Neujahrswünsche an die bayerische Staatsregierung Grüne sowie die Verkehrs- und Umweltverbände AAN, BN, Green City und Pro Bahn fordern S-Bahn-Sofort-Programm Angesichts der wachsenden Verkehrsprobleme in der Boom-Region München, insbesondere in der Stadt-Umland-Relation, ist einen flächendeckender und leistungsfähiger ÖPNV zwingend und dringend notwendig. Die unterzeichnenden Grünen sowie die Umwelt- und Verkehrsverbände AAN (Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr im Münchner Forum e.v.), BN (Bund Naturschutz in Bayern e.v., Kreisgruppe München), Green City e.v. und Pro Bahn (Pro Bahn Oberbayern e.v., Stadtund Kreisgruppe München) fordern den Freistaat und die Bahn auf, anstatt rund 4 Milliarden in den Transrapid- und den 2. S-Bahn-Tunnel zu verbuddeln, sofort dringend notwendige Verbesserungen im Münchner S-Bahn-Netz in Angriff zu nehmen. Gleichzeitig sind die Planungen für eine alternative vollwertige zweite Stammstrecke über den Südring wieder aufzunehmen. Damit können schneller und kostengünstiger Verbesserungen im gesamten S-Bahn-Netz allen rund 780.000 Fahrgästen, die an Werktagen die S-Bahn nutzen, zugute kommen. Erhebliche Verzögerungen durch schwerwiegende Planungsfehler Die jüngst aus dem bayerischen Verkehrsministerium bekannt gewordenen Ideen, den zweiten S- Bahn-Tunnel aus finanziellen Gründen zunächst nur als Rumpftunnel zwischen Friedenheimer Brücke und Leuchtenbergring zu realisieren und das auch nur erheblich verzögert sind die Folge der Fehlplanung 2. S-Bahn-Tunnel: Seite 1 von 5
Manko Nr. 1: Die Kosten laufen aus dem Ruder Die außerordentlich hohen Kosten für den von Staatsregierung und DB AG geplanten zweiten Münchner S-Bahn-Tunnel von rund 1,7 Mrd stellen den volkswirtschaftlichen Nutzen dieses Projektes in Frage und werden von der öffentlichen Hand angesichts der zu niedrigen Mittel, die für den ÖPNV zur Verfügung stehen, nur unter Mühen aufgebracht werden können. Und selbst unter der Prämisse ausreichender Mittel für den ÖPNV ist immer noch zu betrachten, ob nicht durch eine effizientere Lösung für die zweite Stammstrecke Gelder für andere ÖPNV Projekte frei werden könnten. Manko Nr. 2: Geringer Nutzen des 2. S-Bahn-Tunnels Aufgrund der geringen Zahl an Halte- und damit Umsteige- und Verknüpfungspunkten des geplanten 2. S-Bahn-Tunnels ergibt sich eine Verschlechterung für viele Fahrgäste durch neue Umsteigezwänge bzw. Umwegfahrten. Das Umsteigen wird zudem durch die extreme Tieflage am Marienhof und lange Umwege am Hauptbahnhof erschwert. Durch den 2. Tunnel wird zwar die Stammstrecke entlastet, neue Gebiete und Fahrgastpotenziale werden aber kaum erschlossen. Für diesen relativ geringen Nutzen ist der Preis, der für die Infrastruktur bezahlt werden muss, zu hoch. Manko Nr.3: Ein vom Diktat der Sparsamkeit geprägtes Betriebskonzept Das der Planung zugrunde gelegte Betriebskonzept zeugt von der Tatsache, dass die Nahverkehrsgelder zukünftig nicht mehr, sondern eher weniger werden. Als Folge bekämen etliche Stationen zukünftig sogar geringere Taktdichten als heute. Zwei Linien sowie die Express S-Bahn-Linien verlören die direkte Anbindung an den Ostbahnhof. Die Trias aus ungesicherter Finanzierung, mangelhafter Planung und einem vom Diktat der Sparsamkeit geprägten Betriebskonzept macht den zweiten S-Bahn-Tunnel unrealistisch und inakzeptabel. Ein jahrelanger Stillstand des dringend notwendigen S-Bahn-Ausbaus ist zu befürchten. Die jüngst bekannt gewordenen Pläne, den Bau zu zerstückeln und zeitlich nach hinten zu verschieben, bestätigen diese Befürchtungen. Angesichts der Überlastung und Störanfälligkeit des S-Bahn-Netzes sind aber dringend Sofort-Maßnahmen nötig. S-Bahn-Ausbau jetzt: Unabhängige Sofort-Maßnahmen Die folgenden Maßnahmen haben jeweils einen von der 2. Stammstrecke unabhängigen Nutzen und ergeben zusammen eine sinnvolle Lösung. Sie lassen sich darüber hinaus in Seite 2 von 5
Stufen verwirklichen und können unabhängig von der gewählten Variante der 2. Stammstrecke vorgezogen und sofort verwirklicht werden. Vorgezogener Umbau des S-Bahnhofes Laim Der vorgezogene Umbau des S-Bahnhofes Laim mit der Umweltverbundröhre verbessert in jedem Fall die Umsteigebeziehungen zwischen den S-Bahnen und zu den Bussen (bzw. später der Straßenbahn) wesentlich und bringt damit mehr Fahrgäste für die S-Bahn. Darüber hinaus trägt die Neugestaltung und -ordnung des Laimer Bahnhofes dazu bei, die unbefriedigende städtebauliche Situation zu lösen. Ein rascher Beginn bietet sich wegen der Bebauung im Zusammenhang mit den Planungen auf den ehemaligen Bahnflächen Nymphenburg Süd und am Laimer Kreisel an. Deshalb sollte diese unumstrittene Maßnahme vorgezogen werden und zwar in einer Form, die sowohl für einen zweiten S- Bahn-Tunnel als auch für den Südring nutzbar ist. Da die Ausfädelung der zweiten Stammstrecke östlich des Bahnhofs Laim erfolgt, ist mit vertretbarem Aufwand eine Ausfädelung der S-Bahngleise in den Südring möglich. Die Option 2. S-Bahn-Tunnel bliebe ebenfalls wie bereits in der Planfeststellung eingebracht offen. Ausbau der S-Bahn-Außenäste Vordringlich muss auch die Ertüchtigung der S-Bahn-Außenäste angegangen werden. Denn hier liegt die wesentliche Ursache der häufigen Verspätungen im S-Bahn-Netz, die auch ein zweiter Tunnel nicht lösen kann. Engstellen auf den bestehenden S-Bahn- Strecken sind z.b. eingleisige Strecken, Fahrstraßenkreuzungen, Mischverkehr mit Regional- und Fernverkehr, Engpässe an Bahnhöfen, wobei Mischverkehre mit Zügen, die häufiger als einmal pro Stunde verkehren, besonders störanfällig sind. Die wichtigsten Maßnahmen sind: Bahnstrecke Richtung Lindau (Linie S 8 im Westen) mit Westkopf Pasing und Verbesserungen am Ostbahnhof/Leuchtenbergring. Die jüngsten Ideen von Bahn und Freistaat, den geplanten 2. S-Bahn-Tunnel stufenweise zu realisieren, verschieben die Maßnahmen auf den Außenästen auf den St. Nimmerleinstag und verkennen somit die Bedeutung eines störungsfreien Betriebs auf den Außenästen für das Gesamtnetz. Bau eines Regionalzughaltes am DB-Südring auf der Höhe des U-Bahnhofes Poccistraße Dieser kann von den Nahverkehrszügen für die Umsteigebeziehung von und zur U3/U6 genutzt werden. Er sollte außerdem planerisch einen zukünftigen S-Bahn-Halt an der Poccistraße berücksichtigen. Der Zeitpunkt ist günstig, da die Brücke der Bahn über die Lindwurmstraße in diesem Bereich in Kürze neu gebaut wird. Ein Regionalzughalt ist in Seite 3 von 5
jedem Fall sinnvoll, auch in Ergänzung zu einem möglichen weiteren S-Bahn-Tunnel, da er insbesondere zwischen dem Münchner Süden und den Bahnstrecken nach Rosenheim bessere Umsteigemöglichkeiten schafft. Stufenweiser Ausbau des S-Bahn-Südringes 1. Integration der Sendlinger Spange in den Südring Die heute eingleisige Strecke der so genannten Sendlinger Spange genügt gerade den Anforderungen an die stündlich verkehrende S 20 (Pasing-Deisenhofen) an Werktagen. Der schon lange angekündigte Ausbau der Sendlinger Spange für ein verbessertes Störfallmanagement der S-Bahn-Linien Richtung Westen ist derzeit bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft ganz hinten auf der Agenda. Die Planungen für die Sendlinger Spange sollten schnell aufgegriffen werden und dabei im Bereich Laim modifiziert und in die Planungen zum Ausbau des Südrings integriert werden, so dass zwischen Laim und Pasing die bestehenden S-Bahngleise genutzt werden können und ein Halt am Bahnhof Laim möglich wird. Östlich des Bahnhofs Laim bis zum Heimeranplatz entsprechen die aktuellen Planungen für den Ausbau der Sendlinger Spange dem Ausbau des Südrings für die S-Bahn. Mit dieser ersten Ausbaustufe können im Falle einer Störung die S-Bahn-Züge auf der Ausweichstrecke Laim-Heimeranplatz-Ostbahnhof verkehren oder auch ein Kreislauf der Linien von und nach Westen zum Heimeranplatz (U-Bahn-Anschluss) und zurück aufrecht erhalten werden. 2. Ausbau zwischen Heimeranplatz und Poccistraße Ohne große Schwierigkeiten kann der Abschnitt zwischen Heimeranplatz und Poccistraße ausgebaut werden. An der Poccistraße sind gute Umsteigemöglichkeiten zur U3/U6 vorzusehen. 3. Vollausbau des Südrings Mittelfristig kann der Südring viergleisig ausgebaut werden (mit den Haltestellen Heimeranplatz, Poccistraße, Kolumbusplatz, Ostbahnhof). Dabei sollte die von der Stadt München in die Diskussion gebrachte südliche Streckenvariante ohne Abriss von Wohnhäusern realisiert werden. Seite 4 von 5
Bis auf die letzte Stufe des Vollausbaus Südring (viergleisiger Ausbau zwischen Poccistraße und Ostbahnhof) sind alle genannten Maßnahmen kurz- bis mittelfristig realisierbar. Der Vollausbau Südring würde auch nicht länger dauern als der mit großen rechtlichen Hürden behaftete Bau eines zweiten S-Bahn-Tunnels. Da ein Zusammenhang mit anderen anstehenden Planungen besteht, sollte der Regionalzughalt Poccistraße (Brückensanierung über die Lindwurmstraße) sowie der Ausbau des Bahnhofes Laim (Planungen zu Hauptbahnhof-Laim-Pasing) prioritär behandelt werden. Wichtigste Maßnahme zur Beseitigung der Engstellen auf den Außenästen ist der Ausbau des Westkopfes Pasing auf der Linie der S 8 (im Mischverkehr mit der vielbefahrenen Bahnstrecke Richtung Lindau). Unterzeichnende Organisationen und Initiativen: Bündnis 90/Die Grünen Jens Mühlhaus, Stadtrat LH München, Kreisverband München Martin Runge, MdL, Kreisverband Fürstenfeldbruck Toni Hofreiter, MdB, Kreisverband München Land AAN (Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr im Münchner Forum e.v.) Bund Naturschutz in Bayern e.v., Kreisgruppe München Pro Bahn Oberbayern e.v., Stadt- und Kreisgruppe München Green City e.v. München, 15. Januar 2006 Seite 5 von 5