Gemeinschafspraxis Weidenbach & Balser (& Lenze) Hämatologie und internistische Onkologie, Erlenring 19 Marburg Gründung 1997 Diagnostik und konservative Therapie von hämatologischen und onkologischen Erkrankungen Transfusion von ca. 850 Blutkonserven/Jahr Unverträglichkeitsreaktionen (Fieber, Hämolyse, Kreislaufreaktionen) etc < 0,01 % Pro: konstante Versorgung durch eine Institution (Universitätsblutbank in Marburg) alle Pat. persönlich bekannt wenige Ärzte (3) und Mitarbeiter (4) involviert strenge, individuelle Indikationsstellung
Herr W., geb 1944 W. H., 62 jähriger Mann, Akademiker (BWL), geschieden, jünger wirkend. Schwerer Verkehrsunfall 1968 mit multiplen Operationen, lange auf Intensivstation gelegen, ansonsten keine Vorerkrankungen. 08/06: Schwäche, Leistungsknick, Laboruntersuchung beim Hausarzt: Hb 7,0, Thrombozyten 100 G/l, CRP 164, es wird eine Krankenhausaufnahme angeordnet, welche aber vom Patienten abgelehnt wird. Pat geht daraufhin zu einer anderen Hausärztin, die die schlechten Blutwerte Anfang 09/06 bestätigt und nach Verzögerung durch den Patienten weitere Diagnostik einleitet.
Die Diagnose Bei Vorstellung sehr blasser Pat., tachykard, deutliche Gingivahyperplasie, Hb 3.9, Leukos 9.9, Thrombos 40 G/l. Im Differenzialblutbild 70 % der Leukozyten Blasten, somit akute Leukämie. (Akute myeloische Leukämie M4) Befund bestätigt sich in der Diagnostik des Knochenmarks mit hochgradiger Verdrängung des Knochenmarks durch leukämische Blasten. Pat. erhält 2 Erythrozytenkonzentrate und wird über seine Diagnose aufgeklärt. Er wird über eine notwendige weitere Behandlung mittels sehr intensiver zytostatischer Therapie mit einer etwa 60-70 % Chance auf ein langfristiges Heilung informiert, für die Behandlung ist eine stationäre Aufnahme jedoch zwingend notwendig.
Der Konflikt Vorstellung im Universitätsklinikum für ein ambulantes Beratungsgespräch. Oberarzt in der Abteilung für Hämatologie informiert über Behandlungsmöglichkeiten, Pat. verweigert aber weiterhin eine stationäre Behandlung. Er wurde darüber aufgeklärt, das es jederzeit zu einer dramatischen Verschlechterung seines Befinden kommen kann und Lebensgefahr besteht. Er verlässt das Krankenhaus gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat. Bei der Wiedervorstellung zur erneuten Bluttransfusion 3 Tage später in meiner Praxis erläutert Herr W. seine Gründe: Wahrscheinlich werde er nach einer zytostatischen Therapie auf Dauer geschwächt sein. Er würde nicht mehr der sein, der einmal war, nur noch ein alter, kranker Mann. Auch habe er sich in der Vergangenheit schon häufiger mit Suizidgedanken getragen und verstehe dies nun als eine schicksalhafte Wendung seines Lebens.
Die Entscheidung Er wisse, das er nun an den Folgen seiner ungehindert voranschreitenden Leukämie sterben müsse. Er bittet um einen Prognose wieviel Zeit Ihm bis zu seinem Tod bei unbehandelter Leukämie verbleiben werde. Ich lasse mich zu einer Prognose von 4-8 Wochen hinreißen, auch in der Hoffnung das Herr W. nun doch noch in eine Chemotherapie in Marburg oder auch in einer anderer großen Klinik (z.b. Gießen) einwilligen werde. Herr W. weicht aber nicht von seiner Entscheidung ab sondern beginnt unverzüglich seinen Hausstand aufzulösen und seine Angelegenheiten zu regeln.
Der Verlauf Bisher hatte Herr W. bis auf die durch die erhebliche Anämie bedingte Schwäche geringe Beschwerden durch seine Erkrankung. Er erhält daher wiederholt Blutkonserven, der Hb-Wert wird hierdurch auf Werte > 7,5 g/dl stabilisiert Es entwickelt sich nun eine ausgeprägte, schmerzhafte Stomatitis und weitere Zunahme der Gingivahyperplasie. Ein unangenehmer Foetor ex ore durch eine bakterielle Zersetzung und Entzündung in den Zahntaschen belastet zusätzlich den Patienten. Zur Behandlung beginnt Herr W. Heroin zu nehmen, kommt wegen der unsicheren Versorgung über den schwarzen Markt wieder davon ab und lässt sich auf die Behandlung mit einem kommerziellen Opiat ein. Besserung unter Dauertherapie mit Amoxcillin 3x1000 mg täglich. Es vergehen 10 Tage ohne besondere Ereignisse, durch eine erneute Bluttransfusion kann der Hb- Wert stabilisiert werden, die Thrombozyten fallen auf Werte von 4000-18 000 /ul, Blutungen treten aber nicht auf.
Das Ende Am 26.10.2006 bei einer geplanten Blutbildkontrolle gibt Herr W. Luftnot an sowie vermehrtes Schwitzen an. Hustenreiz, Auswurf, oder Fieber werden verneint. Im Röntgenbild findet sich ein großes Lungeninfiltrat. Eine antibiotische Therapie mit einem intravenösen Cephalosporin wird begonnen. Erneut wird Herr W. auf die Notwendigkeit einer stationären Therapie hingewiesen. Er lehnt erneut ab. Auch die Aufnahme in ein Hospiz lehnt Herr W. zu diesem Zeitpunkt ab. Er ist sich der Schwere seiner Erkrankung aber bewusst. 27.10. Erneute Gabe von 2 g Cephalosporin, jetzt blutiger Auswurf und starkes Schwitzen, zusätzlich Paracetamol gegen Fieber. 28.10. Sohn ruft an, Herr W. verwirrt, nicht mehr orientiert. Mehrfache Telefongespräche mit dem Sohn und Besuch durch den ärztlichen Notdienst. In der Nacht Sturz von Herr W. in der Wohnung, Sohn fühlt sich der Situation nicht mehr gewachsen und ruft den Rettungswagen. Pat wird ins wegen der örtlichen Nähe ins Uniklinikum eingeliefert. In der Uniklinik wird der Wunsch des Pat. respektiert. Es wird keine Chemotherapie begonnen. Am 29.10.2006 starb Herr W. in der stationären Behandlung des Klinikums.
Fr. K., geb. 1915 Art. Hypertonie, Trigeminusneuralgie, Herzinsuffizienz, absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern, Niereninsuffizienz, Eisenmangelanämie 03/03, Gastroskopie 04/03 mit Nachweis eines Magenkarzinoms Operative Behandlung wird von Patientin (88J) abgelehnt Pat. zugänglich, orientiert, noch selbst versorgend, mehrfach Transfusionen im Krankenhaus, erstmalige Vorstellung in unserer Praxis 15.03.2005 (90J) mit Leuko 4.7, Hb 6.9, Thrombo. 251 G/l, Transfusion von 2 Blutkonserven -> Hb 9.2 Wiederholte Transfusionen von je 2 Blutkonserven in zehn- bis vierzehntägigen Abständen in unser Praxis Pat. positiv im Antikörpersuchtest irregulären erythrozytären Antikörpern (Anti C, Anti D) und freien Wärmeautoantikörpern Pat. Wird im Verlauf der Behandlung im Umgang schwieriger, redet häufig davon das sie das Leben leid sei, immer krank und schwach zu sein, sie möchte am liebsten sterben. Sie verweigert in 10/05 daher die Wiedervorstellung zur Blutbildkontrolle und Transfusion. Auch weiterhin jedoch keine Schmerzen oder anderen Symtome.
Fr. K., geb. 1915 Die Patientin wird nun mehrfach für einige Tage notfallmäßig in ein Krankenhaus in der Nähe zur Transfusion aufgenommen. Wegen zunehmender Verwirrtheit wird eine Betreuung eingerichtet und die Patientin wird in ein Pflegeheim entlassen. Wiedervorstellung 27.03.2005 mit Leuko 5.3, Hb 5.5, Thrombo. 268 G/l, Pat. hat im Krankenhaus folgende Medikation bekommen: Nexium 20mg 0-0-1, Furosemid 20 mg 1-0-0, ACC long 1-0-0, Movicol Beutel 1-0-0, Metoprolol 50mg ½-0-0, Folsäure 1-0-0, Orelox 1-0-1 für weitere 5 Tage, zusätzlich 1x1 ASS 100 mg zur Behandlung ihrer Absoluten Arrhythmie zur Prophylaxe cerebral-ischämischer Ereignisse. Absetzen von ASS 100 mg, erneute Transfusion von je 2 Blutkonserven in wöchentlichen Abständen, trotzdem minimaler Hb Wert 4,9 am 20.4.06 Weitere Transfusionen als Hausbesuch im Pflegeheim, Stabilisierung des Hb-Wertes bei Werten zwischen 6 7. Pat. verstirbt am 06.05.2006 (wurde tot im Bett aufgefunden) (91J) Insgesamt Übertragung von 44 Konserven
Fr. B. 26J Morbus Crohn seit 1997, wiederholte Schübe 10/06 erneute transanale Blutung und abdominelle Schmerzen, Vorstellung beim Koloproktologen, Befund einer unpassierbaren Sigmastenose, Operation angeraten Bei Vorstellung in unserer Praxis Hb 6,1, persistierende transanale Blutabgänge Transfusion von 4 Blutkonserven innerhalb von 4 Tagen Bisher Prednisolon 60mg/d, zusätzlich jetzt Cyclosporin 200mg/d (4 Wo) und 150 mg/d Azathioprin Dauertherapie Sistieren der Blutungen nach 6 Tagen, Verfestigung des Stuhlgangs nach 10 Tagen, Pat. beschwerdefrei, 02/07 normale Werte des Blutbildes bis auf leichte Leukopenie
Fr. R., 34 J Im Alter von 9-12 J sexueller Missbrauch durch Familienmitglied Wiederholte Suizidversuche, Entwicklung einer Anorexia nervosa und neurotische Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägten Autoaggressivität, multiple Krankenhausaufenthalte (Innere Medizin, Chirurgie, Psychatrie), Pat beginnt sich selbst Blut abzunehmen, im Verlauf Vernarbung aller Gefäße an den Armen, Stabilisierung der Anämie mit 29 J Hb minimal 4,8, immer wieder gastrointestinale Diagnostik ambulant und in Klinken ohne Nachweis einer Blutungsquelle, Pat. verweigert psychiatrische Mitbehandlung Eisenmangelanämie wird nun durch wiederholte Epistaxis unterhalten, Pat gibt Selbstinduktion der Blutungen bei einem Gespräch zu, leugnet aber später wieder konsequent autoaggressiven Verhaltens Mit 32 J Versuch einer einer Operation durch HNO Klinik, danach leider deutliche Zunahme der Epistaxis und Vertiefung der Anämie
Fr. R., 34 J Im Alter von 32 J 09/04 Vorstellung in unsere Praxis mit Hb 5,9 Im Verlauf Bluttransfusionen über Punktionen der Vena jugularis externa und über Portkatheter zwischen 09/04 und 02/07 (124 Wo) Übertragung von 160 Blutkonserven in unserer Praxis und weiteren ca 50 Konserven in anderen Institutionen (Uniklinik MR, GI, Diakonie und Rotkreuz Biedenkopf) Hb schwankte zwischen 2,9 (04/05) und maximal 7,7 (02/06) Besserung nach Hysterektomie 08/05 (Hypermenorrhoen) Nach Op Wundheilungsstörung und Fistelung zum Darm Nach wiederholter Portkatheterinfektion Trikuspidalklappenendokarditis mit septischen Lungenabzessen 11/06 8 Wochen stationäre Behandlung Grand mal Anfall bei Hb 5,1 (02/07), Prognose unsicher