Strukturierte Weiterbildungsprogramme in der akademischen Medizin Klaus-Michael Debatin und Annette Grüters omft Kiel Juni 2015
The rare breed Das Problem der gefährdeten klinisch- wissenschaftlichen Weiterbildung in der Medizin ist nicht neu!
A standpoint A successful clinician-scientist, measured as a prominent clinician and scientist, is a difficult task. Clinically, you are competing with full-time clinicians who are protecting their practices to sustain their salaries. Scientifically, you are competing with full-time scientists who are pushing as hard as they can to protect their grant support. In this atmosphere of highly polarized needs, it is a tall order to succeed on both fronts. Daniel Bikle, MD, PhD Chair, Task Force Clinician Scientist Survey 2000
Status Quo der Karrierestufen Ziele und Hemmnisse für die akademische Weiterbildung Medizin- studium Promotion Facharztweiterbildung Habilitation Professur Ziele: Approbation Ärztliche Tätigkeit Fehlende wissenschaftliche Ausrichtung des Studiums Titelerwerb Unstrukturierte und schlecht betreute Promotion Erlernen klinischer Fähigkeiten Zeitmangel, fehlende Vorbilder, fehlender Zugang zu experimenteller Forschung Titelerwerb als Voraussetzung einer Chefarztposition Klinikleitung fehlende Vorbilder, fehlende Leitungspositionen? Alter: 27 27-30 30-35 36-38 38-42 ab 45
Gründe für das geringe Interesse junger Ärztinnen und Ärzte an an einer akademischen/wissenschaftlichen Medizin: THESE 1: Mangelnde Wissenschaftlichkeit des Medizinstudiums Fokus auf klinisch-praktische Ausbildung ( kasuisitische Ausbildung ) Fehlen theoretischer Grundlagen Fehlende Grundausbildung in wissenschaftlicher Methodik zu geringe Systematik der wissenschaftlichen Grundlagen Anzahl der Promotionen rückläufig Mangelnde wissenschaftliche Qualität der Promotionen
Gründe für das geringe Interesse junger Ärztinnen und Ärzte an einer akademischen/wissenschaftlichen Medizin THESE 2: Zunehmend schlechte Vereinbarkeit von Forschung und Krankenversorgung Arbeitsverdichtung in der klinischen Versorgung Universitätskliniken Fehlende Zeit für Methoden und Inhalte der Forschung erfordern umfassende und langfristige Forschungstätigkeit Keine qualitätssichernden Strukturen für die translationale und klinische Forschung vorhanden
Gründe für das geringe Interesse junger Ärztinnen und Ärzte an einer akademischen/wissenschaftlichen Medizin THESE 3: Nachteile in der beruflichen Karriereentwicklung als wissenschaftlich tätiger Ärztin/Arzt in der Universitätsmedizin Befristete Verträge Kurze Laufzeit von Verträgen Fehlende oder nicht verlässliche klinische und wissenschaftliche Curricula Kaum tenure track Optionen TV-Ä nur wenn überwiegende Tätigkeit in Krankenversorgung (sonst TVL) Freistellung von Ärzteversorgung wenn keine klinische Tätigkeit Professorenbesoldung in einigen Bundesländern sehr niedrig
Vertragslaufzeiten von Ärztinnen und Ärzten in 14 Universitätskliniken 34 IGES (IGES Umfrage 2014) Abbildung 2: Verteilung der Laufzeiten befristeter Verträge von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Humanmedizin 100% 90% 80% 70% mehr als zwei Jahre 60% bis zwei Jahre 50% 40% ein Jahr 30% 20% 10% weniger als ein Jahr 0% 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Quelle: IGES auf Basis der Fakultätenbefragung
Weiterbildung des Klinisch-wissenschaftlichen Nachwuchs - Nicht nur ein Problem des Nachwuchses- Nachwuchs Lange Weiterbildungszeiten Arbeitsverdichtung in der Klinik Wirtschaftlichkeitsdruck in der klinischen Arbeit Zeit und Kraft für Familiengründung Schlecht bezahlte Forschungsstellen Kurze Vertragsdauern Unklare Perspektiven Mentoren Wirtschaftlichkeitsdruck in der Klinik Fehlende Zeit für inhaltliche Visiten Keine Zeit für eigene Forschungsprojekte Keine regelmäßigen Journal Clubs etc. Hoher Druck zu publizieren und Drittmittel einzuwerben. Hohe Attraktivität von Positionen außerhalb der Universitätsmedizin
Alter von Ärztinnen und Ärzten bei Antragstellung in der DFG Hinweis auf Karrierebrüche? Balken markiert die Altersgrenze von 45 Jahren
sche Hilfskraftstellen ( Forschungsstudentinnen und -studenten ) oder Stipendien möglich. Analoges gilt auch für die vielfältigen Programme anderer Förderer, beispielsweise des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Kliniken und Institute, die forschungsinteressierte Studierende gezielt und nach definierten Kriterien einbeziehen, sollten einen entsprechenden Bonus erhalten. Ablauf einer strukturierten akademischen Weiterbildung in der Medizin Tabelle 1: Strukturierung der wissenschaftlichen Ausbildung in der Medizin Phase I: Studienbegleitend / integriert Phase II: Unterbrechung des Studiums Phase III: Konsolidierung Geregelte Freistellung für wissenschaftliches Arbeiten im Rahmen der Facharztweiterbildung / Postdoc-Phase Mindestens einjährige selbstständige wissenschaftliche Arbeit: Promotion im PROMOTIONSKOLLEG Wissenschaftliche Grundausbildung Begleitende Qualifizierungsmaßnahmen: ausgewählte Praktika, Seminare, Kurse, Vorträge, Literaturseminare, Präsentationen 11 Abbruch= Verlust investierter Ressourcen
Strukturierter Karriereweg in der wissenschaftlichen Medizin Medizinstudium Promotion Facharztweit erbildung Nach common trunk Habilitation Professur Wissenschaftliches Arbeiten MD/PhD Strukturietes Programm Promotionskolleg Eariy starting grant Auslandsstipendiu m Physician scientist/cl inical scientist Senior scientist Staff scientist Consultant? Maßnahmen: Wissenschaftsmodule Stipendien Qualitätssicherung Promotionen Strukturierte Programme Protected Time (20%) Mentoring Protected Time (50%) Forschungsprojekt Strukturierte Curricula Mentoring Infrastruktur Gruppenleiter Oberarzt Protected Time (50%) Departmentstruktur Forschungsprojekt Professur In Departmentstrukturen
Förderkette der DFG der wissenschaftlichen Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten
Maßnahmen zur Sicherung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Medizin in der Post-Doc Phase Rotationsstellen ( Gerok-Stellen ) Clinician /Physician Scientist Programme Staff scientist Positionen Forschungsinfrastrukturen (z.b.forschungszentren) Clinical Research Units Strukturfördernde Projekte (SFB, KLIFO)
Es ist Ziel des Ausbildungsprogramms zum Clinical Scientist, Klinisch tätige Mediziner mit einem klar erkennbaren wissenschaftlichen Interesse durch ein strukturiertes, wissenschaftlich/klinisches Ausbildungsprogramm gezielt zu fördern Ein Ausbildungsprogramm mit einem durchgehenden Karriereweg zu etablieren, der für klinisch tätige Mediziner in allen Fachgebieten eine kontinuierliche wissenschaftliche Tätigkeit ermöglicht. Zwei Betreuer/Mentoren für jeden clinical scientist- Weiterbildungsassistenten zu etablieren, wobei einer die klinische und der andere die wissenschaftliche Ausbildung begleitet und beide gemeinsam für die Programmdurchführung verantwortlich sind.
Teilnehmer Clinical Scientist Programm Charité Stand 2014 5 4 3 51 Clinical Scientists 17 Frauen 34 Männer 2 1 0 Innere Medizin Chirurgie Neurologie/ Psychiatrie weitere
Ablauf der strukturierten Weiterbildung an der Charité/BIH
Förderung wissenschaftlicher Arzt-Karrieren Maßnahmen Charité und BIH Maßnahme Talentscouting beginnend im Studium Clinical Scientist Ausbildung Fexibles Professurenmodell Tandem Leitungs-Professuren (scientific director) Tenure postdoc Positionen Rotationsmodelle von Leitungsfunktionen Attraktive Bezahlung forschender Mediziner Flexible Arbeitsbedingungen (Sabbatical, home office) Vorbildfunktion und Mentorship Instrument Wissenschaftsmodule und Stipendien MSM Clinical Scientist Programm Spezialisierte Leistungsprofessuren (W2/W3) Komplementäre Berufungen mit wissenschaftlichem Schwerpunkt Staff scientist und staff physician Programm Attending physicians/rotating chairmanship Tenure, Leistungszulagen aus Drittmitteln, rollierendes renewal Garantierte Sabbatical, home office, Nebentätigkeiten Berufungen, Coaching 2
Weiterbildung des Klinisch-wissenschaftlichen Nachwuchs in der Post-Doc Phase
Eckpunkte für ein Clinical Scientist Programm Dauer 3 Jahre ab dem 4. Weiterbildungsjahr zum Facharzt und während einer ersten Subspezialisierung Finanzierung: Die Finanzierung einer halben Wissenschaftlichen Mitarbeiter Stelle und Zugang zum Ausbildungsprogramm für den Zeitraum von drei Jahren erfolgt durch die Fakultäten oder Drittmittelgeber. Die weitere Finanzierung der Stelle erfolgt durch die aufnehmende Einrichtung (Klinik, Institut).
Elemente des Weiterbildungscurriculums zum clinical scientist
Aufteilung der protected time Die Klinik garantiert bei der Freistellung für die "protected time" ein ausgewogenes Verhältnis zwischen klinisch-fachärztlichen Weiterbildungsinhalten und klinischwissenschaftlichen Inhalten des Clinical Scientist Programms, die auf klinische Forschung ausgerichtet sind. Bei der Einteilung der forschungsfreien Zeit besteht weitreichende Flexibilität, allerdings sollten maximal. 6 Monate Forschung in Vollzeit sein, um die Kontinuität der klinischen Weiterbildung zu garantieren. Die geschützten Zeiten werden durch eine vertragliche Regelung zwischen dem Clinical Scientist-Programm und der aufnehmenden Einrichtung (Klinik, Institut, Grad School) VOR der Bewilligung festgelegt.
Evaluation
Beispiel eines Karrierewegs in der wissenschaftlichen Medizin
Empfehlungen der Senatskommission
Notwendige Maßnahmen Etablierung von Curricula Etablierung von Förderprogrammen (Stiftungen, DFG, Universitätsklinika aus GKV weiterbildungsmitteln oder Innovationsfonds?) Anerkennung durch LÄK Strukturveränderungen
http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stell ungnahmen/2015/empfehlungen_clinician_scientists_0415. pdf