Stellungnahme. des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft



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Transkript:

Stellungnahme des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz vom 16.03.2015 Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 Berlin Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel.: +49 30 2020-5332 Fax: +49 30 2020-6332 51, rue Montoyer B - 1000 Brüssel Tel.: +32 2 28247-30 Fax: +32 2 28247-39 Ansprechpartner: Jörg Pohlücke Haftpflicht-, Kredit-, Transport- und Luftfahrtversicherung, Statistik E-Mail: j.pohluecke@gdv.de www.gdv.de

Inhaltsübersicht 1. Betroffenheit der Versicherungswirtschaft 2. Inkongruente Deckung ( 131 InsO-E) 3. Vorsatzanfechtung ( 133 InsO-E) 4. Verzinsung ( 143 InsO-E) Zusammenfassung Die Versicherungswirtschaft begrüßt die im Referentenentwurf vorgesehene inhaltliche und zeitliche Begrenzung der Vorsatzanfechtung. Begrüßt wird insbesondere, dass die Bitte des Schuldners um eine verkehrsübliche Zahlungserleichterung für sich genommen nicht mehr zum Anknüpfungspunkt für die Begründung eines Anfechtungsanspruchs gemacht werden kann. Auch die Verkürzung der Anfechtungsfrist bei Deckungshandlungen von zehn auf vier Jahre sowie die Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs sind zu begrüßen. Die Versicherungswirtschaft hält es für geboten, auch den Austausch von Sicherheiten durch gleichwertige andere Sicherheiten von der Anfechtung nach 131 InsO freizustellen. Seite 2 / 8

1. Betroffenheit der Versicherungswirtschaft Die Versicherungswirtschaft ist sowohl bei der Gewährung verkehrsüblicher Zahlungserleichterungen im gewerblich-industriellen Versicherungsgeschäft (hierzu a.) als auch in Bezug auf die Geschäftstätigkeit der Kredit- und Kautionsversicherer (hierzu b.) von der Entwicklung der insolvenzrechtlichen Anfechtungspraxis betroffen. a. Zahlungserleichterungen im Firmenkundengeschäft Im gewerblich-industriellen Versicherungsgeschäft ist es häufig erforderlich, zur Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung Zahlungs- oder Stundungsvereinbarungen mit den Versicherungsnehmern zu treffen. Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet die KFZ-Versicherung von Fahrzeugflotten. Kommt es hier zu Zahlungsschwierigkeiten, werden häufig entsprechende Zahlungsvereinbarungen zur Überbrückung wirtschaftlicher Schwierigkeiten getroffen. Auf diese Weise kann eine Kündigung des Versicherungsvertrages vermieden werden, die eine die Existenzgrundlage des Unternehmens gefährdende Zwangsstillegung der Fahrzeuge zur Folge hätte. Derartige Zahlungsvereinbarungen unterliegen nach derzeitiger Rechtslage und Anfechtungspraxis der Insolvenzverwalter einem hohen Anfechtungsrisiko. b. Kredit- und Kautionsversicherung Die Kreditversicherung bietet Schutz vor Forderungsausfällen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen. Mit ihr kann der Lieferant die aus der Gewährung des Lieferantenkredits entstehenden Risiken eingrenzen. Die Insolvenz des Abnehmers bedeutet für den Versicherer, dass er von seinem Kunden in Anspruch genommen wird. Das Volumen der von den deutschen Kreditversicherern in Deckung genommenen Liefergeschäfte betrug im Jahr 2014 rd. 387 Mrd. Euro. Eine wesentliche Funktion der Kreditversicherung liegt darüber hinaus in der Schadenminderung, etwa durch aktive Mitwirkung an Sanierungskonzepten bei Unternehmenskrisen sowie die professionelle Beratung und Vertretung der Lieferantengläubiger im Insolvenzverfahren einschließlich der Mitwirkung in Gläubigerausschüssen. Gewährt der Lieferant (= Kunde des Kreditversicherers) als Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung gem. 144 Absatz 1 InsO wieder auf. Die Anfechtung wirkt auf den Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung (Zahlung der Forderung) zurück, und der Kreditversicherer muss nach den Voraussetzungen zum Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung die Entschädigung prüfen Seite 3 / 8

und ggf. über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren rückwirkend leisten. Zwischen dem Kreditversicherer und seinem Kunden besteht hierbei durch die im Versicherungsvertrag vereinbarte spürbare Selbstbeteiligung eine Risikopartnerschaft. In der Kautionsversicherung übernimmt der Versicherer Bürgschaften zur Sicherung vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtungen, deren Schuldner der Versicherungsnehmer ist. Wird der Versicherungsnehmer insolvent, kann der Begünstigte den Versicherer in Anspruch nehmen. Nach vollständiger Zahlung aus der Bürgschaft geht die Forderung des Bürgschaftsgläubigers gegen den Gemeinschuldner auf den Kautionsversicherer als Bürgen über. Die deutschen Kautionsversicherer haben im Jahr 2014 Bürgschaften mit einem Gesamtvolumen von über 40 Milliarden Euro übernommen. Insbesondere in der Bauwirtschaft sowie im Maschinenund Anlagenbau sind Kautionsversicherungen weit verbreitet. 2. Inkongruente Deckung ( 131 InsO-E) a. Zwangsvollstreckung Nach dem Entwurf sollen Deckungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines in einem gerichtlichen Verfahren erlangten vollstreckbaren Titels erwirkt wurden, nicht nach 131 InsO anfechtbar sein. Die Änderung, durch die die Gläubiger mehr Rechtssicherheit beim Erhalt von Zahlungen aus Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangen, wird begrüßt. Es erscheint nicht sachgerecht, dass Gläubiger unabhängig von der Kenntnis der Krise des Schuldners ihren Vollstreckungserfolg wieder herausgeben müssen. Durch die Beschränkung auf in gerichtlichen Verfahren erlangte Titel wird zudem erreicht, dass Finanzamt und Sozialversicherungsträger, die sich selbst vollstreckbare Titel verschaffen können, von der Privilegierung ausgenommen werden. b. Austausch von Sicherheiten Wir regen an, den Ersatz von Sicherheiten durch gleichwertige andere Sicherheiten von der Anfechtung nach 131 InsO freizustellen. Seite 4 / 8

Ein derartiger Austausch von Sicherheiten wird in der Kautionsversicherung mitunter in der Sanierungsphase eines Versicherungsnehmers praktiziert, indem der Versicherer von einer bereits bestehenden Sicherheit (z.b. Barsicherheit) zu einer anderen Sicherungsform (z.b. Bankgarantie) wechselt, um so dem Versicherungsnehmer weitere Liquidität zu verschaffen. Scheitert die Sanierung, so muss der Kautionsversicherer mit der Anfechtung des Austausches der Sicherheit nach 131 InsO rechnen, auch wenn der Austausch adäquat - Höhe und Werthaltigkeit der Sicherheit sind gleich - und damit ausschließlich im Interesse des Versicherungsnehmers erfolgt. Der Wechsel der Sicherheit könnte das Tatbestandsmerkmal nicht in der Art zu beanspruchen erfüllen. Es wird daher angeregt, in 131 Abs. 1 InsO folgenden Satz 2 anzufügen: Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung dem Insolvenzgläubiger eine Sicherheit gewährt oder ermöglicht, mit der lediglich eine bereits bestehende Sicherheit in gleicher Höhe und Werthaltigkeit ersetzt wird. 3. Vorsatzanfechtung ( 133 InsO-E) a. Einschränkung der Vorsatzanfechtung ( 133 Abs. 1 und 3 InsO-E) (1) Der Entwurf beschränkt den Anwendungsbereich der Vorsatzanfechtung auf Fälle der vorsätzlichen unangemessenen Gläubigerbenachteiligung. Nicht unangemessen und damit auch nicht anfechtbar sind nach dem Entwurf Rechtshandlungen im Rahmen eines wertäquivalenten, zur Fortführung des Unternehmens notwendigen Bargeschäfts oder Rechtshandlungen im Rahmen eines ernsthaften Sanierungsversuchs ( 133 Abs. 1 S. 1 und 2 InsO-E). Wenngleich aufgrund der Aufnahme neuer unbestimmter Rechtsbegriffe ( zur Fortführung seines Unternehmens erforderlich ; Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs ) Interpretationsspielräume verbleiben, die von der Rechtsprechung zu klären sein werden, ist die Regelung insgesamt zu begrüßen, zumal an die bestehende Rechtsprechung zum ernsthaften Sanierungsversuch angeknüpft werden kann. Der Rechtsverkehr wird sich jedenfalls in höherem Maße als bisher darauf verlassen können, dass in diesen Konstellationen künftig keine Vorsatzanfechtung droht. Seite 5 / 8

(2) Für kongruente Deckungsgeschäfte sieht der Entwurf ferner vor, dass die gesetzliche Vermutung der Kenntnis des Gläubigers vom Vorsatz des Schuldners künftig auf den Fall der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit beschränkt wird ( 133 Abs. 3 S. 1 InsO-E). Die mit der Neuregelung verbundene Einschränkung der Reichweite der Vermutungsregel ist sachgerecht und wird begrüßt. Es erscheint zu weitgehend, der bloßen Kenntnis von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit bereits indizielle Wirkung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz beizumessen. (3) Zudem sieht der Entwurf vor, dass die Kenntnis des Gläubigers vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht allein daraus abgeleitet werden kann, dass der Schuldner bei diesem im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs um eine Zahlungserleichterung nachgesucht hat ( 133 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 InsO-E). Die Neuregelung wird ausdrücklich begrüßt. Die Versicherungswirtschaft hat bereits in ihrem an das BMJV gerichteten Positionspapier vom 25.06.2014 ausführlich dargelegt, dass sich insbesondere die weitreichende Anwendung von 133 InsO auf Ratenzahlungs-, Stundungs- und Verzichtsvereinbarungen als problematisch erwiesen hat. Die jüngere Rechtsprechung des BGH hat in Verbindung mit einer teilweise exzessiven Anwendung seitens der Insolvenzverwalter zu einer Zunahme von Vorsatzanfechtungen im Zusammenhang mit Zahlungserleichterungen und zu einer sanierungsschädlichen Rechtsunsicherheit geführt. Nach internen Erhebungen der Kreditversicherer sind den von ihnen untersuchten Vorsatzanfechtungen in den meisten Fällen derartige Vereinbarungen ihrer Versicherungsnehmer vorausgegangen. Die Insolvenzverwalter prüfen Kontoumsätze gezielt auf entsprechende Vereinbarungen und erklären in der Folge deren Anfechtung. Sie verfolgen die Anfechtung auch konsequent gegenüber kleineren mittelständischen Unternehmen, was für diese mit erheblichen finanziellen Belastungen bis hin zum eigenen Insolvenzrisiko verbunden ist. Darüber hinaus schließt die Versicherungswirtschaft im gewerblichindustriellen Versicherungsgeschäft auch selbst Ratenzahlungs- oder Stundungsvereinbarungen mit ihren Versicherungsnehmern zum Erhalt der Geschäftsbeziehung ab. Auf diese Weise kann eine die Existenz- Seite 6 / 8

grundlage des Unternehmens potentiell gefährdende Kündigung des Versicherungsvertrages vermieden werden. Derartige Zahlungsvereinbarungen sind nach derzeitiger Rechtslage und Anfechtungspraxis der Insolvenzverwalter nicht anfechtungssicher. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass der Referentenentwurf die Gewährung von Zahlungserleichterungen zur Überbrückung vorübergehender Liquiditätsengpässe auf eine sicherere Grundlage stellt. Beträchtliche Zahlungsrückstände und die Kenntnis von einer schleppenden Zahlungsweise sind für die Geschäftspartner des Schuldners regelmäßig der Grund für den Abschluss von Ratenzahlungs-, Stundungs- oder Verzichtsvereinbarungen. Mit der Neuregelung wird ausgeschlossen, dass allein hierauf eine Anfechtung erfolgversprechend gestützt werden kann. Diesem gesetzgeberischen Ziel trägt auch ein jüngst vom BGH veröffentlichter Beschluss vom 16.04.2015 (IX ZR 6/14) Rechnung. Nach dessen Leitsatz ist die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. b. Anfechtungszeitraum ( 133 Abs. 2 InsO-E) Die im Entwurf vorgesehene Verkürzung der Anfechtungsfrist bei Deckungshandlungen von zehn auf vier Jahre wird ebenfalls begrüßt. Die bisherige Zehn-Jahres-Frist geht über die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen teilweise deutlich hinaus und steht der erforderlichen Rechtssicherheit für die Gläubiger entgegen. Die Aufrechterhaltung der Zehn-Jahres- Frist für klassische Anwendungsfälle der Vorsatzanfechtung (Vermögensverschiebungen, Bankrotthandlungen etc.) erscheint sachgerecht. 4. Verzinsung ( 143 InsO-E) Dass sich die Verzinsung künftig nach den Regeln des Schuldnerverzugs oder des 291 BGB richten soll, wird begrüßt. Die gegenwärtige Rechtslage belastet den Anfechtungsgegner mit erheblichen Zinsrisiken und setzt Fehlanreize zu einer verzögerten Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen. Der Anfechtungsgegner hat die insolvenzrechtliche Forderung ab Entstehung des Rückgewähranspruchs zu verzinsen. Dieser Anspruch wird mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Seite 7 / 8

fällig. Damit steigt das wirtschaftliche Risiko für den Anfechtungsgegner in Abhängigkeit von der Dauer des Insolvenzverfahrens. Berlin, den 08.06.2015 Seite 8 / 8