Begrüßung: Sommer-Gespräch 2009 Dr. med. H. Hellmut Koch Präsident der Bayerischen Landesärztekammer am 10. Juli 2009 in München Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Namen der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) und auch ganz persönlich begrüße ich Sie herzlich zum Sommer-Gespräch 2009. Es freut mich, dass Sie am heutigen Abend unserer Einladung ins Ärztehaus Bayern gefolgt sind. Unser Sommer-Gespräch kann sich einer gewissen Tradition rühmen, findet es doch zum neunten Mal statt. Mein Blick in den Garten zeigt mir, dass wieder eine ganze Menge Gäste aus Politik, Selbstverwaltung und Medien zu unserem Informationsaustausch versammelt sind. Ich freue mich darüber! <Anrede> Unser Dauerthema ist die Sozial-, Gesundheits- und Berufspolitik. Kollektiv- und Selektivverträge, Regelleistungsvolumina und Gesundheitsfonds, Ärztinnen und Ärzte, die auf Straßen und Plätzen auf ihre Situation aufmerksam machen, die Priorisierungsdebatte ärztlicher Leistungen das sind nur einige Schlagworte, die unsere derzeitige Situation im Gesundheitswesen charakterisieren. Fraglich sei, ob drastische Aussagen, wie Ich schäme mich für eine Standesvertretung, die immer nur nach mehr Geld schreit (KVB- Vorstandsvorsitzender Dr. Axel Munte in der Süddeutschen Zeitung Seite 2 von 6
vom 26.03.2009) oder ob Plakataktionen, wie Was ist die kranke Frau in Deutschland wert (Bundesverband der Frauenärzte 19.6.2009), der Sache dienlich sind. Ergänzen könnte man diese unvollständige Themenliste natürlich noch um das Gesundheitsschutzgesetz (Nichtraucherdebatte) und Schweinegrippe oder um die Diskussionen über Spätabtreibung und Patientenverfügung. <Anrede> Sicherlich, der Vorwahlkampf zur Bundestagswahl am 27.September belebt die Debatte zusätzlich. Oder sollte ich besser sagen polarisiert zusätzlich? Dabei kam die Forschungsgruppe Wahlen bei einer Umfrage kürzlich unter mehr als 2000 gesetzlich und privat Versicherten im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu dem Ergebnis: Deutsche wünschen sich einen Arzt des Vertrauens. Gefragt wurde unter anderem, was beim Besuch einer Arztpraxis von Bedeutung ist. 87 Prozent der Befragten stuften dabei die Kontinuität der Behandlung durch einen Arzt als sehr wichtig oder wichtig ein. Für ebenso viele der Befragten spielte die Lage der Praxis in der Nähe eine genauso große Rolle. Trotz zahlreicher Debatten um die Qualität der Versorgung Stichwort Arzt-Navigator sind die Deutschen beim Thema Qualitätsmanagement gespalten: Seite 3 von 6
Knapp die Hälfte der Befragten hält Aushänge über die Qualitätssicherung in der Arztpraxis für wichtig. Ein Viertel hält es für weniger wichtig. Mehrere Ärzte unter einem Dach zu haben, das ist für gut die Hälfte der befragten Versicherten wichtig. Im Osten fällt die Begeisterung für Ärztehäuser, Gemeinschaftspraxen oder Medizinische Versorgungszentren (MVZ) deutlich höher aus als im Westen was wohl in erster Linie damit zusammenhängt, dass die medizinische Versorgung in so genannten Polikliniken zum DDR-Alltag gehörte. Hinsichtlich der hausärztlichen Versorgung bestätigt die Versichertenbefragung, dass Hausärzte weiterhin eine feste Größe in der ambulanten medizinischen Versorgung sind: 94 Prozent der Befragten geben an, dass sie einen Hausarzt haben. Bei der Frage, von wem man sich am ehesten Informationen über aktuelle Veränderungen im Gesundheitswesen wünscht, rangiert der Arzt auf Platz zwei gleich hinter der jeweiligen Krankenkasse. Und 86 Prozent möchten eine Praxis gleich um die Ecke. Ein schlechtes Zeugnis stellt die Mehrheit der Befragten übrigens der Gesundheitspolitik von Union und SPD aus: Jeder zweite Bundesbürger sieht laut Befragung deutliche Verschlechterungen durch die schwarz-rote Gesundheitsreform und den mit ihr umgesetzten Gesundheitsfonds. Da kann man gespannt sein auf die Wahlergebnisse am 27. September. Wer wird wohl Wahlgewinner, wer Verlierer werden? Seite 4 von 6
<Anrede> Ganz sicher bin ich mir, dass das deutsche Gesundheitssystem nicht an Qualitätsdefiziten krankt. Deutschland hat vielmehr Probleme mit der Finanzierung seiner Sozialversicherungen. Gewiss, die Herausforderungen sind gewaltig und ich fürchte, die Politik hat keine adäquaten Instrumente, diesen Herausforderungen gerecht zu werden oder nutzt diese nicht. Nach der Wahl ist allemal eine neue Gesundheitsreform fällig. Wir brauchen aber keine Reform, die so verkorkst ist wie die vergangene! Zudem müssen die Patientinnen und Patienten aber auch die Beschäftigten im Gesundheitswesen, Ärztinnen und Ärzte inbegriffen, die Reformschritte und das System verstehen können. Immer noch mehr Regulierungen, noch mehr Normen und Details bezwecken nur eine innere Abkehr vom Ganzen, Ablehnung und Fundamentalopposition oder Politikverdrossenheit. Was wir brauchen ist aber mehr Partizipation, mehr Transparenz und weniger Bürokratie! <Anrede> Wie Sie vielleicht beim Hereingehen ins Ärztehaus bemerkt haben, strahlt unser Foyer derzeit einen gewissen Baustellencharme aus. Das ist sicherlich für den heutigen Abend nicht wirklich schön, doch die bauliche Modernisierung war einfach überfällig (z. B. Brandschutzbestimmungen) und so modernisieren wir stockwerksweise unser Ärztehaus bei laufendem Betrieb. Ich hoffe, nein ich bin mir Seite 5 von 6
sicher, den weiteren Verlauf des Abends wird das nicht stören und der Gesprächsstoff wird uns heute auch nicht ausgehen. Ob Gesundheitsreform oder der geplante Urlaub egal. Ich wünsche Ihnen und mir beim heutigen Sommer-Gespräch 2009 einen interessanten und anregenden Sommerabend, gute Gespräche und natürlich einen guten Appetit. Fühlen Sie sich ganz locker (entspannt). Ich freue mich, dass Sie da sind! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Seite 6 von 6