Thüringer Landtag 5. Wahlperiode

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Transkript:

Thüringer Landtag 5. Wahlperiode Drucksache 5/7472 zu Drucksache 5/6006 14.03.2014 B e s c h l u s s e m p f e h l u n g des Europaausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/6006 - Europa parlamentarisch stärken - Zwei Jahre Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union Berichterstatter: Abgeordneter Kubitzki Beratungen: Durch Beschluss des Landtags vom 23. Mai 2013 ist der Antrag an den Europaausschuss überwiesen worden. Der Europaausschuss hat den Antrag in seiner 22. Sitzung am 14. Juni 2013, seiner 24. Sitzung am 13. September 2013, seiner 26. Sitzung am 15. November 2013, seiner 29. Sitzung am 14. Februar 2014 und in seiner 30. Sitzung am 14. März 2014 beraten. Beschlussempfehlung: Der Antrag wird in folgender Fassung angenommen: I. Der Landtag nimmt den Erfahrungsbericht der Landesregierung zur Überprüfung der Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union (Drs. 5/6652) zur Kenntnis. II. Der Landtag nimmt den nachstehenden, vom Europaausschuss vorgelegten, Erfahrungsbericht zur Überprüfung der Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union an: Erfahrungsbericht des Landtags zur Überprüfung der Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union 1. Hintergrund Die Länder sind seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 (über den Bundesrat) in das Verfahren der Subsidiaritätskontrolle einbezogen (Art. 6 des Protokolls Druck: Thüringer Landtag, 18. März 2014

Drucksache 5/7472 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit). Um dem Thüringer Landtag eine effektive Beteiligung an diesem Verfahren zu ermöglichen, haben der Landtag und die Landesregierung am 19. Mai 2011 auf Grundlage des Art. 48 Abs. 2 i. V. m. Art. 67 Abs. 4 der Verfassung des Freistaats Thüringen die Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtages in Angelegenheiten der Europäischen Union (im Folgenden "Vereinbarung") geschlossen. Damit war Thüringen eines der ersten Bundesländer, in dem die aktive Mitwirkung des Parlaments an der europäischen Gesetzgebung in einer solchen Vereinbarung festgeschrieben wurde. Gemäß Ziffer IV. der Vereinbarung wird diese spätestens zwei Jahre nach ihrem Wirksamwerden auf der Grundlage von Erfahrungsberichten überprüft. 2. Evaluierung a) Bildung eines Europaausschusses (Ziffer III. der Vereinbarung) Ziffer III. der Vereinbarung wurde umgesetzt. Mit Beschluss des Landtags vom 7. Juli 2011 (Drs. 5/3058) wurde mit Wirkung vom 1. September 2011 ein Europaausschuss mit neun Mitgliedern gebildet, welcher Ansprechpartner der Landesregierung in allen unter Ziffern I. und II. vereinbarten Regelungen der Vereinbarung ist. Im Hinblick auf die kurze Frist von acht Wochen im Verfahren der Subsidiaritätskontrolle entscheidet der Europaausschuss gemäß 54 b GO in der Regel plenarersetzend. Die Einsetzung eines eigenständigen Europaausschusses hat zu einem deutlich höheren Stellenwert der Europapolitik im Thüringer Landtag beigetragen. Insbesondere die Möglichkeit, einen oder mehrere Fachausschüsse zur Mitberatung von Subsidiaritätsfrühwarndokumenten hinzuzuziehen, hat dazu geführt, dass europapolitische Themen in allen Bereichen diskutiert werden und damit auch im Parlament insgesamt stärker präsent sind. Alle Abgeordneten des Thüringer Landtags sind frühzeitig über aktuelle EU-Themen informiert und können sich - wenn auch mittelbar - an Entscheidungen der Europäischen Union mit Bezügen zum Freistaat Thüringen beteiligen. b) Allgemeine Vorbemerkung zum Verfahren Zu Beginn des Verfahrens bestand merklich Unsicherheit auf allen Seiten bei der Umsetzung der Vereinbarung. Insbesondere die Fülle von Dokumenten, die im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems in einem engen Zeitrahmen beraten werden muss, stellte den Landtag zunächst vor einige Herausforderungen. Durch die Etablierung von neuen Verfahrensabläufen, wozu die Einstellung der entsprechenden Vorlagen in das Abgeordneten-Informations-System (AIS) des Landtags gehört, konnte die Situation jedoch deutlich verbessert werden. Insgesamt wuchs bzw. wächst die Erkenntnis, dass nur eine enge Koordinierung und Fokussierung zu einer optimalen Nutzung des Subsidiaritätsfrühwarnsystems führen kann. 2

Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Drucksache 5/7472 Das Instrument der Subsidiaritätsrüge wird nun deutlich zielgerichteter als anfangs eingesetzt. Besonders zu erwähnen ist, dass es dem Europaausschuss dabei zunehmend besser gelungen ist, zwischen den Fragen der Kompetenz und der Verhältnismäßigkeit einerseits und der Frage nach der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips im engeren Sinne bei den entsprechenden EU-Vorhaben andererseits zu unterscheiden. Im Normalfall erscheint eine inhaltlich-kritische Stellungnahme geeigneter, um bei Vorhaben der EU Änderungen im Interesse Thüringens zu erreichen. Das Mittel der "Subsidiaritätsrüge" sollte sparsam verwendet werden und den eindeutigen Fällen vorbehalten bleiben, um es nicht zu entwerten. Aufgrund der einmal jährlich stattfindenden umfangreichen Informationsbesuche des Europaausschusses in Brüssel besteht mittlerweile auch Klarheit über den Umgang der EU-Institutionen mit den Beschlüssen des Landtags im Verfahren der Subsidiaritätskontrolle. Auf der Seite des Subsidiaritätsnetzwerks des Ausschusses der Regionen (https://portal.cor.europa.eu/subsidiarity/regpex/ Pages/default.aspx) werden die Stellungnahmen des Landtags europaweit veröffentlicht. Seitens der EU-Kommission wurde positiv aufgenommen, dass der Landtag zwischenzeitlich dazu übergangen ist, die entsprechenden Stellungnahmen unmittelbar an die EU-Kommission zu versenden. Diese werden nicht nur durch die Kommission zur Kenntnis genommen, sondern der Landtag erhält seinerseits auch Stellungnahmen der Kommission hierzu. Außerdem übersendet das zuständige Referat der Landtagsverwaltung die Beschlüsse des Landtags auch an die für Thüringen zuständigen Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) sowie den für Subsidiaritätsfragen zuständigen Justizausschuss des Europäischen Parlaments. c) Unterrichtungen der Landesregierung (Ziffern I. und II. der Vereinbarung) aa. Unterrichtungen der Landesregierung im legislativen Bereich (Subsidiaritätsfrühwarnsystem - Ziffer II. der Vereinbarung) Im Rahmen des Verfahrens der Subsidiaritätskontrolle leitet die Landesregierung dem Landtag alle Frühwarndokumente (vorwiegend Verordnungs- und Richtlinienvorschläge) per E-Mail weiter (Ziffer II.1. der Vereinbarung), die dem Bundesrat von der Europäischen Kommission zugeleitet wurden. Mit der Aufnahme des Verfahrens zur Subsidiaritätskontrolle im Thüringer Landtag am 8. Februar 2010 bis zum Inkrafttreten der Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung am 19. Mai 2011 hat die Landesregierung den Landtag über insgesamt 105 Frühwarndokumente unterrichtet. In der Regel wurden diese Dokumente im seinerzeit zuständigen Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaan- 3

Drucksache 5/7472 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode gelegenheiten nicht inhaltlich beraten oder unter dem Gesichtspunkt von Subsidiaritätsbedenken behandelt. Nach Abschluss der Vereinbarung am 19. Mai 2011 bis zum 28. Februar 2014 wurden dem Landtag durch die Landesregierung 363 Frühwarndokumente übermittelt 1. Davon wurden 99 vom Europaausschuss beraten, wovon wiederum 89 in anderen Ausschüssen mitberaten wurden. Der Vorsitzende des Europaausschusses entscheidet gemäß den Vorgaben der Geschäftsordnung des Landtags, welche Frühwarndokumente vom Europaausschuss beraten und welche Fachausschüsse ggf. um Mitberatung ersucht werden. Zu den nicht zur Beratung vorgesehenen Frühwarndokumenten erstellt die Landtagsverwaltung vor jeder Sitzung des Europaausschusses eine Liste mit einer inhaltlichen Zusammenfassung aller seit der letzten Sitzung eingegangenen Frühwarndokumente, die es den Abgeordneten und Fraktionen ermöglicht, ggf. weiteren Beratungsbedarf anzumelden. Die Landesregierung legt zu einzelnen Frühwarndokumenten ein "Informationsblatt" mit Informationen über deren wesentlichen Inhalt und die Zielsetzung sowie einer ersten Bewertung der Landesregierung hinsichtlich der landespolitischen Bedeutung und der Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit vor (Ziffer II. 2. der Vereinbarung). Zu den 99 vom Europaausschuss beratenen Dokumenten wurden dem Landtag von der Landesregierung 40 Informationsblätter vorgelegt. In vierzehn Fällen hat die Landesregierung ein Informationsblatt zu Frühwarndokumenten vorgelegt, die nicht im Europaausschuss beraten wurden. Auf Wunsch des damaligen Ausschusses für Justiz, Bundesund Europaangelegenheiten (26. Sitzung am 10. Juni 2011) erstellt die Landtagsverwaltung zu allen im Ausschuss beratenen Frühwarndokumenten einen "Informationsbogen der Landtagsverwaltung". Dieser dient den Ausschüssen seitdem als Beratungsgrundlage für die Frühwarndokumente und geht dem Europaausschuss in der Regel gemeinsam mit der Tagesordnung zu. Die Berichtsbögen der Bundesregierung zu den auf der Tagesordnung des Europaausschusses stehenden Frühwarndokumenten werden dem Landtag bislang nicht zugeleitet. 1 Seit der Änderung der Geschäftsordnung des Landtags im Juli 2011 erfolgen die Unterrichtungen zu den Frühwarndokumenten gem. 54 b GO. 4

Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Drucksache 5/7472 Die Frage der Zuleitung der Berichtsbögen der Bundesregierung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Frage des Zugangs zum elektronischen Informationssystem des Bundesrats EUDISYS. Die Landesregierung hatte zuletzt mit Schreiben von Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht vom 20. Juni 2013 darauf hingewiesen, dass es zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sei, dem Landtag den Zugang zu EUDISYS zu ermöglichen, man aber die Evaluierung der Vereinbarung zum Anlass nehmen werde, um die offenen Fragen zu erörtern. Hier stellt sich insofern die Frage, ob dem Landtag zumindest einzelne der in EUDI- SYS zur Verfügung stehenden Informationen, die für die Beratungen von EU-Dokumenten im Landtag besonders relevant sind, von der Landesregierung zugänglich gemacht werden könnten - vor allem der Berichtsbogen der Bundesregierung zu den EU-Vorlagen. Im Ergebnis der Beratungen der Frühwarndokumente im Europaausschuss sowie den mitberatenden Ausschüssen hat der Landtag die Landesregierung im Evaluierungszeitraum in sieben Fällen aufgefordert, sich im Bundesrat für eine Subsidiaritätsrüge auszusprechen. In allen sieben Fällen hat auch der Bundesrat auf Subsidiaritätsbedenken hingewiesen: In fünf Fällen hat der Bundesrat eine Subsidiaritätsrüge erhoben 2 ; in den übrigen zwei Fällen fand der Antrag auf Erhebung einer Subsidiaritätsrüge nicht die erforderliche Mehrheit im Bundesrat - inhaltlich findet sich der Beschluss des Landtags jedoch auch hier in der Stellungnahme des Bundesrats wieder 3. In weiteren 23 Fällen hat der Landtag auf Subsidiaritätsbedenken hingewiesen. Davon hat der Bundesrat seinerseits in 19 Fällen auf Subsidiaritätsbedenken hingewiesen. In allen Fällen, in denen sich der Landtag zu Subsidiaritätsfragen geäußert und zu denen der Bundesrat bereits einen Beschluss gefasst hat, berücksichtigte die Landesregierung die Stellungnahme des Landtags im Rahmen ihres Abstimmungsverhaltens im Bundesrat (Ziffer II. 3. der Vereinbarung). Die Landesregierung hat sich auf Anregung aus dem Europaausschuss in der 3. Sitzung vom 7. Oktober 2011 bereit erklärt, im Rahmen eines laufenden Tagesordnungspunkts "Europapolitischer Bericht aus dem Bundesrat" im Nachgang zur Befassung des Thüringer Landtags regelmäßig zum Ergebnis des Verfahrens der Subsidiaritätskontrolle im Bundesrat zu unterrichten (Ziffer II. 4. und 5. der Vereinbarung). Der TOP ist seitdem regulärer Bestandteil der Tagesordnungen des Europaausschusses. 2 Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (BR-Drs. 646/11(B)), Alternative Streitbeilegung (BR-Drs. 772/11(B), 772/11(B)(2)), Konzessionsvergabe, (BR-Drs. 874/11(B), 874/11(B)(2)), Datenschutz-Richtlinie (BR-Drs. 51/12(B), 51/12(B)(2)), Standard-Mehrwertsteuererklärung (BR-Drs. 735/13 (B)) 3 Gesamtstaatliche Haushaltsplanung (BR-Drs. 781/11(B), 781/11(B)(2)), Berufsqualifikation (BR-Drs. 834/11(B)) 5

Drucksache 5/7472 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Eine Unterrichtung der Landesregierung zum Verlauf sowie zum Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens auf europäischer Ebene 4, einschließlich der Frage, ob die Subsidiaritätsbedenken des Landtags von Rat und Europäischem Parlament aufgegriffen wurden, erfolgt bislang nicht. Obwohl Ziffer II. der Vereinbarung dies nicht explizit vorsieht, sind in Ziffer II. 3. Satz 3 der Vereinbarung auch Stellungnahmen des Landtags im Rahmen von Subsidiaritätsklagen gegen Rechtsetzungsakte der Europäischen Union und eine Mitwirkung des Landtags bei der Erhebung einer Subsidiaritätsklage vorgesehen. Gemäß Artikel 23 Abs. 1 a GG hat neben dem Bundestag auch der Bundesrat das Recht wegen eines Verstoßes eines Gesetzgebungsakts der Europäischen Union gegen das Subsidiaritätsprinzip Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu erheben. Die Klagefrist beträgt zwei Monate 5 und beginnt in der Regel mit Veröffentlichung des betreffenden Rechtsakts im Amtsblatt der Europäischen Union. Die Beurteilung der Frage, ob eine Subsidiaritätsklage zu erheben ist, setzt jedoch die Kenntnis über den Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens und den Inhalt des verabschiedeten Rechtsakts voraus. bb. Unterrichtungen der Landesregierung im nichtlegislativen Bereich (Ziffer I. der Vereinbarung) Im nichtlegislativen Bereich gemäß Ziffer I. 1.-8. der Vereinbarung erfolgten vom 19. Mai 2011 bis zum 28. Februar 2014 insgesamt 55 Unterrichtungen der Landesregierung 6. Die Unterrichtungen lassen sich je nach ihrer Art nicht immer eindeutig einer bestimmten Ziffer zuordnen. Gemäß Ziffer I. 1. (sowie I. 2. und I. 3.) der Vereinbarung unterrichtet die Landesregierung den Landtag frühzeitig über alle Angelegenheiten der Europäischen Union, soweit diese für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind. Die Ziffern I. 1. (sowie I. 2. und I. 3.) betreffen insbesondere prälegislative Vorschläge der Europäischen Kommission (z. B. Grünbücher, Weißbücher, Mitteilungen u. Ä.), die häufig zu einem späteren Zeitpunkt in einen entsprechenden Legislativvorschlag münden. Im Evaluierungszeitraum erfolgten vier Unterrichtungen im prälegislativen Bereich: eine Unterrichtung nach Ziffer I. 1. (Europäische Wirtschaftsunion) sowie drei Unterrichtungen nach Ziffer I. 2. (Mehrjähriger Finanzrahmen, Neue Denkansätze für Bildung, Viertes Eisenbahnpaket). Die Unterrichtung der Landesregierung zum jeweils im Herbst des Vorjahres erscheinenden Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission (Ziffer I. 5. der Vereinbarung) erfolgte für das Jahr 2012 (erstmals) am 12. Januar 2012, für das Jahr 2013 am 14. November 2012 und für das Jahr 2014 am 7. November 2013. Eine ressortspezifische Auswertung erfolgte für das Jahr 2012 am 11. Mai 2012 und für das Jahr 2013 am 19. Juli 2013 7. 4 bezüglich der Frühwarndokumente 5 Artikel 8 Subsidiaritätsprotokoll i. V. m. Art. 263 Abs. 6 AEUV 6 Davon erfolgten bis Dezember 2011 noch sieben Unterrichtungen nach 74 Abs. 3 GO. 7 Für das Jahr 2014 wurde die Auswertung mit Datum vom 7. März 2014 vorgelegt. 6

Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Drucksache 5/7472 Die Landesregierung informiert den Landtag (gem. Ziffer I. 6. der Vereinbarung) regelmäßig über die Ergebnisse der Europaministerkonferenzen, die in der Regel dreimal jährlich stattfinden, sowie über die Plenarsitzungen des Ausschusses der Regionen (insgesamt 22 Unterrichtungen). Ferner wurde der Landtag (gem. Ziffer I. 7. der Vereinbarung) am 20. September 2011 über die "Europapolitische Strategie der Landesregierung" unterrichtet. In 17 Fällen erfolgte eine Unterrichtung gem. Ziffer I. 8. zu aktuellen europapolitischen Entwicklungen (z. B. zur Eurokrise, Ratifizierung ESM-Vertrag und Fiskalpakt, Länderspezifische Empfehlungen der Kommission, Stand der Vorbereitungen für die sog. Operationellen Programme u. a.). Vom Bundesrat werden grundsätzlich alle nicht- bzw. prälegislativen EU-Dokumente beraten. Im Evaluierungszeitraum waren dies rund 160 Dokumente, darunter über 130 Mitteilungen, 19 Grünbücher und ein Weißbuch. Im Europaausschuss des Landtags können dagegen gem. 54 a GO nur solche prälegislativen EU-Dokumente beraten werden, zu denen die Landesregierung eine Unterrichtung vorlegt oder zu denen ein Antrag nach 74 Abs. 2 GO gestellt wird. Eine grundsätzliche Weiterleitung aller (prälegislativen) Vorschläge der europäischen Kommission, die an den Bundesrat übermittelt werden (Grünbücher, Weißbücher, Mitteilungen u. Ä.) ist durch die Vereinbarung sowie die Geschäftsordnung nicht vorgesehen 8. Um mögliche inhaltliche Anregungen und Stellungnahmen des Landtages zu Vorhaben der EU, die Auswirkungen auf den Freistaat haben, rechtzeitig im Rechtsetzungsverfahren der EU einbringen zu können, ist aber eine frühzeitige Befassung mit aktuellen Themen in Form von Grün- und Weißbüchern, Mitteilungen sowie dem jährlichen Arbeitsprogramm der EU- Kommission notwendig. Die Landtagsverwaltung informiert seit April 2013 in einem monatlich erscheinenden EU-Newsletter u. a. über ausgewählte Dokumente der europäischen Kommission im prälegislativen Bereich, die von besonderer Bedeutung für Thüringen sind. 3. Handlungsoptionen und Ergebnis a) Externe Evaluation Es wurde im Europaausschuss darüber beraten, zeitnah eine externe wissenschaftliche und ländervergleichende Evaluation zur Umsetzung des Subsidiaritätsfrühwarnsystems nach sachgerechten Kriterien durchzuführen und dabei die grundlegenden Mechanismen und Erfolge vor dem Hintergrund der Funktion, Ziele und faktischen Wirkungsweise des Frühwarnsystems zu überprüfen sowie Vorschläge für eine effektivere, ressourcensparende Verfahrensgestaltung im Freistaat Thüringen zu unterbreiten. Dieser Vorschlag wird zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht weiter verfolgt. 8 So aber in BW, BE, BB, HE, NW, RP, SL, ST und SH 7

Drucksache 5/7472 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode b) Schaffung einer gesetzlichen Grundlage Die Evaluierungsklausel sieht die Möglichkeit vor, die Vereinbarung im Ergebnis der Überprüfung "gegebenenfalls in eine gesetzliche Grundlage münden zu lassen". Insofern ergeben sich verschiedene (z. T. auch kumulativ anwendbare) Handlungsoptionen: erweiterte verfassungsrechtliche Regelung (über Art. 67 Abs. 4 Landesverfassung hinaus, z. B. hinsichtlich der Bindungswirkung) ergänzende oder alternative (ggf. inhaltlich angepasste) einfachgesetzliche Regelung inhaltliche Anpassung/Ergänzung der bestehenden Vereinbarung keine Änderung der bestehenden Vereinbarung Der Landtag sieht derzeit keine Veranlassung, die Vereinbarung durch eine gesetzliche oder gar verfassungsrechtliche Regelung - wie in anderen deutschen Ländern erfolgt - zu ersetzen, und schlägt eine Neufassung der Vereinbarung vor. III. Der Landtag empfiehlt die nachstehende von der Landtagspräsidentin sowie der Ministerpräsidentin zu unterzeichnende Neufassung der Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union: Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union Auf der Grundlage des Art. 48 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 67 Abs. 4 der Verfassung des Freistaats Thüringen schließen der Thüringer Landtag - vertreten durch die Präsidentin - und die Thüringer Landesregierung - vertreten durch die Ministerpräsidentin - folgende Neufassung der Vereinbarung vom 19. Mai 2011: I. Allgemeine Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union 1. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag frühzeitig über alle Angelegenheiten der Europäischen Union, soweit diese für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind. a. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag insbesondere über alle Vorhaben der Europäischen Union, die Gesetzgebungsbefugnisse oder sonstige Interessen des Landes oder das Recht der kommunalen Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie Fragen der kommunalen Daseinsvorsorge wesentlich betreffen. b. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag frühestmöglich insbesondere auch über Initiativen, die eine Verlagerung von Kompetenzen der Länder auf die Europäische Union zur Folge hätten. c. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag frühestmöglich über beabsichtigte Vertragsänderungen im Rahmen von Regierungskonferenzen der Mitgliedstaaten der Euro- 8

Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Drucksache 5/7472 päischen Union, die die Zuständigkeiten des Freistaats berühren. 2. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag über alle Grünbücher und Weißbücher der Europäischen Kommission. 3. Die Landesregierung nimmt gegenüber dem Landtag frühestmöglich eine Bewertung des aktuellen Arbeitsprogramms der Kommission vor. 4. Die Landesregierung informiert den Landtag zeitnah über die Ergebnisse der Europaministerkonferenzen und der Plenarsitzungen des Ausschusses der Regionen, soweit diese für das Land von Bedeutung sind. 5. Die Landesregierung berichtet dem Landtag mindestens alle zwei Jahre über die Schwerpunkte ihrer europapolitischen Aktivitäten. 6. Die Landesregierung informiert den Landtag fortlaufend über aktuelle europapolitische Entwicklungen und eigene Initiativen, soweit sie für die politische Meinungsbildung des Landes von Bedeutung sind. II. Beteiligung des Landtags im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems 1. Die Landesregierung leitet dem Landtag frühestmöglich alle von der Kommission im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems an den Bundesrat übermittelten Dokumente in elektronischer Form zu (Frühwarndokumente). Dabei wird der voraussichtliche Zeitpunkt der abschließenden Beratung im Bundesrat benannt. Zudem stellt die Landesregierung alle zu einem Vorhaben gehörenden Dokumente und Informationen bereit. 2. a. Die Landesregierung übermittelt zu bedeutsamen Vorhaben nach Ziffer 1 frühestmöglich schriftlich zusätzliche Informationen über den wesentlichen Inhalt und die Zielsetzung des Vorhabens sowie eine erste Bewertung hinsichtlich seiner landespolitischen Bedeutung und seiner Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sowie ggf. weitere relevante Dokumente. Bedeutsam sind insbesondere Vorhaben, die die Gesetzgebungsbefugnisse oder sonstige Interessen des Landes oder das Recht der kommunalen Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände oder die kommunale Daseinsvorsorge wesentlich betreffen oder die die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips zweifelhaft erscheinen lassen. b. Zu allen Frühwarndokumenten, die im Europaausschuss beraten werden, legt die Landesregierung in der Regel spätestens eine Woche vor Sitzungsbeginn zusätzliche Informationen i. S. von Ziffer 2a sowie den Berichtsbogen der Bundesregierung vor. 3. Die Landesregierung berücksichtigt Stellungnahmen des Landtags bei ihrer Willensbildung. In Fällen, in denen durch eine 9

Drucksache 5/7472 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Gesetzgebungsinitiative der Europäischen Union Gesetzgebungsbefugnisse des Landes berührt werden, wird die Landesregierung - unbeschadet ihrer sich aus Bundes- und Landesverfassungsrecht ergebenden Rechtsstellung - nicht entgegen dem Parlamentsvotum entscheiden. Für Stellungnahmen des Landtags im Rahmen der Subsidiaritätsklage gegen Rechtsetzungsakte der Europäischen Union gilt dies entsprechend. 4. Hat der Landtag eine Stellungnahme abgegeben, informiert ihn die Landesregierung über ihr Stimmverhalten im Bundesrat. Weicht die Landesregierung von einer Stellungnahme des Landtags ab, teilt sie dem Landtag die maßgeblichen Gründe für ihr abweichendes Stimmverhalten mit. Sie informiert den Landtag, nach Möglichkeit bereits im Vorfeld der Bundesratssitzung, über ein beabsichtigtes abweichendes Stimmverhalten. 5. Die Landesregierung informiert den Landtag über die Zustimmung zu Subsidiaritätsrügen und Subsidiaritätsklagen im Bundesrat. Der Landtag wird zudem frühestmöglich über alle vom Bundesrat festgestellten Verstöße gegen das Subsidiaritätsprinzip informiert. 6. Die Landesregierung informiert den Landtag über Verlauf und Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens auf Ebene der EU-Institutionen zu allen Frühwarndokumenten, zu denen der Landtag einen Beschluss zur Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes (Subsidiaritätsbedenken, Subsidiaritätsrüge) gefasst hat. III. Europaausschuss Der Europaausschuss im Landtag ist der Ansprechpartner der Landesregierung für alle unter I. und II. vereinbarten Regelungen. IV. Evaluierungsklausel Die Vertragsparteien kommen überein, die Vereinbarung spätestens vier Jahre nach der Unterzeichnung der Neufassung auf der Grundlage von Erfahrungsberichten zu überprüfen und gegebenenfalls in eine gesetzliche Grundlage münden zu lassen. Erfurt, den Birgit Diezel Präsidentin des Thüringer Landtags Christine Lieberknecht Ministerpräsidentin des Freistaats Thüringen IV. Darüber hinaus wird die Landesregierung gebeten, 1. den Landtag verstärkt über Entwicklungen im prälegislativen Bereich (insbesondere auch über Mitteilungen der Europäischen Kommission) zu unterrichten, um mögliche inhaltliche Anregun- 10

Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Drucksache 5/7472 gen und Stellungnahmen des Landtags zu Vorhaben der EU, die Auswirkungen auf den Freistaat Thüringen haben können, rechtzeitig im Rechtsetzungsverfahren einbringen zu können; 2. sich auf Bundesebene für eine umfassendere Informationsmöglichkeit des Thüringer Landtags in Fragen der europäischen Gesetzgebung einzusetzen und in diesem Zusammenhang insbesondere für einen Zugang des Thüringer Landtags zum Bundesrats-Informationssystem EUDISYS einzutreten; 3. den interregionalen Austausch des Freistaats Thüringen im Sinne einer Stärkung der Interessen der Regionen Europas in Bezug auf die Umsetzung des Vertrags von Lissabon im Rahmen der bestehenden Institutionen und Verfahren zu intensivieren. Kubitzki Vorsitzender 11