Sozio-ökonomische Aspekte angesichts von Toleranzkonzentrationen und abgesenkten Grenzwerten

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Transkript:

Übergänge gestalten Sozio-ökonomische Aspekte angesichts von Toleranzkonzentrationen und abgesenkten Grenzwerten Symposium Gefahrstoffe 2015 Schlema VIII der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie Merseburg, 25. 27. März 2015 Henning Wriedt Beratungs- und Informationsstelle Arbeit & Gesundheit Hamburg wriedt@arbeitundgesundheit.de

Übersicht Ausgangssituation Lösungsangebote des AGS: vorhandene Übergänge als Muster für künftige Lösungen? Technikbezogene Grenzwerte als europäische Alternative? Eindeutige Lehren aus dem früheren TRK-Konzept 2

Ausgangssituation Für krebserzeugende Stoffe sind im Rahmen des risikobezogenen Maßnahmenkonzepts zum Teil sehr anspruchsvolle Toleranzkonzentrationen, für einige Stoffe auch Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW), abgeleitet worden. Für Stoffe ohne krebserzeugende Wirkung sind in den vergangenen Jahren AGW abgesenkt worden, die zum Teil deutlich unter den früheren Werten liegen, so etwa der Allgemeine Staubgrenzwert (A-Fraktion). Das erfordert in manchen Bereichen von den Betrieben erhebliche Anstrengungen, die entsprechenden Werte einzuhalten einige Beispiele: 3

Ausgangssituation Stoffbeispiele (1) Krebserzeugende Stoffe, für die voraussichtlich große Anstrengungen erforderlich sind eine Auswahl Stoff Arsen-Verbindungen Benzo(a)pyren Beryllium Cadmium Chrom (VI) Cobalt Nickel Keramikfasern Konzentration [µg/m³] bei 4 10-3 (Toleranzrisiko) 8,3 0,7 0,06? (AGW) 1 (E-Fraktion) 1 5 < 5? (A-Fraktion) 100.000 F/m³ ehem. TRK [µg/m³] 100 2 / 5 2 / 5 15 / 30 (E-Fraktion) 50 / 100 100 / 500 500 (E-Fraktion) 500.000 F/m³ 4

Ausgangssituation Stoffbeispiele (2) Stoffe, für die der AGW deutlich abgesenkt worden ist oder dies zu erwarten ist eine Auswahl Stoff Allg. Staub (A-Frak.) Blei Cyanide Kupfer (A-Fraktion) Mangan NO NO 2 Vanadium (A-Frak.) Zink (A-Fraktion) neuer / künftiger AGW [mg/m³] 1,25 0,01 (E)? 1 (E) [SCOEL] 0,01 [SCOEL/MAK] 0,05 (A) [SCOEL] 2,5 (2 ppm) [SCOEL] 0,6 / (0,5 ppm) [MAK] 1 (0,5 ppm) [SC/MAK] 0,02? 0,1 [MAK] ehem. AGW [mg/m³] 3 0,1 (E) 5 (E) 0,1 0,5 (E) 30 (25 ppm) 9,5 (5 ppm) 0,05 1 / 2 5

Lösungsangebote des AGS vorhandene Übergange: Krebserzeugende Stoffe Krebserzeugende Stoffe im Geltungsbereich des risikobezogenen Maßnahmenkonzepts (TRGS 910) Gestuftes Maßnahmenkonzept (Nr. 5 der TRGS 910), u. a. Maßnahmenplan Vorgaben zum Atemschutz Risikotransparenz und Risikokommunikation Schutzmaßnahmen-TRGS in der Diskussion (GefStoffV 2015): mehrjährige Übergangsfrist bis zur Vorgabe Geschlossenes System (falls nicht gemäß Schutzmaßnahmen-TRGS gearbeitet wird) Arbeitsmedizinische Vorsorge (gem. Anhang, Teil 1, ArbMedVV) 6

Vorhandene Übergänge Krebserzeugende Stoffe Drei Bereiche (Maßnahmenbereiche Risikobereiche) Erkrankungs-Risiko hohes Risiko: aufwändigste Maßnahmen Toleranzrisiko Akzeptanzrisiko mittleres Risiko: weniger aufwändige Maßnahmen niederes Risiko: am wenigsten aufwändige Maßnahmen 7

Vorhandene Übergänge Krebserzeugende Stoffe: Maßnahmenplan Maßnahmenplan was ist das? Maßnahmenplan: neues Instrument Ergänzung der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung entsprechend der Vorgabe in 6 Abs. 8 Nr. 4 b) GefStoffV, dort gefordert: Angabe weiterer Schutzmaßnahmen, die unter Berücksichtigung eines Beurteilungsmaßstabs zukünftig getroffen werden sollen konkretisiert in TRGS 910, Nr. 5, Tabelle 1, Abschnitt 5 Inhalt eines Maßnahmenplans Beschreibung, wie weitere Expositionsminderung erreicht werden soll, unter Angabe konkreter Einzelheiten: in welchen Zeiträumen in welchem Ausmaß aufgrund welcher Maßnahmen 8

Vorhandene Übergänge Krebserzeugende Stoffe: Schutzmaßnahmen-TRGS Maßnahmen-TRGS für besonders weit verbreitete Stoffe Verfahrens- / branchenspezifische Beschreibungen des Standes der Technik zur Unterstützung der betrieblichen Umsetzung des Konzepts und als Maßstab, an dem sich betriebliche Schutzmaßnahmen messen lassen müssen Hoher Stellenwert von Maßnahmen-TRGS für bestimmte Tätigkeiten mit bestimmten Stoffen (s. nächste Folie), denn Minimierung kann betrieblich große bis sehr große Anstrengungen erfordern Minimierung muss geplant und nachvollziehbar dokumentiert werden (Maßnahmenplan) 9

Vorhandene Übergänge Krebserzeugende Stoffe: Schutzmaßnahmen-TRGS Maßnahmen-TRGS vorhanden / anzupassen oder in Vorbereitung TRGS 513 (Ethylenoxid) TRGS 517 / 519 (Asbest) TRGS 551 (Benzo(a)pyren) TRGS 558 (Hochtemperaturwollen / Keramikfasern) TRGS 513 / 522 (Formaldehyd) TRGS 528 (Schweißen) TRGS 552 (N-Nitrosamine) TRGS 554 (DME) TRGS 559 (Mineralischer Staub / Quarz) TRGS 561 (krebserzeugende Metalle) Bedeutung von Maßnahmen-TRGS wird weiter wachsen durch in Vorbereitung befindliche GefStoffV 2015: bei dauerhafter Überschreitung der Toleranzkonzentration oder des AGW geschlossenes System als obligatorisch vorgesehen Ausnahme: Tätigkeit entsprechend Maßnahmen-TRGS (d.h. entsprechend Stand der Technik) 10

Lösungsangebote des AGS vorhandene Übergänge: Allgemeiner Staubgrenzwert Allgemeiner Staubgrenzwert (s. Nr. 2.4.2 der TRGS 900): Vorgehen bei Überschreitung des AGW für die alveolengängige Fraktion AGS-Strategie: Übergangsregelung (5 Jahre) für verordnungskonforme Unternehmen mit Staubexposition zwischen altem und neuem AGW, die den neuen AGW derzeit noch nicht einhalten können, u.a. aktuelle Gefährdungsbeurteilung, aktuelle Expositionsermittlung Schutzmaßnahmenkonzept Vorgaben zum Atemschutz Information der Beschäftigten Schutzmaßnahmen-TRGS (TRGS 504 in Vorbereitung) Arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge (gem. Anhang, Teil 1, ArbMedVV) 11

Vorhandene Übergänge Allgemeiner Staubgrenzwert Drei Expositionsbereiche Maßnahmenbereiche ermittelte Exposition hohe Exposition: unzulässig / Ausnahmegenehmigung alter AGW neuer AGW mittlere Exposition: Übergangsbereich bis Ende 2018 niedere Exposition: keine gesundheitliche Gefährdung 12

Vorhandene Übergänge Allgemeiner Staubgrenzwert: Schutzmaßnahmenkonzept Schutzmaßnahmenkonzept was ist das? Schutzmaßnahmenkonzept: neues Instrument Ergänzung der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung entsprechend der Vorgabe in 6 Abs. 8 Nr. 4 a) GefStoffV, dort gefordert: Angabe weiterer Schutzmaßnahmen, die zukünftig getroffen werden sollen um den AGW einzuhalten Inhalt eines Schutzmaßnahmenkonzepts Beschreibung, wie weitere Expositionsminderung erreicht werden soll, unter Angabe konkreter Einzelheiten: aufgrund welcher Maßnahmen in welchem erwarteten Ausmaß in welchem Zeitraum Hinweis für Betriebsräte: Inhalte des Schutzmaßnahmenkonzepts unterliegen vollständig der betrieblichen Mitbestimmung 13

Vorhandene Übergänge Allgemeiner Staubgrenzwert: Schutzmaßnahmen-TRGS Schutzmaßnahmen-TRGS Erarbeitung einer Technischen Regel 504 Tätigkeiten mit Exposition gegenüber A- und E-Staub (Arbeitstitel) auf Grundlage aktueller Expositionsdaten beim Stand der Technik als Hilfestellung für Betriebe insbesondere aus kritischen Bereichen geplante Fertigstellung: Ende 2015 Weitere Informationen zum Konzept der TRGS 504: Präsentation bei AGSpublik im November 2014, elektronisch verfügbar unter: http://www.baua.de/de/themen-von-a-z/gefahrstoffe/ags/pdf/ags-publik- 2014-4.pdf? blob=publicationfile&v=3 14

Lösungsangebote des AGS vorhandene Übergänge: Blei Blei (als historisches Beispiel) Umsetzung der EU-Vorgabe für einen Biologischen Grenzwert mittels einer Schutzmaßnahmen-TRGS (TRGS 505) Ziel: Reduktion der Bleibelastung der Beschäftigten, u. a. detaillierte Vorgaben für technische und organisatorische Schutzmaßnahmen Vorgaben für Unterrichtung / Unterweisung der Beschäftigten (u. a. Quartalsunterweisung) vierstufiges Handlungskonzept zum Schutz der Beschäftigten in Abhängigkeit von der Höhe der Bleibelastung im Blut Arbeitsmedizinische Pflicht- bzw. Angebotsvorsorge (gem. Anhang, Teil 1, ArbMedVV) 15

Vorhandene Übergänge als Muster für künftige Lösungen? Gibt es überhaupt Bedarf für künftige Übergänge? Möglicherweise als zusätzliche regulatorische Option, also als Ausnahmelösung bei erheblicher Absenkung eines AGW und mit dem Ziel einer Anpassung branchenüblicher Verfahrensund Betriebsweisen an den Stand der Technik und sofern sich die Übergangsregelung für den Allgemeinen Staubgrenzwert bewährt Zur Erinnerung: Auch in der Vergangenheit (vor der GefStoffV 2005) wurden in Einzelfällen bei nachgewiesenem (oder bloß behauptetem?) Bedarf verlängerte Übergangszeiten für die Umsetzung abgesenkter Luftgrenzwerte festgelegt im Rahmen des LGW-Konzepts, das nicht gesundheitsbasiert war, war dies rechtlich möglich 16

Vorhandene Übergänge als Muster für künftige Lösungen? Künftige Übergänge unter welchen Bedingungen? AGW-Absenkung von erheblichem Ausmaß Nachweis von Schwierigkeiten einer raschen Umsetzung (auf Basis aktueller Expositionsdaten bei Maßnahmen gemäß branchenüblicher Verfahrens- und Betriebsweisen) zeitliche Befristung der Übergangsregelung Länge des Übergangszeitraums ist toxikologisch / arbeitsmedizinisch abzusichern: kritischer Gesundheitseffekt ist Folge lang anhaltender (chronischer bzw. wiederholter) Exposition bei zeitlich begrenzter Überschreitung des abgesenkten AGW sind keine (irreversiblen) Gesundheitsschäden zu befürchten 17

Vorhandene Übergänge als Muster für künftige Lösungen? Eckpunkte künftiger Übergänge sollten den Bedingungen entsprechen, die für die Absenkung des Allgemeinen Staubgrenzwertes entwickelt worden sind Übergangsregelung für verordnungskonforme Unternehmen mit Expositionen zwischen altem und neuem AGW, die den neuen AGW derzeit noch nicht einhalten können, u.a. aktuelle Gefährdungsbeurteilung, aktuelle Expositionsermittlung Schutzmaßnahmenkonzept Vorgaben zum Atemschutz Information der Beschäftigten Option (aber nur sofern eindeutig Bedarf besteht): Schutzmaßnahmen-TRGS Arbeitsmedizinische Vorsorge: abhängig von den aktuellen Regelungen der ArbMedVV 18

Vorhandene Übergänge als Muster für künftige Lösungen? Drei Expositionsbereiche Maßnahmenbereiche ermittelte Exposition hohe Exposition: unzulässig / Ausnahmegenehmigung alter AGW neuer AGW mittlere Exposition: Übergangsbereich (zeitbefristet) niedere Exposition: keine gesundheitliche Gefährdung 19

Vorhandene Übergänge als Muster für künftige Lösungen? Sozio-ökonomische Aspekte Lösungen müssen immer auch das rechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen Oder aus Arbeitnehmersicht formuliert: Arbeitsplätze sollen nicht nur gesund, sondern auch gesichert sein D.h. Lösungen müssen nicht nur technisch, sondern auch ökonomisch machbar sein Das ermöglichen die skizzierten Übergänge mit ihren zeitlichen Spielräumen, die an die ökonomischen Gegebenheiten angepasst werden können: Schutzmaßnahmenkonzept des Unternehmens führt zu branchenüblichen Verfahrens- und Betriebsweisen externe Hilfen und Empfehlungen führen zu Beispielen guter Praxis auf Branchenebene TRGS führt Branche an den Stand der Technik heran 20

Technikbezogene Grenzwerte als europäische Alternative? Wie machen es andere? Wie gehen andere Staaten bzw. die EU mit dem Problem der technischen (und ökonomischen / wirtschaftlichen) Machbarkeit stark abgesenkter Grenzwerte um? Festlegung von Grenzwerten auf gesundheitlicher Basis sowie unter Berücksichtigung von Gesichtspunkten der Machbarkeit (u. a. in Finnland und Großbritannien) EU-Ebene neben rein gesundheitsbasierten Grenzwerten gibt es solche mit der zusätzlichen Vorgabe o Durchführbarkeitsfaktoren widerzuspiegeln (Chemikalien-RL) bzw. o wissenschaftliche und technische Daten einzuschließen (Krebs-RL) Bislang existieren aber nur vier dieser EU-Grenzwerte: Blei, Benzol, Hartholz-Staub, Vinylchlorid 21

Technikbezogene Grenzwerte als europäische Alternative? Berücksichtigung der Machbarkeit Im Gegensatz zur Ableitung gesundheitsbasierter Grenzwerte auf wissenschaftlicher Basis gibt es auf EU-Ebene für die Machbarkeits-Komponente keine abgestimmte Methode, keinen Leitfaden Beispiel: aktuelles Vorhaben, für 25 krebserzeugende Stoffe auf EU-Ebene Grenzwerte abzuleiten Kosten-Nutzen-Abschätzungen als Bewertungsgrundlage d.h. für die vorgeschlagenen Grenzwerte: Abschätzung der dadurch im Verlauf von 40 Jahren reduzierten Zahl der Krebsfälle ( Nutzen ) vs. Kosten für die erforderlichen Schutzmaßnahmen 22

Technikbezogene Grenzwerte als europäische Alternative? Fragwürdigkeit von Kosten-Nutzen-Abschätzungen (1) methodisch erhebliche zusätzliche Unsicherheiten (über quantitative Risikoabschätzung hinaus): aktuelle Expositionshöhe und -struktur Expositionsverlauf (über 40 Jahre) Beschäftigungsentwicklung (über 40 Jahre) in exponierten Branchen aktueller Stand der Schutzmaßnahmen Aufwand für technische Nachrüstung und das alles für die gesamte EU! grundsätzlich (ethisch): individuelles Risiko bleibt ausgeblendet Fokus allein auf kollektivem Risiko Beispiel: kleine Gruppen von Beschäftigten können hoch exponiert bleiben, da ihr Beitrag zur Zahl reduzierter Krebsfälle nur gering wäre ( Nutzen stets gering) 23

Technikbezogene Grenzwerte als europäische Alternative? Fragwürdigkeit von Kosten-Nutzen-Abschätzungen (2) Sind Kosten-Nutzen-Abschätzungen für diesen Zweck verträglich mit EU-Grundrechten? insbesondere mit Art. 1: Würde des Menschen Art. 3: Recht auf Unversehrtheit (s. Charta der Grundrechte der Europäischen Union) Implizite Voraussetzung für Kosten-Nutzen-Abschätzungen: Mindestmaß an Gleichheit einer Gesellschaft Wer trägt das Risiko wer hat den Nutzen? 24

Eindeutige Lehren aus dem früheren TRK-Konzept Von der gesellschaftlichen zurück zur fachlichen Ebene: Konzept von Grenzwerten, die zusätzlich unter Machbarkeitsgesichtspunkten abgeleitet werden, ist in Deutschland keineswegs unbekannt: Früheres TRK-Konzept war ein solches Konzept historisch hatte es zwar den Verdienst, eine Deckelung der Exposition bewirkt zu haben, gleichzeitig wies es aber erhebliche Defizite auf: 25

Eindeutige Lehren aus dem früheren TRK-Konzept Früheres TRK-Konzept historisch hatte es zwar den Verdienst, eine Deckelung der Exposition bewirkt zu haben, gleichzeitig wies es aber erhebliche Defizite auf: Gleichbehandlung von technikbezogenen mit gesundheitsbezogenen Grenzwerten in vielen Betrieben bei Einhaltung des technikbezogenen Wertes daher häufig keine weiteren Minimierungsbemühungen fehlende Angabe eines gesundheitsbezogenen Wertes als Expositionszielgröße und damit kein Hinweis auf künftige weitere Absenkung des technikbezogenen Wertes keine zeitnahe Anpassung technikbezogener Werte an Fortschritte bei der Machbarkeit nur ein einziger technikbezogener Wert für sämtliche Tätigkeiten mit dem Stoff keine Differenzierung nach Machbarkeit für unterschiedliche Tätigkeiten 26