Zusammenfassung - Ursachen - Symptome - Diagnose - Einteilung der Handgelenksfrakturen - Therapie - Komplikationen - Prognose

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Transkript:

Radiusfrakturen Zusammenfassung - Ursachen - Symptome - Diagnose - Einteilung der Handgelenksfrakturen - Therapie - Komplikationen - Prognose Zusammenfassung Elle (=Ulna) und Speiche (=Radius) bilden am Unterarm die knöcherne Verbindung zwischen dem Handund dem Ellenbogengelenk. Dabei liegt die Elle an der Außenseite des Unterarmes und übernimmt dessen Führung im Ellenbogengelenk. Die Speiche dagegen liegt an der Innenseite (Daumenseite) und trägt die Hand einschließlich der Handwurzelknochen. Bei einem Sturz kann es zum Bruch der Speiche nahe des Handgelenks (=distale Radiusfraktur) kommen. Die distale Radiusfraktur ist die häufigste Fraktur überhaupt. Die Diagnose wird anhand eines Röntgenbildes gestellt. Liegt eine durch den Bruch entstandene Fehlstellung der Knochenenden vor (=Dislokation), wird die Speiche unter Röntgenkontrolle gerichtet. Um den gebrochenen Arm ruhigzustellen, ist das Anlegen eines Gipsverbandes unerlässlich. In vielen Fällen ist zur Stabilisierung auch eine Operation erforderlich. Ursachen Die distale Radiusfraktur ist mit 25% aller Frakturen der häufigste Knochenbruch. Sie entsteht in der Regel durch einen Sturz auf die nach hinten gestreckte abstützende Hand. Liegt eine Verminderung der Knochenstabilität vor, z.b. im höheren Lebensalter oder bei krankhafter Veränderung der Knochenstruktur wie der Osteoporose, ist die Gefahr einer Radiusfraktur bei einem solchen Sturz wesentlich erhöht. Es ist wichtig, die Ursachen, die zu dem Sturz geführt haben, zu klären. So können gerade im höheren Lebensalter Herzrhythmusstörungen oder Störungen der Gehirndurchblutung dafür verantwortlich sein. Eine umfassende Untersuchung des Patienten ist daher unerlässlich. Symptome Eine schmerzhafte Schwellung und eine Verbreiterung oder Fehlstellung des Handgelenks nach einem Unfall sind zwei wesentliche Symptome einer knöchernen Handgelenksverletzung. In der Regel kann das Handgelenk nur sehr eingeschränkt und unter großen Schmerzen bewegt werden. Mitunter tritt begleitend eine Sensibilitätsstörung der Hand oder der Finger auf. Nach einer schweren Gewalteinwirkung ist es auch möglich, dass die Haut und die Muskulatur der Hand durch herausragende Knochenenden verletzt sind. Solche Brüche werden je nach Ausmaß des Weichteilschadens als erst- bis drittgradig offene Frakturen bezeichnet. Offene Brüche, bei denen der Knochen zu sehen ist, sind für den betroffenen Patienten meist besonders erschreckend. Diagnose Zunächst muss in einer umfassenden ärztlichen Untersuchung das Ausmaß der sichtbaren Schäden geklärt werden. Dazu gehören mögliche Hautverletzungen, aber auch Schädigungen von Nerven und Gefäßen. Anschließend erfolgt eine Röntgenuntersuchung, bei der das Handgelenk in zwei Ebenen, von oben und von der Seite, aufgenommen wird. Das Röntgenbild verschafft endgültige Klarheit darüber, ob ein Bruch vorliegt und ob das Handgelenk dabei in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Art der Fraktur und dabei vor allem die Frage, ob das Gelenk geschädigt ist oder nicht, sind entscheidend für die Auswahl der richtigen Therapie. Es ist daher notwendig, bei der Diagnosestellung den genauen Typ der vorliegenden Fraktur festzustellen. Die verschiedenen Klassifizierungen der Radiusfraktur berücksichtigen vor allem die Stellung der Hand beim Sturz und das Ausmaß der Beteiligung des Handgelenks an der Fraktur. Einteilung der Handgelenksfrakturen Die klassische Einteilung der verschiedenen Radiusfrakturen erfolgt nach der Stellung der Hand beim

Sturz. Je nachdem, ob die Hand beim Sturz nach hinten gestreckt (=Extension) oder nach vorn gebeugt (=Flexion) ist, werden die durch den Bruch entstehenden Knochenfragmente unterschiedlich gegeneinander verschoben. Die klassische Radiusfraktur entsteht bei einem Sturz auf die nach hinten gestreckte Hand. Sie wird Extensionsfraktur oder, nach Abraham Colles, einem Chirurgen aus Dublin (1773-1843), Colles-Fraktur genannt. Wesentlich seltener ist dagegen die Radiusfraktur durch den Sturz auf die nach vorn gebeugte Hand. Es handelt sich dabei um die so genannte Flexionsfraktur oder Smith-Fraktur, benannt nach dem Dubliner Chirurgen Sir Robert W. Smith (1807-1873). Wichtiger für die Entscheidung, welche Therapie angewendet werden muss, ist die Frage, in welchem Ausmaß das Gelenk zwischen dem Radius und der Mittelhand bei dem Bruch geschädigt wurde. Deshalb werden vor allem im deutschsprachigen Raum die handgelenksnahen Unterarmfrakturen anhand der so genannten AO-Klassifikation (Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese) in verschiedene Typen eingeteilt, die eine jeweils unterschiedliche Beteiligung des Handgelenks aufweisen: Frakturen, die nicht in das Gelenk reichen (=extraartikuläre Frakturen), gehören zum Typ A. Bei dieser Art der Fraktur werden häufig vor allem bei älteren Menschen die Knochenfragmente durch den Druck, der beim Sturz auftritt, so zusammengestaucht, dass sich der Radius verkürzt. Ist das Handgelenk teilweise betroffen, oder ist der so genannte Griffelfortsatz, der sich am Radiusknochen in der Nähe des Gelenks befindet (=Processus styloideus radii), abgebrochen, handelt es sich um eine partiell intraartikuläre Fraktur vom Typ B. Der Radius trägt am Übergang zur Mittelhand so genannte Gelenklippen. Bei einer Fraktur vom Typ B können in seltenen Fällen diese Gelenklippen entweder auf der Seite des Handrückens (=dorsal) oder auf der Seite der Hohlhand (=volar) abgebrochen sein. Ist dagegen das ganze Handgelenk von der Radiusfraktur betroffen, handelt es sich um eine so genannte totale intraartikuläre Fraktur vom Typ C. Häufig hat der dabei entstandene Frakturspalt eine Y- oder T-Form. Eine weitere Klassifizierung, die so genannte Unterscheidung nach Frykman, berücksichtigt hinsichtlich einer Gelenkbeteiligung sowohl den Gelenkraum zwischen Radius und Mittelhand als auch den zwischen Radius und Ulna. Gleichzeitig beachtet sie, ob der Griffelfortsatz am Ulnaknochen (=Processus styloideus ulnae) abgebrochen ist oder nicht. Insgesamt sind bei der Einteilung nach Frykman acht Typen der distalen Radiusfraktur zu unterscheiden. Das Handgelenk und seine Knochen Therapie

Die Behandlung der Radiusfraktur zielt darauf ab, die normale Beweglichkeit der Hand wiederherzustellen. Voraussetzung dafür ist, dass die Knochenenden in ihre ursprüngliche Stellung gebracht werden. Eine solche Reposition (lat. reponere = wieder hinsetzen) kann sowohl konservativ als auch operativ erfolgen. In der Regel wird ein Röntgendurchleuchtungsgerät verwendet, um das Repositionsergebnis während der Behandlung kontrollieren und gegebenenfalls sofort korrigieren zu können. Nach der Wiederherstellung der achsgerechten und anatomisch korrekten Gelenkstellung, wird der Arm ruhiggestellt, um ein Zusammenwachsen des bzw. der durchtrennten Knochen zu erreichen. Konservative Therapie Die so genannte konservative Therapie erfolgt nichtoperativ und bleibt in der Regel den einfachen extraartikulären Frakturen vorbehalten, die durch die manuelle Reposition stabilisiert werden können, d.h. den Frakturen vom Typ A (nach AO). Auch Frakturen, bei denen der Knochenmantel um den Bruch herum in seiner Kontinuität erhalten geblieben ist und so die Knochenfragmente stabilisiert (so genannte Grünholzfrakturen), werden konservativ behandelt. Diese Art der Fraktur tritt vor allem bei Kindern auf, da ihr Knochenmantel noch weich und auf diese Weise vor einem Bruch geschützt ist. Die konservative Reposition extraartikulärer Brüche erfolgt meist in örtlicher oder regionaler Betäubung auf manuelle Weise. Durch Zug- oder Druckanwendung werden die verschobenen Knochenfragmente in ihre natürliche Ausgangsposition zurückgebracht. Die Behandlung wird mit Hilfe von Röntgenbildern kontrolliert. Um zu gewährleisten, dass sich die reponierten Knochenfragmente nicht erneut verschieben, muss der Unterarm durch das Anlegen eines Gipsverbandes ruhiggestellt werden. Trotz des Verbandes besteht durch unwillkürliche Muskelanspannungen die Tendenz zu einer erneuten Verschiebung der Knochenteile. Deshalb sind regelmäßige Röntgenkontrollen erforderlich, die unmittelbar nach dem Anlegen des Gipsverbandes und nach vier Tagen, einer, zwei und vier Wochen erfolgen sollten. Wird bei einer dieser Kontrollen eine erneute Fehlstellung festgestellt, ist eine operative Behandlung häufig unumgänglich. In der Regel muss nach einer Woche der Gips gewechsel werden, da sich die Schwellung um die Fraktur zurückgebildet hat und der bestehende Gipsverband dann zu locker sitzt. Insgesamt muss der Patient den Gipsverband etwa 4 Wochen lang tragen. Operative Therapie Wenn zu erwarten ist, dass die Knochenfragmente nach der manuellen Reposition eine starke Tendenz zu einer erneuten Verschiebung zeigen werden, der Bruch also sehr instabil ist, reicht ein Gipsverband zur Ruhigstellung nicht aus. In der Regel betrifft das alle Radiusfrakturen mit Gelenkbeteiligung. In diesem Fall erfolgt das Zurückschieben der Knochenfragmente in ihre natürliche Stellung in Narkose oder unter örtlicher Betäubung. Die Stabilisierung der reponierten Knochenfragmente kann dann operativ auf verschiedene Weise geschehen. Drahtfixierung Bei der Drahtfixierung erfolgt über dem Radius ein kleiner Hautschnitt. Durch diesen Hautschnitt werden so genannte Kirschner-Drähte eingebohrt, die die Knochenfragmente festhalten. Anschließend wird ein Gipsverband zur Ruhigstellung des Unterarmes angelegt. Nach etwa vier Wochen wird der Gips abgenommen, die Drähte werden zur Stabilisierung des Knochens noch für weitere zwei Wochen belassen und erst dann unter lokaler Betäubung wieder entfernt. Externer Fixateur Müssen bei einer Fraktur mehrere Knochenfragmente stabilisiert werden (z.b. bei so genannten Trümmerbrüchen), ist es möglich, einen Fixateur zu verwenden, der die Knochenfragmente wie ein Gerüst von außen festhält. Dazu werden Metallstifte in den Mittelhandknochen des Zeigefingers und in den Radius oberhalb des Handgelenks gebohrt, wobei darauf geachtet wird, wie die Strecksehnen der Finger verlaufen. Ein solcher externer Fixateur gewährleistet in der Regel eine sichere Stabilisierung der reponierten Fraktur. Die Patienten müssen das Gestell etwa vier Wochen lang tragen, bevor es unter lokaler Betäubung entfernt werden kann. Verschraubung (Schraubenosteosynthese) Wenn bei einer Fraktur der Griffelfortsatz des Radius abgebrochen ist, werden die Knochenfragmente häufig miteinander verschraubt Darüber hinaus wird bei dieser Methode meist

ein Draht zur Fixierung eingeführt und über längere Zeit belassen. Der Patient erhält für etwa eine Woche eine Gipsschiene. Danach kann unmittelbar mit der Krankengymnastik für den gebrochenen Unterarm begonnen werden, da die Verschraubungen in der Regel übungsstabil sind. Die Schrauben werden wiederum nach etwa vier Wochen unter lokaler Betäubung entfernt. Metallplatten-Implantation (Plattenosteosynthesen) Unter bestimmten Umständen ist eine Radiusfraktur nur durch eine metallene Abstützplatte exakt zu fixieren. Dabei handelt es sich häufig um Frakturen, bei denen sich die bereits mit einer anderen Methode stabilisierten Knochenfragmente in eine unnatürliche Stellung zurückgeschoben haben (=sekundäre Dislokation). Bei der Implantation der metallenen Platte wird versucht, die häufig eingestauchten Gelenkflächen wieder aufzurichten. Dafür ist meist zusätzliches Knochengewebe, so genannte Spongiosa, erforderlich. Diese Spongiosa wird aus dem Beckenkamm über einen kleinen Hautschnitt entnommen. Nach dem Einführen der Abstützplatte wird für ein bis zwei Wochen eine Gipsschiene angelegt, bis sich die Schwellung um den Bruch zurückgebildet hat. Danach ist die Hand übungsstabil versorgt, und es kann mit der Krankengymnastik begonnen werden. Komplikationen Bei den konservativ behandelten Radiusfrakturen sind nachträgliche Fragmentverschiebungen (sekundäre Dislokationen) mit bis zu 50% relativ häufig. Eine Komplikation, die vor allem dann befürchtet werden muss, wenn bei einer Fraktur solche sekundären Verschiebungen mehrfach hintereinander auftreten, ist die nach dem Hamburger Chirurgen Paul H. Sudeck (1866-1945) benannte Sudeck-Osteodystrophie. Bei dieser Erkrankung handelt es sich generell um eine Störung der Durchblutung und des Stoffwechsels von Weichteilen und Knochen, die nach Unfällen, Operationen, Infektionen und Nervenschädigungen auftreten kann. Besonders bei Frauen im höheren Alter ist die Sudeck-Dystrophie nach Frakturen zu beobachten. Wenn sich bei einem Bruch des Radius die Knochenfragmente wiederholt in krankhafte Stellungen verschieben, werden dabei die Blutgefäße und Nerven des Knochens und der anliegenden Weichteile (Muskulatur, Haut) in Mitleidenschaft gezogen. Die Versorgung des Knochens und der Weichteile der Hand ist nicht mehr kontinuierlich gewährleistet, es kommt zu Schädigungen und Funktionsstörungen. Die Veränderungen werden zunächst über eine Verfärbung der Haut und über anhaltende Schmerzen bei Bewegungen der Hand sichtbar. Im Endstadium der Erkrankung liegt ein generalisierter Schwund (=Atrophie) der Haut, der Muskulatur und des Knochens vor. Das Handgelenk ist versteift, und die Patienten leiden unter Sensibilitätsstörungen der Hand. Allerdings können eine gezielte Schmerztherapie und Krankengymnastik das Fortschreiten der Erkrankung in dieses Stadium verhindern. Für die operativen Behandlungsmethoden der Radiusfraktur gelten die gleichen allgemeinen Risiken wie für alle operativen Eingriffe: Thrombosen (die Bildung von Blutgerinnseln in Venen), Embolien (Schlagaderverschlüsse durch verschleppte Gerinnsel) und die Verletzung von Nerven und Gefäßen durch die Operation selbst sind an dieser Stelle zu nennen. Allerdings treten diese Komplikationen bei Handgelenksoperationen eher selten auf. Die speziellen Risiken eines operativen Eingriffs am Handgelenk liegen in der Entstehung von Infektionen, die zu einer bleibenden Bewegungseinschränkung des Gelenks führen können. Bei schweren Schädigungen der Weichteile durch die Fraktur ist eine verzögerte postoperative (=nach der Operation) Wundheilung möglich. Weitere, eher seltene Komplikationen sind Sehnenverletzungen, eine fortgesetzte Fehlstellung der Hand und Material- bzw. Metallbrüche der Fixationsdrähte und -schrauben. Darüber hinaus können eine länger andauernde Ruhigstellung der Hand oder eine unzureichende Krankengymnastik zu einer degenerativen Veränderung des Gelenks (=Gelenksarthrose) führen. Prognose Bei fachgerechter Therapie und intensiver physiotherapeutischer Nachbehandlung kann in Abhängigkeit von der Schwere der Verletzung in der Regel mit der vollständigen Wiederherstellung der Handgelenksfunktion gerechnet werden. Meist kann die Hand nach vier bis sechs Wochen für einfache Greiftätigkeiten wieder benutzt werden. Allerdings sind eine übermäßige Beanspruchung und schnelle, ungedämpfte Bewegungen anfangs noch zu vermeiden Bei komplizierten Brüchen kann der Heilungsverlauf bis zu einem halben Jahr und länger

andauern.