Empirische Analyse für die Programmplanung ESF Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk)

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Transkript:

Empirische Analyse für die Programmplanung ESF 2007-2013 Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk) Mario Steiner Institut für Höhere Studien (IHS) Wien, November 2006 1

Ausgangslage und Problemsituation Als Grundlage für die Entwicklung einer Programmplanung der Interventionen des Erwachsenenbildungsbereichs des bm:bwk im Rahmen von ESF-Ziel 2 ist es notwendig empirisch zu klären, wo im eigenen Zuständigkeitsbereich die bildungspolitischen Probleme und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Lebensbegleitendem Lernen liegen und welches die vordringlichen Zielgruppen sind. Eine erste Möglichkeit, sich dieser Fragestellung zu nähern, bietet die Analyse der Arbeitslosenquoten nach Bildungsstufen. 18% Arbeitslosenquoten nach Bildung und Alter in Österreich (Quelle: EUROSTAT, LFS-Konzept) 16% 14% 12% 8% 6% 4% 2% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Gesamt ISCED 0-2 Gesamt ISCED 3-4 Gesamt ISCED 5-6 Gesamt Gesamt-Ö 15-24j. Gesamt-Jug 15-24j. ISCED 0-2 15-24j. ISCED 3-4 Datenbruch von 2003 auf 2004 aufgrund von Erhebungsumstellungen Wie aus voranstehender Grafik ersichtlich wird, steigen die Arbeitslosenquoten mit sinkendem Bildungsniveau stark an. Während die Arbeitslosenquote von Personen mit tertiärer Bildung (ISCED 5-6) nur bei 3% liegt, ist sie mit 11% im gesamtösterreichischen Schnitt beinahe viermal so hoch, wenn kein Abschluss über die Pflichtschule hinaus (ISCED 0-2) vorliegt. Im Zeitverlauf von 2000-2005 zeigt sich keine lineare Entwicklung, sondern die Schere zwischen den Bildungsstufen geht noch weiter auseinander. Während im Jahr 2000 der Abstand zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Bildungsniveau noch 6 Prozentpunkte betrug, beträgt er 2005 schon 8 Prozentpunkte. Betrachtet man schließlich die Altersgruppe der 15-24-Jährigen, zeigt sich, dass Jugendliche von Arbeitslosigkeit in noch stärkerem Ausmaß betroffen sind. Die Jugendarbeitslosenquote 2

liegt bei 10,4%, während sie 2005 über alle Altersgruppen hinweg 5,1% beträgt. Die Arbeitslosenquote niedrigqualifizierter Jugendlicher liegt im Vergleich dazu gar bei 15,5%. Aus diesen empirischen Ergebnissen kann der Schluss gezogen werden, dass Qualifikation ganz besonders dazu beiträgt, das Arbeitslosigkeitsrisiko zu senken. Da Jugendliche ohne oder gerade einmal mit Pflichtschulabschluss die höchste Arbeitslosenquote aufweisen, sollten sie eine primäre Zielgruppe von Interventionen darstellen. Da nun eine erste Zielgruppe identifiziert werden konnte, stellt sich die Frage, um welche Größenordnungen es sich dabei handelt, sprich welcher Anteil an der Alterskohorte das Bildungssystem mit einem Bildungsniveau auf der Ebene von ISCED 0-2 verlässt. Aufschluss darüber bietet der europäische Strukturindikator zu den Frühen SchulabbrecherInnen als Anteil jener Jugendlichen im Alter von 18-24 Jahren, die sich nicht in Ausbildung befinden und keinen Abschluss über die Pflichtschulausbildung hinaus aufweisen können. 12% Frühe BildungsabbrecherInnen 2000-2005 (Quelle: EUROSTAT) 8% 6% 4% 2% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Gesamt weibl. männl. Dieser Definition zufolge gelten in Österreich 9% der Kohorte als frühzeitige Dropouts aus dem Bildungssystem. Dies entspricht ca. 8000 Jugendlichen jährlich, die nicht oder gerade einmal über einen Pflichtschulabschluss als höchste Qualifikation verfügen. Diese Jugendlichen bedürfen dringend zusätzlicher Formalqualifikation, um ihre Chancen am Arbeitsmarkt deutlich zu steigern, d.h. zumindest einen Hauptschulabschluss, um damit die Grundlage zu schaffen, einen weiterführenden Abschluss auf ISCED 3 oder höher zu erreichen und/oder die Möglichkeit, einen Abschluss auf der Sekundarstufe II (ISCED 3-4) nachzuholen. Da die Gruppe der Jugendlichen, die diesen Bedarf aufweist, jährlich um 8.000 Personen wächst, sind Interventio- 3

nen dementsprechend zu dimensionieren, um zu einer nennenswerten Abdeckungsquote zu gelangen. Eine oftmals von sozialer Ausgrenzung bedrohte Personengruppe sind MigrantInnen, daher stellt sich die Frage, wie sich in Österreich die Arbeitslosigkeit nach ethnischer Herkunft gestaltet und ob daraus bildungspolitische Herausforderungen als Grundlage für die Programmplanung abgeleitet werden können. 3 Jugend-ALO nach Herkunft 2000-2005 (Quelle: EUROSTAT, LFS) 25% 2 15% 5% 2000 2001 2002 2003 Dat.-Bruch 2004 2005 Österr. Migrant. Gesamt Datenbruch von 2003 auf 2004 aufgrund von Erhebungsumstellungen, Werte für das jeweils erste Quartal Wie aus voranstehender Grafik ersichtlich wird, sind jugendliche MigrantInnen in besonderem Maße von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Arbeitslosenquote jener Personen, die keine EU-15 Staatsbürgerschaft aufweisen, liegt im ersten Quartal 2005 bei 24% und somit nochmals deutlich höher als die Arbeitslosenquote niedrigqualifizierter Jugendlicher. Der Schluss liegt nahe, dass sich bei dieser Personengruppe zwei Benachteiligungsmerkmale niedrige Qualifikation und migrantische Herkunft gegenseitig dynamisieren, denn sonst wären diese deutlichen Unterschiede schwer zu erklären. Die Arbeitslosenrate jugendlicher MigrantInnen liegt in Österreich, wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich wird, bereits über dem Schnitt der EU-15-Staaten, während die Gesamtarbeitslosigkeit deutlich unter dem EU-15 Schnitt liegt. 4

II/2004 II/2005 Insgesamt Männer Frauen Insgesamt Männer Frauen EU-15-Sum 16,2% 16, 16,4% 16,7% 16,7% 16,6% EU-15-Nat. 14,8% 15, 14,7% 15,6% 15,8% 15,4% EU-15-Mig. 22,1% 22,4% 21,6% 22,9% 23,1% 22,9% Ö-Sum. 8,6% 8, 9,2% 10,8% 10,9% 10,8% Ö-Nat. 7,5% 7,4% 7,8% 9, 8,9% 9, Ö-Migr. 19, 15,1% 23,4% 26,9% 26,8% 27,1% Quelle: EUROSTAT, LFS-Konzept Aus diesen empirischen Ergebnissen kann geschlossen werden, dass jugendliche MigrantInnen in Österreich dem Arbeitslosigkeitsrisiko in besonderem Maße ausgesetzt sind und demnach eine primäre Zielgruppe von Programmen und Maßnahmen zur sozialen Integration darstellen sollten. Weiterbildung stellt im Zuständigkeitsbereich der Erwachsenenbildung des bm:bwk ein Instrument dar, um Benachteiligungen, wie sie durch die vorangegangenen Analysen aufgezeigt werden konnten, zu überwinden. Zur weiteren Problem- und Zielgruppenanalyse als Grundlage für die Entwicklung eines Interventionsprogramms stellt sich daher die Frage, wie ausgeprägt Weiterbildung in Österreich ist und wer sich in welchem Ausmaß daran beteiligt. 3 Weiterbildungsbeteiligung in Ö nach Geschlecht und Alter (Quelle: EUROSTAT) 25% 2 15% Gesamt Männer Frauen 5% Gesamt 45-54j 55-64j 5

Zunächst soll der Frage nachgegangen werden, wie sich die Weiterbildungsbeteiligung (Beteiligung an informeller Aus- und Weiterbildung) in Österreich nach Alter und Geschlecht gestaltet. In der folgenden Grafik wird aufgezeigt, dass die Gesamtquote der Beteiligung an informeller Aus- und Weiterbildung bei knapp 25% liegt. Differenziert nach Geschlecht zeigen sich bei diesem Indikator keine relevanten Unterschiede, starke jedoch nach dem Alter. So fällt die Weiterbildungsbeteiligung in der Gruppe der 55-64 Jährigen stark ab. Dieser Beteiligungsabfall kann einerseits mit dem steigenden Anteil pensionierter Personen in dieser Altersgruppe erklärt werden, andererseits besteht jedoch für die weiterhin am Erwerbsleben beteiligten Personen die Gefahr der Veralterung der Qualifikationen und damit einhergehend die Gefahr eines erhöhten Arbeitslosigkeitsrisikos. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass ältere Personen und v.a. ältere ArbeitnehmerInnen, die veraltete Qualifikationen aufweisen und deren Teilnahme am Erwerbsleben dadurch gefährdet ist, demnach primäre Zielgruppe von Maßnahmen sein sollten, die darauf abzielen, die Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen. Ein großer Unterschied in der Weiterbildungsbeteiligung ist jedoch auch nach dem Bildungsniveau festzustellen. Während 45% der Personen mit Tertiärbildung (ISCED 5-6) sich an informellen Aus- und Weiterbildungsaktivitäten beteiligen, sind es nur 8,7% derer, die nicht einmal oder nur über einen Pflichtschulabschluss verfügen (ISCED 0-2). Das in nachstehender Grafik gezeichnete Bild ist bei Betrachtung der Beteiligung an formal(schulisch)er Ausbildung kein anderes, sondern bewegt sich nur auf niedrigerem Niveau. 5 45% 4 35% 3 25% 2 15% 5% Weiterbildungsbeteiligung nach Bildungsstand (Quelle: EUROSTAT) ISCED 0-2 ISCED 3-4 ISCED 5-6 WB-Anteil Gesamt Gerade jene Personen, die bereits ein deutlich höheres Arbeitslosigkeitsrisiko aufweisen, sind also auch jene, die sich am wenigsten an Weiterbildung beteiligen, um auf diese Weise Bil- 6

dungsdefizite auszugleichen. Durch diesen empirischen Befund wird also doppelt unterstrichen, dass Niedrigqualifizierte die primäre Zielgruppe von Programmen und Maßnahmen der Erwachsenenbildung des bm:bwk im Rahmen einer ESF-Intervention sein sollten. Nachdem nun geklärt wurde, welche Personengruppen in Österreich sich in unterdurchschnittlichem Ausmaß an Weiterbildung beteiligen, stellt sich abschließend die Frage, wie sich die Weiterbildungsbeteiligung in Österreich überhaupt im internationalen Vergleich gestaltet. 6 Weiterbildungsbeteiligung im Vergleich Österreichs mit Skandinavien (Quelle: EUROSTAT) 5 4 3 2 Österreich Finnland Dänemark Schweden Gesamt 45-54j 55-64j Orientiert an den Besten weist Österreich enormen Nachholbedarf in Hinblick auf die Weiterbildungsbeteiligung auf. Während sich in Österreich 25% der Bevölkerung an informellen Ausund Weiterbildungsaktivitäten beteiligen, sind es in den skandinavischen Ländern im Schnitt 45%. Darüber hinaus ist der Abfall in der Beteiligung in Abhängigkeit von zunehmendem Alter z.b. in Schweden viel weniger deutlich als in Österreich. Während in Österreich die 55-64 Jährigen einen nur mehr halb so hohen Anteil an der Beteiligung an Weiterbildung aufweisen (12,3%) wie im Schnitt (25,3%), liegt die Beteiligung der 55-64 Jährigen in Schweden nur 3,7%-Punkte unter dem landesweiten Schnitt von 48%. Abschließend kann also festgehalten werden, dass in Österreich Maßnahmen notwendig sind, um die Weiterbildungsbeteiligung insgesamt zu erhöhen, wobei besonders auch auf die Beteiligung Älterer zu achten ist. 7

Zusammenfassung und Schlussfolgerung Niedrigqualifizierte weisen sowohl ein deutlich erhöhtes Arbeitslosigkeitsrisiko als auch die geringste Beteiligung an Weiterbildung auf, wodurch ihre Chancen auf Reintegration in den Arbeitsmarkt noch weiter sinken. Demnach besteht die Gefahr dauerhafter Ausgrenzung dieser Personengruppe, und dies auch schon bei Jugendlichen, da die Arbeitslosenquoten niedrigqualifizierter Jugendlicher noch höher liegen als jene aller Niedrigqualifizierten. Eine Problemgruppe am Arbeitsmarkt sind aber nicht nur Niedrigqualifizierte, sondern in ganz besonderem Maße auch MigrantInnen. Die Arbeitslosenquote migrantischer Jugendlicher erreicht bis zu 27% und liegt damit sogar deutlich über dem EU-15 Schnitt, während die Gesamtarbeitslosigkeit in Ö deutlich unter dem EU-Schnitt liegt. Demnach sind migrantische Jugendliche, v.a. wenn sie noch dazu ein niedriges Qualifikationsniveau aufweisen, von der Gefahr dauerhafter Ausgrenzung besonders betroffen. Um den Gefahren einer dauerhaften Ausgrenzung entgegenzuwirken, ist es demnach erforderlich, primär MigrantInnen und niedrigqualifizierte Personen in Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen zu integrieren. Da es sich hierbei um bildungsferne Schichten handelt, wird es notwendig sein, auch konzeptionelle Anstrengungen zu unternehmen, um diesen Personenkreis zu erreichen. Darüber hinaus ist jedoch die Weiterbildungsbeteiligung in Österreich allgemein niedriger als z.b. in den skandinavischen Staaten, und ganz besonders trifft dies auf ältere Personen zu. Demnach laufen gerade in Zeiten eines raschen technologischen Wandels und sich stetig verkürzender Halbwertszeiten des Wissens die Älteren Gefahr, aufgrund veralteter Qualifikationen aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen zu werden. Um dieser Problematik zu begegnen ist es notwendig, Information, Beratung und Orientierung im Zusammenhang mit LLL zu forcieren. Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Primäre Zielgruppen der ESF-Ziel 2 Interventionen im Bereich Erwachsenenbildung des bm:bwk sollten der Ausgangslage und Problemsituation in Österreich entsprechend insbesondere: Niedrigqualifizierte und MigrantInnen sowie Ältere Personen und Jugendliche v.a. dann, wenn sie niedrigqualifiziert sind und/oder einen migrantischen Hintergrund aufweisen, sein. 8

Primäre strategische Ansatzpunkte der ESF-Ziel 2 Interventionen im Bereich Erwachsenenbildung des bm:bwk sind der aufgezeigten Problemsituation entsprechend: Nachholen von Bildungsabschlüssen für Niedrigqualifizierte, Spezifische Qualifizierungsmaßnahmen für MigrantInnen, Maßnahmen zur Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung allgemein sowie insbesondere der aufgezeigten Problemgruppen, Konzept- und Strategieentwicklung zur Implementierung des LLL im Allgemeinen sowie zur Integration bildungsferner Schichten im Besonderen. Diese Schwerpunktsetzung ergibt sich jedoch nicht nur aus der empirischen Analyse der Ausgangslage und Problemsituation in Österreich, sondern steht auch im Einklang mit der/dem: Europäischen Beschäftigungsstrategie 1 : Zur Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhalts sind im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie u.a. konsequente Maßnahmen erforderlich, um die soziale Eingliederung zu stärken, eine Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt zu verhindern, die Integration benachteiligter Menschen in den Arbeitsmarkt zu unterstützen und regionale Ungleichgewichte (...) abzubauen. Als Teil eines neuen generationsübergreifenden Ansatzes sollte der Situation junger Menschen (...) und der Förderung des Zugangs zur Beschäftigung während des gesamten Erwerbslebens besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ferner muss den Beschäftigungsdefiziten benachteiligter Menschen, auch von Menschen mit Behinderungen, sowie von Staatsangehörigen von Drittstaaten im Vergleich zu EU-Bürgern (...) besondere Aufmerksamkeit zukommen. Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung: Österreich 2 : Die Eckpunkte der ESF-Ziel 2 Programmplanung des Bereichs Erwachsenenbildung innerhalb des bm:bwk stimmen mit folgenden Leitlinien und den darunter definierten Interventionsbereichen des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung in Österreich überein: Leitlinie 1: Aktive und präventive Maßnahmen für Arbeitslose und Nichterwerbspersonen, Leitlinie 4: Förderung des Aufbaus von Humankapital und des Lebenslangen Lernens, Leitlinie 7: Förderung der Integration und Bekämpfung der Diskriminierung benachteiligter Menschen auf dem Arbeitsmarkt. 1 Amtsblatt der Europäischen Union: Entscheidung des Rates vom 12. Juli 2005 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedsstaaten, L 205/21, Brüssel, S.3. 2 Republik Österreich/BMWA: Fortschrittsbericht zum Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung 2004. Österreich, Wien. 9

Nationalen Aktionsplan für soziale Eingliederung: Österreich 3 : Im Nationalen Aktionsplan für soziale Eingliederung wird u.a. für Personen mit maximal Pflichtschulabschluss sowie für Nicht-EU-BürgerInnen eine erhöhte Armutsgefährdung ausgewiesen. Deshalb stellt es u.a. das Ziel dar, zur weiteren Integration der in Österreich befindlichen AusländerInnen beizutragen (Schlüsselziel 9) und den Zugang sozial Benachteiligter in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Wohnen zu verbessern (Schlüsselziel 11). 3 Republik Österreich/BMSG: 2. Nationaler Aktionsplan für soziale Eingliederung 2003-2005, Wien. 10