstruktur D-AG Zielstruktur D-AG CH-Holding A-GmbH CH-Holding A-GmbH Verlustvortrag eliminiert B-GmbH B-GmbH Verlustvortrag eliminiert StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 12
VI. Fazit Unternehmensteuerreform 2008 Reaktion auf den internationalen Steuerwettbewerb. Alle Investoren profitieren von der Steuerentlastung aber inländische Investoren überproportional von den Gegenfinanzierungen belastet. Signifikante Nachteile für inländische Holding- und Finanzierungsgesellschaften, insbesondere im Rahmen der Gewerbesteuer. Zinsschranke und Mantelkauf bergen große Risiken für Konzernstrukturen; insbesondere in Krisenzeiten. StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 13
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit StB Prof. Dr. Wolfgang Kessler 14