Ganzheitliche Betrachtung von Arbeitsgestaltung und Leistung

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Transkript:

Ganzheitliche Betrachtung von Arbeitsgestaltung und Leistung Jürgen Hennemann, Vorsitzender des Betriebsrates FTE automotive GmbH, IG Metall Beirat 16.12.2012, Jürgen Hennemann 3. Fachtagung "Arbeitsplanung und Prävention" am 18.12.2012 in der BGHM, Mainz 1

Zur Person: Jürgen Hennemann Ausbildungsberuf: Maschinenschlosser Seit 1990 Betriebsratsvorsitzender bei FTE Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender IG Metall Beiratsmitglied, Ortsvorstand Bamberg SPD Fraktionsvorsitzender Kreistag Haßberge und Stadtrat Ebern - Mitbestimmung - betriebliche und tarifliche Leistungspolitik 2

MTM bei FTE automotive GmbH Start 2010: MTM weltweit einsetzen Pilotprojekte begleitet durch Betriebsrat, vielfach Organisations-, Methodenänderungen, nicht klassisch MTM Betriebsvereinbarung (Interessenausgleich) zur Absicherung beteiligter Beschäftigter (Auschluss betriebsbedingter Kündigungen und Abgruppierungen) Datenermittlung nach MTM, Vorvereinbarung (keine negativen Einkommensauswirkungen durch MTM Zeiten) Steuerkreis neue Leistungsentlohnung (nach ERA) Besetzt aus Werkleitung, IE, Personalbereich, BR und IG Metall Sachverständigen 3

Leistungsorientierung Anreiz zum Erfolg für Mitarbeiter Entlohnung Sicherer Arbeitsplatz Lohnend für Unternehmen Produktivität wirtschaftlicher Erfolg dauerhaft, nachhaltig 4

Für ein ganzheitliches Leistungsverständnis Menschengerecht gesundheits- und lernförderlich alters- und alternsgerecht sozialförderlich 5

Bedingungen für Leistung Klare Vorgaben beeinflussbar Arbeitsorganisation Arbeitsplatzgestaltung, Ergonomie Gute Arbeit, aus Sicht der Arbeitnehmer Integrierter Ansatz, Ganzheitliche Betrachtung 6

Gute Arbeit = Würdevolles Arbeiten selbst bestimmt ganzheitlich gut bezahlt sicher interessant Gesund alter(n)sgerecht lernförderlich sinnstiftend anerkannt beteiligt solidarisch anregend gleichgestellt 7

Gesundes Arbeiten - ein Leben lang Handeln notwendig: älter werdende Belegschaften Arbeitsgestaltung ergonomisch, menschlich Leistungsbeurteilung leistbare Vorgaben, altersgerecht Zusammenarbeit sozial, Jung/alt - Wissenstransfer 8

Umbruch in Leistungsverständnis in Unternehmen Aufwandsorientierter Leistungsbegriff Ergebnisorientierter Leistungsbegriff 9

Der Arbeit wieder ein Maß geben 10

Leistungsvorgaben MTM Methode MTM: geht nur mit ergonomischer Gestaltung der Arbeitsplätze ganzheitlicher Betrachtung des Arbeitsumfeldes und Arbeitsbedingungen 11

Voraussetzungen für Leistungsvorgaben MTM-Einführung erstmals ernstzunehmender Anstoß für ergonomische Betrachtung an Arbeitsplätzen (Betriebsratsforderung ungehört, jetzt zwingend) Ergonomiecheck an jedem Arbeitssystem vor Einführung Zusätzlich ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung (psychische Belastungen) Einbeziehen der Beschäftigten (Befragung) Klare Regeln (Betriebsvereinbarungen, Absicherung) 12

Beispiel aus der Praxis 1: Montagelinie (4 Arbeitsplätze, Zentralausrücker, Kupplungsbetätigung) Methodenvorgabe: one piece flow, viel Lauftätigkeit der Kolleginnen nicht auf Dauer leistbar Vorschlag der Kolleginnen: Zwischenpuffer belassen (Drehteller zur Ablage) chaotische Organisation durch Kolleginnen brachte Mehrausbringung und Zufriedenheit, Belastungserleichterung 13

Probleme - Wirkungen One Pice Flow: kurze Takte, lange Laufwege nicht dauerhaft leistbar Eine Schicht, eine Woche aber nicht ganzes Arbeitsleben Ältere Kolleginnen angeschlagen, aber sehr erfahren Bessere Methode, die durch MTM Vorgaben nur schwer abbildbar wäre (unverhältnismäßig hoher Aufwand) Wechselnde Belastung durch Vorschläge der Kolleginnen realisiert 14

Beispiel aus der Praxis 2: Bearbeitungszentrum VW Kollegen entliehen: 15

Probleme - Wirkungen Methodenvorgabe (Theorie) und gute ergonomische Gestaltung nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen passt nicht immer in der Praxis Arbeitsaufteilung in kleine Schritte Abstumpfen, psychische Belastung Sozialer Kontakt, Austausch mit anderen Notwendig Freiräume fehlende Beeinflussbarkeit ganzheitliche Betrachtung notwendig 16

Beteiligung Partizipation notwendig Einbeziehen der Beschäftigten bei: Gestaltung der Arbeitsplätze und Umfeld Organisation der Arbeit, Methodengestaltung und Anwendung Ausgangspunkt Mensch Zwang zu ungeliebter Methode stößt auf Ablehnung, weniger Ausbringung 17

Vernetzung und ganzheitliche Betrachtung MTM Gesundheit, Ergonomie und Lean, MTM, KVP Ergonomie Mit Gesundheit zum Erfolg von FTE LEAN KVP Gefährdungsanalyse Gemeinsame Vorstellung Werkleiter und Betriebsrat BGM 16.12.2012, Jürgen Hennemann 3. Fachtagung "Arbeitsplanung und Prävention" am 18.12.2012 in der BGHM, Mainz 18

Veränderungen gemeinsam gestalten Veränderungen mit Betriebsrat und Beschäftigten in Projektgruppen bearbeiten Steuerkreis zur Begleitung, Absprachen Betriebsrat und Beschäftigte: Fachleute/Experten vor Ort Klare Regelungen, Absprachen in Betriebsvereinbarungen Grundsicherung Arbeitsplatzsicherheit als Grundlage für Beteiligung, Leistungserbringung und für Verbesserungsvorschläge Schutz vor Abgruppierung und Lohnverlust 19

Veränderungen gemeinsam gestalten Arbeitsorganisation erweiterte Gruppenarbeit (Gruppenselbstorganisation, Aufgaben- /Funktionsintegration), flexible Standardisierung statt rigider Standardisierung, verstärkter Arbeitsteilung, Hierarchie Prozessoptimierung aktive Einbindung der Beschäftigten bei Planungen und Prozessoptimierung statt expertenbasierte, ausgewählte und prozessfern zentralisierte Vorgehensweisen Betriebsorganisation prozessorientierte Dezentralisierung/ Dehierarchisierung statt zentralistische und bürokratische Organisation 20

Veränderungen gemeinsam gestalten Betriebliche Führung erweiterter Kompetenzzuschnitt der ersten Führungsebene, entwicklungsorientierte Führung statt Hierarchisierung, steuerungsorientierte Führung Koordinations- und Steuerungsformen prozessorientierte, vereinbarungsbasierte Steuerungs- und Koordinationsformen statt vorgabeorientierte, top-down Steuerungssysteme und Vermarktlichung Entgeltsysteme/Leistungspolitik (ERA) Grundsicherung von Entgeltbestandteilen bei Veränderungen; Leistungspolitik: integrativ, vereinbarungsbasiert, reguliert statt marktbasiert, tayloristisch und bürokratisch 21

Auswirkungen Akzeptanz höher Weniger Ablehnung in Belegschaft Arbeitsergebnis, Produktivität besser Arbeitsklima positiver Besser durch gute Arbeit statt billiger durch schlechte Arbeit Leistung nachhaltig, auf Dauer produktiver 22

Zusammenfassung Ganzheitliche und integrierte Perspektive auf Arbeitsorganisation/-gestaltung, Leistung und Arbeitszeit Einbeziehen der Beschäftigten Mitbestimmung über Leistungsmaß und bedingungen absichern und ausbauen Gesundheit, Lernförderlichkeit und alternsgerechtes Arbeiten als Prinzipien der Arbeits- und Leistungsgestaltung Gemeinsame Arbeit am neuen Leistungsbegriff (ganzheitlich) Marktsteuerung begrenzen: Einflussnahme auf leistungspolitische Steuerungsgrößen 23