Chinesische bloße NPn Artreferierend oder Eigenschaftsdenotierend? Julia Schütz

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Semantik-Kolloquium, Institut für Linguistik, Universität Leipzig 04.05.06 Chinesische bloße NPn Artreferierend oder Eigenschaftsdenotierend? Julia Schütz 1. Einleitung Englische bloße NPn haben je nach Kontext unterschiedliche Lesarten: 1) a) Artreferierend im Kontext von Artenprädikaten: Dogs are extinct. (die Art Hund, species) Snow is common. (die Art Schnee, kind) b) "Universal" in generischen Sätzen: Dogs bark. (alle Hunde) Dogs are intelligent. (die meisten Hunde) Snow is white. (Schnee im allgemeinen) c) Existentiell (indefinit) in episodischen Sätzen: Dogs are barking. (einige Hunde) I saw dogs. (einige Hunde) Snow is falling. (etwas Schnee) Es gibt verschiedene Vorschläge, wie diese unterschiedlichen Lesarten abgeleitet werden können, u.a.: Chierchia (1998): Die zugrundeliegende Bedeutung von bloßen NPn ist die Referenz auf eine Art. Alle anderen Lesarten müssen von dieser zugrundeliegenden Bedeutung abgeleitet werden. Krifka (2003): Bloße NPn denotieren in ihrer zugrundeliegenden Bedeutung Eigenschaften. Die anderen Lesarten können durch verschiedene Typenverschiebungsoperationen abgeleitet werden. Frage: Sind diese beiden Interpretationsvorschläge auf das Chinesische anwendbar? Welcher kann die chinesischen Daten besser erklären? Annahme: Chinesische Gattungsnamen sind Massennomen, sie sollten also analog zu englischen Massennomen analysiert werden. 2. Die Lesarten von chinesischen bloßen NPn Im Kontext von Artenprädikaten: 2) Gou juezhong le. (die Art Hund) Hund ausgestorben ASP Hunde sind ausgestorben => Diese Lesart entspricht derjenigen der englischen NP in 1)a) In generischen Sätzen: 3) a) Gou jiao. Hund bellen. i. Hunde bellen. (alle Hunde) ii. {Der Hund/Die Hunde} bell{t/en}. (ein bestimmter Hund/bestimmte Hunde) b) Gou hen jiling. Hund sehr intelligent. i. Hunde sind intelligent. (die meisten Hunde) ii. {Der Hund/Die Hunde}{ist/sind} intelligent (ein bestimmter Hund) => Die "universale" Lesart haben chinesische und englische bloße NPn gemeinsam. Chinesische bloße NPn haben aber eine zusätzliche definite Lesart, die englische nicht haben. In episodischen Sätzen: 4) a) Gou zai jiao. Hund PROG bellen. Der Hund bellt gerade./die Hunde bellen gerade. (ein bestimmter Hund) b) Wo kanjian gou le. Ich sehen Hund ASP i. Ich habe Hunde gesehen. (einige Hunde) ii. Ich habe {den Hund/die Hunde} gesehen. (ein bestimmter Hund) => In präverbaler Position haben chinesische und englische bloße NPn gar keine gemeinsame Lesart. => In postverbaler Position haben sie die indefinite Lesart gemeinsam. Chinesische bloße NPn haben in postverbaler Position eine zusätzliche definite Lesart, die englischen bloßen NPn fehlt. => Diese Unterschiede könnten zu Problemen führen, wenn man einen Interpretationsvorschlag für englische bloße NPn auf das Chinesische übertragen will. 3. Chierchia (1998) Chierchia (1998): Bloße NPn denotieren in ihrer zugrundeliegenden Bedeutung Arten. 3.1 Vorbemerkungen 3.1.1 Diskursdomäne Die Diskursdomäne enthält sowohl singularische als auch pluralische Individuen. Sie bildet einen vollständigen atomaren Summenhalbverband. 5) a b c... a b a c b c... a b c... 1 2

a, b, c sind singularische Individuen, die anderen Individuen sind pluralisch (Summenindividuen). Die Diskursdomäne wird durch die Teil-von-Relation geordnet. Singularische Individuen sind Teil von jedem pluralischen Individuum, zu dem sie gehören. Pluralische Individuen können ebenfalls Teile von anderen pluralischen Individuen sein: 6) a) a a b b) a b a b c Die singularischen Individuen sind Atome. Atome haben nur sich selbst als Teil. Singularische Gattungsnamen denotieren eine Menge von Atomen: 7) [[ Hund]] = {Waldi, Bello, Cäsar...} Pluralische Gattungsnamen denotieren eine Menge von Summenindividuen: 8) [[ Hunde]] = {Waldi Bello, Waldi Cäsar, Bello Cäsar, Waldi Bello Cäsar...} Analyse des definiten Determinierers: 9) a) das X = ιx =das größte Element von X, wenn es eins gibt, ansonsten nicht definiert b) die Hunde = ιhunde = das größte Summenindividuum, dessen atomare Teile Hunde sind c) der Hund = ιhund 3.1.2 Massennomen Massennomen unterscheiden sich von Individualnomen dadurch, dass sie abgeschlossen unter Summenbildung sind. Beispiel: Schmuck hat in seiner Denotation sowohl Atome (einzelne Schmuckstücke) als auch Summenindividuen, deren atomare Teile einzelne Schmuckstücke sind. 10) [[ Schmuck]] = Ring Kette Ohrring... Ring Kette Ring Ohrring Kette Ohrring... Ring Kette Ohrring... Annahme: Nomen wie Wasser sind genauso zu analysieren wie Nomen wie Schmuck. Einziger Unterschied: Bei Wasser ist vage, was die Atome sind. Da chinesische Gattungsnamen Massennomen sind, entspricht deren Denotation derjenigen in 10). 3 3.1.3 Arten Annahme: Bloße NPn denotieren in ihrer zugrundeliegenden Bedeutung immer Arten. Arten sind intuitiv: Regelmäßigkeiten, die in der Natur auftreten. ähnlich wie "normale" Objekte, können aber zur selben Zeit an unterschiedlichen Orten sein. nicht unbedingt biologisch oder wohletabliert. Auch Artefakte (chair, car...) oder komplexe Dinge (intelligent students, spots of ink...) können Arten sein, wenn sie sich ausreichend regelmäßig verhalten. Was eine Art ist, wird durch das gemeinsame Wissen einer Sprechergemeinschaft festgelegt und muss vage bleiben. Für jede natürliche Art gibt es eine entsprechende Eigenschaft, für jede natürliche Eigenschaft eine entsprechende Art. o Beispiel: Der natürlichen Art "Hund" entspricht die Eigenschaft, ein Exemplar der Art "Hund" zu sein. Der natürlichen Eigenschaft, ein Hund zu sein, entspricht die Art "Hund". Weil es für jede Art eine entsprechende Eigenschaft gibt (und umgekehrt), muss es Funktionen geben, um vom einen zum anderen zu kommen. Das sind der down-operator und der up-operator : Wenn DOG die Eigenschaft, ein Hund zu sein, ist, dann ist DOG die entsprechende Art. Wenn d die Art "Hund" ist, dann ist d die Eigenschaft, ein Hund zu sein (DOG). 11) (down) P K <s, <e,t>> (up) e Die Art "Hund" d ist eine atomare Entität. Innerhalb einer bestimmten Welt kann eine Art mit der Totalität ihrer Instanzen identifiziert werden. In unserer Welt ist also die Art "Hund" diejenige Entität, die alle Hunde, die es in unserer Welt gibt, umfasst (dasjenige Summenindividuum, das aus allen Hunden besteht, DOG). Arten können also auch als Individuenkonzepte (Funktionen von Welten in Summenindividuen) dargestellt werden. Die Typenverschiebungsoperatoren und werden wie in 12) und 13) definiert: 12) P = λw[ιp(w)] wenn λw[ιp(w)] K, ansonsten nicht definiert Der down-operator bildet Welten auf das größte Element der Extension von P in w ab. D.h. durch die Anwendung von wird innerhalb einer bestimmten Welt die Art mit der Totalität ihrer Instanzen in dieser Welt gleichgesetzt. 4

Nicht definiert ist für Eigenschaften, für die keine entsprechende Art existiert (z.b. broken old shoe that Leo left behind) singularische Eigenschaften wie z.b. dog, weil singularische Eigenschaften in jeder Welt notwendigerweise durch ein einziges Individuum instantiiert werden. 13) Wenn k ein Art-Individuum ist, dann gilt: k = λwλx[x k(w)] Der up-operator bildet Arten auf die Eigenschaft, ein Exemplar der Art zu sein, ab. Exemplare können sowohl atomare Individuen als auch Summenindividuen sein. D.h. Cäsar ist genauso ein Exemplar der Art "Hund" wie Cäsar Waldi. 3.1.4 Die Bedeutung von Gattungsnamen und NPn Individualnomen sind in ihrer lexikalischen Bedeutung Prädikate vom Typ <e, t>. Wenn sie als bloße pluralische NPn auftreten, wird ihre Denotation automatisch durch den down- Operator verschoben. Massennomen sind schon in ihrer lexikalischen Bedeutung vom Typ e. => alle bloßen NPn sind in ihrer zugrundeliegenden Bedeutung Namen von Arten. 3.2 Chierchias Interpretationsansatz für bloße NPn Grundannahme: Die zugrundeliegende Bedeutung von bloßen NPn ist die Referenz auf eine Art. 3.2.1 Die artreferierende Interpretation von bloßen NPn 14) a) Gold is rare. => rare(gold) b) Dogs are extinct. => extinct( dogs) Chinesische Gattungsnamen sind Massennomen. Ihre Interpretation entspricht also derjenigen von englischen Massennomen. 15) Funktionale Applikation (Krifka 2003): [[ [α β] ]] a) = λw[{ [[ α]] (w), [[ β]] (w)}] b) = λw[ [[ α]] (w) ( [[ β]] (w)) ] oder λw[ [[ β]] (w) ( [[ α]] (w))] je nachdem, was wohlgeformt ist. c) wenn b) nicht geht: = λw[{ TS[[ α]] (w), [[ β]] (w)}] oder λw[{ [[ α]] (w), TS [ [ β]] (w)}] TS steht für eine passende Typenverschiebungsoperation 16) a) Gou juezhong le Hund ausgestorben ASP Hunde sind ausgestorben b) [[gou]] = λw[hund] [[juezhong]] = λwλx[ausgestorben(w)(x)] 5 c) [[gou juezhong le]] = i.) = λw[[[ juezhong]] (w)([[ gou]] (w))] (funktionale Applikation 15b) ii.) = λw[λw'λx[ausgestorben(w')(x)](w) (λw''[hund](w))] iii.) = λw[λx[ausgestorben(w)(x)] (hund)] λ-konversion von w' und w'' iv.) = λw[ausgestorben(w)(hund)] λ-konversion von x 3.2.2 Die indefinite Interpretation von bloßen NPn in episodischen Kontexten Bloße NPn können auch als Argumente von Prädikaten auftreten, die keine Arten als Argumente nehmen: 17) Lions are ruining my garden. Annahme Chierchia: Auch hier denotiert die bloße NP lions eine Art. Der Satz in 17) macht eine Aussage über die Exemplare der Art "Löwe", weil be ruining my garden nur Objekte, aber keine Arten als Argumente haben kann. Die NP lions referiert aber auf eine Art. Deshalb entsteht ein Sortenkonflikt. Annahme: Wenn eine Argumentstelle für Objekte mit einem artreferierenden Ausdruck gefüllt wird, kommt es zu einer automatischen Sortenanpassung. Das geschieht durch lokale Existenzquantifikation über Exemplare der Art. Den Mechanismus, der den Existenzquantor einführt, nennt Chierchia Derived Kind Predication (DKP). 18) DKP-Regel: Wenn P auf Objekte appliziert und k eine Art denotiert, dann gilt P(k) = x[ k(x) P(x)] 17) wird also wie in 19) interpretiert: 19) a) x[ lions(x) ruining my garden (x)] Die Existenzquantifikation über die Instanzen einer Art in episodischen Kontexten ist eine automatische lokale Anpassung. Sie wird durch einen Sortenkonflikt ausgelöst. 20) a) Waimian gou zai jiao. außen Hund PROG bellen Draußen bellen gerade Hunde. b) [[ gou]] = λw[hund] [[ zai jiao]] = λwλy[bellen(w)(y)] DKP: λw[p(w)(k)] = λw x[ k(w)(x) P(w)(x)] k = λwλz[z k(w)], wenn k(w) definiert ist, andernfalls nicht definiert c) [[ gou zai jiao]] = i.) = λw[ [[ zai jiao]] (w)([[ gou]] (w))] Funktionale Applikation ii.) = λw[λw'λy[bellen(w')(y)](w) (λw''[hund](w))] iii.) = λw[λy[bellen(w)(y)] (hund)] λ-konversion von w' und w'' Sortenkonflikt! iv.) = λw x[ hund(w)(x) λy[bellen(w)(y)](x)] DKP v.) = λw x[ hund(w)(x) bellen(w)(x)] λ-konversion von y 6

vi.) vii.) viii.) = λw x[λw''λz[z hund(w'')](w)(x) bellen(w)(x)] = λw x[λz[z hund(w)](x) bellen(w)(x)] λ-konversion von w'' = λw x[x hund(w)] bellen(w)(x)] λ-konversion von z Chinesisch: Die "universale" Lesart wird wie in 22)b) abgeleitet. Im Chinesischen gibt es keine Determinierer, die verdeckte Typenverschiebung mit ι wird also nicht blockiert. Die definite Lesart von 23)b) kann also wie in 25) abgeleitet werden: 3.2.3 Die "universale" Lesart von bloßen NPn in generischen Sätzen Die "universale" Lesart kommt durch einen generischen Operator Gn zustande. Gn ist Teil des verbalen Aspekts. 21) a) Dogs bark. b) Gn x, s [ dog(x) C(x, s)] [bark(x, s)] Jede Situation vom passenden Typ, die Hunde enthält, ist eine Situation, in der Hunde bellen. C = Variable, deren Wert durch den Kontext festgelegt wird. Sie beschränkt die Domäne von Gn auf passende Individuen und Situationen. 22) a) Gou jiao. Hund bellen Hunde bellen. b) Gn x, s [ HUND(X) C(x, s)][bellen(x, s)] => Alle Lesarten, die englische und chinesische bloße NPn gemeinsam haben, können mit Chierchia (1998) abgeleitet werden. 3.2.4 Mögliche Probleme bei der Übertragung auf Chinesisch a) Zusätzliche definite Lesart von chinesischen bloßen NPn in generischen Sätzen 23) a) Dogs bark b) Gou jiao i. Hunde bellen Hund bellen ii. *Die Hunde bellen. i. Hunde bellen. ii. Der Hund bellt/ Die Hunde bellen. Yang (2003): Die zusätzliche definite Lesart ist kein Problem für Chierchia (1998), sie wird vielmehr sogar vorhergesagt. Englisch: Die "universale" Lesart wird wie in 21)a) abgeleitet. Die definite Lesart ist hier nicht möglich, weil Chierchia annimmt, dass freie Typenverschiebungen durch overte Determinierer blockiert werden, wenn die Bedeutung des Determinierers der Bedeutung des Typenverschiebungsoperators entspricht. 24) Blockierungsprinzip: Für jede Typenverschiebungsoperation τ und eine Denotation X gilt: *τ(x) wenn es einen Determinierer D gibt, so dass gilt D(X) = τ(x) Die definite Lesart in 23)a) müsste durch Typenverschiebung mit ι abgeleitet werden. Im Englischen hat aber der definite Determinierer the die Bedeutung ι, deswegen wird diese Typenverschiebung blockiert. 7 25) a) [[ gou]] = λw[hund] [[ jiao]] = λwλx[bellen(w)(x)] b) [[ gou jiao]] i.) = λw[ [[ jiao]] (w) ([[ hund]] (w))] funktionale Applikation (15b) ii.) = λw[λw'λx[bellen(w')(x)](w) (λw''[hund](w))] iii.) = λw[λx[bellen(w)(x)] (hund)] λ-konversion von w' und w'' Sortenkonflikt! iv.) = λw[λx[bellen(w)(x)] ( hund)] Sortenverschiebung v.) = λw[λx[bellen(w)(x)] (ι hund)] Typenverschiebung vi.) = λw[bellen(w)(ι hund)] λ-konversion von x Problem: In iv.) entsteht durch die Sortenverschiebung eine nicht interpretierbare Struktur. b) Fehlende indefinite Lesart von chinesischen bloßen NPn in präverbaler Position 26) a) Dogs are barking. b) Gou zai jiao. i.) (einige) Hunde bellen. Hund PROG bellen ii.) *Die Hunde bellen. i.)?? (einige) Hunde bellen. ii.) Die Hunde bellen. In beiden Fällen kommt es zu einem Sortenkonflikt, weil die NP jeweils auf die Art "Hund" referiert, das verbale Prädikat aber keine Arten als Argumente nimmt. In 26)a) kommt es zu einer Sortenanpassung durch die DKP-Regel, wir erhalten also die indefinite Lesart. In 26)b) ist die definite Lesart zwar ableitbar (analog zu 25b), aber auch die DKP-Regel kann nicht blockiert werden. Hier ergibt sich also ein Problem für Chierchia (1998). 4. Alternative: Krifka (2003) Grundannahme: bloße NPn denotieren in ihrer zugrundeliegenden Bedeutung Eigenschaften. Von Chierchia (1998) übernimmt Krifka (2003) a) die Struktur der Diskursdomäne (vgl. 5) b) die Annahme, dass der Typ von NP-Denotationen verschoben werden kann c) die Annahme, dass freie Typenverschiebungen durch overte Determinierer blockiert werden 4.1 Die Denotation von Gattungsnamen Individualnomen haben ein Numerusargument, das durch ein Numeral gefüllt werden kann: 27) [[ dog]] = λwλnλx[dog(w)(n)(x)] Typ: <s, <n, <e, t>>> "in der Welt w besteht das Individuum x aus n Hunden" Massennomen haben kein solches Numerusargument: 28) [[ gold]] = λwλx[gold(w)(x)] Typ: <s, <e, t>> "in der Welt w besteht das Individuum x aus Gold" 8

Da chinesische Gattungsnamen Massennomen sind, entspricht ihre Denotation derjenigen in 28). Chinesische Gattungsnamen sind demnach in ihrer zugrundeliegenden Bedeutung Eigenschaften vom Typ <s, <e, t>>. 4.1.1 Ableitung der artreferierenden Lesart Die artreferierende Lesart wird wie bei Chierchia mit dem Operator abgeleitet: 29) P = λw[ιp(w)] Unterschiede zu Chierchia: ist für alle Welten definiert, in denen es ein größtes Element gibt. Der Operator ist nicht auf kumulative Prädikate beschränkt. dog ist also in Krifkas Theorie möglich. appliziert nur bei echter Artenprädikation. Deswegen ist der Operator, der Arten auf Instanzen abbildet, in Krifkas Theorie überflüssig. 30) a) Gou juezhong le. Hund ausgestorben ASP Hunde sind ausgestorben b) [[gou]] = λwλx[hund(w)(x)] (Massennomen = Eigenschaften) [[juezhong]] = λwλx[ausgestorben(w)(x)] P = λw[ιp(w)] c) [[gou juezhong le]] = i.) = λw[[[juezhong]] (w) ([[gou]] )] (funktionale Applikation) ii.) = λw[λw'λx[ausgestorben(w')(x)](w) (λw''λx[hund(w'')(x)])] iii.) =λw[λx[ausgestorben(w)(x)] (λw''λx[hund(w'')(x)])] λ-konversion von w' iv.) = λw[λx[ausgestorben(w)(x)] ( λw''λx[hund(w'')(x)])] Typenverschiebung v.) = λw[λx[ausgestorben(w)(x)] (λw'[ι[λw''λx[hund(w'')(x)](w')])] vi.) =λw[λx[ausgestorben(w)(x)](λw'[ιλx[hund(w')(x)]])] λ-konversion von w'' vii.) = λw[ausgestorben(w)(λw'[ιλx[hund(w')(x)])] λ-konversion von x => Die artreferierende Interpretation von chinesischen bloßen NPn kann mit Krifka (2003) problemlos abgeleitet werden 4.1.2 Ableitung der indefiniten Lesart in episodischen Sätzen 31) a) Waimian gou zai jiao außen Hund PROG bellen Draußen bellen gerade Hunde b) [[ gou]] = λwλx[hund(w)(x)] [[ zai jiao]] = λwλx[bellen(w)(x)] = λpλq x[p(x) Q(x)] c) [[gou zai jiao]] = i.) = λw[{[[ zai jiao]] (w), [[ gou]] (w)}] (funktionale Applikation 15a) ii.) = λw[{λw'λy[bellen(w')(y)](w), λw''λz[h(w'')(z)](w)}] iii.) = λw[{λy[bellen(w)(y)], λz[hund(w)(z)]}] λ-konversion von w' und w'' 9 iv.) v.) vi.) vii.) viii.) ix.) x.) => die indefinite Lesart ist ableitbar = λw[{λy[bellen(w)(y)], [λz[hund(w)(z)]]}] Typenverschiebung = λw[{λy[bellen(w)(y)], λqλp x[q(x) P(x)](λz[Hund(w)(z)])}] = λw[{λy[bellen(w)(y)], λp x[λz[hund(w)(z)] (x) P(x)]}] λ-konv. v. Q = λw[{λy[bellen(w)(y)], λp x[hund(w)(x) P(x)]}] λ-konv. v. z = λw[λp x[hund(w)(x) P(x)] (λy[bellen(w)(y)])] fkt. Appl. (15b) = λw[ x[hund(w)(x) λy[bellen(w)(y)] (x)] λ-konversion von P = λw[ x[hund(w)(x) bellen(w)(x)]] λ-konversion von y Auf die Ableitung der universalen Lesart in generischen Sätzen geht Krifka (2003) nicht ein (vgl. Chierchia?) 4.1.3 Mögliche Probleme a) Zusätzliche definite Lesart von chinesischen bloßen NPn in generischen Sätzen 32) a) Dogs bark b) Gou jiao i. Hunde bellen Hund bellen ii. *Die Hunde bellen. i. Hunde bellen. ii. Der Hund bellt/ Die Hunde bellen. Da Krifka (2003) das Blockierungsprinzip von Chierchia (1998) übernimmt, wird in 32)a) die definite Lesart durch den Determinierer the blockiert. Ableitung der definiten Lesart in 32)b): 33) a) [[ gou]] = λwλx[hund(w)(x)] [[ jiao]] = λwλx[bellen(w)(x)] b) [[ gou jiao]] i.) = λw[ [[ jiao]] (w) ( [[ gou]] (w)) ] funktionale Applikation 15b ii.) = λw[λw'λx[bellen(w')(x)](w) (λw''λx[hund(w'')(x)](w))] iii.) = λw[λx[bellen(w)(x)] (λx[hund(w)(x)])] λ-konversion von w' und w'' iv.) = λw[λx[bellen(w)(x)] (ιλx[hund(w)(x)])] Typenverschiebung mit ι v.) = λw[bellen(w)(ιλx[hund(w)(x)])] => In Krifkas Theorie ist die zusätzliche definite Lesart noch problemloser ableitbar als bei Chierchia (1998), weil sich hier das Problem mit der nicht interpretierbaren Struktur nicht ergibt. b) Fehlende indefinite Lesart von chinesischen bloßen NPn in präverbaler Position 34) a) Dogs are barking. b) Gou zai jiao. i.) Hunde bellen. Hund PROG bellen ii.) *Die Hunde bellen. i.)??hunde bellen. ii.) Die Hunde bellen. In beiden Fällen kommt es zu einem Typenkonflikt, weil sowohl die NP als auch das verbale Prädikat vom Typ <s, <e, t>> sind. In 34)a) wird dieser Typenkonflikt durch Typenverschiebung mit dem Existenzquantor gelöst. Eine Typenverschiebung mit dem ι- Operator wird durch den definiten Determinierer the blockiert. 34)b)ii.) ist problemlos durch 10

Typenverschiebung mit dem ι-operator ableitbar, weil es im Chinesischen keine Determinierer gibt. Problem: Auch eine Typenverschiebung mit dem Existenzquantor kann nicht blockiert werden. => Sowohl Chierchia (1998) als auch Krifka (2003) können die fehlende indefinite Lesart von chinesischen bloßen NPn in präverbaler Position von episodischen Kontexten nicht ableiten. 5. Erklärung für das Fehlen der indefiniten Lesart Annahme Yang (2003): Die indefinite Lesart ist in präverbaler Position in episodischen Kontexten möglich. Sie ist aber in vielen Kontexten nicht vorhanden. Erklärung: Das Fehlen der indefiniten Lesart beruht auf drei Faktoren: 1. Chinesisch erlaubt eine definite Lesart für bloße NPn 2. Chinesisch erlaubt pro-drop 3. Chinesisch ist eine Topikprominente Sprache Weil Chinesisch pro-drop erlaubt, ist Gou zai jiao (Der Hund bellt gerade) ist ambig zwischen zwei syntaktischen Strukturen: 35) a) [ TopP [ IP Gou zai jiao]] b) [ TopP Gou [ IP zai jiao]] Weil Chinesisch eine topikprominente Sprache ist, wird eine Struktur mit overtem Topik bevorzugt. Das ist die Struktur in 35)b). Eine präverbale NP wird also meist als Topik und damit definit interpretiert. Nur wenn die Topikposition durch anderes Material besetzt ist, muss die entsprechende NP als Subjekt interpretiert werden. Dann hat sie eine indefinite Lesart (vgl. 31a) Literatur: Carlson, G. (1980), Reference to Kinds in English, New York & London: Garland Publishing Chierchia, G. (1998), "Reference to Kinds across Languages", Natural Language Semantics 6, 339 405 Cohen, A. & N. Erteschik-Shir (2002), "Topic, Focus, and the Interpretation of Bare Plurals", Natural Language Semantics 10, 125-165 Diesing, M. (1992), Indefinites, Cambridge: MIT Press Gerstner-Link, C. & M. Krifka (1993), "Genericity" in J. Jacobs/A. von Stechow/W. Sternefeld/T. Vennemann (Hrsg.), Syntax. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung, Berlin: de Gruyter, 966 978 Krifka, M. (2003), Bare NPs: Kind-Referring, Indefinites, Both, or Neither? http://amor.rz.hu-berlin.de/ ~ h2816i3x/barepluralssalt13.pdf Krifka, M. (2003b), Kinds of Kind Reference http://amor.rz.hu-berlin.de/ ~ h2816i3x/genericitykoeln.pdf Yang, R. (2001), Common Nouns, Classifiers, and Quantification in Chinese, PhD dissertation, Rutgers University, New Brunswick 6. Fazit => Die Erklärung für das Fehlen der indefinite Lesart in präverbaler Position lässt sich sowohl in den Ansatz von Chierchia (1998) als auch in den von Krifka (2003) integrieren. => Für Chierchia (1998) ergibt sich ein Problem bei der Ableitung der zusätzlichen definiten Lesart von chinesischen bloßen NPn. Hier entsteht eine nicht-interpretierbare Struktur. Krifka (2003) hat dieses Problem nicht. => Krifka (2003) ist für die Interpretation der chinesischen Daten gegenüber Chierchia (1998) zu bevorzugen. 11 12