Zeitschrift für Nephrologie und Hypertensiologie Organ der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin Organ des Berufsverbandes Deutscher Internisten

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Transkript:

Der Nephrologe Zeitschrift für Nephrologie und Hypertensiologie Organ der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin Organ des Berufsverbandes Deutscher Internisten Elektronischer Sonderdruck für C. Licht Ein Service von Springer Medizin Nephrologe 2011 6:355 364 DOI 10.1007/s11560-011-0531-9 Springer-Verlag 2011 zur nichtkommerziellen Nutzung auf der privaten Homepage und Institutssite des Autors M. Riedl C. Licht Hämolytisch-urämisches Syndrom und membranoproliferative Glomerulonephritis Ein Spektrum? www.dernephrologe.de

Pädiatrische Nephrologie Nephrologe 2011 6:355 364 DOI 10.1007/s11560-011-0531-9 Online publiziert: 6. Mai 2011 Springer-Verlag 2011 Redaktion D. E. Müller-Wiefel, Hamburg M. Riedl 1 C. Licht 2, 3 1 Department für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Innsbruck 2 Division of Nephrology, The Hospital for Sick Children, Toronto, ON, MSG IX8 3 University of Toronto, ON, Canada Hämolytisch-urämisches Syndrom und membrano proliferative Glomerulonephritis Ein Spektrum? Ein vertieftes Verständnis für die Prinzipien des Komplementsystems und zunehmendes Detailwissen über dessen Funktionsmechanismen haben im Verlauf der vergangenen 20 bis 25 Jahre 2 Entwicklungen nach sich gezogen: Einerseits hat sich das Komplementsystem seiner eher unscheinbaren Rolle im Kontext des humanen Immunsystems entledigt und wird heute als hoch aktive, integrale Komponente eines komplexen Kontinuums verstanden, in dem eine Vielzahl bioaktiver Systeme wie z. B. das Gerinnungs- oder Entzündungssystem interagieren [1]. Andererseits haben wir begonnen zu verstehen, wie Defekte des Komplementsystems, insbesondere der Regulation des alternativen Komplementwegs, Krankheiten verursachen können. Die membranoproliferative Glomerulonephritis (MPGN) und das atypische hämolytisch-urämische Syndrom (ahus) sind die beiden derzeit am besten definierten Beispiele für Nierenerkrankungen, die als komplementvermittelt gelten. Neben der Betrachtung dieser individuellen Diagnosen gewinnt in jüngster Zeit aber ein neues Konzept an Bedeutung, das ein phänotypisches Spektrum komplementvermittelter Erkrankungen definiert und dabei eine Reihe individueller Diagnosen, u. a. MPGN und ahus, einschließt. Im Folgenden soll zunächst das Komplementsystem, insbesondere sein krankheitsrelevanter alternativer Weg, erklärt werden. Anschließend werden der Zusammenhang zwischen individuellen Komplementdefekten und den spezifischen Diagnosen MPGN und ahus beschrieben und die sich daraus ableitenden Therapieoptionen diskutiert. Schließlich wird das Konzept eines diagnoseübergreifenden Spektrums komplementvermittelter Erkrankungen wie ahus und MPGN diskutiert. Komplementsystem Die Hauptaufgabe unseres Immunsystems ist die Abwehr von Mikroorganismen und der Schutz von körpereigenen Proteinen (. Abb. 1). Das Komplementsystem, der älteste Teil unseres Immunsystems, dessen Vorstufen mehrere 100 Mio. Jahre zurückreichen, gehört zur angeborenen Immunität. Es besteht aus einer Kaskade von Proteinen und Enzymen, die in den Körper eingedrungene Mikroorganismen (und Immunkomplexe) durch Opsonisierung, Phagozytose oder Lyse entfernen sollen. Außerdem stellt das Komplementsystem ein wichtiges Verbindungsglied zur adaptiven Immunität dar [2]. Die Aktivierung des Komplementsystems kann auf 3 verschiedenen Wegen erfolgen, die alle zur Aktivierung des zentralen Komplementproteins und nachfolgend über mehrere Zwischenschritte zur Formation einer potenziell lytischen Membranpore (terminaler Komplementkomplex, TCC, C5b-9) führen. Eine Dysregulation des Komplementsystems spielt für verschiedene Erkrankungen eine Rolle so z. B. für das hereditäre Angioödem, den systemischen Lupus erythematodes, die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) und schließlich für HUS und MPGN [3]. Das HUS ist eine Erkrankung aus dem Formenkreis der thrombotischen Mikroangiopathien (TMA) und ist charakterisiert durch die klinische Trias bestehend aus hämolytischer Anämie, Thrombozytopenie und akutem Nierenversagen, verursacht durch den thromboembolischen Verschluss der glomerulären Kapillarschlingen [4]. Im Gegensatz dazu zeigt die MPGN typische Muster glomerulärer Immunglobulin- und Komplementablagerungen, die traditionell elektronenmikroskopisch lokalisiert werden: subendothelial im Fall der Typ-I-MPGN, innerhalb der glomerulären Basalmembran (GBM) im Fall der Typ-II-MPGN (auch dense deposit disease, DDD) oder subendothelial und subepithelial im Fall der Typ-III-MPGN [5]. > HUS und MPGN zeigen einen rasch progredienten Verlauf bis hin zur Niereninsuffizienz und ein hohes Rekurrenzrisiko Trotz der unterschiedlichen klinischen Präsentation finden sich bei beiden Erkrankungen ein rasch progredienter Verlauf bis hin zur Niereninsuffizienz und ein hohes Rekurrenzrisiko, das auch nach einer Nierentransplantation bestehen bleibt. Beiden Erkrankungen gemeinsam Der Nephrologe 4 2011 355

Pädiatrische Nephrologie Klassischer Weg Immunkomplexe Apoptotische Zellen C1 (C1q, C1s, C1r) Lektin (MBL) Weg Mannosegruppen MASP-1, MASP-2 Alternativer Weg konstant aktiviert Hydrolisierung (H2O) AKTIVIERUNG C4 + C2 Konvertase C4a2b a Schwaches Anaphylatoxin b Opsonisierung ib* C5 Konvertase C4a2bb/BbBbb Faktor Bb Konvertase BbBb (H2O)Bb AMPLIFICPATION LOOP C5 C5a C5b Starkes Anaphylatoxin Chemotaxis +C6 Proinflammatorisch +C7 Prothrombotisch +C8 Verbindung zur adaptiven Immunität +C9 * ib = inaktive Form Terminaler Komplementkomplex Zelllyse Prothrombotisch TERMINALER WEG Abb. 1 9 Überblick über die 3 Aktivierungswege des Komplementsystems ist nach heutigem Wissensstand eine unkontrollierte Aktivierung des alternativen Komplementwegs, die durch Mutationen in Suszeptibilitätsgenen (d. h. komplementregulatorisch aktiven Plasma- oder Membranproteinen) oder durch erworbene Antikörper verursacht wird [6, 7, 8]. Alternativer Komplementweg Aktivierung und Regulierung Aktivierung Das Komplementsystem besteht aus einer Kaskade von über 30 Proteinen und Enzymen, die auf 3 verschiedenen Wegen aktiviert werden können (. Abb. 1). Der klassische Weg und der Lektinweg sind induzierbar und werden durch Immunkomplexe (klassischer Weg) bzw. repetitive Mannosegruppen, die sich z. B. auf der Oberfläche von Bakterien finden, aktiviert (Mannose-bindendes-Lektin-Weg, MBL-Weg; [9]). Im Gegensatz hierzu ist der alternative Weg dauerhaft aktiv und bedarf daher einer negativen Regulation, die durch ein vielschichtiges System von zirkulierenden und membranständigen Komplementproteinen gewährleistet wird [10]. ist ein hoch konzentriertes Plasmaprotein, das ein lokal toxisches Milieu für die Bekämpfung von Mikroorganismen erzeugt. Ein kleiner Teil des zirkulierenden wird kontinuierlich spontan durch Hydrolisierung eines Thioesthers zu (H 2 O) autoaktiviert ( tick over ). Die Konfirmationsänderung führt zu einer verbesserten Bindungsfähigkeit weiterer Proteine wie zum Beispiel Faktor B (CFB) und ermöglicht so im Zusammenspiel mit Faktor D (CFD), der -gebundenen CFB aktiviert, die Formierung der alternativen -Konvertase (bbb; [11]). Dieser neu entstandene Komplex kann selbst wiederum binden und aktivieren und schließt so eine Amplifikationsschleife, die lokal innerhalb kürzester Zeit zur Bildung einer großen Anzahl von hoch aktiven und damit potenziell toxischen -Molekülen führt [2]. Der nächste Schritt in der Komplementkaskade ist die durch b induzierte Bildung der C5-Konvertase (bbbb), die C5 aktiviert: C5 wird in C5a und C5b gespalten, was einerseits zur Entstehung eines potenten Anaphylatoxins (C5a) und andererseits zur Initiierung des terminalen Komplementwegs und der schrittweisen Formierung des terminalen Komplementkomplexes (TCC, C5b-9), bestehend aus den Komplementproteinen C5b, C6, C7, C8 und C9, führt [9]. Neben den Anaphylatoxinen a und C5a und dem TCC entstehen bei der Aktivierung der Komplementkaskade noch weitere biologisch aktive Substanzen sowie Proteine (C4b, b und ib), deren Aufgabe die Abwehr von Mikroorganismen durch Opsonisierung, Leukozytenaktivierung und Phagozytose ist [9, 12]. Regulierung Faktor H (CFH) ist der wichtigste Regulator des alternativen Komplementwegs (. Abb. 2a). CFH ist ein hochmolekulares (150 kd) Protein mit einer Plasmakonzentration von etwa 500 µg/ml, das überwiegend aus der Leber stammt, aber auch von anderen Zellen (z. B. Endothelzellen, Mesangiumzellen, Podozyten) synthetisiert wird [5]. CFH besteht aus 20 sog. short consensus repeats (SCR) mit Bindungsstellen für b, Heparin, CRP, Zelloberflächen (vermittelt durch den C-Terminus, SCR 19 20) und Bakterien [13, 14]. CFH ist an der Kontrolle des alternativen Komplementwegs in 3-facher Weise beteiligt (vermittelt durch den N-Terminus, SCR 1 4; [12]): 356 Der Nephrologe 4 2011

Zusammenfassung Abstract F CFH dient als Kofaktor für die Serinprotease Faktor I (CFI), die im Zusammenspiel mit dem membrangebundenen Komplementrezeptor 1 (CR1, CD35) b proteolytisch in die inaktive Form (ib) spaltet ( cofactor activity ; [15]). F CFH bindet kompetitiv an b, verhindert dadurch die Bindung von CFB und b und damit die Bildung der alternativen -Konvertase (bbb). F CFH unterstützt die Dissoziation der alternativen -Konvertase (bbb; decay acceleration ). Neben den komplementregulatorisch aktiven Plasmaproteinen gibt es noch eine Reihe membrangebundener Regulatoren: MCP ( membrane cofactor protein, CD46; [16]), THBD (Thrombomodulin, CD141; [6, 17]), DAF ( decay accelerating factor, CD55; [18]), CR1 ( complement receptor 1, CD35; [19]) und CD59 [20]. Im Gegensatz zu Endothelzellen und Podozyten, die diese membranständigen Komplementregulatoren exprimieren, hängt der Schutz der GBM ausschließlich von CFH ab, der u. a. von Mesangiumzellen und Podozyten sezerniert wird und aufgrund seiner negativen Ladungseigenschaften leicht an die GBM binden kann [12]. Membranoproliferative Glomerulonephritis Der Terminus membranoproliferative Glomerulonephritis (MPGN) ist ein histo morphologischer Begriff, der sich auf typische Veränderungen in der Nierenbiopsie bezieht. Diese sind charakterisiert durch eine Proliferation des Mesangiums, eine Hyperzellularität des Glomerulus und eine Verdickung der kapillären Gefäßwand Befunde, die auch die alternative Bezeichnung mesangiokapilläre Glomerulonephritis erklärt. Die lichtund elektronenmikroskopische Evaluation der Nierenbiopsate betroffener Patienten führte zur traditionellen Einteilung der MPGN in 3 Subtypen: Typ I und III haben vor allem subendotheliale bzw. subendotheliale/subepitheliale, Typ II hingegen vor allem intramembranöse Immunkomplexablagerungen, was auch zur Nephrologe 2011 6:355 364 Springer-Verlag 2011 DOI 10.1007/s11560-011-0531-9 M. Riedl C. Licht Hämolytisch-urämisches Syndrom und membranoproliferative Glomerulonephritis. Ein Spektrum? Zusammenfassung Die membranoproliferative Glomerulonephritis (MPGN), insbesondere Typ II oder DDD ( dense deposit disease ), und das atypische hämolytisch-urämische Syndrom (ahus) sind Erkrankungen, die durch Defekte in der Regulation des alternativen Komplementwegs verursacht werden. Während bei der MPGN Störungen der Komplementregulation im Plasma überwiegen, ist beim ahus die Komplementregulation vor allem auf der Oberfläche von Endothelzellen defekt. Therapeutische Strategien für beide Erkrankungen zielen auf die Wiederherstellung der Aktivitätskontrolle des alternativen Komplementwegs oder dessen gezielte Inhibierung. Moderne pathophysiologische Konzepte gehen von einem Spektrum von Komplementerkrankungen aus, bei dem interagierende Systeme wie das Gerinnungs- oder Inflammationssystem bzw. zusätzliche genetische oder Umwelteinflüsse entscheidenden Einfluss auf den endgültigen Phänotyp haben. Fortschritte im Verständnis der Krankheitsentstehung werden zweifellos zur Entwicklung verbesserter Strategien zur Diagnosestellung und Behandlung dieser Erkrankungen führen. Schlüsselwörter Membranoproliferative Glomerulonephritis Dense deposit disease Atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom -Nephritisfaktor Eculizumab Hemolytic-uremic syndrome and membranoproliferative glomerulonephritis. A spectrum? Abstract Membranoproliferative glomerulonephritis (MPGN), especially type II or dense deposit disease (DDD) and atypical hemolytic uremic syndrome (ahus) are caused by an underlying defect in the regulation of the alternative complement pathway. While in MPGN complement dysregulation mainly occurs in plasma, in ahus loss of complement control is mainly situated on the surface of endothelial cells. Therapeutic approaches aim at recovering control over the activation of the alternative pathway or its targeted blockade. Recent pathophysiological concepts postulate a spectrum of complement disorders and appreciate a crucial role for the interaction of the complement with the coagulation and/ or the inflammatory systems as well as other epigenetic factors in determining the individual phenotype. A better understanding of the underlying pathogenetic mechanisms will inevitably result in improved strategies for diag nosis and treatment of these diseases. Keywords Glomerulonephritis, membranoproliferative Dense deposit disease Hemolytic uremic syndrome, atypical nephritic factor Eculizumab Der Nephrologe 4 2011 357

Pädiatrische Nephrologie a b C2 Klassischer Weg Konvertase C2 C1 (C1q,C1s,C1r) C4 Faktor H (-) a TBM (-) Klassischer Weg C1 (C1q, C1s, C1r) C4 Konvertase ECULIZUMAB b C5 Konvertase C5 Lektin(MBL) Weg MASP-1, MASP-2 DAF, CD55 (-) Alternativer Weg Faktor B Ba ib Inaktive Form Faktor D (+) MCP, CD46 (+) CR1, CD35 (+) Faktor H (+) (H2O) (H2O)Bb Konvertase Properdin(+) C5a C5b Faktor I (+) Faktor H (-) +C6 +C7 +C8 CD59 (-) Faktor D (+) +C9 Terminaler Komplementkomplex Faktor H (-) a TBM (-) * ib = inaktive Form b C5 Konvertase C5 Lektin(MBL) Weg MASP-1, MASP-2 DAF, CD55 (-) PLASMA Alternativer Weg (H2O) Bb Faktor B Ba (H2O)Bb ib Inaktive Form Faktor D (+) MCP, CD46 (+) CR1, CD35 (+) Faktor H (+) Konvertase Properdin(+) C5a Faktor I (+) FaktorH(-) C5b +C6 FAKTOR H +C7 +C8 CD59 (-) +C9 Terminaler Komplementkomplex Abb. 2 8 a Aktivierung und Regulierung des alternativen Komplementwegs; b therapeutische Interventionen und deren Ansatzpunkte im Komplementsystem. Plasmatherapie ersetzt fehlende lösliche Komplementproteine und -regulatoren (rot lösliche Regulatoren, grün membrangebundene Regulatoren) Bb alternativen Bezeichnung dense deposit disease (DDD) geführt hat [5, 12]. Diese Einteilung erweist sich vor dem Hintergrund eines in den vergangenen Jahren verbesserten Verständnisses der Pathogenese der (primären) MPGN aber als unzureichend. Insbesondere MPGN II/DDD wird heute als Erkrankung verstanden, der ein Defekt in der Regulation des Komplementsystems zugrunde liegt [21]. Eine Assoziation mit einem Komplementregulationsdefekt wird inzwischen aber auch im Zusammenhang mit MPGN Typ I und III diskutiert [5]. In der neueren Literatur werden außerdem Fälle beschrieben, bei denen in der Nierenbiopsie vor allem - Ablagerungen ohne begleitende mesangiale Proliferationen gefunden werden ein Befund, der als -Glomerulonephritis (GN; [22]), deposition glomerulopathy (DG; [23]) oder -Glomerulopathie [24] bezeichnet wird. Prominente -Ablagerungen ohne wesentliche zusätzliche Befunde wie z. B. die typischen elektronenmikroskopischen Ablagerungen einer DDD wurden bereits in der Vergangenheit beobachtet, bisher aber Krankheitsbildern wie der Poststreptokokken-Glomerulonephritis (PIGN) zugeordnet [22]. Es erscheint also durchaus möglich, dass Patienten mit einer komplementvermittelten Erkrankung bisher nicht als solche diagnostiziert, sondern einer morphologisch nahe stehenden, etablierten Diagnose zugeordnet worden sind. Die Identifizierung solcher Patienten könnte einerseits möglicherweise ungewöhnlich schwere Krankheitsverläufe erklären, andererseits aber auch neue therapeutische Ansatzpunkte eröffnen. Die klinische Präsentation der Patienten mit MPGN reicht von milder Proteinurie (50%) bis zum nephrotischen Syndrom (50%), von Makrohämaturie (20%) bis zum nephritischen Syndrom. Bis zu 95% der DDD-Patienten zeigen zudem ein erniedrigtes als Zeichen eines kontinuierlichen Komplementverbrauchs [12]. Bei 80% der DDD-Patienten wird ein IgG-Antikörper gegen die Konvertase (bbb) gefunden, der sog. -Nephritisfaktor (NeF; [12]). Der NeF findet sich auch bei Patienten mit MPGN Typ I/III, allerdings seltener (<50%), sowie bei gesunden Personen [12, 25]. In über 50% der Fälle persistiert der Antikörper, meist gleichzeitig mit einer fortbestehenden Komplementaktivierung. In seriellen Untersuchungen an MPGN-Patienten findet sich aber eine bis heute unerklärte hohe intra- und interindividuelle Variabilität der NeF-Spiegel [25]. Neben NeF wurden bei MPGN- Patienten noch 2 weitere Antikörper gefunden: Bei einem MPGN-Patienten gelang der Nachweis eines sog. Miniantikörpers gegen CFH, der aus einem monoklonalen Lambda-Ig-Leichtkettenprotein besteht [26]. Einmalig wurde auch ein CFB-Antikörper bei einem DDD-Patienten beschrieben, der an die aktive Form von CFB, Bb, in der -Konvertase bindet. Ähnlich wie NeF stabilisiert dieser Antikörper die -Konvertase, verlangsamt ihren Zerfall und führt so zu ihrer vermehrten Aktivität [27]. Neben diesen erworbenen Formen wurden bei MPGN-Patienten Mutatio 358 Der Nephrologe 4 2011

Glomeruläre Kapillarschlinge GBM a Glomeruläre Kapillarschlinge GBM b nen bzw. Polymorphismen im Komplementsystem gefunden. Charakteristisch für diese wie auch für die (auto-)antikörpervermittelten Fälle ist eine deutliche -Erniedrigung, die auf eine überschießende Komplementaktivität im Plasma ( Flüssigphase ) hinweist (. Abb. 3a; [25]). Die Verbindung zwischen Komplementfehlregulation und MPGN wurde erstmals im Zusammenhang mit norwegischen Schweinen geknüpft, die auf dem Hintergrund eines absoluten CFH- Mangels, verursacht durch eine spontane CFH-Mutation, einen DDD-Phänotyp entwickelten [28, 29, 30]. Einen ähnlichen Befund, wenn auch nicht gleich eindeutig einem MPGN-II-/DDD-Phänotyp zuordenbar, entwickelten CFH-knock-out- Mäuse [31, 32]. Außerdem fanden sich in einer zahlenmäßig zwar unerwartet kleinen Gruppe von MPGN-Patienten ebenfalls homozygote bzw. compound-heterozygote CFH-Mutationen, die entweder zu einem CFH-Mangel [8] oder zu einem Verlust der komplementregulatorischen Funktion von CFH [31] führten. Schließlich wurden bei Patienten mit MPGN bzw. DG heterozygote CFH-, CFI-, -, und MCP-Mutationen beschrieben [8, 22, 23, 33, 34]. Interessanterweise entwickelten Mitglieder einer großen Familie mit 10 Kindern und einer weiteren Familie mit 2 erkrankten Cousins jedoch auf dem Hintergrund einer CFH-Mutation, die zu einem CFH-Mangel führt, keine MPGN, sondern ein ahus [5]. In diesem Zusammenhang bemerkenswert ist auch die Beobachtung, dass in 2 weiteren Familien die Kombination verschiedener Komplementmutationen je nach Konstellation entweder zum Krankheitsbild einer MPGN oder eines ahus führte [5]. Schließlich wurde bei 2 Indexfamilien und 84 weiteren zypriotischen Familien mit Hämaturie, Nierenversagen und einem bioptischen Bild ähnlich dem einer DG eine Genome-wide linkage -Analyse durchgeführt und bei 26 Personen eine Duplikation im CFH-related protein 5 (CFHR5) gefunden [33]. CFHR5 ist ein Protein, das eine gewisse Strukturhomologie mit CFH hat und dem ebenfalls eine komplementregulatorische Funktion zugeschrieben wird [35]. 11 der Mutationsträger zeigten die oben beschriebene Nierenerkrankung, die den Namen CFHR5- Nephropathie erhielt [33]. Therapieoptionen Die Therapieoptionen für MPGN sind rar und kaum evidenzbasiert (. Abb. 2b). Neben der supportiven Therapie der Proteinurie und der arteriellen Hypertonie mittels ACE-Inhibitoren bzw. Angiotensinrezeptorantagonisten sind Steroide nur bei der MPGN I wirksam [36]. Patienten mit Komplementaktivierung mögen eher von Plasmainfusionen bzw. -austausch profitieren [37]. Beim Nachweis von NeF stellt eine zusätzliche immunsuppressive Therapie oder der Einsatz von Rituximab, einem Antikörper gegen CD20- positive B-Zellen, eine Therapie option CFH -Mangel/ Verlust der Kofaktoraktivität NeF Gestörte CAP-Kontrolle im Plasma GBM-Schädigung: MPGN Endothelzellen Endothelzellen CFH-Mutationen(C-Terminus) tionen(c- CFH-Autoantikörper(αC-Terminus) Gestörte CAP-Kontrolle auf Oberflächen Endothelzell-Schädigung: ahus Abb. 3 8 a MPGN: Komplementdysregulation im Plasma ( Flüssigphase ), verursacht z. B. durch CFH- Mangel bzw. Verlust der CFH-Kofaktoraktivität oder durch den IgG-Antikörper -Nephritisfaktor (NeF); b ahus: Komplementdysregulation auf Endothelzellen ( Oberfläche ), versursacht z. B. durch C-terminale CFH-Mutationen oder CFH-Autoantikörper (CAP alternativer Komplementweg) dar [8]. Die Ersatztherapie von CFH-defizienten Schweinen und Mäusen mit DDD mit humanem CFH erbrachte zwar eine schnelle Normalisierung der -Plasmawerte und einen Rückgang der renalen Läsionen. Eine langfristige Behandlung scheiterte jedoch an einer Antikörperbildung [29, 38]. Eine Substitutionstherapie mittels regelmäßiger Plasmainfusionen wurde für 2 DDD-/DG-Patienten mit CFH-Mutation und Verlust der komplementregulatorischen Funktion von CFH beschrieben und war über einen Beobachtungszeitraum von 24 Monaten erfolgreich [23, 31]. Ein neuer und vielversprechender Therapieansatz in der Behandlung komplementbasierter Erkrankungen ist die Blockade der C5-Konvertase mit dem Der Nephrologe 4 2011 359

Pädiatrische Nephrologie monoklonalen Antikörper Eculizumab. Dieser ist bereits zugelassen für die Therapie der PNH [39] und in klinischer Testung für das ahus, und es gibt auch Einzelfallberichte des erfolgreichen Einsatzes von Eculizumab bei DDD-Patienten [40]. > Die Therapieoptionen für MPGN sind rar und kaum evidenzbasiert Sulodexi de, ein Kombinationspräparat aus LMW-Heparin und Dermatansulfat, hemmt die Heparanase (eine β-d-endoglykosidase), deren Expression auf glomerulären Endothelzellen bei der DDD vermehrt ist. Sulodexide ist in Europa für die Behandlung von Thrombosen zugelassen und befindet sich in klinischen Phase-II- Studien für die Behandlung der diabetischen Nephropathie [40, 41]. Hämolytisch-urämisches Syndrom Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) ist charakterisiert durch die typische Symptomtrias bestehend aus hämolytischer Anämie, Thrombozytopenie und akutem Nierenversagen [4]. Das HUS ist die häufigste Ursache für akutes Nierenversagen im Kindesalter und tritt in der westlichen Welt mit einer Inzidenz von 1,5 2 pro 100.000 Kinder vor dem 5. Lebensjahr auf. In über 90% der Fälle ist eine vorausgegangene Infektion mit Shigatoxin-produzierenden E. coli ursächlich für das Ausbrechen dieser thrombotischen Mikroangiopathie (TMA; [42]). Trotz einer Mortalität von etwa 10% und der transienten Notwendigkeit einer Dialysebehandlung in etwa 60% ist die Langzeitprognose erfreulich günstig, und die Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz bzw. die Notwendigkeit einer Nierentransplantation wird nur in etwa 3% beschrieben [43, 44, 45]. Im Gegensatz hierzu zeigen einige Patienten einen weitaus kritischeren Verlauf mit rascher Progression zur Niereninsuffizienz (ca. 50 60%), häufigen Rezidiven (auch nach einer Nierentransplantation) und hoher Mortalität (ca. 25%; [6]). Diese heterogene Gruppe von Patienten wird mit dem Begriff atypisches HUS (ahus) zusammengefasst [6]. Verantwortlich sind (erworbene und genetische) Veränderungen im Komplementsystem bzw. im Cobalaminstoffwechsel, Nebenwirkungen von Medikamenten (z. B. Cyclosporin A, Mitomycin, Interferon ß), Schwangerschaft (HELLP-Syndrom) und Organ-/Knochenmarktransplantation [46]. Im Folgenden werden wir uns auf diejenige Form des ahus beschränken, die auf einer Dysregulation des Komplementsystems beruht. Im Gegensatz zur MPGN, bei der ein Defekt in der Regulation des Komplementsystems v. a. im Plasma ( Flüssigphase ) vorliegt, findet sich die Komplementkontrollstörung beim ahus v. a. an der Oberfläche der Endothelzellen ( Oberfläche ;. Abb. 3b). Grundsätzlich werden 2 Mutationstypen unterschieden: Loss-of-function -Mutationen (d. h. Verlust der Inaktivierung der -Konvertase) von Faktor H (CFH), Faktor I (CFI), membrane cofactor protein (MCP, CD46) oder Thrombomodulin (THBD, CD141), sowie Gain-of-function -Mutationen (d. h. vermehrte Aktivität der - Konvertase) von und Faktor B (CFB; [6]). Am häufigsten (20 30%) werden C-terminale (SCR 19 20) CFH-Mutationen beobachtet, die zu einem Verlust der Bindungsfähigkeit von CFH an Endotheloberflächen führen [47]. Die Patienten mit einer CFH-Mutation zeigen im Langzeitverlauf häufig (70 80%) eine Progression zur chronischen Niereninsuffizienz und hohe Rekurrenzraten (80 90%) nach einer Nierentransplantation [6]. Auch Patienten mit Mutationen in den Komplementproteinen CFI [48], CFB [49] und [50] zeigen einen ungünstigen Langzeitverlauf mit Verlust der Nierenfunktion bzw. Tod (60 70%) und Wiederkehren der Erkrankung im Transplantat (bis zu 70%). Lediglich Patienten mit einer Mutation im membranständigen Regulator MCP (CD46; [51]) zeichnen sich durch einen stabilen Verlauf und ein geringes Rekurrenzrisiko nach einer Nierentransplantation aus [6]. Wie bei der MPGN wird auch bei rund 10( 20)% der ahus-patienten eine Autoimmunform beschrieben, die durch Autoantikörper gegen den C-Terminus von CFH verursacht wird [52, 53]. Interessanterweise treten diese Autoantikörper auf dem Hintergrund zusätzlicher genetischer Defekte auf. Während bei 80% der CFH-Autoantikörper-positiven Patienten zusätzlich eine CFHR1/CFHR3-Deletion vorliegt eine Kombination, die als DEAP-HUS ( deficiency of CFHRs and autoantibody positive ; [53]) bezeichnet wurde wurden nachfolgend auch Mutationen von CFHR4, CFI, MCP, etc. in Kombination mit CFH-Autoantikörpern beschrieben [54]. Therapieoptionen Die Therapie der Wahl für ahus ist gegenwärtig die Gabe von Plasma in Form von Plasmainfusion bzw. -austausch, um die fehlenden oder dysfunktionalen Komplementregulatoren zu ersetzen, oder/und inhibierende Autoantikörper zu entfernen (. Abb. 2b; [55]). Ebenfalls im Sinne einer Ersatztherapie besteht die Möglichkeit der Gabe von aufgereinigtem humanem CFH. Ein solches Präparat befindet sich derzeit allerdings noch im Entwicklungsstadium und steht für den klinischen Einsatz noch nicht zur Verfügung [38]. Eine vielversprechende Therapiemöglichkeit ist der Einsatz des C5-Antikörpers Eculizumab, der sich bereits in der Behandlung der PNH bewährt hat [5]. Das Ziel dieser Therapie ist die Unterbrechung der Komplementkaskade [56]. Durch die Blockade von C5 wird sowohl die Bildung des Anaphylatoxins C5a als auch die Formierung der potenziell lytischen TCC-Membranpore verhindert und somit die vermehrte unkontrollierte Komplementaktivierung in ihrer Endstrecke unterbunden [57]. Bei der Autoimmunform des ahus besteht als zusätzliche Therapieoption zur Plasmatherapie der Einsatz von Immunsuppressiva, wie Steroiden, Mycophenolatmofetil, Cyclophosphamid und Calcineurininhibitoren sowie Rituximab und Immunglobulinen [7]. Tiermodelle für MPGN und HUS Wie bereits erwähnt, liegen in der Literatur Berichte über Tiermodelle mit verschiedenen isolierten bzw. kombinierten Komplementmutationen vor [5, 8]. Norwegische Schweine mit einer spontan aufgetretenen homozygoten CFH-Mutation zeigten typische dense deposits und - bzw. C5b-9-Ablagerungen in 360 Der Nephrologe 4 2011

der glomerulären Basalmembran (GBM; [29]). CFH-knock-out-Mäuse entwickelten ebenfalls klinische und bioptische Zeichen einer MPGN mit Ablagerungen v. a. im subendothelialen Bereich [31]. Die zentrale Rolle des alternativen Komplementwegs, insbesondere der -Konvertase, bei diesem Krankheitsgeschehen wird durch die Beobachtung hervorgehoben, dass Mäuse mit einer kombinierten CFH- und CFB-Deletion nicht mehr erkrankten [31]. Die Kombination einer C5- und einer CFH-Deletion resultierte zwar in MPGN-typischen glomerulären Ablagerungen, gleichzeitig aber in einer geringeren Inflammationsreaktion und Mortalität als bei CFH-defizienten Mäusen [32]. Interessanterweise waren die Nierenveränderungen bei CFH-knock-out-Mäusen, die mit einem antimurinen C5-Inhibitor behandelt wurden, reversibel. Dieser Befund unterstützt das derzeit noch kontrovers diskutierte Konzept der Behandlung von DDD mit dem C5-Inhibitor Eculizumab [32]. Bemerkenswerterweise entwickeln CFI-knock-out-Mäuse keinen spontanen Phänotyp, und auch CFH-/CFI-knockout-Mäuse bleiben zunächst gesund. Die Zugabe von CFI hingegen induziert innerhalb von 72 Stunden eine massive Abnahme des -Plasmaspiegels und - Ablagerung in der Niere [15]. Diese Beobachtung unterstreicht sowohl die zentrale Rolle von CFI für die Kontrolle des alternativen Komplementwegs als auch die Bedeutung von -Spaltprodukten für die Entwicklung der glomerulären Pathologien [15]. Schließlich entwickelten Mäuse mit der Kombination einer CFH-Defizienz (CFH-/-) und der Expression eines CFH- Fragments (CFH 16 20), das zwar eine intakte Kofaktoraktivität (N-Terminus), aber nur eine eingeschränkte Endothel- und Heparinbindung (C-Terminus) besitzt, das Bild einer thrombotischen Mikroangiopathie (TMA) bzw. eines ahus [5]. Komplementerkrankungen ein Krankheitsspektrum? Die membranoproliferative Glomerulonephritis (MPGN), insbesondere Typ II oder dense deposit disease (DDD), und das atypische hämolytisch-urämische Syndrom (ahus) sind die beiden derzeit am besten definierten Beispiele komplementvermittelter Nierenerkrankungen. Defekte in der Regulation des alternativen Komplementwegs, verursacht durch Mutationen oder Autoantikörper, führen zu dessen überschießender Aktivierung und in dessen Folge zum vermehrten Umsatz von, zur Bildung von Anaphylatoxinen und zur Formation der potenziell lytischen Membranpore ( membrane attack complex, MAC; C5b-9). Im Fall des ahus ist dieses Geschehen auf die Endothelzellen v. a. der glomerulären Kapillarschlingen konzentriert ( Oberfläche ;. Abb. 3b). Es resultiert eine Schädigung der Endothelzellen mit nachfolgender Inflammation und Aktivierung des Gerinnungssystems, mit Thrombozytenaktivierung und -aggregation. Im Gegensatz dazu findet die Komplementaktivierung im Fall der MPGN v. a. im Plasma ( Flüssigphase ) statt (. Abb. 3a) und resultiert in der Bildung von Komplementspaltprodukten, die im Bereich der glomerulären Basalmembran abgelagert werden. Obwohl dieses Konzept der weiteren Vertiefung und Ergänzung bedarf, vermag es doch wesentliche Beobachtungen zu erklären, die an Tiermodellen und Patienten gemacht wurden. Während MPGN und ahus, also eine GBM- und eine endothelbasierte Erkrankung, als Extremformen komplementbasierter Nierenerkrankungen betrachtet werden können, mehren sich in der Literatur die Hinweise auf eine Gruppe von Erkrankungen, die keiner der oben genannten Gruppen eindeutig zugeordnet werden kann, bei der aber klare Hinweise auf eine pathogenetische Schlüsselrolle des Komplementsystems (z. B. glomeruläre -Ablagerungen ohne gleichzeitige Immunkomplexablagerung) vorliegen. Eine solche Entität wurde erstmals 2007 von Servais et al beschrieben und als -Glomerulonephritis (GN) oder deposition glomerulopathy (DG bezeichnet [22, 23]. Interessanterweise fanden sich bei einer signifikanten Untergruppe der hier berichteten Patienten Mutationen von Komplementregulatoren, die zuvor bereits bei MPGNbzw. ahus-patienten beschrieben worden waren [22]. Als weiterer Hinweis auf ein Spektrum komplementbasierter Erkrankungen kann die Beobachtung verstanden werden, dass Mitglieder einzelner Familien mit oder ohne identifizierte Komplementmutation MPGN, ahus, oder Kombinationsbilder einer Glomerulonephritis mit TMA-Komponente entwickeln [5]. Die den individuellen Phänotyp determinierenden Faktoren sind bis heute allerdings noch unklar. Neuere Daten weisen der Interaktion des Komplementsystems mit dem Gerinnungs- und/oder dem Inflammationssystem eine entscheidende Rolle für die Pathogenese von Komplementerkrankungen zu und betonen die wichtige Rolle, die Thrombozyten und neutrophile Granulozyten in diesem Zusammenhang spielen. Während gegenwärtig bei der Optimierung des therapeutischen Managements von Komplementerkrankungen das Ziel einer möglichst spezifischen und effizienten Komplementinhibition verfolgt wird, könnte das Aufdecken eines pathogenetisch relevanten Zusammenhangs des Komplement- mit dem Gerinnungs- und/ oder dem Inflammationssystem ungeahnte neue Möglichkeiten der therapeutischen Intervention für komplementvermittelte Erkrankungen wie MPGN und ahus eröffnen eine Entwicklung, die angesichts der schlechten Prognose dieser Krankheiten sehr willkommen wäre. Fazit für die Praxis MPGN und ahus sind Erkrankungen, die durch Defekte in der Regulation des alternativen Komplementwegs verur sacht werden. Bei der MPGN überwiegt eine Störung der Komplementregulation im Plasma, beim ahus auf der Oberfläche von Endothelzellen. Patienten sollten systematisch auf das Vorliegen eines Komplementregulationsdefekts untersucht werden. Die Diagnostik sollte folgende Aspekte erfassen: F Zeichen systemischer Komplementaktivierung (z. B. /d; C4), F Mutation eines oder mehrerer Komplementregulatoren (oder -aktivatoren; z. B. Faktor H; ), F Vorliegen von Autoantikörpern (z. B. Anti-Faktor-H-Autoantikörper). Der Nephrologe 4 2011 361

Pädiatrische Nephrologie Therapeutische Strategien/Massnahmen umfassen: F Plasmainfusion (Rationale: Ersatz fehlender/dysfunktionaler Faktoren), F Plasmaaustausch (Rationale: zusätzliche Entfernung von Autoantikörpern), F Eculizumab (Rationale: C5-Antikörper, der die Komplementkaskade blockiert). Moderne pathophysiologische Konzepte gehen von einem Spektrum von Komplementerkrankungen aus, bei dem interagierende Systeme wie das Gerinnungsoder Inflammationssystem bzw. zusätzliche genetische oder Umgebungseinflüsse entscheidenden Einfluss auf den endgültigen Phänotyp haben. Korrespondenzadresse C. Licht Division of Nephrology, The Hospital for Sick Children 555 University AvenueToronto, ON, MSG IX8, Canada christoph.licht@sickkids.ca Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehungen hin: vergütete wissenschaftliche Beratung der Firmen Alexion Pharmaceuticals Inc., CSL Behring (CL). Literatur 1. 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Regel Nummer 1 lautet daher egal ob Ärzte privat oder beruflich im Social Web unterwegs sind: keine Infos über Patienten online stellen und sich nicht wertend zu Patienten äußern. Auch stark verfremdete medizinische Fälle sollten zumindest nicht allgemein zugänglich sein. Das Internet vergisst nie selbst wenn Daten aus einem Netzwerk gelöscht werden, könnten sie längst anderweitig kopiert worden sein. Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen wiegen im Internet schwerer, da es eine viel größere Reichweite als alle anderen Kanäle hat. Auch von einer Rubrik Patientengeschichten, die Patienten selbst füllen, ist dringend abzuraten. Ähnliches gilt für Daten (besonders Fotos) der Mitarbeiter. Praxisinhaber sollten von jedem Teammitglied, dessen Vita/Bilder sie in Facebook und Co. veröffentlichen wollen, eine schriftliche Einwilligungserklärung einholen. Eine bestehende Einwilligungserklärung für die Praxis-Website umfasst die Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken nämlich nicht. Zudem sollten die rechtlichen Regeln für die Praxis-Website auch für die Sozialen Netze berücksichtigt werden. Es gelten etwa die Vorschriften der Musterberufsordnung ( 27), nach der Praxen nur mit sachlichen und wahren Tatsachen für sich werben dürfen. Wer mit Patienten kommuniziert sollte daran denken, dass das Verbot ausschließlicher Fernbehandlung gilt und sichergestellt sein muss, dass sich der Patient auch in ärztlicher Behandlung befindet. Unproblematisch ist es dagegen, wenn Ärzte auf Praxisveranstaltungen hinweisen oder allgemeine, organisatorische Dinge abfragen. Ärzte sollten in Sozialen Netzen ebenfalls den Impressumspflichten (gemäß 5 Telemediengesetz) genügen, also angeben, wer sie sind und wie sie zu erreichen sind. Rechtliche Fallstricke beim Notdienst Der Notfalldienst am Wochenende oder im Anschluss an den Arbeitstag in der Praxis ist bei vielen niedergelassenen Ärzten unbeliebt. Grundsätzlich ist jedoch jeder Arzt zum Notfalldienst verpflichtet. Privatärzte können sich ebenso nicht entziehen wie Vertragsärzte, die zum Notdienst am Ort ihrer Zweigpraxis verpflichtet sind. Im Gegensatz zu schwerer Krankheit oder Schwangerschaft befreit selbst fachlich-notärztliche Inkompetenz nicht von dieser Pflicht. Notfalldienste jedoch an einen Vertreter zu verkaufen kann zwischen 2000 und 5000 Euro jährlich kosten. Auf dem Land, wo Ärzte meist nicht auf Notfallpraxen zurückgreifen können, müssen sie entweder persönlich den Dienst leisten oder eine Vertretung organisieren. Dabei ist aber zu beachten, dass der auftraggebende Arzt stets für den Vertreter haftet. Grundsätzlich ist es beim Notdienst wichtig, dass der diensthabende Arzt Besuchsbitten der anrufenden Patienten nachkommt, sonst kann es zum Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung kommen. Berufsrechtliche Sanktionen und Geldbußen in Höhe von 5000 Euro können folgen. Der diensthabende Arzt muss außerdem persönlich erreichbar sein. Ebenso ist der ungehinderte Zugang zur Praxis und deren ordnungsgemäße Notfallausstattung zu gewährleisten. Quelle: www.aerztezeitung.de Quelle: Ärztezeitung, www.ärztezeitung.de Der Nephrologe 4 2011 363