Haftung eines vom Verkäufer beauftragten Kfz-Sachverständigen gegenüber dem Käufer eines Autos aus VSD oder 311 Abs. 3 BGB



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Transkript:

280 Abs. 1, 311 Abs. 3 BGB, 328 BGB analog Haftung eines vom Verkäufer beauftragten Kfz-Sachverständigen gegenüber dem Käufer eines Autos aus VSD oder 311 Abs. 3 BGB BGH, Urt. v. 12.01.2011 VIII ZR 346/09 Leitsatz Zur Frage, ob ein Kraftfahrzeugsachverständiger, der ein Fahrzeug im Auftrag des Eigentümers begutachtet und zum Verkauf in eine Internet-Restwertbörse eingestellt hat, gegenüber dem Käufer, der das Fahrzeug aufgrund eines im Internet abgegebenen Gebots erwirbt, zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn das Fahrzeug einen Sachmangel aufweist. Fall Die Klägerin (K) ist als gewerbliche Restwertaufkäuferin tätig und kauft insbesondere unfallgeschädigte Kraftfahrzeuge zwecks Verwertung an. Der Beklagte (S) betreibt ein Kraftfahrzeug-Sachverständigenbüro. Er erstellte im Auftrag eines Autohauses (im Folgenden: V) ein Verkaufsangebot für einen unfallbeschädigten Pkw Skoda in der Internet-Restwertbörse AUTOonline. Auf einem der von S ins Internet gestellten Lichtbilder war eine Webasto Standheizung zu erkennen, die in der Fahrzeugbeschreibung nicht als Zusatzausstattung erwähnt wurde und nach dem Willen der Verkäuferin V auch nicht verkauft werden sollte. K erwarb den Wagen für 5.210. Das Fahrzeug wurde von ihr abgeholt. Die Standheizung war zuvor von V ausgebaut worden. K verlangt von S die Kosten für den Erwerb und den Einbau einer gebrauchten Webasto Standheizung, insgesamt 787,10, mit der Begründung, S müsse dafür einstehen, dass das ihr übergebene Fahrzeug nicht über die im Internet abgebildete Standheizung verfüge. Zu Recht? Merke: Die Grundsätze des VSD sind bei einem Schadensersatzanspruch immer im Rahmen des Prüfungspunktes Schuldverhältnis zu prüfen. Entscheidung A. Anspruch der K gegen S gemäß 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 u. 3, 281 BGB In Betracht kommt ein Anspruch der K gegen S aus 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 u. 3, 281 BGB. Dies setzt jedoch voraus, dass zwischen K und S ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Nach dem ausdrücklichen Willen der Beteiligten sollte Verkäuferin jedoch V sein, für die S lediglich als Sachverständiger tätig geworden ist. Kaufvertragliche Ansprüche scheiden demnach aus. B. Anspruch der K gegen S gemäß 280 Abs. 1, 328 BGB analog (VSD) K könnte jedoch gegen S einen Anspruch aus 280 Abs. 1 BGB i.v.m. den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gemäß 328 BGB analog haben. Zwischen K und S müsste ein Schuldverhältnis bestehen. I. Zwischen K und S ist unmittelbar kein Vertrag zustande gekommen. II. Möglicherweise entfaltet jedoch der zwischen V und S geschlossene Vertrag Schutzwirkung für K, sodass darin das erforderliche Schuldverhältnis liegt. V und S haben einen Vertrag darüber geschlossen, dass S das Fahrzeug in der Onlinebörse zum Verkauf anbieten und dieses Angebot textlich und bildlich gestalten sollte. III. Fraglich ist, ob dieser Vertrag Schutzwirkung zugunsten der K entfaltet. Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist dadurch gekennzeichnet, dass der Anspruch auf die geschuldete Leistung allein dem Gläubiger zusteht, der Dritte jedoch in der Weise in die vertragliche Sorgfalts- und Obhutspflicht einbezogen ist, dass er bei deren Verletzung vertragliche Schadensersatzansprüche geltend machen kann. 146

RÜ 3/2011 [10] a) In der ist anerkannt, dass auch dritte, an einem Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen werden können mit der Folge, dass der Schuldner ihnen gegenüber zwar nicht zur Leistung, wohl aber unter Umständen zum Schadensersatz verpflichtet ist (st.rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2010 XII ZR 189/08, NZM 2010, 668 Rn. 19 mwn; grundlegend zur Entwicklung: BGH, Urteil vom 2. Juli 1996 X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 170 ff.). So kann unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter ein Grundstückssachverständiger dem Käufer des Grundstücks wegen mangelnder Sorgfalt bei der Erstellung eines vom Verkäufer in Auftrag gegebenen Wertgutachtens zum Schadensersatz verpflichtet sein (BGH, Urteil vom 10. November 1994 III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 380 ff. mwn; vgl. auch Urteil vom 26. September 2000 X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 197 f. zum Testat eines Wirtschaftsprüfers im Rahmen eines Kapitalanlagemodells). Voraussetzungen: 1. Erforderlich ist eine Leistungsnähe, also ein bestimmungsgemäßer Kontakt des Dritten (hier: K) mit der Leistung des Schuldners (hier: S). Der Dritte muss den Gefahren des Schuldverhältnisses in gleichem Maße ausgesetzt sein, wie der Gläubiger. Die Einschaltung des S geschah gerade zu dem Zweck, ein Angebot für mögliche Kaufinteressenten zu erstellen. Die von S erbrachte Leistung die Erstellung des Kaufangebots in der Onlinebörse sollte daher bestimmungsgemäß gerade von potentiellen Kunden wahrgenommen werden. 2. Weiterhin ist ein Schutzinteresse, also ein Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags, erforderlich. Wann dies der Fall ist, ist umstritten: a) Insbesondere für Körper- und Sachschäden ist dies nach der Rspr. und einem Teil der Lit. nur der Fall, wenn der Gläubiger gegenüber dem Dritten eine Schutz- und Fürsorgepflicht innehat. b) Bei reinen Vermögensschäden reicht nach allgemeiner Ansicht jedes vertragliche Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung in den Vertrag aus. Es kommt daher nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen darauf an, ob die Vertragsparteien den Willen hatten, zugunsten eines Dritten eine Schutzpflicht zu begründen. Ob ein solcher vorliegend besteht, kann bezweifelt werden, da zwischen den Kaufvertragsparteien K und V eigentlich gegenläufige Interessen bestanden. c) Eine Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrags könnte sich jedoch aus den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen der Berufs- bzw. Expertenhaftung ergeben: Bei der Beauftragung von Sachverständigen hat der Auftraggeber regelmäßig schon deshalb ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich, weil dieser durch den Sachverständigen zu Vermögensdispositionen bewegt werden soll. Ohne eine entsprechende Einstandspflicht des Sachverständigen wird ein Dritter nämlich dessen Angaben i.d.r. kein Vertrauen schenken wollen. Vorliegend bestand die Aufgabe des S gerade darin, ein Angebot für potentielle Käufer zu erstellen, die auf die Richtigkeit der sachverständigen Angaben über den Zustand des Fahrzeugs vertrauen sollten, sodass ein Schutzinteresse zugunsten der K zu bejahen ist. 3. Für eine Einbeziehung in den Schutzbereich ist weiterhin die Erkennbarkeit von Leistungsnähe und Schutzinteresse für den Schuldner, hier für S, erforderlich. Vorliegend war S die Tatsache, dass potentielle Käufer mit dem von ihm erstellten sachverständigen Angebot in Kontakt kamen, bekannt. 4. Schließlich ist eine besondere Schutzbedürftigkeit des Anspruchstellers erforderlich. Diese besteht, wenn er keine eigenen, inhaltlich gleichwertigen Voraussetzungen VSD I. Leistungsnähe Der Dritte kommt mit der Leistung des Schuldners bestimmungsgemäß in Berührung. II. Schutzinteresse des Gläubigers Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Vertrag (str., ob personenrechtliches Fürsorgeverhältnis erforderlich oder jedes vertragliche Interesse ausreichend) III. Erkennbarkeit (von Leistungsnähe und Schutzinteresse) für den Schuldner Die Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich (also Leistungsnähe und Schutzinteresse) muss für den Schuldner erkennbar sein. IV.Schutzbedürftigkeit des Dritten Der Dritte hat keine eigenen vertraglichen Ansprüche gleich gegen wen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben. Der BGH geht in der Originalentscheidung auf die Prüfungspunkte Leistungsnähe, Einbeziehungsinteresse und Erkennbarkeit nicht ein, sondern lässt den VSD sofort an der fehlenden Schutzbedürftigkeit scheitern. In einer Gutachtenklausur wären diese Punkte aber anzusprechen, sodass wir die Lösung entsprechend ergänzt haben. 147

vertraglichen Ansprüche gegen einen anderen Schuldner hat. Der BGH verneint zu Recht die Schutzbedürftigkeit der K, da sie vertragliche Ansprüche gegen V hat: Im Rahmen der Schutzbedürftigkeit sind daher auch in einer Klausur typischerweise inzident Ansprüche gegen Dritte zu prüfen, sofern danach im Rahmen der Fallfrage nicht sowieso gefragt ist. Dann sollte man die Ansprüche gegen Dritte vor einer Haftung aus VSD prüfen, um die Inzidentprüfung zu vermeiden. Der BGH lässt die Frage, ob die Voraussetzungen der Sachwalterhaftung vorliegen und ob dem S eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, ebenfalls ausdrücklich offen. [11] b) Um eine uferlose Ausdehnung des Kreises der in den Schutzbereich einbezogenen Personen zu vermeiden, ist die Einbeziehung eines am Vertrag nicht beteiligten Dritten nach der des Bundesgerichtshofs und der überwiegenden Meinung in der Literatur abzulehnen, wenn ein Schutzbedürfnis des Dritten nicht besteht. Dies ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn dem Dritten eigene vertragliche Ansprüche gleich gegen wen zustehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen Ansprüche, die ihm über eine Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages zukämen ( ). [12] So verhält es sich im vorliegenden Fall. Wenn der Kaufvertrag mit dem von der Klägerin angenommenen Inhalt zustande gekommen ist, hat die Klägerin, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat und auch die Revision nicht in Frage stellt, gegenüber der Verkäuferin einen Erfüllungsanspruch auf Lieferung des Fahrzeugs mit der im Internet abgebildeten Standheizung erworben. Denn aufgrund der Abbildung des Fahrzeugs im Internet war das von der Verkäuferin angenommene Kaufangebot der Klägerin auf den Erwerb des Fahrzeugs mit der abgebildeten Standheizung gerichtet. Mit dieser Beschaffenheitsvereinbarung ist der Kaufvertrag zustande gekommen. Deshalb kann die Klägerin von der Verkäuferin wegen der bei Übergabe des Fahrzeugs fehlenden Standheizung im Wege der Nacherfüllung gemäß 437 Nr. 1, 439 BGB den Wiedereinbau der von der Verkäuferin vor Übergabe ausgebauten Standheizung verlangen. Dieser Nacherfüllungsanspruch ist gleichwertig mit dem Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Erwerb und den Einbau einer gleichwertigen Standheizung, den die Klägerin gegenüber den Beklagten geltend macht. Damit scheidet eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter aus. Ergebnis: K hat gegen S keinen Anspruch aus 280 Abs. 1 BGB i.v.m. den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gemäß 328 BGB analog. C. Anspruch der K gegen S gemäß 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB Es könnte sich ein Anspruch der K gegen S aus 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB ergeben. I. Dann müsste zwischen K und S ein Schuldverhältnis mit Rücksichtnahmepflichten gemäß 241 Abs. 2 BGB bestanden haben. 1. K und S haben selbst miteinander keinen Vertrag i.s.d. 311 Abs. 1 BGB geschlossen (s.o.). Vielmehr hat V den S beauftragt. 2. Ein vorvertragliches Schuldverhältnis der K könnte jedoch zu S gemäß 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BGB zustande gekommen sein, obwohl S selbst nicht Vertragspartei des Kaufvertrags geworden ist. Dies ist nach 311 Abs. 3 S. 2 BGB insbesondere der Fall, wenn ein Dritter für sich besonderes Vertrauen in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Für diese Fallgruppe reicht es nicht aus, dass der Vertreter oder Verhandlungsführer den Eindruck eigener Sachkunde erweckt. Eine Eigenhaftung des Vertreters kommt nur in Betracht, wenn er eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Erfüllung des Geschäfts bietet, die für den Willensentschluss des anderen Teils bedeutsam ist. Vorliegend nimmt S als Kfz-Sachverständiger in besonderem Maße Vertrauen in die Vollständigkeit und Richtigkeit des durch ihn erstellten Angebots in Anspruch. Durch das von S erstellte Angebot ist der spätere Ver- 148

RÜ 3/2011 trag auch erheblich beeinflusst worden, da es als invitatio ad offerendum Grundlage des späteren Vertragsschlusses war: II. S müsste eine Pflicht aus diesem Schuldverhältnis verletzt haben. S sollte ein zutreffendes Kaufangebot für den zu veräußernden Pkw erstellen. S fügte dem Angebot jedoch Fotos bei, die Ausrüstungsgegenstände des Fahrzeugs darstellten, die gar nicht Gegenstand des Kaufvertrags sein sollten. Ein objektiver Dritter konnte das von S erstellte Angebot nur so verstehen, dass die abgebildeten Ausrüstungsgegenstände einschließlich der Standheizung Gegenstand des Angebots sein sollten, obwohl dies nach dem erklärten Willen der V eigentlich nicht der Fall war. S hat damit seine Pflicht, ein zutreffendes Angebot zu erstellen, verletzt. III. S hat sich für diese Pflichtverletzung nicht exkulpiert, 280 Abs. 1 S. 2 BGB. IV. Rechtsfolge: Der Sachwalter ist der geschädigten Vertragspartei dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet. Allerdings ist die Haftung des Sachwalters bei Mängeln der Kaufsache beschränkt auf die gewährleistungsrechtliche Eigenhaftung des eigentlichen Vertragspartners: [14] Es kann dahingestellt bleiben, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer Sachwalterhaftung der Beklagten zu 1 gemäß 311 Abs. 3 BGB erfüllt sind. Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1 aus 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BGB steht bereits entgegen, dass der Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen gegenüber der Verkäuferin ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Kosten für den Erwerb und den Einbau einer gebrauchten Standheizung in das von ihr gekaufte Fahrzeug nicht zusteht. Damit steht ihr ein solcher Anspruch auch gegenüber den Beklagten nicht zu. Denn eine etwaige Haftung der Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen der von der Verkäuferin vor Übergabe ausgebauten Standheizung geht nicht weiter als die Haftung der Verkäuferin selbst, in deren Auftrag und als deren Erfüllungsgehilfe ( 278 BGB) die Beklagte zu 1 den Vertragsschluss angebahnt hat. [18] Bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung hat der Senat für die Inanspruchnahme eines als Sachwalter des Verkäufers auftretenden Kraftfahrzeughändlers aus Verschulden bei Vertragsschluss entschieden, dass die Haftung des Vermittlers nicht weiter geht als die gewährleistungsrechtliche Haftung des Verkäufers selbst ( ). Daran hat sich durch die Schuldrechtsmodernisierung nichts geändert. Auch nach der gesetzlichen Regelung der Sachwalterhaftung in 311 Abs. 3 BGB geht die Haftung des Dritten wegen Verschuldens bei Vertragsschluss grundsätzlich nicht weiter als die des Geschäftsherrn (Münch- KommBGB/Emmerich, 5. Aufl., 311 Rn. 238; Staudinger/Löwisch, BGB, Neubearb. 2005, 311 Rn. 158). Daher hat ein Dritter im Sinne des 311 Abs. 3 BGB wegen einer auf einen Mangel der Kaufsache bezogenen Pflichtverletzung Schadensersatz nur zu leisten, wenn auch der Verkäufer selbst wegen dieses Mangels zum Schadensersatz verpflichtet ist. Andernfalls würde der Vorrang der Nacherfüllung unterlaufen. 1. Ein Schadensersatzanspruch der K gegen V aus 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 u. 3, 281 BGB scheidet wegen des Vorrangs der Nacherfüllung aus: [15] a) Die Klägerin kann von der Verkäuferin, wie ausgeführt, im Wege der Nacherfüllung gemäß 437 Nr. 1, 439 BGB den Wiedereinbau der von der Verkäuferin vor der Übergabe ausgebauten Standheizung oder den Einbau einer gleichwertigen Standheizung verlangen. Ein auf Erstattung der Kosten für den Erwerb und den Einbau einer gleichwertigen Standheizung gerichteter Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung ( 437 Nr. 3, 280, 281, 440 BGB) stünde der Klägerin aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung (dazu Senatsurteil vom 23. Februar 149

2005 VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 227) dagegen nur unter den Voraussetzungen der 281, 440 BGB zu, also wenn die Klägerin der Verkäuferin erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hätte ( 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder eine solche Fristsetzung gemäß 281 Abs. 2 BGB oder 440 BGB entbehrlich gewesen wäre. Dass diese Voraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gegenüber der Verkäuferin erfüllt wären, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und macht auch die Revision nicht geltend. Damit kann die Klägerin von der Verkäuferin Kostenerstattung für den Erwerb und den Einbau einer gleichwertigen Standheizung unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung ( 437 Nr. 3, 280, 281, 440 BGB) nicht verlangen. 2. Ein Anspruch der K gegen V aus 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (c.i.c.) käme wegen des Vorrangs des Gewährleistungsrechts nur bei einem arglistigen Verschweigen des Mangels in Betracht. [16] Gegenüber der Verkäuferin besteht auch kein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gemäß 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1, 278 BGB. Nach der des Bundesgerichtshofs steht einem Schadensersatzanspruch des Käufers gegenüber dem Verkäufer wegen Verschuldens bei Vertragsschluss der grundsätzliche Vorrang des in 434 ff. BGB geregelten Sachmängelrechts entgegen (BGH, Urteil vom 27. März 2009 V ZR 30/ 08, BGHZ 180, 205 Rn. 19 ff.; Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 20; Senatsbeschluss vom 2. November 2010 VIII ZR 287/09, juris Rn. 7). Ein arglistiges (vorsätzliches) Verhalten hinsichtlich des Sachmangels, für das nach der vorstehenden des Bundesgerichtshofs der Vorrang des Sachmängelrechts nicht gilt, liegt hier nicht vor. Die Klägerin macht nicht geltend, über die Beschaffenheit des Fahrzeugs das Vorhandensein einer Standheizung von der Verkäuferin oder der Beklagten zu 1 arglistig getäuscht worden zu sein. Damit entfaltet der der Klägerin gegen die Verkäuferin zustehende Nacherfüllungsanspruch aus 437 Nr. 1, 439 BGB Sperrwirkung gegenüber einem etwaigen Anspruch der Klägerin aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen (fahrlässig) irreführender Darstellung des Fahrzeugs in der Internetofferte durch die Beklagte zu 1. Ergebnis: Ein Anspruch der K gegen S ergibt sich auch nicht aus 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB. Ein Fall wie für eine Examensklausur gemacht! Probleme des Schuldrecht AT wie hier die Haftung aus VSD bzw. die Sachwalterhaftung gemäß 313 Abs. 3 BGB kombiniert mit klassischen Problemen aus dem Kaufrecht, wie die unberechtigte Selbstvornahme und dem Konkurrenzverhältnis zwischen Gewährleistungsrecht und c.i.c. Dr. Till Veltmann 150