Bremer Fachtag Legionellen

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Transkript:

Bremer Fachtag Legionellen Grundlagen der Infektionsgefahr 25.10.2017 Dr. med. Monika Lelgemann MSc Gesundheitsamt Bremen Abteilung 2 / Sozialmedizin Erwachsene

Legionellen - Hintergrund Legionärskrankheit benannt nach einem ersten Krankheitsausbruch in den USA im Jahr 1976 atypische Lungenentzündung Legionellen zur Zeit sind ca. 60 Arten bekannt, ca. 80 Serogruppen alle Legionellen sind als potenziell humanpathogen einzustufen Legionella pneumophila für ca. 90% aller Erkrankungen verantwortlich umfasst 16 Serogruppen größte Bedeutung Serogruppe 1 innerhalb der Serogruppe 10 monoklonale Subtypen Stämme die mit dem monokolonalen Antikörper (Mab) 3-1 reagieren, werden bei erkrankten signifikant häufiger gefunden

Legionellen Klinik / Symptomatik Infektionen: Legionellen Pneumonie; Inkubationszeit ca. 2 10 Tage Legionellose ohne Fieber; Inkubationszeit ca. 24 48 h Klinik: Asymptomatischer Verlauf bis schwere Pneumonie; tödlicher Verlauf bei Legionellenpneumonie in 10-15%. bei Legionellose ohne Fieber sind keine Todesfälle bekannt Ältere Menschen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind besonders gefährdet; Pat. mit Vorerkrankungen; Raucher Männer > Frauen

Legionellen - Infektionsweg Erkrankung durch die Inhalation von Aerosolen Korrelation zwischen Anzahl der Legionellen in der Luft und Infektionsrisiko nicht sicher Infektiosität einzelner Erreger kann um Faktor 1000 schwanken Es wir angenommen, dass mit zunehmender Konzentration das Risiko einer Infektion steigt Keine Infektion über orale Aufnahme von kontaminiertem Wasser / in seltenen Fällen Aspiration Keine Infektion über Parasiten Keine Infektion von Mensch zu Mensch?

Legionellen - Infektionsweg Erkrankung durch die Inhalation von Aerosolen Korrelation zwischen Anzahl der Legionellen in der Luft und Infektionsrisiko nicht sicher Infektiosität einzelner Erreger kann um Faktor 1000 schwanken Es wir angenommen, dass mit zunehmender Konzentration das Risiko einer Infektion steigt Keine Infektion über orale Aufnahme von kontaminiertem Wasser Keine Infektion über Parasiten Keine Infektion von Mensch zu Mensch?

Legionellennachweis / Diagnostik Anzucht von Legionellen auf Spezial-Medien Proben aus Atemwegen (Trachealsekret, Sputum, Bronchiallavage, Lungengewebe) Vorteil Abgleich mit Umweltisolaten möglich (Typisierung) Untersuchung Patientenurin auf Legionellenbestandteile (Legionellen Antigen Test) ; nur Legionella pneumophila Sg 1 wird mit ausreichender Sensitivität erfasst; hohe Spezifität, d.h. kaum falsch positive Befunde Antigenausscheidung setzt bereits nach 24h ein, meistens Persistenz über mehrere Wochen

Legionellen / Therapie Antibiotika Therapie andere Antibiotika als bei den üblichen ambulant erworbenen Pneumonien entscheidend für Therapieerfolg ist der rasche Beginn einer adäquaten Antibiotikatherapie : Makrolide (Azithromycin) oder Chinolone (Levofloxacin)

November / Dezember 2015 (18.11.- 02.12.) 19 Fälle von Legionellenerkrankungen gemeldet 10 Patienten mussten auf Intensivstationen behandelt werden / 6 Patienten sehr schwer erkrankt 1 Patient verstorben Legionellen Ausbrüche Bremen Bei 3 Patienten Typisierung (Mab-Typ und Gensequenzierung) Februar / März 2016 (18.02.-23.03.) 26 Fälle von Legionellenerkrankungen gemeldet 18 Patienten mussten auf Intensivstationen behandelt werden / 11 Patienten sehr schwer erkrankt 2 Patienten verstorben Bei 8 Patienten Typisierung (Mab-Typ und Gensequenzierung)

Legionellen Ausbrüche in D 2010 Ulm 64 Erkrankte / 5 Todesfälle 2013 Warstein 159 Erkrankte / 2 Todesfälle 2014 Jülich 39 Erkrankte / kein Todesfall 2015 / 2016 Bremen 45 Erkrankte (43) / 3 Todesfälle

Legionellenausbruch Bremen 2015

Legionellenausbruch Bremen 2016

Legionellenausbrüche Bremen Quellensuche Trinkwasserbeprobung in den Haushalten der Erkrankten Negativ Trinkwasserbeprobung an den Arbeitsstätten (z.b. Duschen am Arbeitsplatz) Negativ Befragung im Hinblick auf: Hotelaufenthalte, Schwimmbäder, Saunen, Sportstudios, Veranstaltungen mit Springbrunnen, Messen, Einkaufszentren, Supermärkte mit Gemüseberieselung, verwendete Autowaschstraßen, Aufenthalte in Parkanlagen Keine erkennbare Gemeinsamkeiten zwischen den Patienten bis auf den Aufenthaltsort

Legionellenausbruch HB 2016

Legionellenausbruch Bremen 2016 Bewegungsprofile

Im Ausbruch / Sicht der Mediziner Senkung der Letalitätsrate durch rechtzeitige und adäquate Antibiotikatherapie Information der Kliniken (Ambulanzen, Intensivstationen) Krankenhausgesellschaft und Hygienebeauftragte Information der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen Rundschreiben über Kassenärztliche Vereinigung, Information auf Internetseite der KV Empfehlung bei ambulant erworbenen Pneumonien zu großzügiger Indikationsstellung einer Therapie mit Makroliden oder Chinolonen (Azithromycin, Levofloxacin) Telefondienst für Rückfragen Information der Öffentlichkeit Hinweis, bei grippeähnlichen Symptomen etwas früher zum Arzt zu gehen Bürgertelefon zunächst Übernahme Telefondienst durch Ärzte des Gesundheitsamtes, dann Mitarbeiter geschult

Im Ausbruch / Sicht der Mediziner Ziel der Maßnahmen explizit definieren Stoppen des Ausbruchsgeschehens, Vermeidung neuer Infektionen durch Stilllegen der Quelle Senkung der Letalitätsrate durch rechtzeitige und adäquate Antibiotikatherapie Enge Kooperation mit den behandelnden Kliniken Gewinnung von Material zur Typisierung (Falldefinition) Quellenidentifikation

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit www.gesundheitsamt-bremen.de

Legionellenausbruch Bremen 2016 / Falldefinition VERDACHTSFALL Labor: Ort: Antigennachweis im Urin positiv und Aufenthalt im Bremer Westen (Wohnen und / oder Arbeit und/oder Freizeit) Bremer Westen: Woltmershausen, Überseestadt, Findorff, Walle, Gröpelingen und Zeit: Erkrankungsbeginn im Bereich zwischen 12. Feb. bis 21. März 2016 BESTÄTIGTER FALL Labor: Kultur positiv auf L. pneumophila, Serogruppe 1, "MAb-Benidorm" UND/ODER "Sequenztyp 2151 (zusätzlich zu oben genannten Kriterien)

Legionellenausbruch Bremen 2016