Zweiter Teil. Konkurs und Vergleich

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Zweiter Teil Konkurs und Vergleich

18 Einführung 117 1 S Einführung I. Konkurs und Einzelvollstreckung 1. Ein Forderungsrecht, etwa eine Darlehens- oder Kaufpreisforderung, bedeutet lediglich eine Rechtsbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner. Dritte Personen sind nicht an ihr beteiligt. Der Gläubiger braucht daher bei der Geltendmachung seiner Forderung auf Dritte keine Rücksicht zu nehmen, wie umgekehrt Dritte, insbesondere andere Gläubiger, ihre Rechte ohne Rücksicht auf ihn durchsetzen können. 2. Für eine Forderung haftet grundsätzlich das ganze Vermögen des Schuldners. Das heißt: der Gläubiger kann in alle Vermögensstücke des Schuldners die Vollstreckung betreiben, soweit nicht ausnahmsweise Pfändungsverbote einschlagen. Ob nach seiner Befriedigung das Vermögen des Schuldners noch für andere Gläubiger ausreicht, braucht ihn bei der Einzelvollstreckung nicht zu kümmern. 3. Im deutschen Recht wird das Gesagte noch dadurch verschärft, daß nicht erst die Durchführung der Vollstreckung, sondern schon die erfolgreiche Vollstreckungsmaßnahme dem Gläubiger einen Vorzug vor anderen Gläubigern verschafft. Denn bei der Vollstreckung in bewegliches Vermögen gewährt die Pfändung dem Gläubiger ein Pfändungspfandrecht an dem gepfändeten Gegenstand, also einen Vorrang vor Gläubigern, die später auf den gepfändeten Gegenstand zugreifen. Handelt es sich um die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück, so hat die Beschlagnahme zugunsten des betreibenden Gläubigers, wenn sie auch kein Pfandrecht schafft, doch eine ähnliche Wirkung. 4. Steht fest, daß der Schuldner finanziell zusammengebrochen ist, so ist das obige System nicht ohne große Ungerechtigkeit durclizuführen. Der Gläubiger, der am schnellsten zugriffe, der rücksichtsloseste also, würde den anderen milderen das Nachsehen lassen, der Schuldner würde einen Gläubiger vor dem anderen bevorzugen können, kurz es würden sich die schwersten Mißstände ergeben. In diesem Stadium tritt zweckmäßig eine gleichmäßige Teilbefriedigung aller Gläubiger an die Stelle des willkürlichen Zugriffs durch Einzelvollstreckung. Zu diesem Zweck ist der Zugriff auf das ganze Vermögen des Schuldners mit dem Ziel der gleichmäßigen Verteilung an alle Gläubiger erforderlich. Dieses Gesamtvollstreckungsverfahren nennen wir Konkurs (concursus creditorum- "Zusammenlaufen der Gläubiger").

118 Konkurs und Vergleich Während des Konkurses ist den Konkursgläubigern ein Zugriff im Wege der Einzelvollstreckung versagt1). 5. Der Konkurs ist also ein gerichtliches Verfahren, welches die VollstTekkung in das gesamte Vermögen des Schuldners (des sogenannten Gemeinschuldners) zwecks anteiliger Befriedigung aller gegenwärtigen persönlichen Gläubiger (der Konkursgläubiger) zum Ziel hat. Sein Zweck erfordert dreierlei: vor allem muß das Vermögen dem Gemeinschuldner aus der Hand genommen und in Geld umgesetzt werden; ferner müssen die teilnahmeberechtigten Gläubiger festgestellt werden; endlich muß jedem Gläubiger sein Anteil ausgezahlt werden. D. Der Gang des Verfahrens 1. Der Konkurs wird auf Antrag durch das Konkursgericht eröffnet, nachdem es seine Voraussetzungen, insbesondere den finanziellen Zusammenbruch des Gemeinschuldners, festgestellt hat. 2. Mit der Konkurseröffnung wird dem Gemeinschuldner das Verwaltungsund das Verfügungsrecht über die Konkursmasse genommen und einem Konkursverwalter übertragen, den das Gericht ernennt. Konkursmasse ist das zur Zeit der Eröffnung dem Gemeinschuldner gehörende Vermögen, soweit es der Zwangsvollstreckung unterliegt. 3. Aufgabe des Konkursverwalters ist es, die Konkursmasse an sich zu ziehen, nicht zugehörige Teile auszuscheiden (Aussonderung), laufende Verträge abzuwickeln, Pfandrechte usw., die auf einzelnen Vermögenstücken etwa liegen, zur Erledigung zu bringen (abgesonderte Befriedigung der Pfandgläubiger), die Wirkung gewisser, den Konkursgläubigern nachteiligen Geschäfte aus der Zeit kurz vor der Eröffnung, insbesondere die Schiebungen, rückgängig zu machen (Anfechtung) und die Masse in Geld umzusetzen. 4. Der Konkursverwalter wird in seiner Tätigkeit in gewissem, im Gesetz genau vorgeschriebenem Umfang durch die Konkursgläubiger unterstützt und überwacht, die zu diesem Zweck immer in der Gläubigerversammlung, möglicherweise auch in einem ständigen Gläubigerausschuß organisiert sind. 1) Vgl. unten 21 In 2.

18 Einführung 119 5. Neben der Verwertungstätigkeit des Konkursverwalters läuft selbständig das Verfahren zur Feststellung der teilnahmeberechtigten Gläubiger. Zunächst genügt zur Teilnahme am Konkurs, daß der Gläubiger seine Forderung beim Konkursgericht (zur Konkurstabelle) anmeldet. Ein vollstreckbarer Titel, wie in der Einzelvollstreckung, wird nicht gefordert. Über die Berechtigung der Anmeldung wird in einem gerichtlichen Termin (dem Prüfungstermin) verhandelt. Ergibt sich ein Streit über die Teilnahmeberechtigung eines Gläubigers, so wird er nicht im Konkursverfahren selbst, sondern im ordentlichen Prozeß zwischen den Streitenden ausgetragen. Je nach dem Ergebnis dieses Prozesses wird dann, falls erforderlich, die Konkurstabelle berichtigt. 6. Die verwertete Masse wird auf die Gläubiger nach Prozentsätzen ihrer Forderungen verteilt. Verteilungen erfolgen jeweils, wenn genügend bares Geld vorhanden ist. 7. Ist der Konkurs durchgeführt oder durch Zwangsvergleich beendet, so wird das Verfahren durch Gerichtsbeschluß aufgehoben. 111. Der Träger des Konkursverfahrens 1. Für die Lösung der Aufgabe, welche dem Konkursrecht gestellt ist, kann man zwei entgegengesetzte Wege beschreiten. Entweder man gestaltet das Verfahren als reines Amtsverfahren, so daß dem Gericht die Aufgabe gestellt wird, die Liquidation der Masse und die Feststellung der Gläubiger, nebst allen damit zusammengehörigen Prozessen, zu erledigen. (So der ältere "gemeinrechtliche" Konkurs in Deutschland.) Oder man überläßt, nachdem das Gericht die Eröffnung des Verfahrens und die Beschlagnahme der Masse ausgesprochen hat, den Gläubigern und ihren gewählten Vertretern die Feststellung der Forderungen und die Liquidation, wobei sie immerhin einiger Aufsicht des Gerichts u n t e r swerden t ~ l lkönnen. t So vielfach im Ausland, insbesondere in Frankreich. Doch kennt das französische Recht, anders als das deutsche, nur einen Kaufmannskonkurs, so daß auch auf der Gläubigerseite in etwas höherem Grade als bei uns mit geschäftserfahrenen Beteiligten zu rechnen ist. 2. Unser Recht hat sich richtigerweise von beiden Extremen, die beide ihre starken Nachteile haben, ferngehalten. Zwar wird einerseits das Konkursgericht nicht nur bei Eröffnung und beim Schluß des Verfahrens, sondern auch

120 Konkurs und Vergleich innerhalb desselben in manchen wichtigen Funktionen tätig. Zwar sind andererseits auch die Gläubiger organisiert und haben als Gläubigerversammlung und Gläubigerausschuß in wichtigen Fällen mitzureden. Aber alles in allem sind innerhalb des Verfahrens die Tätigkeiten des Gerichts sowohl wie die der Gläubigerorgane mehr beaufsichtigend, genehmigend, nachprüfend als eigentlich vorwärtstreibend. Der eigentliche Träger des Verfahrens, welcher in allen Teilen des Verfahrens gleichmäßig tätig wird, ohne den eine Durchführung des Verfahrens schlechterdings nicht zu denken wäre, ist der Konkursverwalter. Dieser wird zwar vom Gericht ernannt ( 78; vgl. aber 80)2) und beaufsichtigt ( 83), ist aber trotzdem, sofern er sich im Rahmen seiner Pflichten hält, auch dem Gericht gegenüber nicht unselbständig, nicht einfach Organ des Gerichts. Ebensowenig wird er als Vertreter des Gemeinschuldners oder der Konkursgläubiger tätig. Er führt vielmehr eine Art besonderen Amtes im Interesse aller Beteiligten, denen allen er auch verantwortlich ist ( 82)3). IV. Quellen und Aufbau des Konkursrechts 1. Das deutsche Konkursrecht ist durch die K o n k u r s o r d n u n g vom 10. Februar 1877 geregelt, welche bei der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches diesen Bestimmungen angepaßt wurde und seitdem in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 18984) 5) gilt. Sie gehört zu den wertvollsten Teilen unserer Rechtsordnung und ist für das Ausland vielfach vorbildlich geworden. Zu ihr tritt ergänzend die V e r - g 1 e i c h s o r d n u n g vom 26. Februar 1935, welche eine Sanierung des Schuldners ohne Konkurs bezweckt. Sonderbestimmungen über Einzelfälle des Konkurses, namentlich soweit es sich um juristische Personen handelt, finden sich in zahlreichen Gesetzen, so im Gesetz über die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und im Versicherungsaufsichtsgesetz. I) Soweit in diesem Teil Paragraphen ohne Angabe eines Gesetzes genannt werden, sind die Paragraphen der Konkursordnung gemeint. II) Bestritten; vgl unten 23 I 3 und VI. 4) RGBl. S. 612; mit einigen späteren Änderungen. 1) Schrifttum: Böhle-Stamschräder, Konkursordnung, 6. Aufl. 1961; Fichtner, Kommentar zum Konkursrecht, 1955; Hoche, Konkursrecht, 2. Aufl. 1956; Jaeger, Konkursordnung, 8. Aufl., Bd. 1 bearbeitet von Lent (1958), Bd. 2 bearbeitet von Weber (ab 1958); Mentzel-Kuhn, Konkursordnung, 7. Aufl. 1962; Mohrbutter-Haarmann, Leitfaden für Vergleichs- und Konkursverwalter, 1958; Pagenstecher-Grimm, Der Konkurs, 3. Aufl. 1955; Schrader-Bauer, Handbuch der amtsgerichtliehen Praxis, Bd. III, Konkurs- und Vergleichsverfahren, 2. Aufl. 1960. - Das Konkurs- und Vergleichsrecht behandeln ferner von dem oben 1 IV genannten Schriftt'UIIl: Erkel, Lent, Schönke-Baur und Wagner-Zartmann.

18 Einführung 121 2. Die Konkursordnung ist in 3 Bücher eingeteilt mit den Überschriften: Konkursrecht, Konkursverfahren, Strafbestimmungen. Das dritte Buch, welches das Konkursstrafrecht enthält, interessiert für unsere Darstellung nicht weiter. Die Einteilung der ersten beiden Bücher geht auf folgende Unterscheidung zurück. Zunächst handelt es sich im Konkursrecht um eine Verfahrensordnung im gleichen Sinne, wie auch das Recht der Einzelvollstreckung Verfahrens-, also Prozeßrecht ist. Insofern gehört also das Konkursrecht dem öffentlichen Recht an. Aber um seinen Zweck zu erreichen, sind auch zahlreiche Eingriffe in das sachliche (materielle) Recht, das Privatrecht, nötig, so z. B. die Regeln über die Unwirksamkeit von Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, diejenigen über die Verfügungsbefugnis des Konkursverwalters über die Masse, die Normen über die Abwicklung der laufenden gegenseitigen Verträge und viele andere. Diese privatrechtliehen Sätze hat die Konkursordnung als Konkursrecht vorangestellt und ihnen das eigentliche Verfahrensrecht als Konkursverfahren folgen lassen. 3. Dieser Aufbau des Gesetzes empfiehlt sich für unsere Darstellung nicht. Die privatrechtliehen Veränderungen hängen zu eng mit den Einzelvorschriften über das Verfahren zusammen, als daß sie sich voneinander abgesondert darstellen ließen. Wir werden daher genau wie im Zivilprozeßrecht mit der Lehre von?en B e teil i g t e n : Konkursgericht, Gemeinschuldner, Konkursgläubiger, Konkursverwalter, beginnen, im zweiten Kapitel die Lehre von der K o n k u r s m a s s e behandeln, im dritten das K o n k u r s v e r - f a h r e n, soweit es nicht in den vorigen mitbehandelt ist. 4. Das Konkursrecht regelt nicht die privatrechtliehen Beziehungen zwischen einem bestimmten Gläubiger und einem Schuldner wie das Schuldrecht oder den Streit zwischen zwei bestimmten Parteien wie das Zivilprozeßrecht. Es muß vielmehr von vornherein auf eine unbestimmte Anzahl von Beteiligten zugeschnitten sein. Deshalb bedarf es einer straffen Ordnung, welche der Änderung durch den Willen der Beteiligten wenig zugänglich ist: Die Normen des Konkursrechts, und zwar sowohl die materiellen wie die prozessualen, sind daher ganz überwiegend zwingenden Rechts.