Erfahrungsbericht Auslandssemester in Pau, Frankreich im Rahmen von ERASMUS Zeitraum: Januar bis Mai 2012 (SS 2012) Gastuniversität: Heimatuniversität: Fachrichtung: Université de Pau et des Pays de l Adour Georg-August-Universität Göttingen Spanisch/Hispanistik und Französisch/Galloromanistik
Vorbereitung des Auslandssemesters Um im Zuge meines Französischstudiums meine Französischkenntnisse zu vertiefen, war es für mich von sehr großer Bedeutung ein Auslandssemester in einem frankophonen Land im Rahmen des Erasmus-Programmes zu absolvieren. Um so viel wie möglich von dem französischen Leben und der Kultur erfahren zu können, wählte ich unter den vorhandenen Partneruniversitäten die Université de Pau et des Pays de l Adour (UPPA) aus, hörte sich doch die Beschreibung dieser eher kleineren, ursprünglichen und gleichzeitig studentisch geprägten Stadt im Süd-Westen Frankreichs sehr vielversprechend an. Nach Absprache mit der zuständigen Erasmus-Beauftragten Frau Marie-Hélène Dumont und der Zulassung zum Erasmus-Programm, konnte ich mich bei der Gasthochschule bewerben. Diese Bewerbung erfolgt sowohl über ein Online-System als auch auf dem Postweg, wobei neben allgemeinen Angaben zur Person und zum Studienfach auch bereits eine vorläufige Auswahl an den zu belegenden Kursen angegeben werden muss. Diese muss sowohl von der Heimat- als auch von der Gasthochschule bewilligt werden und die vom Erasmusprogramm vorgeschriebenen 30 ECTS/Semester erfüllen. Aufgrund mangelnder Informationen zum Kursangebot und einer teilweise sehr unübersichtlichen Webseite der Gastuniversität war dies mit einigen Schwierigkeiten verbunden, konnte jedoch schließlich nach wiederholtem Nachfragen angegeben werden. Im Endeffekt hat diese Auswahl keine große Bedeutung, da die endgültige Kurswahl erst vor Ort zu Beginn des Semesters getroffen werden muss und auch noch bis zu drei Wochen nach Semesterstart modifiziert werden kann. Abgesehen von der Bewerbung an der Universität besteht die Möglichkeit sich für einen Platz in einem der Studentenwohnheime zu bewerben, falls man nicht selbst eine Unterkunft suchen möchte oder kann. Unterkunft Wie die meisten Austauschstudenten in Pau, habe auch ich mich dafür entschieden ein Zimmer in einem Studentenwohnheim zu beziehen, da es mir aus Zeitgründen und wegen der weiten Entfernen nicht möglich war im Vorhinein und vor Ort eine Unterkunft zu suchen. Es stehen mehrere Studentenwohnheime zur Auswahl, die sich jeweils in der Größe der Zimmer und der Ausstattung und daher auch vom Preis unterscheiden. Ich bezog ein Zimmer im Wohnheim Gaston Phoebus, das zwar klein (9 km²) war, jedoch für das Semester völlig 1
ausreichte und zudem ein eigenes, im Zimmer integriertes Badezimmer hat. Pro Stockwerk wird eine Küche unter allen (ca. 30) Flurbewohnern geteilt, was nicht immer einfach war, aber stets einen kulturellen Austausch ermöglichte. Oft haben wir zusammen gekocht oder uns mit anderen Hausbewohnern versammelt. Ich habe das Leben im Wohnheim und die Gesellschaft der vielen anderen Studenten sehr genossen und kann es nur jedem empfehlen. Abgesehen davon ist die Lage der Wohnheime wirklich ideal. Da sie sich alle auf dem Universitätsgelände befinden, konnten wir die Uni innerhalb von wenigen Minuten erreichen, was den Alltag sehr erleichterte, und auch das gesamte Sportangebot, das in Campusnähe angeboten wird, einfach nutzen. Ein großer Supermarkt ist gleich um die Ecke, ebenso wie die Bank. Von der nahegelegenen Bushaltestelle oder mit dem Fahrrad gelangt man in einer viertel Stunde ins Zentrum. Eine große Wiese direkt vor der Türe bietet Platz zum Sonnen, Grillen perfekt, und seit Anfang des Jahres gibt es sogar einen eigenen Waschsalon. Studium an der Gastuniversität Das Studieren an der UPPA war von Anfang an komplett anders als an der Heimatuniversität. Die französischen Studenten folgen innerhalb ihrer Studiengänge einem strikten Verlaufsplan, in dem die zu absolvierenden Kurse für jedes Jahr genau vorgegeben sind. Erasmusstudenten haben jedoch den Vorteil sich ihre Kurse ganz frei wählen und sich so ihren eigenen Stundenplan aus verschiedenen Studiengängen zusammenstellen zu können. Das Erstellen dieser Pläne war zu Beginn sehr kompliziert, da die einzelnen Kurse mit Uhrzeit und Lehrkraft nicht online sondern nur über Aushänge bekanntgegeben werden (die sich vor allem in den ersten Wochen noch ändern können) und auch keine Beschreibung des Inhalts existiert, sodass es nicht einfach war, diejenigen Kurse ausfindig zu machen, die den noch ausstehenden Kursen aus Deutschland entsprechen. Schließlich stand jedoch der Stundenplan und nachdem dieser erneut von Heimat- und Gastuniversität abgesegnet wurde, konnte es losgehen. Mit dieser eigens getroffenen Kurswahl war ich, was den Inhalt des Unterrichts angeht, sehr zufrieden und konnte besonders bei einigen geschichtlich und kulturell geprägten Kursen sehr viel lernen. Auch hat der ständige Kontakt mit der französischen Sprache im Unterricht deutlich zur Verbesserung meines Sprachniveaus beigetragen. Was die Unterrichtsgestaltung angeht, war ich jedoch sehr überrascht, um nicht zu sagen enttäuscht. Wie zu Schulzeiten wird den Studenten in fast allen Fächern der behandelte Stoff diktiert, der später für die Prüfung 2
stur auswendig gelernt und wiedergegeben werden muss. Viele Dozenten lesen ihren Text vor und die Studenten schreiben beinahe Wort für Wort mit, ohne dass ein eine Art Ideenaustausch zustande kommt oder Fragen gestellt werden. Somit war der Unterricht oft sehr eintönig und man hatte nicht wirklich das Gefühl zum Mitdenken angeregt zu werden. Was mich auch sehr überraschte war der Fremdsprachenunterricht, der fast ausschließlich auf Französisch stattfand. Um einen Einblick in eine weitere Sprache zu bekommen, belegte ich einen Anfänger-Portugiesischkurs, in dem wir zwar Grammatikregeln und auch Vokabeln lernten, das Sprechen und Hörverständnis der Fremdsprache jedoch völlig zu kurz kam. Die Kurse aus dem Studiengang Français Langue Etrangère (FLE) dagegen waren wirklich sehr interessant und sind auch gerade für Austauschstudenten sehr zu empfehlen. Der begleitende Sprachkurs, der den internationalen Studenten parallel zum normalen Studium angeboten wurde, hat mir sehr gut gefallen. Nach einem Einstufungstest wurden hierbei je nach Niveau Sprachpraxis, Lese- und Hörverständnis vertieft sowie auch der interkulturelle Austausch mit den anderen ausländischen Studenten gefördert. Diese Stunden waren immer sehr interessant, da wir oft Artikel aus der französischen Presse besprachen oder über aktuelle Themen aus Frankreich und der ganzen Welt diskutierten und darüber die Standpunkte aus verschiedensten Nationen austauschen konnten. Alltag und Freizeit Von Anfang an war mein Alltag in Pau sehr ausgefüllt und abwechslungsreich. Die Uni und die Vor- und Nachbereitung dafür nahm zwar schon einen großen Teil davon in Anspruch, aber dennoch blieb immer genug Zeit für andere Dinge. Alleine dadurch, dass wir alle zusammen in den Wohnheimen lebten, war immer etwas los. Oft haben wir uns in einer der Küchen versammelt oder später, bei schönerem Wetter, draußen auf der großen Wiese gemeinsam die Nachmittage verbracht. Abgesehen davon bietet die UPPA ein sehr großes Sportangebot an, wodurch man sämtlichen Sportarten nachgehen kann. Zusätzlich werden Wanderungen in die Pyrenäen angeboten, Surf-Ausflüge ans Meer sowie im Winter Ski-Tage in die Berge (nach Wunsch sogar mit halbtägigem Kurs). Die Lage der Stadt am Fuße der Pyrenäen ist für all diese Freizeitaktivitäten einfach perfekt. Die Umgebung bietet viele Ausflugsmöglichkeiten, Städte wie Lourdes oder Bayonne sind 3
ganz in der Nähe und absolut sehenswert, genauso wie die Strände und die Atlantikküste um Biarritz, die alle leicht mit dem Zug in kurzer Zeit erreichbar sind. Pau an sich ist eine relativ kleine Stadt, bietet jedoch genügend Erkundungsmöglichkeiten, viele kleine Straßen, tolle alte Häuser und beeindruckende Sehenswürdigkeiten. Neben dem imposanten Schloss, in dem Henri IV das Licht der Welt erblickte, ist es vor allem der Boulevard des Pyrénées, von dem aus man nicht nur einen unglaublichen Panoramablick auf die Pyrenäen genießen, sondern auch in zahlreichen Cafés und Restaurants die verschiedensten Leute beobachten kann, die dort entlang flanieren. Auch das Nachtleben kommt nicht zu kurz, wobei sich mittlerweile vor allem das Garage zur Erasmus- Stammkneipe entwickelt hat. Bewertung des Studienaufenthaltes Abschließend kann ich sagen, dass ich wirklich jedem ein solches Auslandssemester empfehlen kann. Es hilft nicht nur die Sprache des jeweiligen Landes direkt vor Ort, im täglichen Umgang mit den Menschen einmal auf andere, reale Weise kennen zu lernen und so seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Genauso bietet es Einblick in eine andere, wenig bekannte Kultur, damit man eine fremde Gesellschaft und ihr Verhalten verstehen lernt, andere Perspektiven und Denkweisen kennen lernt und sich öffnet für Neues. Die fünf Monate in Pau haben mir all das ermöglicht: Fortschritte und Begeisterung für die Sprache, aber auch viele andere wichtige Erkenntnisse über Frankreich, seine aktuelle Situation, die Probleme, die im Land herrschen und die Lebensweise der Franzosen, die oft ähnlich und doch so ganz anders ist als die der Deutschen. Es war wirklich toll, das alles im direkten Kontakt mit den Einheimischen zu erleben, auch wenn dieser leider nicht so ausgeprägt war, wie ich es mir gewünscht hätte. Es war vor allem der Austausch mit den anderen internationalen Studenten, der den Aufenthalt geprägt und noch viel interessanter gemacht. Es gibt so viele Kulturen und Ansichten, die dabei aufeinander treffen, von denen man sehr viel lernen kann. 4