UBA-Fachgespräch Bewertung der Trinkwasserrelevanz von Chemikalien im Rahmen der REACH-Verordnung. (19. Januar 2011) Ulrich Borchers



Ähnliche Dokumente
Spurenstoffe im Trinkwasser rechtliche Situation in Österreich

Trinkwasser nur zum Trinken? Dipl. Ing. (BA) Anica Schulze Mai 2011

Die Betreiberpflichten nach der Trinkwasserverordnung 2001 (TrinkwV( 2001) Rechtsanwälte Riße Focks Keil Düsseldorf

REGULIERUNG VON GRUND- UND TRINKWASSER. FachDialog Nanotechnologie und aquatische Umwelt, Berlin, Mai 2014 Dr.-Ing. Marcel Riegel

Die neue Aufgabe von der Monitoring-Stelle. Das ist die Monitoring-Stelle:

Umweltbundesamt. 1. Bekanntmachung der Ausnahmegenehmigungen gemäß 12 Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) 1. (Stand: November 2012)

D i e n s t e D r i t t e r a u f We b s i t e s

Checkliste «Datenbekanntgabe»

Trinkwasserverordnung. Änderungen in Bezug auf Trinkwassergüte und -hygiene

Ohne Fehler geht es nicht Doch wie viele Fehler sind erlaubt?

Praktische und juristische Aspekte der Untersuchung von Trinkwasser- Installationen (Aus Sicht des Ingenieurs.)

Vorgaben der DIN ISO Statistische Verfahren für Eignungsprüfungen durch Ringversuche

EU-Verordnung Nr. 1907/2006 (REACH)

Legionellenuntersuchung

Nachweisproblematik und Umweltrelevanz

Fragen und Antworten

Leseauszug DGQ-Band 14-26

Ausbildungsprogramm WOHNBERATER GENERATION 50PLUS

SDD System Design Document

Infotag Trinkwasser 2012

Ergänzungsantrag Nr. V/EA 2

1. Die Vereinigungsfreiheit ist gesetzlich anerkannt und zwar in Kapitel 2, Artikel 2 und 20 der Verfassung von 1974.

Was heißt das Was soll das?

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Ergebnisprotokoll Arbeitskreis Trinkwasserinstallation und Hygiene

Online-Bestellung Tageskarten für Mitglieder des FC St. Pauli, die nicht im Besitz einer Dauer- oder Saisonkarte sind.

Risikomanagement Gesetzlicher Rahmen SAQ Sektion Zürich: Risikomanagement ein Erfolgsfaktor. Risikomanagement

Der Datenschutzbeauftragte

REACH-CLP-Helpdesk. Zulassung in der Lieferkette. Matti Sander, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Erläuterungen zur Untervergabe von Instandhaltungsfunktionen

«Eine Person ist funktional gesund, wenn sie möglichst kompetent mit einem möglichst gesunden Körper an möglichst normalisierten Lebensbereichen

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Alle gehören dazu. Vorwort

Informationsblatt zu den Seminaren am Lehrstuhl. für Transportsysteme und -logistik

Altersvorsorge. Auch im Alter gut Leben!

Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung ersetzt vertragliche Altersgrenze 65

(2) Die Vorschriften des 1. Abschnittes finden keine Anwendung auf Arbeitsverhältnisse von:

Kurzinformation betreffend das Recht zur Verwendung bzw. Führung des burgenländischen Landeswappens. A) Allgemeines

Niedersächsisches Kultusministerium. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur inklusiven Schule. - Leichte Sprache - Niedersachsen

ÜBER DIE ROLLE DER NATIONALEN PARLAMENTE IN DER EUROPÄISCHEN UNION

Überprüfung der Bildungsstandards in den Naturwissenschaften. Chemie Marcus Mössner

Häufig wiederkehrende Fragen zur mündlichen Ergänzungsprüfung im Einzelnen:

Herausforderung Trinkwasser(kontrolle)

Resilien-Tech. Resiliente Unternehmen. Security Consulting. 08. Mai Burkhard Kesting

9 Auto. Rund um das Auto. Welche Wörter zum Thema Auto kennst du? Welches Wort passt? Lies die Definitionen und ordne zu.

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Fragebogen zur Erfassung der Anforderungen eines Websiteprojekts

Im Folgenden werden einige typische Fallkonstellationen beschrieben, in denen das Gesetz den Betroffenen in der GKV hilft:

Freiberufliche Bodenkunde

Universität Zürich Informatikdienste. SpamAssassin. Spam Assassin Go Koordinatorenmeeting 27. April

DOKUMENTATION PASY. Patientendaten verwalten

AUTOMATISCHE -ARCHIVIERUNG. 10/07/28 BMD Systemhaus GmbH, Steyr Vervielfältigung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung durch BMD!

Screening Das Programm. zur Früherkennung von Brustkrebs

Die Invaliden-Versicherung ändert sich

Studie Autorisierungsverfahren Online-Banking n = 433, Befragungszeitraum: Februar bis März 2014

Werkfeuerwehren Übersicht der Seminare 2013/2014

Ein Bisschen Mathe vorweg J

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

FORUM HANDREICHUNG (STAND: AUGUST 2013)

Wichtig ist die Originalsatzung. Nur was in der Originalsatzung steht, gilt. Denn nur die Originalsatzung wurde vom Gericht geprüft.

Social Media Guidelines. Miriam Nanzka, Hohenzollern SIEBEN

WinWerk. Prozess 4 Akonto. KMU Ratgeber AG. Inhaltsverzeichnis. Im Ifang Effretikon

Eine Bürokratiekostenfolgenabschätzung zum zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt im Hinblick auf die Einführung einer Gleitzone

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Standard-Kontaktformular

K o n v e n t i o n enh a n d b u c h P r o z e s s m a n a g e m e n t

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Quick Guide Mitglieder

GRS SIGNUM Product-Lifecycle-Management

Die Gesellschaftsformen

Big Data, Amtliche Statistik und der Datenschutz

Fragebogen: Abschlussbefragung

Vermittlung von Unternehmensbeteiligungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Prozessablauf

Mindestanforderungen an. Inland ECDIS Geräte im Informationsmodus und vergleichbare Kartenanzeigegeräte. zur Nutzung von Inland AIS Daten

Der ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsvertrag

AUSWIRKUNGEN DER NEUEN TRINKWASSERVERORDNUNG AUF PLANUNG UND HANDWERK

Deskline 3.0. Vermieterinfo ChannelGateway

Java Enterprise Architekturen Willkommen in der Realität

Schärfere Haftung in Sachen Umwelt.

Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln Erfahrungen aus den Ländern

Analyse zum Thema: Laufzeit von Support-Leistungen für ausgewählte Server OS

Hilfe zur Urlaubsplanung und Zeiterfassung

Ende von Vertragsbeziehungen

Internet Explorer Version 6

Handbuch zur Anlage von Turnieren auf der NÖEV-Homepage

Adobe Photoshop. Lightroom 5 für Einsteiger Bilder verwalten und entwickeln. Sam Jost

FachInfo Dezember 2012

Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Die Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse

ACDSee Pro 2. ACDSee Pro 2 Tutorials: Übertragung von Fotos (+ Datenbank) auf einen anderen Computer. Über Metadaten und die Datenbank

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Portfolio: "Die Ratten" von Gerhart Hauptmann

Mobile Arbeitsplätze Herausforderung an die Mitbestimmung

Browsereinstellungen für moneycheck24 in Explorer unter Windows

Naturgewalten & Risikoempfinden

Klausur Informationsmanagement

Einleitende Bemerkungen

Die Bachelorarbeit muss laut Prüfungsordnung nicht mehr thematisch dem gewählten Schwerpunktmodul zuzuordnen sein.


Überprüfung Bankenhaftung

Gesundheitsamt. Betriebshandbuch. (Mustervorlage für nichtkommunale Trinkwasserversorgungsunternehmen des Hochsauerlandkreises)

Transkript:

Gesetzlich geregelte Analytik von Trinkwasser: - Scharfer Spürhund oder stumpfes Schwert? UBA-Fachgespräch Bewertung der Trinkwasserrelevanz von Chemikalien im Rahmen der REACH-Verordnung (19. Januar 2011) Ulrich Borchers

Überblick Einleitung Gesetzliche Grundlage Aufbau der Monitoring-Programme Beschreibung des Ist-Standes Auf welche Stoffe wird untersucht? Wie werden bisher neue Stoffe im Trinkwasser gefunden? Wahrnehmung in der Öffentlichkeit Wie geht es weiter? Kommt die Non-Target-Analytik? Ping-Pong zwischen Analytik und Bewertung?

Regelung der chemischen Parameter in der TrinkwV 2001 6 TrinkwV ( Chemische Anforderungen ) Absatz 1: Generelle Forderung nach gesundheitlicher Unbedenklichkeit: Im Wasser für den menschlichen Gebrauch dürfen chemische Stoffe nicht in Konzentrationen enthalten sein, die eine Schädigung der Gesundheit besorgen lassen. Begründung zur TrinkwV stellt klar, dass dies nicht bedeutet, die Untersuchungen auf eine unverhältnismäßig große Anzahl aller denkbarer toxischen Stoffe auszudehnen

Regelung der chemischen Parameter in der TrinkwV 2001 6 TrinkwV ( Chemische Anforderungen ) Absatz 2: Festlegung einer Liste an Stoffen, deren Abwesenheit bzw. Grenzwerteinhaltung zu prüfen ist: Im Wasser für den menschlichen Gebrauch dürfen die in Anlage 2 festgesetzten Grenzwerte für chemische Parameter nicht überschritten werden Überwiegend klare Definitionen der Parameter Führt zu einer quasi abschließenden Aufzählung Einschränkungen bei bestimmten offenen Gruppen Ausnahmen: PBSM und Biozidprodukte Definition über die Wirkung der Stoffe

Regelung der chemischen Parameter in der TrinkwV 2001 6 TrinkwV ( Chemische Anforderungen ) Absatz 3: Minimierungsgebot : Konzentrationen von chemischen Stoffen, die das Wasser für den menschlichen Gebrauch verunreinigen oder seine Beschaffenheit nachteilig beeinflussen können, sollen so niedrig gehalten werden, wie dies nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik mit vertretbarem Aufwand unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls möglich ist.

Untersuchung von Produkten gemäß 11 TrinkwV Die im Trinkwasserbereich zulässigen Produkte werden abschließend durch 11 und die zugehörige Liste des UBA geregelt Positivliste Reinheitsanforderungen i.d.r aus CEN-Normen

Aufbau des Überwachungs-Monitorings 14 TrinkwV regelt die Untersuchungspflichten Der Wasserversorger ist zuständig Die Listen in den Anlagen sind zu überwachen Die Häufigkeit richtet sich nach dem produzierten Wasservolumen 14(2): Gezielte Untersuchungen von Rohwasser bei Verdachtsfällen aus der Besichtigung der Schutzzone Wird eher selten gemacht Oft kein Verdacht durch die Besichtigungen Zusatzuntersuchungen auf Anordnung der Behörde Werden ebenfalls selten veranlasst

Überblick Einleitung Gesetzliche Grundlage Aufbau der Monitoring-Programme Beschreibung des Ist-Standes Auf welche Stoffe wird untersucht? Wie werden bisher neue Stoffe im Trinkwasser gefunden? Wahrnehmung in der Öffentlichkeit Wie geht es weiter? Kommt die Non-Target-Analytik? Ping-Pong zwischen Analytik und Bewertung?

Auf welche Stoffe wird bisher untersucht? Die Listen der Anlage 2 TrinkwV werden regelmäßig und weitgehend vollständig untersucht PBSM-Spektrum richtet sich dabei nach regionalen Listen in Abstimmung mit den Behörden und der LWK Bis zu 65 (70) Wirkstoffe Metabolite der PBSM seit etwa 2010 auch in behördlichen Listen integriert, z.b. NiLaLi 2011 aus Niedersachsen Ansonsten nur wenige zusätzliche Parameter in der routinemäßigen Überwachung, Besonders bei TRW aus Oberflächenwasser, z.b. PFC TOSU Sulfolan EDTA Pharmaka RKM

Die Niedersächsische PBSMB-Liste (NiLaLi)

Wie kommt es zu neuen Befunden an Stoffen in Trinkwasser?

Wie kommt es zu neuen Befunden an Stoffen in Trinkwasser? Vorgaben durch Behörden Bei Bedarf und Kenntnis Normale Überwachung des TRW durch Standard-Labore Fast Nie Experten-Labore mit Know How Trinkwasser Beschränkt auf Stoffe, die in den angewendeten (PBSM-)Methoden zu unbekannten Peaks führen Manchmal

Wie kommt es zu neuen Befunden an Stoffen in Trinkwasser? Umwelt-Überwachung der Länder (z.b. LANUV) Im Rahmen von Screening-Maßnahmen (Fokus auf Oberflächenwasser, z.b. Sulfolan, TOSU) Regelmäßig (aber wenige Befunde) Forschungsprojekte oder Sonderprogramme (z.b. DMS oder PFC in Arnsberg) Selten Medienberichte und sonstige Öffentlichkeit (z.b. Uran) Sehr selten

Überblick Einleitung Gesetzliche Grundlage Aufbau der Monitoring-Programme Beschreibung des Ist-Standes Auf welche Stoffe wird untersucht? Wie werden bisher neue Stoffe im Trinkwasser gefunden? Wahrnehmung in der Öffentlichkeit Wie geht es weiter? Kommt die Non-Target-Analytik? Ping-Pong zwischen Analytik und Bewertung?

Wahrnehmung in der Öffentlichkeit Text

Wahrnehmung in der Öffentlichkeit Meldungen über neue Stoffe im Trinkwasser sind immer beunruhigend und schädlich für die Wasserversorgung unabhängig von den berichteten Zahlenwerten Früher µg/l Heute ng/l Verbraucher erwartet reines, genusstaugliches und unbedenkliches Produkt Subjektiver Eindruck, das Wasser sei nicht trinkbar Differenzierung und Einordnung der Informationen und Fakten schwierig

Überblick Einleitung Gesetzliche Grundlage Aufbau der Monitoring-Programme Beschreibung des Ist-Standes Auf welche Stoffe wird untersucht? Wie werden bisher neue Stoffe im Trinkwasser gefunden? Wahrnehmung in der Öffentlichkeit Wie geht es weiter? Kommt die Non-Target-Analytik? Ping-Pong zwischen Analytik und Bewertung?

Einführung Non-Target-Analytik in der Praxis? Zitat: Wolfgang Schulz. LW

Einführung Non-Target-Analytik in der Praxis? Zitat: Wolfgang Schulz. LW

Einführung Non-Target-Analytik in der Praxis? Zitat: Wolfgang Schulz. LW

Einführung Non-Target-Analytik in der Praxis? Zitat: Wolfgang Schulz. LW

Wie geht es weiter? Analytik wird immer neue Stoffe entdecken Steigende Sensitivität Non-Target-Analytik Schwerpunkte bei TRW aus Oberflächenwasser Instrumentarium der Bewertung muss für jeden Stoff ablaufen, bis LW oder GOW gefunden Keine Grenzwerte!!!

Wie geht es weiter? Ist das gegenüber dem politischen PBSM- GW Gerecht? Vermittelbar? Handhabbar (Wer macht es in welcher Zeit)? Neue Ansätze? A) Gleichschaltung aller organischen Spurenstoffe mit dem PBSM-Grenzwert Ist in der revidierten TrinkwV vergeblich versucht worden!

Wie geht es weiter? Neue Ansätze? B) TTC-Konzept (Thresholds of Toxicological Concern) A pragmatic risk assessment tool based on the principle of establishing a human exposure threshold value for all chemicals, below which there is a very low probability of an appreciable risk to human health Für alle nrm würde z.b. ein GOW von 3,0 µg/l resultieren S. Melching-Kollmuss, W. Dekant, F. Kalberlah, Regul Toxicol Pharmacol, 2009 Für andere Stoffe würden ähnliche Werte resultieren

Fazit Es wurden einige Risiken aufgezeigt, dass neue relevante Stoffe im Trinkwasser nicht oder spät erkannt werden Trotzdem ist das Überwachungsniveau sehr hoch und bietet zuverlässigen Schutz Verbraucherschutzniveau ist sehr hoch Routine-Analytik aus sich selbst heraus ist kaum geeignet, neue Stoffe zu finden Es bedarf daher unbedingt des Inputs aus anderen Quellen Z.B. Behörden, Forschung, Datenbanken im IWW (Bereich Wasserressourcen, WR)