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Stand 21. August 2012 Chronologie: Tiertransporte Ausgangssituation Jährlich werden Millionen Tiere bis zu 70 Stunden und mehr ohne Futter und Wasser transportiert allein aus wirtschaftlichen Gründen. Baumschulallee 15 53115 Bonn Tel: 0228/60496-0 Fax: 0228/60496-40 E-Mail: bg@tierschutzbund.de Internet: www.tierschutzbund.de 1987 bis 1990 Der Europarat erarbeitet Empfehlungen für den Transport von Pferden (1987), Schweinen (1988), Rindern (1990), Geflügel (1990), Schafen und Ziegen (1990). Hierzu zählt, dass die Tiere in angemessenen Zeitabständen, spätestens aber nach 24 Stunden, gefüttert und getränkt werden müssen. Diese Regelungen gelten als Verhaltenskodex für internationale Tiertransporte. 1989 Die EG-Kommission legt im Juni einen Vorschlag für einen Gesetzesentwurf über den Schutz von Tieren beim Transport vor, über den der EG-Ministerrat als letzte Instanz entscheiden soll. Die Verabschiedung des Gesetzentwurfes wird erst Ende 1991 erfolgen. Absurderweise zahlt die EU aber auch Subventionen für den Export lebender Tiere in nicht EU-Staaten. Besonders die an Grausamkeit kaum zu überbietenden Transporte in den Nahen Osten sorgen bei Tierschützern zu Entsetzen. 1990 Aufgrund der Intervention des Deutschen Tierschutzbundes sagt die EG im Februar zu, sich unverzüglich mit dem Problem Tiertransporte zu befassen. 1991 Der Deutsche Tierschutzbund informiert die Öffentlichkeit mit einer europaweit ausgestrahlten Filmdokumentation von Manfred Karremann über das Elend der Schlachttiere auf Tiertransporten. Eine europaweite Diskussion über Tiertransporte schließt sich an. Zusammen mit den europäischen Partnerorganisationen seiner Dachorganisation, der Eurogroup for Animals, sammelt der Deutsche Tierschutzbund über 1,5 Millionen Unterschriften und übergibt diese im April 1991 dem EG- Agrarministerrat. Auch auf nationaler Ebene macht der Deutsche Tierschutzbund politisch mobil und fordert die Landesminister und den zuständigen Bundesminister auf, die Transportbedingungen zu verbessern. Immer wieder bringt die Rechtsabteilung des Deutschen Tierschutzbundes Vorfälle bei Tiertransporten zur Anzeige. Im November 1991 wird die Richtlinie des Rates über den Schutz von Tieren beim Transport verabschiedet und ist rechtlich bindend für die Mitgliedsstaaten. Sie bildet die Basis für die europaweite Harmonisierung der Tierschutzbestimmungen hinsichtlich des internationalen Transportes von Tieren. Ihr Ziel bleibt jedoch die

Seite - 2 - Chronologie: Tiertransporte vom August 2012 Verwirklichung des freien Warenverkehrs mit lebenden Tieren auf dem Binnenmarkt. 1993 Die Europäische Kommission legt einen Vorschlag zur Änderung der Transportrichtlinien vor. Die Vorlage enthält allerdings lediglich Regelungen zu Versorgung, Ladedichte und Ruhezeiten. Die Begrenzung der Transportzeiten ist nicht vorgesehen. Das Europäische Parlament weist die Kommissionsvorlage im Dezember zurück. In einer Entschließung sprechen sich die Abgeordneten unter anderem für eine Begrenzung der Transportzeiten auf maximal acht Stunden aus. Der Agrarministerrat weist die Kommission an, den Entwurf zu überarbeiten. 1994 Auch im überarbeiteten Kommissionsvorschlag ist keine zeitliche Begrenzung für Schlachttiertransporte vorgesehen. Die Bundesregierung bereitet Mitte des Jahres eine deutsche Transportgesetzgebung vor, um während ihrer EU-Ratspräsidentschaft den Verhandlungen neue Impulse zu geben. Im Herbst wird die Tierschutz-Transportverordnung von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und zur Begutachtung nach Brüssel weitergeleitet. Schlachttiertransporte sollen ihr zur Folge nicht länger als acht Stunden dauern. Unter anderem aus diesem Grund blockierte die EU-Kommission die deutsche Verordnung und verlangte, die Verhandlungen zur Novellierung der EU-Transport- Richtlinie von 1991 abzuwarten. 1995 Im April 1995 finden sich Tierschützer aus ganz Europa gemeinsam mit dem Deutschen Tierschutzbund zu einer zentralen Kundgebung in Brüssel zusammen und fordern den sofortigen Stopp der Schlachttiertransporte. An die ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Europa werden vier Millionen Protestunterschriften von EU-Bürgern übergeben. Die Richtlinie 95/29/EG zur Änderung der Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport von 1991, die seit 1993 diskutiert wird, wird im März verabschiedet. Die wichtige Begrenzung der Transportzeit für Schlacht- und Masttiertransporte ist nicht enthalten. Die Kommission wird verpflichtet Ende 1999 einen Bericht über die Erfahrungen mit den Vorschriften vorzulegen. 1996 In der weiteren Filmdokumentation Lizenz zum Quälen Tiertransporte: Steuergelder für Knochenbrecher, die im Rahmen der ZDF-Sendung Frontal-Spezial ausgestrahlt wird, berichtet Manfred Karremann über die grausamen Schlachttiertransporte in den Libanon, die er zusammen mit Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, aufgedeckt und filmisch dokumentiert hat. Anschließend wird das Filmmaterial europaweit ausgestrahlt und stößt auf große Resonanz. Zusammen mit

Seite - 3 - Chronologie: Tiertransporte vom August 2012 der Eurogroup for Animal Welfare legt der Deutsche Tierschutzbund erfolgreich Beschwerde gegen die Verladebedingungen im Hafen von Triest ein. In nur wenigen Monaten sammelt der Deutsche Tierschutzbund zusammen mit seinen Mitgliedsvereinen über 350.000 weitere Protestunterschriften, die Wolfgang Apel 1997 in Brüssel an Bundeslandwirtschaftsminister Borchert übergibt. Mittlerweile haben damit mehr als sechs Millionen EU-Bürger der EU ihren Protest gegen grausame Tiertransporte bekundet. Zwar diskutierten die Landwirtschaftsminister der EU die Probleme am Hafen von Triest und auch von Amtstierärzten wurden die Tiertransporte kritisiert, aber zu wirksamen Verbesserungen auf den Transporten kam es nicht. 1997 Die EU-Transportrichtlinie wird mit der Tierschutz-Transportverordnung in Deutschland in nationales Recht umgesetzt. Auch diese ist in ihren Anforderungen an den Schutz der Tiere völlig unzureichend. Eine Begrenzung der Transportzeit für Schlachttiere konnte lediglich für innerdeutsche Transporte durchgesetzt werden. Transporte in Drittländer dürfen ohne zeitliche Begrenzung durchgeführt werden. 1998 Weiterhin werden Transporte von Rindern in Drittländer von der EU subventioniert. Allerdings sollen die Subventionszahlungen an das Einhalten bestimmter Tierschutzbestimmungen gebunden sein. Diese sollen von einem Tierarzt kontrolliert werden, wenn die Transporte die EU verlassen. 1999 Zusätzliche Vorschriften treten 1999 in Kraft: Anforderungen an die Versorgungsstationen sowie Tierschutzvorschriften für Straßenfahrzeuge zur Beförderung von Tieren bei mehr als acht Stunden (Pullmannfahrzeuge) vom 16. Februar 1998. Dennoch ändert das an den grauenhaften Zuständen bei den Transporten wenig. Manfred Karremann und der Deutsche Tierschutzbund dokumentieren in ihrem Filmbeitrag Noch 58 Stunden bis Tanger die unsäglichen Missstände auf Pferdetransporten über die so genannte Ostroute (gut 3.000 km über Litauen-Polen- Tschechien-Slowakei-Ungarn-Slowenien-Italien/Sardinien, jährlich etwa 100.000 Pferde) für die ZDF-Reihe 37- Grad. Daraufhin befasst sich auch die EU- Kommission mit den Vorfällen. 2000 Unter dem Motto Zeichen setzen fordert der Deutsche Tierschutzbund am 1. Juli zusammen mit anderen europäischen Tierschutzorganisationen auf einer Kundgebung entlang der Autobahn A 8 das Ende der Schlachttiertransporte. Der 1. Juli wird fortan zum europaweiten Aktionstag gegen Tiertransporte erklärt. Recherchen enthüllen Ende des Jahres die Missstände bei Ferntransporten von

Seite - 4 - Chronologie: Tiertransporte vom August 2012 Rindern mit der Bahn. Abermals dokumentierte Manfred Karremann, wie Rinder per Bahn aus Norddeutschland kommend in Rasa (Kroatien) auf Schiffe verladen werden. Die Sendung Stern TV strahlt den Beitrag aus. Die Deutsche Bahn gibt daraufhin bekannt, keine Tiertransporte mehr durchzuführen. Der Bericht der EU-Kommission bestätigt die bekannten Missstände bei Tiertransporten. Hauptkritikpunkte: Lasche Umsetzung, unterschiedliche Auslegung der europäischen Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten, mangelnde Kontrollen und mangelnde Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten bei der Ahndung und Bestrafung von Verstößen. 2002 Unter Vorsitz der Dänischen Präsidentschaft wird zu einer offenen Debatte der Agrarminister zum Thema Tiertransporte geladen. Schwerpunktthema ist unter anderem die zeitliche Begrenzung von Schlachttiertransporten. Die Mehrheit der Mitgliedsstaaten, auch Deutschland, spricht sich für eine Transportzeitbegrenzung der Schlachttiertransporte aus. Aus wirtschaftlichen und handelspolitischen Gründen sind Frankreich, Spanien, Italien, Irland, Portugal und Griechenland weiterhin gegen eine Transportzeitbegrenzung. Noch immer werden täglich eine Millionen Tiere unter grausamsten Bedingungen kreuz und quer durch Europa transportiert. Unter dem Motto Italien sehen und Sterben - Stoppt sinnlose Tiertransporte durch Europa verschärft der Deutsche Tierschutzbund am Welttierschutztag seine Kampagne gegen Tiertransporte. 2003 Im Juli legt die EU-Kommission einen Vorschlag für eine neue EU-Regelung zum Schutz der Tiere beim Transport vor. Anlass für die Überarbeitung der bis dato gültigen Gesetzgebung war ein Bericht der EU-Kommission aus dem Jahr 2000, der erhebliche Missstände insbesondere beim Transport lebender Tiere bestätigt. Die Bindung der Subventionen an die Einhaltung der Tierschutzgesetzgebung wird aufgrund noch immer unzureichendem Erfolges - abermals verschärft: Obligatorische tierärztliche Kontrollen an den Ausgangsstellen der Gemeinschaft sowie an den Orten außerhalb der Gemeinschaft, an denen das Transportmittel gewechselt wird und auch am Ort der ersten Entladung im Endbestimmungsland. 2004 Die Verordnung für eine neue EU-Gesetzgebung zum Schutz der Tiere beim Transport wird Ende November verabschiedet. Die neue und für alle europäischen Staaten unmittelbar verbindliche EU-Verordnung tritt 2007 in Kraft. Sie enthält verbesserte Regelungen zu Kontrollen (u. a. durch satellitengestützte Navigationssysteme), Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten, Sachkunde sowie Verschärfung einzelner Anforderungen. Die Hauptprobleme aber bleiben: Da die EU-Staaten hinsichtlich der Vorgaben zu Transport- und Pausenzeiten, Klima und Platzvorgaben keine Einigung erzielen konnten, wurden diese Regelungen aus der alten Gesetzgebung unverändert übernommen. Die notwendige Überarbeitung dieser aus Tierschutzsicht wichtigen

Seite - 5 - Chronologie: Tiertransporte vom August 2012 Kriterien wurde damit für Jahre auf Eis gelegt und die Vorschriften zum Schutz der Tiere beim Transport bleiben komplex, unübersichtlich und ungenügend. Eine strikte Durchsetzung und Kontrolle sind damit nach wie vor nicht garantiert. 2005 Der Deutsche Tierschutzbund erhöht abermals den Druck und startet seine Kampagne Mein Weg in den Tod ist die Hölle. Zum Kampagnenauftakt im Oktober wird die Dokumentation Endstation Beirut in der ZDF-Reihe 37 Grad ausgestrahlt. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes und Manfred Karremann haben sich erneut vor Ort von den Zuständen auf Transporten aus Deutschland in den Libanon überzeugt. Abermals kommen sie zurück mit schockierende Aufnahmen über die Qualen, die Rinder auf den subventionierten Transporten in den Libanon noch immer unverändert erleiden müssen: Im Hafen von Beirut wiederholen sich die Szenen aus den Jahren 1991, 1996 und 2000. Stark verletzte Tiere werden an den Beinen aufgehängt mit Seilwinden vom Schiff gehievt und schleudern dabei gegen den Schiffsrumpf. Festliegend, mit gebrochenen Beinen, werden sie auf einem offenen LKW zum Schlachthof gefahren. Die Dokumentation wird auch der für die Subventionen damals zuständigen EU-Kommissarin Marian Fischer-Boel vorgelegt. Endlich Mit Erfolg: Im Dezember 2005 unterbreitete die EU-Kommissarin dem zuständigen Verwaltungsausschuss einen Verordnungsentwurf, der die zügige Streichung der Ausfuhrerstattungen für Schlachtrinder aus der EU vorsieht. Die neue Verordnung trat am 24. Dezember 2005 in Kraft. Nach 17 Jahren subventioniertem Elend auf Rindertransporten werden keine Subventionen mehr für den Export von Schlachtrindern aus der EU in Drittländer gezahlt. Nicht betroffen von der Streichung der Gelder sind Zuchtrinder, ihr Export in Drittländer wird weiterhin finanziell unterstützt. Zuchtrinder werden zumindest im Allgemeinen unter besseren Bedingungen exportiert. 2007 Die Verordnung für eine neue EU-Gesetzgebung zum Schutz der Tiere ist am 5. Januar in Kraft getreten. Sie stellt jedoch nur einen Kompromiss dar, weil sich die Mitgliedsstaaten nicht einigen konnten. Nach wie vor sind die Transportzeiten viel zu lang, das Platzangebot für die Tiere zu gering und die erlaubten Temperaturen in den Transportern zu hoch. Der EU-Kommission sind diese Probleme bekannt und die Verordnung soll nachgebessert werden - doch es ist völlig offen, wann dies geschehen soll. 2011 Eine Überarbeitung der EU-Transport-Verordnung wurde mehrfach angekündigt, aber nicht realisiert. Der amtierende EU-Kommissar Dalli teilte mit, er wolle erst den Bericht der Kommission über die Auswirkungen der geltenden Verordnung auf den Tierschutz bei Transporten abwarten und danach entschieden, ob eine Novellierung notwendig sei. Der Bericht wurde im November 2011 vorgelegt. Demnach hat die Transport-Verordnung den Tierschutz auf Transporten verbessert, Defizite gebe es jedoch bei der Umsetzung der Verordnung.

Seite - 6 - Chronologie: Tiertransporte vom August 2012 Um der Forderung nach einer Überarbeitung der Verordnung insbesondere nach einer Begrenzung der Transportzeiten - mehr Nachdruck zu verleihen, initiierte der dänische Abgeordnete Dan Joergensen gemeinsam mit den Animals Angels die Unterschriften-Kampagne 8-hours. Innerhalb eines Jahres unterzeichneten mehr als eine Million EU-Bürger diese Petition und forderten, die Transportzeit für Schlachttiere auf acht Stunden zu begrenzen. 2012 Eine Mehrheit der Abgeordneten Im Europäischen Parlament sprach sich ebenfalls dafür aus, die Transportzeit für Schlachttiere auf acht Stunden zu begrenzen. Damit ist dies eine offizielle Forderung des EU-Parlamentes. Zusätzlich fordern die europäische Vereinigung der Tierärzte, die Ausschüsse für Umwelt, Gesundheit und Nahrungsmittelsicherheit sowie für Transport und Tourismus des EU-Parlaments die Überarbeitung der Verordnung. Im Juni 2012 wurden EU-Kommissar Dalli die im Rahmen der Kampagne 8hours gesammelten Unterschriften überreicht. Der Kommissar hält er eine Novellierung der Verordnung nicht für notwendig. Seiner Ansicht nach müssten die bestehenden Bestimmungen lediglich besser umgesetzt werden. Daraufhin ist mit einer Verbesserung der Situation für die Tiere - zumindest bis zum Ablauf der Amtsperiode dieses Kommissars - nicht zu rechnen.