Beobachtungen zur Phänologie und Generationenfolge der Gattung Carcharodus

Ähnliche Dokumente
Beobachtungen zur Ökologie von Carcharodus stauderi auf Kalymnos

Näher betrachtet: Natur im Park unter der Lupe

Tagfalter in Bingen und Umgebung (Binger Wald, Soonwald, Rheinhessen, Hunsrück und Rheinland-Pfalz)

Tagfalter in Bingen Der Admiral -lat. Vanessa atalanta- Inhalt

Tagfalter in Bingen. Der Große Fuchs -lat. Nymphalis polychloros- Inhalt

Tagfalter in Bingen und Umgebung (Binger Wald, Soonwald, Rheinhessen, Hunsrück und Rheinland-Pfalz)

Tagfalter in Bingen Der Distelfalter -lat. Vanessa cardui- Inhalt

Das Siedlungsgebiet bei Bern als Lebensraum des Malven- Dickkopffalters Carcharodus alceae (Esper, 1780) (Lepidoptera: Hesperiidae)

Tagfalter in Bingen und Umgebung (Binger Wald, Soonwald, Rheinhessen, Hunsrück und Rheinland-Pfalz)

Tagfalter in Bingen. Der Magerrasen-Perlmutterfalter -lat. Boloria dia- Inhalt

Artenschutz und Genetik der Aspisviper (Vipera aspis) im Schweizer Mittelland und dem Jura

Tagfalter in Bingen. Der Kleine Feuerfalter - Lycaena phlaeas - Inhalt

Rhagoletis completa, ein neuer Schädling auf Walnuss

Tagfalter in Bingen. Der Kleine Eisvogel -lat. Limenitis camilla- Inhalt

Tagfalter in Bingen Der Zitronenfalter -lat. Gonepteryx rhamni- Inhalt

Tagfalter in Bingen. Der Kleine Fuchs -lat. Nymphalis urticae- Inhalt

SELTENE AKROBATEN DER LÜFTE

Tagfalter in Bingen und Umgebung (Binger Wald, Soonwald, Rheinhessen, Hunsrück und Rheinland-Pfalz)

Tagfalter in Bingen. Der Große Schillerfalter -lat. Apatura iris - Inhalt

Ökologische Einnischung von sechs Feuerfalterarten auf dem ehemaligen TÜP Trampe bei Eberswalde

Profitiert die Juraviper von Biotopaufwertungen im Wald?

VORSCHAU. zur Vollversion. Hinweise zum Material:

Tagfalter in Bingen. Der Schwalbenschwanz -lat. Papilio machaon- Inhalt

Burganlagen und biologische Vielfalt

aus dem Auracher Storchennest: Das erste Ei im Auracher Storchennest am 21. März 2015

Tagfalter- Monitoring Deutschland

Agrar-Umweltpolitik in Polen nach dem EU-Beitritt: Bewertungs- und Gestaltungsansätze und Fallstudie für die Wojewodschaft Vorkarpaten

Raupen von Schwärmern aus Laos und Thailand - 3. Beitrag (Lepidoptera, Sphingidae) von

Erfolgskontrolle Schmetterlinge. - Abschlussbericht mit Unterstützung des Finanzierungsinstruments LIFE der Europäischen Gemeinschaft

Eine zweite Art der Gattung Phlogophora Treitschke, 1825: Phlogophora lamii spec. nov. (Lepldoptera, Noctuidae) von

Erfolgskontrolle Schmetterlinge. - Anfangsbericht mit Unterstützung des Finanzierungsinstruments LIFE der Europäischen Gemeinschaft

Bebauungsplan. Röte II in Auggen. Artenschutzfachliche Potenzialabschätzung. schützenswerter Arten und Biotope. (Vorabschätzung)

Baummarder-Monitoring Kanton Aargau - Bericht 2010

Unterlage 12.0B. Anlage 21

Vorsprung durch Wissen: Fakten und Mythen zur Markeule

Wildbienen zur Bestäubung von Obstbäumen

Merkblatt 2028 Klimadaten

Ökologie der Biozönosen

Anpassung von Naturschutzstrategien an den globalen Wandel. am Beispiel des Karpaten-Biosphärenreservats, Ukraine

Stadt Luzern. öko-forum. Stichwort. Marienkäfer. öko-forum Bourbaki Panorama Luzern Löwenplatz Luzern.

Newsletter. Krummzähniger Tannenborkenkäfer. 1. Beschreibung 2. Verbreitung 3. Lebensweise 4. Befallsmerkmale und Schadwirkung 5.

Neuigkeiten zum Eschen-Scheckenfalter (Euphydryas maturna LINNAEUS, 1758) in Sachsen und Sachsen-Anhalt

Kirschessigfliege: Aktuelle Erkenntnisse aus Deutschland

Beitrag zur Biologie von Lycaena phlaeas von den Kanaren (Lepidoptera: Lycaenidae)

Fachbereich Geowissenschaften. Layoutbeispiel einer Bachelorarbeit

Die Fülle der Hülle Alternative Nachweismöglichkeiten bei seltener Mottenart. Anett Richter

Präventives Tigermücken-Monitoringan Hauptverkehrsadern Südhessens

Näher betrachtet: Natur im Park unter der Lupe

Einführung. Rolf Weingartner, Präsident MRI Gruppe für Hydrologie Oeschger Centre for Climate Change Research Universität Bern.

Langzeit-Trends der Entwicklung in alpinen Rasen und ihre experimentelle Analyse

Kurzfassung der Wettbewerbsausschreibung

Der Maikäfer. Familie

Handbuch Hessen 6. Lieferung Dezember 2008

Virtuelle Unternehmen

Möglichkeiten biografisch orientierter Unterrichtsarbeit in der Schule

Gefahren durch Epidemien?

Aufbau einer zentralen Gesundheitsdatenbank für Pferde

Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW BI GK HT 2 Seite 1 von 7. Unterlagen für die Lehrkraft. Abiturprüfung Biologie, Grundkurs

Epidemiologische Untersuchung zur Verbreitung der Räude beim Rotfuchs (Vulpes vulpes) in Baden-Württemberg

Wirkungen von Event-Sponsoring

Torsten van der Heyden. Mitglied des Redaktionskomitees von BV news Publicaciones Científicas Hamburg (Deutschland)

Empirische Strategien

Steckbrief Natur und Umwelt Der Schmetterling

Gebietsschutz in Österreich Was leisten Schutzgebiete? Peter Zulka

Neue Schädlinge und Neophyten im Maisanbau auf dem Vormarsch Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen

Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin

Kosten und Nutzen des Luftverkehrs

Auswirkungen des Klimawandels auf Natur und Landschaft in Deutschland. Einfluss veränderter Landnutzungen auf Klimawandel und Biodiversität

Dr. habil. Anna Salek. Vorteile Serotypisierung Legionella: Falsch negatives oder positives Ergebnis

Logistik im Kontext des ausländischen Markteintritts

Infoblatt. Läuse. Vorkommen und Verhalten. Wie stellt man den Befall fest?

Besiedlung neu erstellter Habitate durch Gelbbauchunken im Smaragdgebiet Oberaargau

Gabel-Azurjungfer (Coenagrion scitulum) RAMBUR, 1842

Gefährdete Tierarten der Wacholderheiden und ihre Berücksichtigung bei Pflegemaßnahmen. Dr. Thomas Bamann, Frühschoppen BUND Lonsee,

Windkraft Vögel Lebensräume

Jahrb. Bochumer Bot. Ver

Schattig stehende, noch etwas grünere Pflanze von A. olivieri

Ökosysteme unter Druck: der Einfluss von Nährstoffen in Gewässern

Ein hochaufgelöster Klimadatensatz für das Stubaital Klimatag 2017, , Wien

Philipp Dresch, Ursula Peintner, Hermann Strasser Institut für Mikrobiologie. Jahrestreffen Forschungszentrum Berglandwirtschaft 04.

Schlusswort Einen wissenschaftlichen Text kann man schließen

Maiszünsler-Entwicklung und deren Bekämpfung in Deutschland. Fachberatung Mais/Sorghum KWS MAIS GMBH

Universität Hohenheim. Institut für Phytomedizin. Prof. Dr. B. Ohnesorge

Das Klima wartet nicht: Klimawandel im

Zugvögel. Klasse 4a Hermann-Löns-Schule

Saisonale Nährstoffdynamik und. Veränderung der Futterqualität. auf einem Kalkmagerrasen. Heidi Weber

Modell zur Einflussanalyse Ein Modell zur Einflussanalyse von Methodenänderungen in Entwicklungsprozessen

Die Sumpfschildkröte in Oberschwaben

Erwartete Zunahme von Hitzeperioden in den kommenden Jahrzehnten in Mitteleuropa

Inhaltsverzeichnis. Vorwort... 11

Die Visualisierung von klimatischen Kenngrößen für die Praxis

für die die VORSCHAU Narienkäfer Ernährung, Marienkäfer-Wissen, Feinde, zur Vollversion

Universität Potsdam Institut für Informatik Lehrstuhl Maschinelles Lernen. Bayes sches Lernen. Niels Landwehr

Grenzüberschreitende Kundenbindung im Einzelhandel

Dynamische Modelle für chronische psychische Störungen

Medienwirkungen: Das dynamischtransaktionale

Untersuchungen zur mikrobiellen Kontamination der Hausinstallation privater Wohnungen

Energie aus Wildpflanzen

Entwicklung von Wissen in verschiedenen Bereichen (Domänen) (20.6.)

Persönlichkeit und Entwicklung

Transkript:

Beobachtungen zur Phänologie und Generationenfolge der Gattung Carcharodus Martin Albrecht Leipzig, 26. Februar 2010 carcharodus@hotmail.com

Inhalt* Einleitung Fallstudien/Beispiele Carcharodus alceae Carcharodus floccifera Carcharodus orientalis Schlussfolgerungen *Anmerkung: Es handelt sich um eine gekürzte Fassung des Vortrags.

Einleitung Definition Phänologie : The study of periodic or cyclical biological phenomena (...) in relation with edaphic factors, climate and weather changes (Gordh & Headrick 2001) The study of timing in biological events (Shapiro et al. 2003) Anpassung an Umweltbedingungen bzw. Reduktion von Selektionsdruck (Ressourcenverfügbarkeit, Prädatoren,...) Fragestellungen Wie ist die Generationenfolge bei ausgewählten Carcharodus-Arten? Welchen Informationsgewinn bringt die Berücksichtigung von Präimaginalstadien?

Einleitung Ziele und Relevanz phänologischer Untersuchungen Aufklärung der Erscheinungszeit von Imagines und Präimaginalstadien Variabilität auf Grund von Wetter/Klima und Topographie/Geographie Aussagen zur Generationenfolge, Aktivitäts- und Ruhephasen (z.b. Überwinterungsstadium) Bedeutung für Schutzmassnahmen (z.b. Terminierung von Pflegeeingriffen) Synchronisation der Entwicklung mit Nahrungs- und Nektarpflanzen, anderen Arten sowie Prädatoren und Parasitoiden ( Symphänologie ) Neue Ansätze: Analyse von Mustern in großen Datenmengen um ökologische Fragen zu erkennen und zu beantworten. Probleme: Verfügbarkeit von Daten ( Monitoring!) und Analysemethoden (Shapiro et al. 2003)

Einleitung Probleme bei phänologischen Angaben (nach Rennwald in Ebert & Rennwald 1991) Phänologie wird oft nicht gezielt untersucht Angaben in der Literatur knapp und häufig oberflächlich Keine regionalen Unterscheidungen Methodische Probleme (Datenerfassung, Mobilität der Falter) Vermischung von Freiland- und Zuchtbeobachtungen Präimaginalstadien nicht berücksichtigt oder nur wenige Daten vorhanden

Methodik Blick in die Standard-Literatur Arbeitshypothesen Freilandbeobachtungen von Faltern und Präimaginalstadien Ergänzende Zuchten Betrachtete Arten Carcharodus alceae Schweiz (Raum Bern) Carcharodus floccifera Deutschland (Oberschwaben) Carcharodus orientalis Griechenland (Peloponnes) Beobachtungen sind Spin-off ökologischer Untersuchungen

Carcharodus alceae Ausgangssituation Tolman & Lewington (1998; Europa) Flugzeit: 3 oder mehr Generationen, Anfang April bis Oktober Ebert & Rennwald (1991; Baden-Württemberg) Mindestens zwei Generationen, in höheren Lagen 2. Gen. wahrscheinlich nur noch partiell. Überwinterung als erwachsene Raupe. Pro Natura (1997; Schweiz) In mehreren Generationen, im Wallis und Tessin 4 bis 5 nicht scharf getrennte... Generationen Untersuchungsgebiet: Umgebung von Bern (2007-2009)

Carcharodus alceae: Habitat Bolligen (Schweiz) 570 m

Carcharodus alceae: Ökologie Mehrbrütig, teilweise Kulturfolger Nahrungspflanzen: Verschiedene Malvengewächse (Malva sp., Alcea sp. u.a.). Im Siedlungsbereich gern an Stockrosen (A. rosea). Überwinterung als erwachsene Raupe, Verpuppung ohne weitere Nahrungsaufnahme im Frühjahr (Literatur, eigene Zuchtbeobachtungen; Freilandnachweise nur indirekt) Es liegen vereinzelt auch Überwinterungsnachweise der L4/Puppe vor

Carcharodus alceae: Beobachtungen Flugzeit 1. Generation: April/Mai 2. Generation: Juli/August (3. Generation: August/September) Vereinzelt überwintern bereits Raupen der 1. Generation.

Carcharodus floccifera Ausgangssituation Tolman & Lewington (1998; Europa) Flugzeit: W- bis M-Europa 2 Generationen, Ende Mai bis Juni und Ende Juli bis August; Griechenland offenbar eine Generation, Anfang Juni bis Mitte August Ebert & Rennwald (1991; Baden-Württemberg) In Oberschwaben eine Generation (wenige Daten vorhanden) Pro Natura (1991; Schweiz) An einigen wenigen Orten konnte eine sichere 2. Generation festgestellt werden ; im Tessin anscheinend nur einbrütig. Untersuchungsgebiet: Oberschwaben (Quellen: Albrecht et al. 1999 und neuere eigene Beobachtungen)

Carcharodus floccifera: Habitat Württembergisches Allgäu 550 m

Carcharodus floccifera: Ökologie Ein- bis zweibrütig Unterschiedliche Lebensräume (Pfeifengraswiesen, alpine Rasen u.a.) Nahrungspflanzen: Lamiaceae (Mitteleuropa: Betonica officinalis, Westalpen: Betonica pradica, Südeuropa: Stachys recta, S. germanica) Überwinterung als halberwachsene Larve (Literaturangaben, eigene Freiland- und Zuchtbeobachtungen)

Carcharodus floccifera: Beobachtungen Es treten Falter einer sehr partiellen 2. Generation auf, aber offenbar nicht in jedem Lebensraum und nicht in jedem Jahr Falter der 2. Generation nicht immer nachweisbar, daher Suche nach Eiern empfehlenswert: Fund an kleinem Blatt beweist frische Ablage Bodenseebecken, 31. 8. 2009

Carcharodus orientalis Ausgangssituation Tolman & Lewington (1998; Europa) Flugzeit: 2 oder 3 Generationen, April bis August Lafranchis (2003; Griechenland) In tiefen Lagen 2-3 Generationen, oberhalb 1600 m in der Regel einbrütig. Überwinterung als halberwachsene Raupe (L3) Untersuchungsgebiet: Peloponnes (Chelmos- und Taygetosgebirge, Juni 2009)

Carcharodus orientalis: Habitat Taygetos-Gebirge (Süd-Peloponnes) 1750 m

Carcharodus orientalis: Ökologie Schwesterart von C. floccifera, ein- bis mehrbrütig Unterschiedliche Lebensräume von Meeresniveau bis > 2000 m Nahrungspflanzen: Lippenblütler (Marrubium sp., Stachys sp., Ballota sp.) (Lafranchis 2003, eigene Beobachtungen) Überwinterung als halberwachsene Larve (Lafranchis 2003, eigene Zuchtbeobachtungen)

Carcharodus orientalis: Beobachtungen An tief gelegenen Fundorten (400-800 m) auf dem Peloponnes fliegen Anfang Juni 2008 bereits Falter. Im Gebirge auf 1750 m gibt es erwachsene Raupen, Vorpuppen und Puppen, aus denen jedoch noch keine Falter geschlüpft sind Es fliegen auch hier oben schon Falter (nur Weibchen beobachtet) Wahrscheinliche Erklärung: Vertikale Wanderung von Faltern ins Gebirge (im Taygetos gleichzeitige Nachweise z.b. von I. podalirius, L. reducta und L. celtis oberhalb der Baumgrenze).

Schlussfolgerungen Phänologie und Generationenfolge können kompliziert sein Die Untersuchung muss auf lokaler oder regionaler Basis erfolgen, Zusammenfassungen für größere Gebiete nur auf Basis solcher Beobachtungen Die Präimaginalstadien sind zwingend zu berücksichtigen Zuchtversuche können nützliche Zusatzinformationen liefern Wichtig: Ausreichende Anzahl von Beobachtungen um Ausnahmen zu erkennen Regionale Wanderbewegungen können vorkommen Generalisierungen schwierig, da jede Art eigene Strategien entwickelt hat

Herzlichen Dank Für Unterstützung bei der Freilandarbeit in Griechenland Peter Sonderegger Markus Fluri Daniel Bolt Hans-Peter Wymann Bernhard Jost Heiner Ziegler