Bericht über die Tätigkeiten der Banken mit Sitz in der Schweiz im Rahmen des Programms Oil-for-Food der Vereinten Nationen (EBK-Bericht Oil-for-Food

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Transkript:

Bericht über die Tätigkeiten der Banken mit Sitz in der Schweiz im Rahmen des Programms Oil-for-Food der Vereinten Nationen (EBK-Bericht Oil-for-Food ) 27. Oktober 2005

1 Programm Oil-for-Food der Vereinten Nationen im Irak Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNO) hat am 21. April 2004 einstimmig die Resolution 1538 verabschiedet und die Einsetzung sowie das Mandat des Independent Inquiry Committee into the United Nations Oil-for-Food Program (IIC) bestätigt. Die Untersuchung des IIC bezweckt, die Versuche der ehemaligen irakischen Regierung abzuklären, die Bestimmungen der Resolution 661 vom 6. August 1990 und weiterer einschlägiger Resolutionen zu umgehen. Das IIC wurde beauftragt zu untersuchen, ob die im Raume stehenden Berichte über Bestechungsgelder, verdeckte Kommissionen, übermässige Rechnungsstellung bei Ölkäufen und illegale Zahlungen beim Kauf von humanitären Gütern im Rahmen des Programms Oil-for-Food erhärtet werden können. Die Resolution 1538 fordert sämtliche Mitgliedstaaten der UNO auf, mit dem IIC zu kooperieren. Die Lancierung des Programms Oil-for-Food (Programm) war das Ergebnis langer und schwieriger Verhandlungen mit der irakischen Regierung. Die Resolution 681 des UNO-Sicherheitsrates hatte nach der Invasion in Kuwait wirtschaftliche Sanktionen gegen den Irak eingeführt. Nach dem ersten Golfkrieg war 1991 die Resolution 706 verabschiedet worden, um die Auswirkungen der Embargo-Massnahmen auf die irakische Bevölkerung durch die Möglichkeit der Finanzierung von Lebensmitteln mittels Verkauf von Öl unter der Ägide der UNO abzuschwächen. Die Resolution ist in der Folge während fast vier Jahren ohne Auswirkungen geblieben, weil die irakische Regierung bestimmte vom Sicherheitsrat auferlegte Bedingungen ablehnte. Die Verabschiedung der Resolution 986 am 14. April 1995 hat neue Verhandlungen ausgelöst, welche zu einem die Modalitäten des Programms enthaltenden Memorandum of Understanding geführt haben. Die von der irakischen Regierung ausgehandelten Bedingungen erlaubten dieser, die Kontrolle über die Auswahl der Käufer von Öl und der Verkäufer von humanitären Gütern auszuüben. Das Verfahren bezüglich Öltransaktionen sah vor, dass die vom irakischen Staat vorgeschlagenen Käufer von einem Spezialkomitee der UNO genehmigt werden. Somit wurde die Auswahl der Käufer an sich vorbehältlich der Zustimmung der UNO der irakischen Regierung überlassen. Der Kaufpreis für das irakische Öl wurde von der UNO festgesetzt und musste auf ein escrow account am New Yorker Sitz der französischen Bank Banque Nationale de Paris (neu: BNP Paribas) überwiesen werden. Zahlungsversprechen der Banken zur Finanzierung dieser Käufe (Akkreditive, frz. lettres de crédits, engl. letters of credit) mussten nach den Regeln des Programms zu Gunsten der UNO und ihres Kontos bei der Banque Nationale de Paris New York ausgestellt werden. Diese Bedingung sollte sicherstellen, dass die gesamten Einnahmen des Programms von der UNO zum Wohle der irakischen Bevölkerung verwaltet werden. Einschränkungen betreffend den Weiterverkauf des Öls durch die zugelassenen Käufer gab es nicht. EBK-Bericht Oil-for-Food 2/7

Das IIC hat seit Beginn dieses Jahres die Resultate seiner Untersuchungen in vier Berichten über verschiedene Aspekte des Programms publiziert 1. Heute publiziert das IIC einen letzten Bericht, der sich zu allfälligen Verletzungen von Vorschriften des Programms durch direkt oder indirekt daran teilnehmende Personen und Gesellschaften (ausserhalb der UNO), wie insbesondere Ölhändler und Lieferanten von humanitären Gütern sowie in gewissem Umfang Finanzinstitute, äussert. 2 Intervention der Bankenkommission Durch eigene Untersuchungen wollte die Bankenkommission vor allem abklären, ob die Banken mit Sitz in der Schweiz im Rahmen des Programms die schweizerischen Sorgfaltsregeln eingehalten haben. Einzelne Banken des Finanzplatzes Genf sind bekannt für ihre Erfahrung bei der Finanzierung des Ölhandels. Die Bankenkommission misst dieser Angelegenheit grosse Bedeutung zu und stellte die nötigen Ressourcen frei. Seit Juni 2004 klärt eine interne Arbeitsgruppe unter grossem Aufwand das Verhalten der Schweizer Banken in Bezug auf das Programm Oil-for-Food ab. Die Zusammenarbeit der Bankenkommission mit dem IIC war sehr hilfreich, da dieses über Informationen verfügte, welche die Identifikation sensibler Beziehungen und Transaktionen erleichterte. Ein zweiter Anlass für die Abklärungen war die Amtshilfe, welche die Bankenkommission dem Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) gestützt auf Art. 6 des Embargogesetzes (SR 946.231) leistete. Die zahlreichen Anfragen an die Schweizer Behörden durch das IIC zwischen Oktober 2004 und Oktober 2005 wurden gestützt auf Art. 7 des Embargogesetzes durch das seco behandelt. Das IIC verpflichtete sich in diesem Zusammenhang zur vertraulichen Behandlung sämtlicher vom seco erhaltenen Informationen. Ein grosser Teil dieser von der Schweiz einverlangten Informationen und Dokumente betrafen Bankbeziehungen. Im Anschluss an interdepartementale Sitzungen innerhalb der Bundesverwaltung (seco, Eidgenössisches Departement für ausländische Angelegenheiten, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Schweizerische Bundesanwaltschaft) hat sich die Bankenkommission bereit erklärt, einschlägige Informationen und Dokumente auch zu Handen des seco einzuverlangen. Am 22. Dezember 2004 hat der Bundesrat dieser Übermittlung von Informationen und Dokumenten an das IIC zugestimmt. Das IIC hielt in seinem Bericht vom 7. September 2005 ausdrücklich die vorzügliche Kooperation des seco und der Bankenkommission fest. 1 http://www.iic-offp.org/documents.htm EBK-Bericht Oil-for-Food 3/7

3 Tätigkeiten der Banken mit Sitz in der Schweiz Aufgrund der einverlangten Informationen konnte die Bankenkommission feststellen, inwiefern die Banken mit Sitz in der Schweiz in Finanztransaktionen von am Programm beteiligten Personen und Gesellschaften involviert waren: Die Banken haben für Ölhandelsgesellschaften, die ihre Kunden sind, (i) den Kauf von irakischem Öl auf Basis von zu Gunsten der UNO ausgestellten Akkreditiven finanziert, oder (ii) die von Ölhändlern gegenüber Dritten in Auftrag gegebenen Zahlungen ausgeführt. In einem geringeren Ausmass haben die Banken für einige mit dem Programm verbundene Privatkunden (z.b. wirtschaftlich an den Ölhandelsgesellschaften Berechtigte oder deren Vertragspartner) Geschäftsbeziehungen unterhalten und von ihnen in Auftrag gegebene Zahlungen ausgeführt. Nach den der Bankenkommission vorliegenden Angaben des IIC wurde etwa die Hälfte des für rund 64 Milliarden USD unter dem Programm verkauften Öls aus der Schweiz finanziert. Die Bedeutung der Tätigkeiten von Banken mit Sitz in der Schweiz bei der Finanzierung von Ölkäufen im Rahmen des Programms Oil-for-Food ist nicht überraschend. Von der Liberalisierung des Ölpreises nach der Ölkrise in den Jahren 1973-1974 hat eine grosse Anzahl Händler profitiert, von denen sich einige in Genf, einem historischen Zentrum des internationalen Handels, niedergelassen haben. Gemäss diversen Quellen werden 25 Prozent der im freien Handel verfügbaren, das heisst, nicht den grossen Ölgesellschaften zustehenden Ölmengen durch die Intermediation des Finanzplatzes Schweiz finanziert. Bei einer täglichen Produktion von geschätzten 90 Millionen Fässern Öl sind 35-40 Prozent auf dem freien Markt verfügbar, das heisst ungefähr 35 Millionen Fässer. Dies bedeutet, dass 8-9 Millionen Fässer Öl täglich durch Banken des Finanzplatzes Genf finanziert werden dürften. Gemäss den ihr vorliegenden Informationen geht die Bankenkommission davon aus, dass sich die im Rahmen des Programms Oil-for-Food durchgeführten Transaktionen in der Grössenordnung von fünf Prozent des Gesamtvolumens der von den Banken des Finanzplatzes Genf finanzierten Transaktionen bewegten und somit für diese von begrenzter Bedeutung waren. 4 Sorgfaltspflichten der Banken mit Sitz in der Schweiz Die Praxis der Bankenkommission und die Schweizer Gesetzgebung verlangen seit langem, dass die Banken ihre Geschäftsbeziehungen mit hoher Sorgfalt führen. Sie müssen nicht nur die Kontoinhaber identifizieren, sondern auch die wirtschaftlich an eingebrachten Vermögenswerten Berechtigen feststellen. Erscheint eine Transaktion oder eine Geschäftsbeziehung ungewöhnlich, muss der Finanzintermediär zudem deren wirtschaftliche Hintergründe und Zweck abklären, sofern ihre Rechtmässigkeit nicht erkennbar ist. Schliesslich sind die Banken verpflichtet, über die erforderlichen Abklä- EBK-Bericht Oil-for-Food 4/7

rungen Belege zu erstellen, diese aufzubewahren und die notwendigen organisatorischen Massnahmen zu treffen. Diese Sorgfaltspflichten galten auch für die Handelsfinanzierung durch Schweizer Banken und zwar während der ganzen Dauer des Programms Oil-for-Food. Die Praxis der Banken dazu hat sich jedoch im Verlauf der Jahre verschärft. Mit ihrer seit dem 1. Juli 2003 geltenden Geldwäschereiverordnung verlangt die Bankenkommission zudem, dass die Banken systematisch Geschäftsbeziehungen und Transaktionen mit erhöhten Risiken ermitteln und für diese, wenn nötig, zusätzliche Abklärungen treffen und dokumentieren. Es bestehen jedoch in der Schweiz keine besonderen Sorgfaltsstandards für das Handelsfinanzgeschäft. Der Bankenkommission sind auch keine zur Zeit geltenden spezifischen internationalen Mindeststandards bekannt. 5 Vorläufige Beurteilung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten Die Bankenkommission hat die Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten durch diejenigen Banken untersucht, welche (i) für den Kauf von Öl Akkreditive zu Gunsten der UNO ausgestellt haben oder (ii) im Auftrag ihrer Kunden in diesem Zusammenhang Transaktionen ausgeführt haben. Aufgrund ihrer Abklärungen und der ihr zur Verfügung stehenden Informationen kommt die Bankenkommission zu folgenden vorläufigen Schlüssen: Im Rahmen des Ölhandels haben Banken mit Sitz in der Schweiz durch das Ausstellen von Akkreditiven zur Finanzierung von Käufen von irakischem Öl beigetragen. In Übereinstimmung mit den vertraglichen Anforderungen des Programms und ihren Sorgfaltspflichten haben die Banken systematisch sichergestellt, (i) dass die von der irakischen Regierung bezeichneten Käufer vorschriftsgemäss durch die UNO zugelassen waren, (ii) dass die UNO in den Akkreditiven die Begünstigte des vollen Kaufpreises des Öls war und (iii) dass die Form und der Inhalt der Akkreditive den Vorschriften der UNO entsprachen. Dabei handelte es sich um die einzigen Bestimmungen, von denen die im Rahmen des Programms tätigen Handelsbanken Kenntnis hatten. Es bestanden keine Einschränkungen der UNO betreffend des Weiterverkaufs des Öls durch die Käufer. In einer relativ bedeutenden Zahl von Transaktionen zur Finanzierung von Öl hatten die von der irakischen Regierung ausgewählten und von der UNO zugelassenen Käufer weder die finanziellen Mittel, noch die nötigen Kenntnisse im Ölhandel, um das ihnen zugeteilte Öl zu bezahlen und zu vermarkten. Sie wandten sich deshalb an auf dem Markt etablierte Ölhandelsgesellschaften, welche das irakische Öl im Namen der jeweils zugelassenen Käufer aber auf eigene Rechnung und eigenes Risiko übernahmen. Im Rahmen dieser Transaktionen stellten die Banken Akkreditive aus, die auf den Namen der zugelassenen Käufer zugunsten der UNO lauteten, bei denen aber das finanzielle Risiko von ihren Kunden, den Ölgesellschaften, ge- EBK-Bericht Oil-for-Food 5/7

tragen wurde. Diese Kunden hatten die Banken hinreichend identifiziert und sie waren ihnen bekannt. Die von der UNO zugelassenen Kunden wurden so zu blossen sogenannten Zwischenstellen (frz. interposes, engl. contract holders ). Dieses Verfahren unter Beizug von Zwischenstellen wurde dem UNO Sanktionenkomitee nach den der Bankenkommission vorliegenden Angaben durch die Programmaufseher der UNO während der Dauer des Programms zur Kenntnis gebracht. Es wurde nicht nur im Zusammenhang mit dem Programm Oil-for-Food angewendet. Es handelt sich vielmehr um ein relativ verbreitetes Vorgehen im Ölhandel, wo es seinen legitimen wirtschaftlichen Hintergrund hat. Beispielsweise sind bei Handelsgesellschaften, welche als Gruppe organisiert sind, einzelne zuständig für die Suche nach Kaufmöglichkeiten, während andere die Geschäfte, die sich daraus ergeben, finanzieren. Zudem änderte dieses Vorgehen gemäss den Informationen, welche der Bankenkommission vorliegen, im Zusammengang mit dem Programm Oilfor-Food nichts an der Tatsache, dass der gesamte von der UNO festgelegte Kaufpreis an diese ausbezahlt wurde. Diese Transaktionen zur Finanzierung von Öl durch Schweizer Banken stellen nach dem heutigen Wissensstand der Bankenkommission und dem damaligen Informationsstand der Banken keine ungewöhnlichen Geschäfte dar, welche vertieft hätten abgeklärt werden müssen. Seit dem Beginn seiner Untersuchung hatte das IIC Zugang zu vielen privilegierten Informationsquellen (inklusive verschiedenen nationalen Behörden und Mitgliedern der ehemaligen irakischen Regierung). Dies erlaubte ihm, seine Untersuchungen genau auszurichten und Zahlungsketten nachzuvollziehen, von denen es wusste, dass sie zu Zahlungen ohne wirtschaftlich legitime Rechtfertigung führten. Eine gewisse Anzahl Zahlungen von Ölhandelsgesellschaften, von durch die UNO zugelassenen Käufern oder von mit diesen verbundenen Personen hatten offenbar keine rechtmässige wirtschaftliche Grundlage. Es gab ab einem gewissen Zeitpunkt zumindest Gerüchte am Markt, dass der Irak Kommissionszahlungen verlange. Diese Gerüchte waren den Ölhandelsgesellschaften und den Händlern in den Banken offenbar bekannt. Für die Banken war es jedoch äusserst schwierig, konkrete Massnahmen zu ergreifen, da keine konkreten Hinweise dafür vorlagen, dass Personen und Gesellschaften, welche der irakischen Regierung nahe standen, an den Transaktionen beteiligt gewesen wären. Aufgrund ihres aktuellen Kenntnisstandes und der ihr vorliegenden Unterlagen hat die Bankenkommission denn auch keine Transaktionen festgestellt, die für die Banken aus damaliger Sicht der ihnen vorliegenden Informationen als unrechtmässig hätten erscheinen müssen. 6 Schlussfolgerung und weiteres Vorgehen Zusammenfassend haben die Abklärungen der Bankenkommission bei den Banken bisher keine Verstösse gegen die anwendbaren Sorgfaltsstandards ergeben. Diese Be- EBK-Bericht Oil-for-Food 6/7

urteilung stützt die Bankenkommission auf die ihr bisher vorliegenden, umfangreichen Bankunterlagen. Sie berücksichtigt dabei soweit als möglich den damaligen Informationsstand der handelnden Akteure. Die Bankenkommission wird den heutigen Bericht des IIC eingehend studieren. Soweit sie dadurch neue Kenntnisse erhält, wird sie die abgeschlossenen Untersuchungen über die Aktivitäten der Schweizer Banken im Zusammenhang mit dem Programm Oil-for-Food wieder aufnehmen und, wenn nötig, Verfahren einleiten und verwaltungsrechtliche Massnahmen ergreifen. EBK-Bericht Oil-for-Food 7/7