MASARYKOVA UNIVERZITA FILOZOFICKÁ FAKULTA. Theoretische und praktische Überlegungen zur. Wörterbuchforschung und Wörterbuchbenutzung

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Transkript:

MASARYKOVA UNIVERZITA FILOZOFICKÁ FAKULTA Katedra germanistiky, nordistiky a nederlandistiky Překladatelství německého jazyka Bc. Lucie Homolov{ Theoretische und praktische Überlegungen zur Wörterbuchforschung und Wörterbuchbenutzung Magistersk{ diplomov{ pr{ce Vedoucí pr{ce: PhDr. Anna Mikulov{, Ph.D. 2012

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig verfasst habe und, dass die verwendete Literatur bzw. die verwendeten Quellen von mir korrekt und in nachprüfbarer Weise zitiert worden sind.... Salzburg, den 8. 7. 2012 Lucie Homolov{ 2

An dieser Stelle möchte ich mich bei Frau Prof. Dr. Monika Dannerer und PhDr. Anna Mikulov{, Ph.D. für ihre wertvollen Ratschläge, Geduld und Zeit, die sie mir bei der Ausarbeitung meiner Arbeit entgegengebracht haben, herzlich bedanken. Außerdem gilt mein Dank allen Probanden, die an meiner Umfrage teilgenommen haben und Daniel Winter, BA für sein Feedback während der Zeit des Verfassens meiner Diplomarbeit. 3

INHALTSVERZEICHNIS I. EINLEITUNG... 6 II. LEXIKOGRAPHIE UND WÖRTERBUCHFORSCHUNG... 8 1 Lexikographie... 8 2 Wörterbücher<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<...<... 9 2.1 Wörterbuchfunktionen<<<<<<<<<<<<<...<... 10 2.2 Wörterbuchteile<<<<<<<<<<<<<<<<<...<<... 12 2.3 Struktur des Wörterbuchartikels... 13 2.4 Geschichte der deutschen Wörterbücher... 14 2.5 Wörterbücher in der Kritik und in der Werbung... 17 III. WÖRTERBUCHBENUTZUNG......... 19 1. Wörterbücher versus Enzyklopädien<<<<<<<<<<<<<...<... 20 1.1 Sprachwörterbücher... 23 1.1.1 Ein- und zweisprachige Wörterbücher... 23 1.1.2 Drei- und mehrsprachige Wörterbücher... 25 1.2 Sachwörterbücher... 26 1.2.1 Enzyklopädien und Fachlexika... 26 1.3 Elektronische Wörterbücher<<<<...<.<<<... 26 2. Einsprachige Wörterbücher...<... 27 2.1 Synchrone Wörterbücher... 28 2.2 Diachorne Wörterbücher... 31 3. Zweisprachige Wörterbücher... 33 4. Enzyklopädien und Fachlexika... 35 4.1 Enzyklopädien... 35 4.2 Fachlexika... 39 5. Tschechische Wörterbücher und Enzyklopädien... 43 4

6. Online- Wörterbücher und Enzyklopädien... 46 IV. WÖRTERBUCH UND BENUTZER...... 48 1. Vorbemerkung... 48 2. Auswertung der Befragung... 49 2.1 Befragungsergebnisse... 49 2.1.1 Punkte 1-4: Fragen der Einleitung... 49 2.1.2 Punkt 5: Bekanntheit von Wörterbüchern... 51 2.1.3 Punkt 6: Verwendung von Sach- und Sprachwörterbüchern... 53 2.1.4 Punkt 7: Klassische versus online Wörterbücher... 54 2.1.5 Punkt 8: Einsprachige versus zweisprachige Wörterbücher... 54 2.1.6 Punkt 9: Situationen für die Wörterbuchbenutzung... 55 2.1.7 Punkt 10: Information über das Erscheinen neuer Wörterbücher... 56 2.1.8 Punkt 11: Vorbehalt gegen mehrbändige Wörterbücher... 57 2.1.9 Punkt 12: Übersetzung ins Tschechische... 57 2.1.10 Punkt 13: Grund für die Verwendung von Wörterbüchern... 61 2.1.11 Punkt 14: Das beliebteste Wörterbuch... 62 2.1.12 Punkt 15: Nicht empfehlenswertes Wörterbuch... 63 2.2 Schlußfolgerungen... 64 3. Liste von Wörterbüchern zur Umfrage... 66 V. ZUSAMMENFASSUNG... 69 VI. LITERATURVERZEICHNIS... 71 VII. ANHANG... 77 1. Fragebogen... 77 5

I. EINLEITUNG Ich habe mich dazu entschieden, meine Diplomarbeit zur Thematik der Wörterbücher zu schreiben. Die Wörterbücher spielen in der Arbeit eines Übersetzers eine essentielle Rolle und sind für jeden Sprachbenutzer von großem Nutzen. Sie werden in der vorliegenden Arbeit sowohl unter einem theoretischen, als auch einem praktischen Gesichtspunkt untersucht. Meine Arbeit wird aus drei Teilen bestehen. Im ersten Teil Lexikographie und Wörterbuchforschung werde ich zuerst erläutern, was der Begriff Lexikographie bedeutet und welcher Konnex zum Terminus Lexikologie besteht. Im zweiten Abschnitt werde ich Wörterbücher aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Ich erwähne die Definition des Ausdrucks Wörterbuch, wie die Wörterbücher klassifiziert werden und welche Funktionen sie haben. Weiter werde ich darauf eingehen, wie die Wörterbücher und Wörterbuchartikel aufgebaut werden. Auch werde ich die Geschichte der deutschen Wörterbücher in meine Arbeit miteinbeziehen und mich mit der Frage, wie die Wörterbücher kritisch betrachtet werden können, beschäftigen. Auf den theoretischen Teil, in dem ich die Wörterbücher ganz allgemein betrachten werde, wird dann der zweite Teil Wörterbuchbenutzung folgen, der eine Verbindung von Theorie und Praxis darstellt. Am Anfang werde ich erklären, wie man in einem Nachschlagewerk sucht und in den nächsten Abschnitten werden dann die Wörterbücher nach Zweck und Bearbeitung in Sprach-, Sachwörterbücher und elektronische Wörterbücher unterteilt und zuletzt auch die tschechischen Nachschlagewerke erwähnt und ich werde mich speziell mit denen näher beschäftigen, von denen auch im nächsten Teil gesprochen wird. Im dritten und praktischen Teil werde ich eine Umfrage zum Thema Wörterbücher und Benutzer machen. Es wird sich um die qualitative Untersuchung handeln, die ich mit den tschechischen und österreichischen Studenten durchführte. 6

Warum habe ich gerade dieses Thema gewählt? Ich interessiere mich für den deutschen Wortschatz und wie er mithilfe der Nutzung von Wörterbüchern erweitert werden kann. Sprache ist für alle Menschen wichtig und jeder, der eine Sprache lernt, verwendet zwangsläufig auch Wörterbücher. Es ist aber oft schwierig, das richtige Wörterbuch zu finden, da sich ihre Unterschiedlichkeit auch auf die Anwendungsmöglichkeiten auswirkt. Die Wörterbücher sind zu verschiedenen Zwecken verfasst und oft verrät erst die Situation der Verwendung, ob das Buch nützlich ist. Die Benutzungssituationen variieren je nach dem Benutzer und es wird auch oft fälschlicherweise geglaubt, dass ein Wörterbuch den ganzen Wortschatz der jeweiligen Sprache darstellt. Tatsächlich geht es aber nur um einen Teil des Wortschatzes und es ist immer Aufgabe des Lexikografen, Entscheidungen darüber zu treffen, welche Auskünfte in das Wörterbuch einbezogen und welche weggelassen werden sollen. 7

II. LEXIKOGRAPHIE UND WÖRTERBUCHFORSCHUNG 1. Lexikographie Lexikographie ist jene Tätigkeit, die sich mit der Erstellung von Wörterbüchern beschäftigt. Einerseits beruht sie auf der Lexikologie, welche die theoretischen Grundlagen und Materialien anbietet und andererseits von Sachzwängen (z. B. Verkäuflichkeit und Benutzerfreundlichkeit) abhängt. Gemeinsam stellen sie die Prinzipien für die Dokumentation des Wortschatzes einer Sprache dar. 1 Dass in den verschiedenen Wörterbüchern nicht dieselbe Erklärung für das gleiche Lemma zu finden ist, zeigt sich schon am Beispiel des Lemmas Lexikographie. Lemma ist eine Bezeichnung für diejenige Wortform, unter der man in einem Nachschlagewerk sucht. Laut Wahrig Deutsches Wörterbuch bedeutet die Lexikographie eine Lehre von den Wörterbüchern, ihrer Zusammenstellung u. Abfassung 2. Im deutschen Wörterbuch von Neumann und Göbel wird diese Bedeutung noch durch den Begriff eines Lexikons erweitert; und zwar um die Lehre von der Abfassung eines Wörterbuchs oder Lexikons 3. Mackensen-Deutsches Wörterbuch definiert Lexikografie als Wörterbuchkunde, - wissenschaft 4 und das Deutsche Wörterbuch von Hermann Paul liefert die Definition Wörtebuchschreibung 5. Es gibt viele Erklärungen zum Wort Lexikographie, laut Schaeders Buch Lexikographie als Praxis und Theorie kann sie jedoch nicht nur als eine Praxis der Wörterbuchherstellung betrachtet werden, sondern auch als eine Theorie, da auch die Grundlagen, Implikationen und Ergebnisse lexikalischer Kodifikationen reflektiert werden. 6 1 Vgl. Bußmann, Hadumod. Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Alfred Kröner Verlag, 2002. S. 406-407. 2 Wahrig, Gerhard. Deutches Wörterbuch. München: Mosaik Verlag GmbH, 1986. S. 833. 3 Neumann@Göbel. Deutsches Wörterbuch. Ein umfassendes Nachschlagewerk des deutschen und eingedeutschen Sprachsatzes. Köln: Verlagsgesellschaft, 1985. S. 470. 4 Mackensen, Lutz. Mackensen deutsches Wörterbuch. 12. Auflage. München: Südwest Verlag GmbH & Co. KG, 1986. S. 667. 5 Paul, Hermann. Deutsches Wörterbuch. 10. Auflage. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 2002. S. 611. 6 Vgl. Schaeder, Burkhard. Lexikographie als Praxis und Theorie. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1981. 8

Lexikographie ist also eine praktische Wissenschaft, die eng mit der Lexikologie, die die Teile des Wortschatzes einer Sprache untersucht, ohne denselben aber kodieren zu wollen, verwandt ist. Sie wird als lexikologische Disziplin der angewandten Sprachwissenschaft betrachtet, die in starkem Maße auf die Ergebnisse sprachwissenschaftlicher Forschung zurückgreift, z. B. jene der lexikalischen Semantik, der Phraseologie, Soziolinguistik und Valenztheorie. Aber auch Informatik, Typographie u.a. werden zum Erkenntnisgewinn in der Lexikographie herangezogen. 7 Im engeren Sinne bedeutet Lexikographie die Tätigkeit des Wörterbuchmachens, aber im weiteren Sinne meint sie die Gesamtheit der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Wörterbüchern. 8 2. Wörterbücher Eine ausführliche Definition lautet: Ein Wörterbuch ist ein alphabetisch od. nach bestimmten begrifflichen Gesichtspunkten geordnetes Verzeichnis des Wortschatzes einer Sprache od. Mundart od. eines Teils der Sprache, i. d. R. mit Erklärungen zu Form u./od. Inhalt u./od. Geschichte der Wörter od. mit Übersetzungen in eine andere Sprache. 9 Die Wörterbücher enthalten Lemmata (meist Wörter, aber auch Abkürzungen, Wortstämme, Phraseologismen, Sätze, u.a.), zu denen verschiedene Informationen gegeben werden. Die Informationen zu den Einheiten hängen vom Benutzerkreis ab und sind immer so geordnet, dass ein rascher Zugang zur Einzelinformation möglich ist 10. Wörterbücher können aufgrund vielerlei Kriterien klassifiziert werden. Sie können z. B. gemeinsprachlich oder fachsprachlich sein, synchron oder diachron, historisch oder gegenwartsprachlich, einsprachig oder zweisprachig, allgemein sein oder zu den Spezialwörterbüchern gehören, usw. S. 55. 7 Vgl. Kratochvílov{, Iva: Materielien zur Vorlesung-Lexikologie II. Herbstsemester 2010. (Institut für Germanistik, Nordistik und Nederlandistik; Philosophische Fakultät der Masaryk-Universität, Brünn). 8 Schaeder, Burkhard. Germanistische Lexikographie. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1987. S. 125. 9 Wahrig, Gerhard. Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch. In sechs Bänden, sechster Band. Stuttgart: F.A. Brockhaus Wiesbaden Deusche Verlags-Anstalt, 1984. S. 780. 10 Schaeder, Burkhard. Germanistische Lexikographie. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1987. S. 33. 9

Schlaefer schlägt eine Klassifizierung vor, die auf folgenden Leitmerkmalen beruht. Wörterbuchtypen (Leitmerkmale) 11 : 1. Anzahl der Sprachen : einsprachige, mehrsprachige Wörterbücher 2. Art der Wortschatzabgrenzung : gegenwartssprachliche, umgangssprachliche, fachsprachliche Wörterbücher, Mundartwörterbücher, Fremdartwörterbücher 3. beschriebene Zeichenebene : orthographische, morphologische, phraseologische Wörterbücher 4. beschriebene Zeichenbeziehung : Begriffswörterbücher, Synonymenwörterbücher, Kollokationswörterbücher 5. vorrangiges Benutzungsziel, Zielgruppe : Übersetzungswörterbücher, Handwörterbücher, Expertenwörterbücher 6. methodische Grundlage, Bezugswissenschaft : semasiologische, onomasiologische, etymologische, synchronische, diachronische Wörterbücher 7. lexikographische Grundlagen und Beschreibungsverfahren : Korpuswörterbücher, Belegwörterbücher, Definitionswörterbücher, Allgemeinwörterbücher, Spezialwörterbücher 8. Träger eines Wörterbuchprojekts : Verlagswörterbücher, Akademiewörterbücher 2.1 Wörterbuchfunktionen Bei der Funktionstypologie der Wörterbücher werden die möglichen Benutzungssituationen untersucht. Bei Muttersprachlern kommen zwei Formen des Nichtwissens vor. Erstens geht es um unbekannte Wörter, bei denen man nicht genau weiß, was sie bedeuten und zweitens um Unsicherheiten in der Rechtschreibung. Sie greifen also zu einem Wörterbuch in Situationen, in denen es für ihr Textverständnis wichtig ist, oder wenn sie nicht wissen, wie man ein Wort richtig schreibt. 12 Man kann in Wörterbüchern auch nur aus Freude und Wissbegier lesen, meistens ist dies aber nicht der Fall. 11 Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH, 2009. S. 108-110. 12 Vgl. Herbst, Thomas- Klotz, Michael. Lexikografie. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2003. S. 18. 10

Hauptsächlich schlägt man in einem Wörterbuch nach, wenn man etwas wissen möchte. Beim Fremdsprachenlernen sind dieselben Gründe für die Benützung ausschlaggebend, nur mit dem Unterschied einer größeren Begrenztheit des Wissens über die Sprache. Benutzt werden hauptsächlich mehrsprachige Wörterbücher und beim Nachschlagen geht es zunächst darum, die Bedeutung gesuchter Wörter in der anderen Sprache zu erfahren. Es gibt drei wesentliche Wörterbuchfunktionen 13 : I. Sprachrezeption II. III. Sprachproduktion Sprachkorrektur Den verschiedenen Wörterbuchverwendungen entsprechen unterschiedliche Wörterbuchtypen. Es gibt Lese- und Schreibwörterbücher und Korrekturwörterbücher 14. Mit der Entwicklung elektronischer Medien reduziert man die Benutzung von verschiedenen Wörterbuchtypen, weil man öfters als Hauptdatenbank ein großes Wörterbuch auswählt. Diese Wörterbücher sind auch meistens multifunktional konzipiert. Der Unterschied zwischen Produktions- und Korrekturwörterbuch liegt in der Vollständigkeit der Erklärungen. Für die Zwecke der Sprachproduktion ist aber nur entscheidend, dass eine bei mehreren Möglichkeiten die frequenteste (oder die frequentesten) der akzeptablen Ergänzungen im Wörterbuch enthalten ist; für Korrekturzwecke ist aber ganz im Gegenteil Vollständigkeit erforderlich. 15 Der konkrete Wörterbuchtyp muss je nach dem Zweck des Nachschlagens gewählt werden. Entscheidend ist, ob es sich dabei um elementare Wörter, die man in jedem Allgemeinwörterbuch finden kann, oder um ein Fachwort, das man nur in Sachwörterbüchern oder speziellen Fachhandbüchern nachschlagen kann, handelt. 13 Herbst, Thomas- Klotz, Michael. Lexikografie. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2003. S. 19. 14 Ebd., S. 19. 15 Ebd., S. 19-20. 11

2.2 Wörterbuchteile Die Verbindung der Teile eines Wörterbuchs zu einem Gesamttext erfolgt über die Klammerfunktion des Titels, das Binden in Buchform und die Vorgabe alphabetischer oder systematischer Bezugsebenen, innerhalb derer die verschiedenen Informationssegmente als Einheiten behandelt werden. 16 Die häufigste Anordnungsform ist die alphabetische, die Einheiten können aber auch der semantisch-systematischer Anordnung unterworfen sein, in der das Material nach inhaltlichen Kriterien zusammengestellt wird (Spezialwörterbücher, onomasiologische Wörterbücher). Es ist auch möglich, das Material alphabetisch rückläufig anzuordnen, so dass die Reihenfolge von Endbuchstaben ausgeht (z. B. bei historischen Reimwörterbücher). Der Gesamtstruktur eines Wörterbuchs sind auch komplementäre Wörterbuchteile zuzuordnen. Dabei handelt es sich u. a. um Einleitungen, Benutzungshinweise, Quellenverzeichnisse und grammatische Teile. Die komplementären Teile bieten vollständige Erklärungen für die in den Wörterbuchartikeln angeführten Informationen (z. B. Quellenangaben oder verkürzte Angaben). Eine weitere Aufgabe der komplementären Wörterbuchteile (z. B. der Einleitung, oder der Benutzungshinweise) besteht in der Darstellung der lexikologischen und metalexikographischen Grundlagen der Wörterbucharbeit. Die Einleitung, die auch als Wörterbuchvorspann 17 bezeichnet wurde, kann neben dem Semantik- und Grammatikkonzept, der Strukturprinzipien, Explikationsund Definitionstypen, auch Tabellen oder ein Abkürzungsverzeichnis enthalten. In den Wörterbüchern kommen weiters auch Symbole, Bilder, Landkarten, verschiedene Graphiken und Statistiken vor. Die Illustrationen haben zum Ziel, die schwer verbalisierbaren Bedeutungserklärungen zu ergänzen. 16 Vgl. Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH, 2009. S. 80. 17 Schaeder, Burkhard. Germanistische Lexikographie. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1987. S. 93-94. 12

2.3 Struktur des Wörterbuchartikels In Wörterbüchern kommen Wörterbuchartikel (Einträge) vor, die aus zwei Teilen bestehen, dem Lemma (Stichwort) und dem Explikationsteil (Bedeutungsangaben und Abbildungen). Laut Herbst und Klotz ist es sinnvoll, bei Wörterbucheinträgen auf der formalen Ebene zwischen Lemma und Explikationsteil zu unterscheiden und auf der Ebene der Informationsstruktur zwischen einer lexikographischen Thema-Einheit und einem lexikographischen Rhema-Komplex. Das Rhema enthält die Definitionen und verschiedene Angaben, die Informationen zur Phonetik, Grammatik u.a. geben können und da die Information über die Orthographie ebenfalls Information darstellt, also zum Rhema gehört, ist das Thema des Wörterbucheintrags nicht mit dem Lemma, das diese Information ja bereits repräsentiert, identisch. 18 Re-stau-rant *rɛsto rã+ n. 15 Gaststätte, Speiselokal *frz. Gaststätte+ 19 Lemma LEXIKOGRAPHISCHES THEMA Explikationsteil RHEMA-KOMPLEX Im Rhema kommen weiter auch Belege (d. h. Zitate) und diasystematische Angaben 20 vor: diachronische (z.b. Neologismus, veraltend) diatopische (Regionalismen) diastratische (Stilangaben) diaintegrative (z.b. Entlehnung, Fremdwort) diatechnische (fachsprachliche) diafrequente (die Häufigkeit des Vorkommens) 18 Vgl. Herbst, Thomas- Klotz, Michael. Lexikografie. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2003. S. 171. 19 Wahrig, Gerhard. Deutches Wörterbuch. München: Mosaik Verlag GmbH, 1986. S. 1063. 20 Schaeder, Burkhard. Germanistische Lexikographie. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1987. S. 103-105. 13

diakonnotative (z.b. ironisch, beleidigend) dianormative (die Angaben, die in sprachpflegerischer Absicht als umstritten betrachtet werden) Schaeder teilt die Angaben zur Bedeutungen noch in sechs Gruppen 21 : Bedeutungserläuterungen paradigmatische Angaben (z.b. Synonymen, Antonymen) syntagmatische Angaben (Kollokationen, phraseologischer Gebrauch) etymologische Angaben (Informationen über die Herkunft) übertragener Gebrauch Illustrationen 2.4 Geschichte der deutschen Wörterbücher Unter der deutschen Wörterbuchgeschichte versteht man einen Zeitraum vom einfachen mittelalterlichen Vokabular zum Nationalwörterbuch, dem Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 22 In der folgenden Periodenbildung wird diese Vergangenheit von Michael Schläfer 23 folgendermaßen skizziert: 8./14. Jh. Glossare und Vokabularien zu Unterrichtszwecken 15./16. Jh. das Deutsche wird zum Objekt gelehrter Wörterbucharbeit 21 Schaeder, Burkhard. Germanistische Lexikographie. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1987. S. 105-106. 22 Vgl. Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH, 2009. S. 128. 23 Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH, 2009. S. 128. 14

17./18. Jh. das Deutsche soll in seiner vorbildlichen Ausprägung in einem großen Wörterbuch kodifiziert werden 19. Jh. und erste Hälfte 20. Jh. Phase des Deutschen Wörterbuchs v. J. und W. Grimm zweite Hälfte 20. Jh. im Anschluß an das Grimmische Wörterbuch beginnt die Gegenwart der deutschen Lexikographie Die Geschichte der heutigen Wörterbücher begann in der althochdeutschen Zeit, in der Zeit der Glossare und Vokabularien, die damals vor allem für den Schulunterricht bestimmt worden sind. Ein nützliches Werkzeug für die Sprachproduktion in Alltagssituationen, das auch damals vorkam, ist mit heutigen Reisewörterbüchern zu vergleichen. Es handelte sich um zweisprachige Gespräche, die aufgrund ihrer alphabetischen oder sachlich begründeten Anordnung als Vorstufe der Übersetzungswörterbücher gelten. Glossare haben vor allem mit Interpretationen lateinischer Texte und schulischem Unterricht zu tun. 24 Seit dem späten 14. Jahrhundert entstanden aus den ausschließlich lateinisch-deutschen Glossaren auch deutsch-lateinische Umkehr- oder Komplementärglossare, die die Hin-Her- Übersetzung ermöglichten. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich schließlich das Polyglotten- Vokabular, in das außer dem Deutschen und Lateinischen auch andere Sprachen einbezogen wurden. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts wuchs das Interesse an der Lexikographie des Deutschen als Muttersprache. Es entstanden neue einsprachige Wörterbuchtypen, wie z.b. S. Roths Teutschem Dictionarius, das Fremdwort- und 24 Vgl. Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH, 2009. S. 128-129. 15

Etymologiebeschreibungen beinhaltete. Das Lateinische, das als Metasprache noch sehr dominant war, wurde immer mehr dem Interesse an der deutschen Sprache untergeordnet und die Wörterbuchverfasser begannen anstatt der Bezeichnung Vokabularius die Bezeichnungen Dictionarius oder Thesaurus zu verwenden, ab dem 17. Jahrhunderts dann die Bezeichnung Wörterbuch. 25 Die Lexikographiegeschichte des 17. Jahrhunderts hat verschiedene sprachwissenschaftliche und lexikographische Ziele gesetzt. Erst ging es um die Bemühungen, das Deutsche mit den klassischen Sprachen gleichzustellen, und was die Lexikographie betrifft, die Stammwörter mit grammatischen, etymologischen und wortbildungsbezogenen Merkmalen zu ergänzen. Die Wörterbücher sollten vorbildliche Sprache vermitteln, neu war allerdings, dass es auch Bemühungen um ein Gesamtwörtebuch des Deutschen gab, das neben der vorbildlichen Sprache auch die Fachsprachen der Bergleute und Handwerker bzw. Alltags- und Umgangssprache erfassen sollte. Eine Gegenposition nahm vor allem G. W. Leibnitz ein, der die aufeinander bezogenen Teilwörterbücher besser fand. 26 Im Jahr 1811 wurde dann das bis dahin umfangreichste synchrone Wörterbuch der deutschen Sprache von Johann Christoph Adelung herausgegeben. Dieses Grammatischkritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart mit einem Untertitel: mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen wurde für seine Zeit für das bedeutendste wissenschaftliche Wörterbuch der deutschen Sprache gehalten. Es hat den deutschen Wortschatz der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundets behandelt, die grammatische, sowie othographische Formen, Wortbedeutung, Anwendungsbereiche, Herkunft, weiters auch Aussprachekennzeichnungen und mundartliche Ausdrücke. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war von dem Grimmschen Wörterbuch repräsentiert. Kennzeichnend für das Deutsche Wörterbuch (DWB) der Grimm-Brüder war, dass es den Anspruch hatte, ein Gesamt- und Vorbildwörterbuch zu sein. Die zunehmende 25 Vgl. Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH, 2009. S. 129-130. 26 Ebd. S. 130-131. 16

Anbindung an wissenschaftliche Paradigmen führte allerdings dazu, dass sich die Kritik am Konzept des Gesamtwörterbuchs gegen Ende des 19. Jahrhunderts häufte. Die herrschende Meinung der Lexikographen war, dass die Idee eines solchen Gesamtwörterbuchs als gescheitert zu betrachten sei. Maßgebliche Kritik wurde besonders von H. Paul geäußert. Nachdem das DWB im Jahre 1908 durch die Preußische Akademie der Wissenschaften übernommen wurde, wuchs seine Rolle wieder an. Es wurde zum Nationalwörterbuch, hat aber die neuen Wörterbücher faktisch nicht beeinflusst. 27 Ab 1960 kam es mit dem Erscheinen des Wörterbuchs der deutschen Gegenwartssprache (WDG) zu einer wörterbuchgeschichtlichen Zäsur. Es handelte sich in seinem Fall um ein synchronisch-gegenwartsprachliches Allgeimeinwörterbuch und es entstanden dann auch andere Monumentalwerke, ein breites Spektrum von Allgemein- und Spezialwörterbüchern, die keinen Gesamtwörterbuchkonzeptionen folgten. Ende der 1990er-Jahre rückte digitale Lexikographie mit ihrer Entstehung gleichsam in den Vordergrund. 28 2.5 Wörterbücher in der Kritik und in der Werbung Engelberg und Lemnitzer verweisen auf die Problematik, dass Wörterbücher der Gegenstand der Kritik sind und gleichzeitig auch ein Gegenstand der Werbung darstellen. Im Anbetracht dieses Umstandes und der Tatsache, dass Wörterbücher meistens sehr teuer sind, betonen sie in diesem Kontext die Verantwortung des Rezensenten. Worauf es also ankommt, ist, neben der Wahl der Wörterbücher auch auf die Wahl des Mediums der Kritik zu achten. 29 27 Ebd. S. 133-134. 28 Ebd. S. 134. 29 Vgl. Engelberg, Stefan; Lemnitzer, Lothar. Lexikographie und Wörterbuchbenutzung. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2001. S. 162. 17

Die meisten seriösen Rezensionen zu Wörterbüchern werden in Fachzeitschriften veröffentlicht. Als Foren bieten sich vor allem Zeitschriften für Lehrer und Übersetzer an, sowie Zeitschriften, in denen lexikographische Belange behandelt werden. 30 Die Autoren geben eine Reihe von Empfehlungen an, welche bei der Wörterbuchkritik beachtet werden müssen: An erster Stelle steht, dass sich der Rezensent über den Adressaten klar sein sollte und seine Kritik so verfasst, dass sie dem Leser verständlich ist. Da auch Wörterbücher einen unterschiedlichen Adressatenkreis ansprechen können, soll in einem zweiten Schritt die Zielgruppe des diskutierten Wörterbuches benannt werden. Drittens soll der Rezensent klarmachen, aus welcher Perspektive ein Wörterbuch kritisiert wird (z. B. aus lexiographischer oder metalexiographischer Perspektive, aus einer Perspektive, die beurteilt, ob das Wörterbuch die eigenen Kriterien erfüllt, etc.). Viertens sollte man den Wörterbuchtyp bestimmen, damit es aus dem Titel oder zumindest aus den Außentexten klar wird, womit sich das Wörterbuch beschäftigt. Der fünfte Schritt empfiehlt, über die Absichten und Ansprüche des Lexikographen und des Verlags zu informieren, denn die Ansichten über die herausragenden Merkmale eines Wörterbuchs können zwischen der Redaktion und dem Marketing auseinander gehen. Des Weiteren sollten die quantitativen Angaben des Verlags überprüft werden, z. B. die Zahl der Einträge, Untereinträge und anderen Angaben, die für den Benutzer von großer Bedeutung sind. Die siebte Empfehlung bezieht sich auf die Qualität der Außentexte, ob sie gut gegliedert und vollständig sind und für die Benutzer nützlich sein können. Achtens sollte sich der Rezensent zum Aufbau und Übersichtlichkeit einer Wörterbuchseite äußern. Als neunter Punkt kommen dann die Zugriffstrukturen und Zugriffsmöglichkeiten an die Reihe, die in einer Kritik auch beachtet werden sollten. Es handelt sich dabei um die Auffindbarkeit der Wörter und Orientierung in längeren Abschnitten, um die Hilfsmittel, die dem Nutzer zur besseren Orientierung angeboten werden. Zum Schluss wird 30 Engelberg, Stefan; Lemnitzer, Lothar. Lexikographie und Wörterbuchbenutzung. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2001. S. 162. 18

empfohlen, einen Überblick über die Angabeklassen repräsentativer Wörterbuchartikel zu verschaffen. 31 Danach können zwei lexikographische Qualitätsprofile erarbeitet werden, und zwar eines relativ zu usuellen Benutzung als Nachschlagewerk [...] und eines relativ zur Benutzung als lexikologisches Arbeitsinstrument. 32 31 Vgl. Engelberg, Stefan; Lemnitzer, Lothar. Lexikographie und Wörterbuchbenutzung.Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2001. S. 165-178. 32 Engelberg, Stefan; Lemnitzer, Lothar. Lexikographie und Wörterbuchbenutzung.Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2001. S. 178. 19

II. WÖRTERBUCHBENUTZUNG Die Frage, wie man ein Wörterbuch benutzt, kann ganz simpel klingen. Es ist aber nicht immer so einfach, dass man ein Wörterbuch nur aufschlägt und das richtige Wort nachschlägt. Zur Laiennutzung von Wörterbüchern gehören die Fragen nach korrekter Schreibung oder Aussprache eines Wortes, oder die Suche nach Pluralform eines Substantivs. Wenn man aber nach einem treffenden Ausdruck sucht, nach der richtigen Bedeutung von Wörtern im Text fragt, oder wenn man ein Wort gerne benutzen möchte, aber nicht weiß, wie man es denn im Satz verwendet, kann das zu Problemen führen. Schläfer schlägt folgende Teilschritte für die Benutzung von Wörterbüchern vor 33 : 1. Formulierung einer Suchfrage 2. Auswahl eines Wörterbuchs 3. Auffinden des Wörterbuchs 4. Aufsuchen des Artikels, Abschnitts, in dem die Information erwartet wird 5. Lesen (und Verstehen) der Artikelinformation 6. Isolierung der für die Benutzungsfrage maßgeblichen Information 7. Bewertung der Information 8. Transfer der Wörterbuchinformation 9. Überprüfung, ob das Ergebnis als Antwort akzeptiert wird 10. Änderung, Wiederholung des Suchprozesses Im Zusammenhang mit der Formulierung der Suchfrage muss sich der Wörterbuchbenutzer grundsätzlich sein Erkenntnisinteresse bewusst machen und außerdem Klarheit darüber finden, ob er als Laie eine vereinfachte Information akzeptiert oder ob er als Experte eine umfassende, wissenschaftlich tragfähige Information verlangt. Bei der Auswahl des Wörterbuchs wird erwartet, dass der Benutzer verschiedene Wörterbuchtypen 33 Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. 2. Aufl.. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2009. S. 123-124. 20

mindestens ansatzweise kennt und dieses als ein geeignetes Hilfsmittel verwenden kann. Wenn er dann beispielsweise nicht mit den alphabetisch-orthographischen Konventionen des benutzten Werks vertraut ist, können beim Aufsuchen des Suchbegriffs rasch Probleme auftreten. Umlaute werden in deutschen Wörterbüchern entweder wie die entsprechenden nicht umgelauteten Vokale behandelt, oder als ae, oe, ue eingeordnet und Anlaute -F und - Ph können alternieren. Wichtig ist auch Kenntnis der Tatsache, dass ein Wörterbucheintrag durch Ziffern untergliedert sein kann und dass man unter Umständen weiter lesen muss als zur Bedeutungsangabe unter 1, um die richtige Antwort zu finden. Es lohnt sich, wenn man zu einer Frage mehrere Wörterbücher heranzieht, denn sie bedingen vieler Unterschiede in der Informationsqualität, auch wenn es um die Repräsentanten des gleichen Typs geht. Ein Artikel kann auch je nach Benutzersicht verständlicher als der andere sein. 34 Das Isolieren der für die Benutzung maßgeblichen Information erfolgt bei Problemen der Sprachproduktion oder Textinterpretation über den kritischen Vergleich der sprachlichen Sachverhalte, die die Wörterbuchbenutzung ausgelöst haben, mit den Angaben im Wörterbuch bzw. durch Einsetzproben der verschiedenen Erklärungsangebote. 35 Für die Überprüfung des Informationsangebotes sind unmissverständliche Erklärungsmöglichkeiten wichtig, die durch syntaktische Konstruktion, kollokative Verbindungen bzw. den Bezeichnungskontext sicher eingegrenzt werden. 36 1. Wörterbücher versus Enzyklopädien Die Unterscheidung zwischen Wörterbücher und Enzyklopädien ergibt sich aus Nachschlagebedürfnissen, ob man sprachliche Information oder Sachinformation sucht. Es ist ja offensichtlich, dass man nach Informationen über Persönlichkeiten, Staaten, Literatur etc. in einem anderen Nachschlagewerk suchen wird als etwa nach den Bedeutungen von Verben, 34 Vgl. Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. 2. Aufl.. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2009. S. 124-126. 35 Schlaefer, Michael. Lexikologie und Lexikographie. 2. Aufl.. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2009. S. 126. 36 Vgl. Ebd., S. 126. 21

Präpositionen oder Konjunktionen, wobei solche Wortklassen in einem Lexikon auch überhaupt nicht verzeichnet sind. 37 Obwohl sich die Wörterbücher und Lexika mit anderen Gegenständen beschäftigen, ist die Grenze zwischen ihnen ganz fließend. In Wörterbüchern sind nämlich manchmal auch Ausdrücke zu finden, die eine enzyklopädische Information beinhalten und dieser Informationstyp, der nicht zu dem wörterbuchspezifischen Informationstyp gehört, berührt so einen Grenzbereich, denn die Darstellung von Sachwissen ist primär als Gegenstand der Enzyklopädie oder Fachlexika zu sehen. 38 Als Beispiel eines enzyklopädischen Wissens im Wörterbuch wird uns das Wort Banane aus dem deutschen Lernerwörterbuch (Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache 39 ) dienen. Ba na ne die; -, -n; e-e längliche, gekrümmte, tropische Frucht mit gelber Schale u. e-m weichen, süß schmeckenden Fruchtfleisch Abb. unter Obst K-: Bananenschale, Bananenstaude 40 Dieses Exempel zeigt uns, wie die sogenannten natürlichen Arten in Wörterbüchern beschrieben werden. Die Merkmale länglich, gekrümmt, süß, gelbe Schale geben uns Information über das Aussehen der Frucht, was in den Wörterbüchern üblich vorkommt, und noch zur besseren Vorstellung wird dann auf eine Wörterbuchillustration verwiesen. Das enzyklopädische Wissen, das man allerdings in solchen Fällen auch oft in Wörterbüchern finden kann, stellt dagegen die tropische Herkunft dar. Die Angaben zur Herkunft und Verbreitung der natürlichen Arten gehören nämlich zu den enzyklopädischen Fakten. In einer wirklichen Enzyklopädie könnte man unter dem 37 Herbst, Thomas- Klotz, Michael. Lexikografie. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2003. S. 21. 38 Vgl. Ebd., S. 101. 39 Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprach: das einsprachige Wörterbuch für alle, die Deutsch lernen. Berlin und München: Langenscheidt KG, 2010. S. 1343. 40 Ebd., S. 171. 22

Stichwort Banane auch andere Informationen außer dem Aussehen, Geschmack und der Herkunft der Frucht erfahren, z. B. auch solche zum Reifungsprozess, Vitamingehalt oder Anbaugebiet der Frucht. In Enzyklopädien als auch in Wörterbüchern kann man also Sprach- und Sachinformationen finden, nur in anderem Maße. Die Unterscheidung zwischen sprachlichem und außersprachlichem Wissen ist bei manchen Wörtern und Begriffen nicht unbedingt scharf zu ziehen. 41 Wie unterscheidet sich etwa sprachliches Wissen über die Bedeutung von Buhne oder Drehlinse von Sachwissen über die Gegenstände, die man mit diesen Wörtern bezeichnen kann? 42 Die nächsten zwei Artikel zeigen die Bedeutungserklärungen zum Stichwort Buhne, ein aus einem großen deutschen Wörterbuch (Wahrig Deutsches Wörterbuch 43 ) und ein aus einer kleinen Enzyklopädie (Lexikon mit maritimen Inhalt 44 ). Das Substantiv Buhne im Wahrig Deutsches Wörterbuch: Buh ne <f. 19> dammartiger Küsten- od. Ufervorbau aus Steinen, Pfählen oder Faschinen als Schutz vor Abspülung oder zur Anlandung, Damm *<ndrl. bun; vermutl. verwandt mit Bühne+ 45 Das Substantiv Buhne im Lexikon mit maritimen Inhalt: Buhne: vom Ufer aus rechtwinklig ins Wasser hineingebautes Hindernis (Dammkörper) aus Steinschüttung, Spundwänden, Pfahlreihen, Faschinen; dient im Flussbau zur 41 Vgl. Herbst, Thomas- Klotz, Michael. Lexikografie. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2003. S. 21. 42 Ebd., S. 21. 43 Wahrig-Burfeind, Renate. Wahrig Deutsches Wörterbuch mit einem Lexikon der Sprachlehre. 8. Aufl.. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2010. S. 1728. 44 Kleines Lexikon: mit maritimen Inhalt [online]. [zit. 2012-06-20]. Erreichbar von WWW: < http://www.wesselhoeft.net/lexikon/b.htm >. 45 Wahrig-Burfeind, Renate. Wahrig Deutsches Wörterbuch mit einem Lexikon der Sprachlehre. 8. Aufl.. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2010. S. 312. 23

Einengung des Abflussquerschnitts im Niedrigwasserbereich und zur Vertiefung der Schifffahrtsrinne, im Seebau zum Küstenschutz. 46 Das Stichwort Buhne wird jeweils ausführlich und sehr ähnlich erklärt. Im Falle, dass wir keine Ahnung über das Wort und seine Übersetzung haben, wird es uns klar gemacht, wofür man so eine Buhne braucht oder worum es sich eigentlich handelt. Herbst und Klotz erwähnen in diesem Zusammenhang, dass psychologische Faktoren einer stärkeren Beachtung bedürfen, was linguistische Ansätze wie etwa die Prototypensematik oder kongnitive Linguistik betrifft. 47 1.1 Sprachwörterbücher Die Sprachwörterbücher stellen im Unterschied zu den Sachwörterbüchern (Enzyklopädien, Fachlexika) den allgemeinen Wortschatz einer Sprache dar. Sie lassen sich in einsprachige, zweisprachige oder mehrsprachige Wörterbücher teilen. 1.1.1 Ein- und zweisprachige Wörterbücher Bei der Auswahl des Nachschlagewerks muss sich der Benutzer nicht nur für einen bestimmten Wörterbuchtyp entscheiden, sondern kann auch zwischen einsprachigem und zweisprachigem Wörterbuch wählen. Das einsprachige Wörterbuch ist dabei geeignet für Muttersprachler, Studenten der Philologie und alle Leute, die über gute Fremdsprachenkenntnisse verfügen. Das einsprachige Wörterbuch informiert über die jeweiligen Stichwörter im Detail, es kommen differenzierte Angaben, Kollokationen und verschiedene Belege vor. Wenn man aber herausfinden möchte, wie ein Wort in einer anderen Sprache heißt (z. B. Buhne; über die 46 Kleines Lexikon: mit maritimen Inhalt [online]. [zit. 2012-06-20]. Erreichbar von WWW: < http://www.wesselhoeft.net/lexikon/b.htm >. 47 Vgl. Herbst, Thomas- Klotz, Michael. Lexikografie. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2003. S. 21. 24

schon gesprochen wurde), muss man entweder das zweisprachige Wörterbuch zur Hand nehmen, oder in Illustrationen und nach Sachgruppen gegliederten einsprachigen Wörterbüchern nachschlagen. Was die zweisprachigen Wörterbücher betrifft, werden sie vor allem beim Lesen, Verfassen fremdsprachiger Texte oder beim Übersetzen aus oder in eine Fremdsprache, benutzt. Allgemein sind sie eher für Anfänger nützlich, die die Erklärungen der Bedeutung von Begriffen in einem einsprachigen Wörterbuch kaum verstehen können. Im Berufsleben sind sie dann besonders für Übersetzer und Schriftsteller, die sie häufig als eine Quelle der Terminologie und Synonymie zur Hand nehmen, wichtig. Wie man in den folgenden Beispielen des Stichworts Buhne sehen kann, das jetzt noch zum Vergleich der ein- und zweisprachigen Wörterbücher herangezogen wird, verfügt die Bedeutungserklärung aus dem einsprachigen Wörterbuch über wesentlich mehrere Verwendungshinweise als die aus dem zweisprachigen Wörterbuch. Diese betreffen etwa die Etymologie des Wortes und ausführliche Erklärungen, zu welchem Zweck eine Buhne dienen kann und wie sie aussieht. Zuletzt sind auch die Satzverbindungen mit Buhne dargestellt, in denen dieses Wort benutzt werden könnte. Die einsprachigen Wörterbücher sind damit eher für fortgeschrittene Sprachbenutzer wichtig und die zweisprachigen, die normalerweise nicht so einen breiten Wortschatz bieten, entweder für die Übersetzer, die in zweisprachigen Wörtebüchern nach den richtigen Äquivaleten suchen, oder dann für die Leute, die mit der Fremdsprache erst beginnen und denen die einfache und klare Übersetzung der Schlagwörter ausreicht. Das Substantiv Buhne im Duden (Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden): Buh ne, die; -, -n [aus dem Niederd. < mniederd. bune, H. u.]: (senkrecht zur Küste od. zum Ufer verlaufender) dammartiger Küsten- oder Ufervorbau aus Pfählen, Steinen o. Ä. als Schutz vor 25

Abspülung oder zur Anlandung (b): die Wellen brechen sich an den n; das Baden an den n ist verboten. 48 Das Substantiv Buhne in Lingea (Německo-český, česko-německý velký slovník; nejen pro překladatele): Buhne e ( ~, ~ n) vlnolam, pobřežní hr{z 49 Wenn man die Beispiele aus den einsprachigen Wörterbüchern Duden und Wahrig untereinander vergleicht, dann lässt sich feststellen, dass der Begriff nicht deckungsgleich erklärt wird. Das betrifft zum Beispiel den Umstand, dass das Wahrig Wörterbuch auf den Plural und Deklination für die Buhne mit <f. 19> verweist und kein Beispiel zur Kontextualisierung liefert. 1.1.2 Drei- und mehrsprachige Wörterbücher Was die mehrsprachigen Wörterbücher betrifft, können diese allgemeine Sprachwörterbücher sein, z. B. Pons: Das große Bildwörterbuch (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch) 50 oder Lexikon der sechs Weltsprachen (Deutsch - Englisch - Französisch - Italienisch - Spanisch - Latein) 51. Dieses Gesamtwerk besteht aus zwei Bänden (Band I: Deutsch Fremdsprachlich, Band II: Fremdsprachlich Deutsch). Sonst behandeln die mehrsprachigen Wörterbücher oft ein Fachthema und werden daher zu den Sachwörterbüchern zugeordnet, z. B. Fachwörterbuch Medizinische Technik (Englisch- Deutsch-Französisch-Russisch) 52. Diese Wörterbücher können von einer breiten Leserschaft verwendet werden, da sie aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit in mehr als nur einem Sprachkreis Anwendung finden. 48 Duden: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden. 3. Aufl. Mannheim: Dudenverlag, 1999. S. 680. 49 LINGEA německo-český, česko-německý velký slovník: [--nejen pro překladatele]. Brno: Lingea, 2008. S. 142. 50 Pons: Das große Bildwörterbuch. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen, 2008. S. 1092. 51 Kürschner. Lexikon der sechs Weltsprachen. Salzburg: Das Bergland-Buch, 1954. S. 52 Roald, Albert. Fachwörterbuch Medizinische Technik. 1. Aufl. Berlin: Alexandre Hatier, 1994. S. 587. 26

1.2 Sachwörterbücher Die Sachwörterbücher sind Nachschlagewerke, die Auskünfte über Personen, Sachen, Begriffe und Grundlagen eines Fachgebiets geben. Sie beziehen sich auf fachliches und wissenschaftliches Wissen. Man unterteilt sie gemeinhin in Enzyklopädien und Fachlexika. 1.2.1 Enzyklopädien und Fachlexika Unter Enzyklopädien kann man sich besonders umfangreiche Nachschlagewerke vorstellen. Sie beziehen sich auf große Themenbereiche, sind umfassend und ausführlich. Dabei geht es aber nicht um das gesamte Wissen, sondern um eine Zusammenfassung, die sie vermitteln. Sie stellen die überblickende Anordnung des Wissens dar. Im Gegensatz zu Enzyklopädien beschreiben die Fachlexika nur das Wissen eines begrenzten Fachgebiets. Sie verfügen über einen kleineren Fachumfang und bieten keine erschöpfende Darstellung. 1.3 Elektronische Wörterbücher Mit den Fortschritten der Computer- und Informationstechnologie seit den 1980er-Jahren kam es zur Entwicklung elektronischer Wörterbücher, welche eine Alternative zu den herkömmlich gedruckten Wörterbüchern darstellen und darüber hinaus neue Möglichkeiten eröffnen (z. B. Tonspuren mit richtiger Aussprache). Die ersten elektronischen Wörterbücher waren meistens noch offline-basiert, ein schlichtes Programm, das man am Computer installieren musste. Heute spielen Online-Wörterbücher mit der zunehmenden Verbreitung des Internets und den erweiterten technischen Entwicklungen (Smartphones, Tablets<) eine zunehmend wichtigere Rolle. Unabhängig davon, ob es sich beim elektronischen Wörterbuch um eines handelt, welches für die Offline-Nutzung, oder eines, welches für die Online-Nutzung konzipiert ist, 27

handelt, besteht der Unterschied zu den herkömmlichen Wörterbüchern jedenfalls nicht alleine im Unterschied des Mediums. Elektronische Wörterbücher bieten Möglichkeiten der Informationsabfrage und darbietung, die in Papierwörterbüchern nicht bestehen. Ein gelungenes lektronisches Wörterbuch muss daher auch mehr sein als eine reine 1:1-Übertragung des gedruckten Buches. 53 Herbst/Klotz zufolge muss man beim Vergleich Wörterbüchern drei wesentliche Aspekte beachten. Erstens, den Inhalt des Wörterbuchs, den Unterschied im Bezug auf den lexikalischen Informationsgehalt. Zweitens das Format, welches die Aufbereitung betrifft. Damit ist gemeint, ob das Wörterbuch allein auf Text, oder auch Bilder, Grafiken, Audiound Videomaterialien zurückgreift. Der dritte Aspekt ist jener des Mediums, ob also ein Wörterbuch gedruckt oder elektronisch ist. 54 Freilich stehen die genannten Aspekte in einer gegenseitigen Abhängigkeit zueinander, weswegen sich elektronische Wörterbücher nicht allein auf den Umstand, ein anderes Medium zu sein, reduzieren lassen. Speziell die Darstellungsformen betreffend, stehen elektronischen Wörterbüchern Möglichkeiten zur Verfügung, welcher sich das gedruckte Pendant nur schwer oder gar nicht bedienen kann. Der Vorteil, den elektronische Wörterbücher gegenüber Papierwörterbüchern haben, steht ein Vorteil der Papierwörterbücher gegenüber, was das lexikografische Angebot betrifft. Klarerweise ist diese Erkenntnis nicht dogmatisch und kann sich somit ändern. Eine Problematik, die speziell elektronische Online-Wörterbücher betrifft, ist jene, dass viele davon (z. B. Dict 55 ) amateurbasiert sind und somit anfällig dafür, fehlerhafte Informationen zu liefern. 56 53 Herbst, Thomas- Klotz, Michael. Lexikografie. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2003. S. 251. 54 Vgl. Ebd. S. 251-252. 55 Dict.cc [online]. [zit. 2012-07-10]. Erreichbar von WWW: < http://decs.dict.cc >. 56 Vgl. Herbst, Thomas- Klotz, Michael. Lexikografie. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2003. S. 252. 28

2. Einsprachige Wörterbücher im Deutschen Einsprachige Wörterbücher werden je nach ihrer Bearbeitung in synchrone oder diachrone Wörterbücher unterteilt. Den Unterschied stellt dabei der selbst Wortschatz dar, der sich bei synchronen Wörterbüchern ausschließlich an der aktuellen Bedeutung orientiert, bei diachronen dagegen die zeitliche Entwicklung der Wörter miteinbezieht. 2.1 Synchrone Wörterbücher Der Wortschatz der synchronen Wörterbücher behandelt die Wörter zu einem bestimmten Zeitpunkt, meistens geht es um die Gegenwartssprache. In den synchronen Wörterbüchern kommen Definitionen, Synonyme und Umschreibungen vor. Die bekanntesten synchronen Wörterbücher sind Wahrig Deutsches Wörterbuch, Duden Deutsches Universal Wörterbuch, Duden: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zwölf Bänden, Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache, Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, etc. Nun widme ich mich folgend den drei ersten näher und werde außerdem noch näher auf das Österreichische Wörterbuch eingehen. Wahrig Deutsches Wörterbuch (WDW) 57 Deutsches Wörterbuch mit einem Lexikon der deutschen Sprachlehre ist das Hauptwerk des wichtigen deutschen Lexikographen Gerhard Wahrig. Der Titel Deutsches Wörterbuch kann alternieren; das Wörterbuch wird auch als Der große Wahrig oder nur Der Wahrig bezeichnet. Erstmals wurde dieses Werk im Jahre 1966 herausgegeben und war somit zugleich das erste Bedeutungswörterbuch der deutschen Sprache. Seit dieser Zeit gehört es auch zu den bedeutendsten Nachschlagewerken der deutschen Sprache. Es ist vor allem unter den deutschen und ausländischen Deutsch-Studenten beliebt. Seit 1986 werden die Wahrig 57 Wahrig-Burfeind, Renate. Wahrig Deutsches Wörterbuch mit einem Lexikon der Sprachlehre. 8. Aufl.. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2010. S. 1728. 29

Wörterbücher von Renate Wahrig-Burfeind (Tochter von Gerhard Wahrig) aktualisiert; zurzeit steht dieses Werk in der achten Auflage zur Verfügung, die im Jahre 2010 veröffentlicht wurde. Der deutsche Wortschatz ist in diesem Werk in über 260 000 Stichwörtern, Anwendungsbeispielen und Redewendungen dargestellt. Es kommen umfassende Bedeutungserklärungen und mehr als 1 Mio. Angaben zu Rechtschreibung, Grammatik, Aussprache, Stil und Herkunft. 58 Wahrig Deutsches Wörterbuch wurde im Jahre 2011 ebenfalls aktualisiert bei Brockhaus herausgegeben; dieses beinhaltet rund 600 000 Stichwörter und Anwendungsbeispiele und bietet seinen Besitzern kostenfreien Zugriff auf die von Brockhaus angebotene individuelle Sprachberatung, wo ein Expertenteam schnell per Email die Fragen rund um die deutsche Sprache beantwortet. 59 Das Deutsche Wörterbuch von Wahrig steht auch in kleineren Bänden, als Alternative zu den Veröffentlichungen des Duden-Verlags, zur Verfügung. Die Wahrig-Reihe bilden heutzutage die acht folgenden Werke (als Fußnote immer die neueste Auflage): 1. Die deutsche Rechtschreibung 60, 2. Fremdwörterlexikon 61, 3. Synonymwörterbuch 62, 4. Grammatik der deutschen Sprache 63, 5. Fehlerfreies und gutes Deutsch 64, 6. Herkunftswörterbuch 65, 7. Der kleine WAHRIG, Wörterbuch der deutschen Sprache 66, 8. Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache 67. 58 Vgl. Wahrig-Burfeind, Renate. Wahrig Deutsches Wörterbuch mit einem Lexikon der Sprachlehre. 8. Aufl.. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2010. S. 5. 59 Vgl. Brockhaus WAHRIG Deutsches Wörterbuch [online]. [zit. 2012-06-28]. Erreichbar von WWW: < http://www.brockhaus.de/wahrig/index.php?we_objectid=1925&pid=5522 >. 60 Brockhaus Wahrig: Die deutsche Rechtschreibung. 8. Aufl.. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2011. S. 1248. 61 Wahrig-Burfeind, Renate. Brockhaus Wahrig: Fremdwörterlexikon. 8. Aufl.. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2011. S. 1088. 62 Brockhaus Wahrig: Synonymwörterbuch. 7. Aufl. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2011. S. 1024. 63 Wahrig: Grammatik der deutschen Sprache. Gütersloh: Wissen Media 2002. S. 702. 64 Wahrig: Fehlerfreies und gutes Deutsch. 1. Aufl.. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2003. S. 960. 65 Wahrig: Herkunftswörterbuch. Gütersloh: Wissen Media Verlag, 2002. S. 646. 66 Wahrig-Burfeind, Renate. Der kleine Wahrig: Wörterbuch der deutschen Sprache. Gütersloh: Wissen Media Verlag. 2007. S. 1152. 67 Wahrig-Burfeind, Renate. Wahrig: Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. 1. Aufl.. Berlin: Cornelsen Verlag, 2008. S. 1216. 30

Duden - Deutsches Universalwörterbuch (DDUW) 68 Die Geschichte des Dudens, jenes Wörterbuchs der deutschen Sprache, das vielleicht jeder kennt, reicht bis ins Jahr 1880, als dieses Werk erstmals von Konrad Duden veröffentlicht wurde. Der Duden war als ein orthographisches Wörterbuch entstanden und hat auch die amtliche deutsche Rechtschreibung bis das Jahr 1996, als es zu der Reform der deutschen Rechtschreibung kam, in der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich bestimmt. Heutzutage bildet der Duden eine große Reihe verschiedener Nachschlagewerke, die Rolle des Flaggschiffs erfüllt aber traditionell das Deutschen Universal Wörterbuch, das schon im Titel als ultimatives Nachschlagewerk angepriesen wird. Sein großes Plus liegt vor allem in der Ausführlichkeit seiner Erklärungen. 69 Seit 2011 wird das Duden-Universalwörterbuch in der 7. Auflage herausgegeben. Es behandelt 500 000 Stichwörter, Bedeutungsangaben, Anwendungsbeispiele und ist als Buch, als CD-ROM, oder auch online, seit Mai 2011 kostenfrei, unter http://www.duden.de/ verfügbar. Zu den Duden-Produkten gehören darüberhinaus noch die Duden- Rechtschreibprüfung (Duden Korrektor) für Microsoft Office und andere Textverarbeitungen als Hilfsmittel für die Rechtschreib-, Grammatik- und Stilkorrektur. Der Duden in 12 Bänden Der Duden - Lexikon in 12 Bänden ist ein Gesamtwerk von 12 Wörterbüchern, von denen jeder Band ein anderes Thema behandelt, das sich jeweils auf die deutsche Sprache bezieht. Er dient somit als ein breites Spektrum, das dem Menschen Kompetenz in allen sprachlichen Belangen liefert: 1. Die deutsche Rechtsschreibung 70, 2. Das Stilwörterbuch 71, 3. Das Bildwörterbuch 72, 4. Die Grammatik 73, 5. Fremdwörterbuch 74, 6. Das Aussprachewörterbuch 75, 68 Duden Deutsches Universal Wörterbuch. 7. Aufl.. Mannheim: Dudenverlag, 2011. 69 Vgl. Duden- Deutsches Universalwörterbuch (2011) [online]. [zit. 2012-06-28]. Erreichbar von WWW: < http://www.korrekturen.de/rezensionen/duden_deutsches_universalwoerterbuch.shtml>. 70 Duden. Bd. 1, Die deutsche Rechtschreibung. 25. Aufl.. Mannheim: Dudenverlag, 2009. S. 1216. 71 Duden. Bd. 2, Das Stilwörterbuch. 9. Aufl.. Mannheim: Dudenverlag, 2010. S. 1087. 72 Duden. Bd. 3, Das Bildwörterbuch. 6. Aufl.. Mannheim: Dudenverlag, 2005. S. 992. 73 Duden. Bd. 4, Die Grammatik. 8. Aufl.. Mannheim: Dudenverlag, 2009. S. 1343. 31