4/SN-63/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 1 von 8 1 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdW) 1100 Wien, Wiedner Gürtel 1 d, Postanschrift: 1123 Wien / Fach 7 Tel., Fax: 01 / 504 20 78, Mobil: 0664 / 214 91 75 E-mail: gdw.me@utanet.at www.gdw.at Wien, 9. Juli 2003 Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem im Zusammenhang mit der Neuordnung des Außerstreitverfahrensrechts das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohngemeinnützigkeitsgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Richtwertgesetz, das Sportstättenschutzgesetz, das Landpachtgesetz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Wohnrechtliches Außerstreitbegleitgesetz WohnAußStrBeglG); Begutachtung; Stellungnahme zu GZ 7.132/142-I 7/2003 An das Bundesministerium für Justiz Zu dem mit Schreiben vom 28. Mai 2003 übermittelten Entwurf wird wie folgt Stellung genommen: I. Allgemeines:
2 von 8 4/SN-63/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 2 Der Entwurf setzt die Kenntnis der Letztfassung des Gesetzentwurfs zum neuen Außerstreitgesetz - AußStrG voraus. Weder der Gesetzestext des WohnAußStrBeglG noch die Erläuterungen lassen den Inhalt der Letztfassung des Gesetzentwurfs zum neuen AußStrG hinreichend erkennen. Eine diesbezügliche Klarstellung durch Anfügung der Letztfassung des geplanten neuen AußStrG wäre wünschenswert gewesen. Vorweg ist es unbedingt notwendig, die Herabsetzung des Entgelts des Verwalters nach 20 Abs 8 WEG 2002 in das außerstreitige Verfahren zu übertragen und daher in die taxative Aufzählung des 52 Abs 1 WEG 2002 aufzunehmen und nicht auszuschließen, wie dies bisher durch 52 Abs 1 Z 6 dieses Gesetzes geschieht. Die Auffassung, die Herabsetzung des Entgelts des Verwalters füge sich nicht in das System des Außerstreitverfahrens ein, ist falsch und verkennt, dass bei nicht erfolgter Rechnungslegung ein Unterschied zwischen der Herabsetzung des Entgelts des Verwalters und der Verhängung von Zwangsstrafen über den Verwalter evidentermaßen nicht vorliegt. II. Zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs des WohnAußStrBeglG: Zu Artikel 2 Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002, 52 Abs 2 Einleitungssatz WEG 2002 ivm Artikel 1 Änderung des Mietrechtsgesetzes, 37 Abs 3 Z 17 MRG ivm Artikel 8 Änderung des Rechtsanwaltstarifgesetzes (Ersatzpflicht der Vertretungskosten): Die Ersatzplicht der Vertretungskosten hat ersatzlos zu entfallen, weil das Prozesskostenrisiko erschwerten Zugang zum Recht und damit ungleich höhere Nachteile für Wohnungseigentümer und Wohnungseigentumsbewerber bringen wird. Den Ausführungen in Seite 7 Absatz 3 der Erläuterungen, dass diese Bedenken durch die geplante Änderung des Rechtsanwaltstarifgesetzes ausgeräumt seien, wird aus der Praxis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entgegengehalten: Auf den ersten Blick erscheinen die billiger werdenden Vertretungskosten nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz den betroffenen Wohnungseigentümern zum Vorteil zu gereichen. In
4/SN-63/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 3 von 8 3 Wirklichkeit wird die Senkung der Streitwerte insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Entfall des Streitgenossenzuschlags aber dazu führen, dass die Vertretung von Wohnungseigentümern für Rechtsanwälte wirtschaftlich unattraktiv werden wird, so wie dies bereits in Besitzstörungsangelegenheiten der Fall ist. Die Praxis aus Zivil- und Verwaltungsrecht zeigt bereits jetzt, dass bei umfangreichen und schwierigen Sachverhalten von Rechtsanwälten oft eine Streitwertvereinbarung getroffen wird, was zu höheren Kosten für den betroffenen Wohnungseigentümer führt. Wenn man davon ausgeht, dass diese Tendenz durch die Senkung des Streitwerts und den Entfall des Streitgenossenzuschlags noch weiter verstärkt werden wird, führen die Regelungen des Entwurfs insgesamt besehen nur dazu, dass der antragstellende Wohnungseigentümer jedenfalls wieder mit höheren Kosten belastet werden wird. Der Zuspruch der Kosten kann nur auf der Grundlage des Rechtsanwaltstarifgesetzes erfolgen. Die darüber hinausgehende Vereinbarung trifft den antragstellenden Wohnungseigentümer direkt. Dadurch, dass in vielen Streitigkeiten, die in das Außerstreitverfahren verwiesen sind, sämtliche Miteigentümer Partei sein müssen, trifft jeden Wohnungseigentümer ein permanentes Kostenrisiko. Eine Möglichkeit, sich neutral zu verhalten, ist im Konfliktfeld Wohnungseigentum nicht vorgesehen. Die Argumentation des Bundesministeriums für Justiz zur geplanten Ersatzpflicht der Vertretungskosten vermag daher nicht zu überzeugen. Sollte seitens des Bundesministeriums für Justiz auf der generellen Einführung einer Kostenersatzpflicht für Vertretungskosten beharrt werden, wird dieses Prozesskostenrisiko durch den Gesetzgeber abzumildern sein. Das heißt, es wird vom Gesetzgeber für den einzelnen Wohnungseigentümer die Möglichkeit vorzusehen sein, sich neutral zu verhalten und aus dem Streit herauszuhalten, um damit dem Prozesskostenrisiko zu entgehen. Zu Artikel 2 Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002, 52 Abs 2 Z 6 letzter Satz WEG 2002 (ausdrückliche Erwähnung eines Vereins, zu dessen satzungsmäßigen Zwecken der Schutz und die Vertretung der Interessen von Wohnungseigentümern und Wohnungseigentumsbewerbern gehört):
4 von 8 4/SN-63/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 4 Diese Bestimmung enthält eine wichtige Klarstellung und dies ist positiv zu vermerken. Es ist jedoch wünschenswert, dass in den Erläuterungen zu dieser Stelle der Verein Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beispielhaft erwähnt wird, weil in Seite 7 der Erläuterungen auch die Mietervereinigung Österreichs angeführt ist. III. Es wird bemerkt, dass vor dem Hintergrund der geplanten Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 durch folgende nachhaltige strukturelle Änderungen legistisch für den Schutz der Wohnungseigentumsbewerber und Wohnungseigentümer weiter Vorsorge getroffen werden muss: 1. Die Größe von Wohnungseigentumsliegenschaften ist im Hinblick auf die Miteigentümermitbestimmung zu begrenzen, weil sich Wohnungseigentumsbewerber und Wohnungseigentümer bei kleineren Wohnungseigentumsliegenschaften besser gegen Bauträger und Verwalter durchzusetzen vermögen. 2. In die Aufzählung jener Personen, die nach 2 Abs 6 zweiter Satz WEG 2002 als Wohnungseigentumsorganisatoren angesehen werden, ist auch das finanzierende Kreditinstitut aufzunehmen, sofern die Finanzierung mehr als die Hälfte der zu erwartenden Kaufpreise überschreitet, weil in der Praxis das finanzierende Kreditinstitut mehr Einfluss auf die gesamte Abwicklung hat als der grundbücherliche Eigentümer. Dies würde die Kreditinstitute zu einer verantwortungsvolleren Finanzierung veranlassen und viele Probleme durch Überschuldung insbesondere in Altbauten vermeiden helfen. In Altbauten kommt es immer wieder vor, dass der Wohnungseigentumsorganisator nach den ersten Abverkäufen das Interesse an der Liegenschaft verliert, weil sämtliche Erlöse an die finanzierende Bank fließen. Solche Liegenschaften sind kaum zu verwalten und zu sanieren. Erhebliche Probleme ergeben sich auch im Zuge der Lastenfreistellung nach Abverkäufen, wenn über den Wert finanziert wurde, weil die Ausmietung von Altmietern und Sanierungsmaßnahmen von den
4/SN-63/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 5 von 8 5 Kreditinstituten mitfinanziert werden. Die Kreditinstitute verweigern in diesen Fällen die Lastenfreistellung trotz marktgerechten Kaufpreises. Das ist für die Wohnungseigentümer eine unerträgliche rechtliche Konstellation. 3. Trotz der immer stärker werdenden Ökonomisierung des Wohnungseigentumsrechts hat der Gesetzgeber bis jetzt auf das in der Praxis bestehende große Problem der Vorsorgewohnungen nicht reagiert. Dieses Problem besteht darin, dass viele Wohnungseigentümer der Vorsorgewohnungen kein Interesse an der Verwaltung des Hauses und den damit verbundenen Kosten haben, weil sie nur an den Einkünften aus der Vermietung interessiert sind und die Betriebskosten und bei Vereinbarung auch die anteiligen Erhaltungskosten auf die Mieter abwälzen können. Die 16, 17, 28, 29, 30, 31 WEG 2002 sind daher um nachstehende Bestimmung zu ergänzen: Bei jeder Form der Interessenabwägung sind die Interessen der Wohnungseigentümer, die das Wohnungseigentumsobjekt für sich oder ihre Familienangehörigen anders als durch Vermietung nützen, vor den Interessen der vermietenden Wohnungseigentümer zu berücksichtigen. Als Begründung wird darauf verwiesen, dass das Wohnungseigentum 1948 unter dem Motto Jeder Eigentümer seiner Wohnung geschaffen wurde und dass das Wohnungseigentumsrecht bis heute den Umstand, dass es geschäftlich tätige Wohnungseigentümer gibt, zu wenig berücksichtigt. Die Interessenlage der geschäftlich tätigen Wohnungseigentümer steht nicht immer im Einklang mit den Selbstnutzern. 4. Die Regelung über den Eigentümervertreter in 22 WEG 2002 hat ersatzlos zu entfallen, weil Minderheiten- und Individualrechte ausgehöhlt werden und der Eigentümervertreter zum Wahrer von Verwalterinteressen umfunktioniert werden kann, wie es bereits jetzt in der Praxis immer wieder mit Hausvertrauensleuten geschieht. Der Eigentümervertreter wird dazu
6 von 8 4/SN-63/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 6 benützt, die Verwalter von den Anliegen der Wohnungseigentümer abzuschirmen und produziert für die Wohnungseigentümergemeinschaft nur weitere Kosten, weil er nach 22 Abs 2 zweiter Satz WEG 2002 auch zur Bestellung eines berufsmäßigen Parteienvertreters befugt ist. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat auch bereits aufgezeigt, dass Rechtsanwälte, die nicht Wohnungseigentümer sind, entgegen der Bestimmung des 22 Abs 1 erster Satz WEG 2002 (wonach der Eigentümervertreter aus dem Kreis der Wohnungseigentümer stammen muss), unter Berufung auf ihre Eintragung eine Vertretung in der Position als Eigentümervertreter als gesetzeskonform argumentieren. Verschwiegen wird auch die zivilrechtliche Haftung des Eigentümerverteters und seines möglichen Honoraranspruchs. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach 1002 ff ABGB bereits vor dem Inkrafttreten des WEG 2002 eine Vollmacht für einen Miteigentümervertreter erteilt werden konnte und im Falle eines Konflikts zwischen Wohnungseigentümergemeinschaft und Verwalter auf die Rechtsfigur des Prozesskurators nach 8 Zivilprozessordnung ZPO zurückgegriffen werden kann. 5. Die Praxis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zeigt, dass der wichtigste Gegenstand der Willensbildung und Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft kostenintensive Erhaltungsarbeiten (Reparaturen) sind. Der Verwalter ist zwar verpflichtet, für Erhaltungsarbeiten, die über die laufende Instandhaltung hinausgehen, und für größere Verbesserungsarbeiten nach 20 Abs 4 letzter Satz WEG 2002 mindestens drei Angebote einzuholen. Diese Verpflichtung alleine ist jedoch nicht ausreichend, weil der Verwalter bei der Vergabe von Aufträgen ohne Mehrheitsbeschluss die Anbieter auswählen und den Bestbieter nach seinem Ermessen bei vollem Zugriff auf die Rücklage beauftragen kann. Dadurch sind Absprachen der Anbieter untereinander und mit dem Verwalter möglich, auf die die zahlungspflichtigen Wohnungseigentümer keinen Einfluss haben. Es wird daher nachdrücklich gefordert, dass sich der Verwalter für Erhaltungsarbeiten, die über die laufende Instandhaltung hinausgehen, und für alle Verbesserungsarbeiten zuerst um einen Beschluss bemühen muss und erst dann, wenn keiner zustande kommt, nach seinem Ermessen handeln darf. In diesem Zusammenhang muss auch darauf hingewiesen werden, dass derzeit die aktive Minderheit einer Wohnungseigentümergemeinschaft Ausführungsmängel und
4/SN-63/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 7 von 8 7 Gewährleistungsansprüche bei gebrauchten Wohnungseigentumsanlagen im Gegensatz zu Neubauten praktisch kaum durchsetzen kann. Dies ist für Wohnungseigentümer bei Erhaltungsarbeiten eine unerträgliche rechtliche Konstellation und muss beseitigt werden. 6. In das WEG 2002 ist eine Bestimmung aufzunehmen, welche Folgen die Anfechtung eines Mehrheitsbeschlusses hat. Diese Forderung gründet darin, dass bei einem Verwalterwechsel unklar ist, wer die Liegenschaft verwaltet, wenn die Mehrheit den Wechsel des Verwalters beschließt und dieser Beschluss angefochten wird. Prüft man die bezughabenden Rechtsvorschriften, so erhellt nicht, ob der frühere Verwalter bis zur Abweisung des Antrags Verwalter bleibt oder die Verwaltertätigkeit bis zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses auf den neuen Verwalter übertragen ist und nach Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses wieder der alte Verwalter in die Rechte und Pflichten eintritt. Es ist aus den jetzigen Bestimmungen des WEG 2002 auch nicht erkennbar, wie vorzugehen ist, wenn bisher kein Verwalter bestellt war, ein solcher nunmehr durch Mehrheitsbeschluss bestellt und dieser Beschluss angefochten wird. Ungeklärt ist nämlich, ob der bestellte Verwalter mit der Verwaltertätigkeit beginnen und die Verwaltung bis zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses führen soll obwohl der Beschluss angefochten ist oder das Haus ohne Verwalter bleibt bis der Antrag auf Beschlussanfechtung abgewiesen wurde. Gleichzeitig werden Ausfertigungen dieser Stellungnahme an die Parlamentsdirektion Wien mit dem Ersuchen, diese Stellungnahme den Klubs der im Parlament vertretenen Parteien zur Verfügung zu stellen, und an das Präsidium des Nationalrates übermittelt. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die E-Mail-Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.
8 von 8 4/SN-63/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 8 Für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (Dr. Josef Mentschl) Erstellt in Zusammenarbeit mit Mag. Sigrid Räth, Rechtsanwalt in Tulln, und Mag. Dr. Werner Steiner, Verwaltungsjurist in Wien Ergeht an: 1. Bundesministerium für Justiz 2. An die Parlamentsdirektion Wien mit dem Ersuchen, die nachstehende Stellungnahme den Klubs der im Parlament vertretenen Parteien zur Verfügung zu stellen 3. An das Präsidium des Nationalrats 4. begutachtungsverfahren@parlament.gv.at