Nach Erklärung der Deutschen Kinderhilfe, die

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Transkript:

Bildgebung bei Kindesmisshandlung Prof. Dr. Hans-Joachim Mentzel, Sektion Pädiatrische Radiologie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Jena Gewalt gegen Kinder hat viele Facetten sie reicht von zunehmend beobachteten Cybercrime über sexuelle Misshandlung und Vernachlässigung bis zu körperlicher Gewaltanwendung. Bei körperlicher Gewaltanwendung spielt die bildgebende Diagnostik eine wichtige Rolle. Nachfolgend werden typische Verletzungen mit ihren Befunden erläutert. Nach Erklärung der Deutschen Kinderhilfe, die sich auf die polizeiliche Kriminalstatistik 2016 beruft, sterben in Deutschland jede Woche drei Kinder an den Folgen von Gewaltanwendungen. In den USA gibt es Schätzungen, dass jährlich etwa 4 Millionen Kinder misshandelt werden. 90 Prozent der misshandelten Kinder sind jünger als 5 Jahre, 41 Prozent jünger als ein Jahr (1). Die Sicherung der Diagnose einer körperlichen Kindesmisshandlung erfolgt durch Anamnese, Klinik und Bildgebung. Die Berücksichtigung sozialer Punkte bei der Anamnese ist enorm wichtig, da in bestimmten familiären Konstellationen Misshandlungen gehäuft auftreten können. Folgen der Misshandlung sind bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern am häufigsten Hämatome und Quetschungen sowie Verbrühungen/ Verbrennungen, die über Skizzen und Fotografien zu dokumentieren sind. In der Häufigkeit folgen Frakturen des knöchernen Skeletts; zur Beurteilung dient die Röntgendiagnostik. Die Bildgebung spielt zudem eine entscheidende Rolle bei der Diagnostik von inneren Verletzungen, insbesondere im Bereich des ZNS. Schütteltrauma Als Verletzungsmechanismus kommt das sogenannte Schütteltrauma ( Shakin baby syndrome ) vor, bei dem die Kinder am Thorax mit beiden Händen gepackt und mit hoher Intensität geschüttelt werden. Folge des groben Fassens können Rippenfrakturen an typischen Stellen sein, Folgen der Schleuderbewegung des Kopfes (Akzelerations- und Dezelerationstrauma) sind Einrisse an den Brückenvenen mit resultierenden subduralen Hämatomen und Scherverletzungen im Hirnparenchym sowie Einblutungen im Bereich der Netzhaut. Bei anschließendem Wegwerfen des Kindes können weitere Frakturen (z. B. des Schädels) auftreten. Nicht akzidentielle Verletzung Für die Radiologie gibt es zwei Konstellationen bei Verdacht auf eine körperliche Kindesmisshandlung (sog. Nicht akzidentielle Verletzung, non accidental injury, NAI): Die Klinik und Anamnese lassen bereits eine Kindesmisshandlung vermuten, beispielsweise wird ein fünf Wochen alter Säugling mit einer nicht plausibel erklärten Humerusfraktur vorgestellt Die Bildgebung weist spezifische Folgen einer nicht akzidentiellen Verletzung auf, beispielsweise ausheilende Rippenfrakturen auf einer Röntgenaufnahme des Thorax, die bei Pneumonie angefertigt wurde oder Subduralhämatome mit unterschiedlicher Signalintensität im Schädel-MRT (Abb. 1a-1d) Während im ersten Fall anschließend eine Nachweisdiagnostik erfolgt, ist in der zweiten Konstellation ein suspekter Befund erhoben worden, der weiter abzuklären ist (Zufallsdiagnostik). Nachweisdiagnostik (Kinder)Radiologe und MTRA orientieren sich im Vorgehen an aktuell gültigen Leitlinien der AWMF (2). Die rechtfertigende Indikation nach 23 RöV ist im Vorfeld zu stellen. Der anzufertigende Röntgen- Skelettstatus soll zum Ausschluss (bzw. Nachweis) von weiteren klinisch nicht auffälligen Frakturen dienen. Ein sog. Babygram als eine Übersichtsaufnahme des Kindes ist obsolet! Zufallsdiagnostik Der (Kinder)Radiologe informiert umgehend die zuweisenden ärztlichen Kollegen über seinen Befund und den resultierenden Verdacht und stimmt mit den Kollegen ab, ob und wann eine erweiterte Diagnostik im Sinne der Leitlinie zu erfolgen hat. Abhängig von den Befundkonstellationen sind vom Kliniker die ju- 2 radiologie technologie 3/2017

ristisch Zuständigen (Jugendamt, Polizei, Staatsanwaltschaft) zu aktivieren. Röntgendiagnostik Zu den Aufgaben des Radiologen zählt neben der Bestätigung der Verdachtsdiagnose auch die mögliche Ablehnung der Diagnose. Bei Nachweis von Frakturen sind exakt die Anzahl und Lokalisation zu beschreiben, ferner die Spezifität der Läsion und das Alter ( dating ) abzuschätzen. Die Röntgenuntersuchung des Skelettstatus muss unbedingt standardisiert erfolgen Es resultieren maximal 13 Röntgenaufnahmen, evtl. sind Hände und Füße beider Seiten auf jeweils einer Kassette untersuchbar. a b c d Abb. 1: Zufallsbefunde bei weiblichem Säugling (7 Monate), Vorstellung wegen Oberschenkelschwellung rechts a Dorsale Rippenfrakturen links mit Kallusbildung (Pfeil) b Ausgeprägte periostale Kallusreaktion bei Ober- und Unterschenkelfrakturen c Metaphysäre Kantenabsprengung am distalen Oberarm radial d Epiphysenlösung am proximalen Femur links (Pfeil) Projektion Raster Schädel ap und seitlich Ja Wirbelsäule seitlich Ja Thorax ap Nein Becken ap Ja Arme seitengetrennt ap Nein Beine seitengetrennt ap Nein Hände (evtl. seitengetrennt) dv Nein Füße (evtl. seitengetrennt) dp Nein Tab. 1: Röntgenaufnahmen zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose Kindesmisshandlung radiologie technologie 3/2017 3

Vorbereitung Für die Röntgenuntersuchung sind ein warmer Untersuchungsraum, Zeit und Ruhe erforderlich. Zwei MTRA führen die Röntgen-Aufnahmen durch, der verantwortliche Radiologe ist bei der Untersuchung anwesend und entscheidet, ob über den Skelettstatus hinaus weitere Aufnahmen notwendig sind, beispielsweise Schrägaufnahmen des Thorax zum Nachweis lateraler Rippenfrakturen (Abb. 2). Im Vorfeld der Untersuchung ist das Kind zu entkleiden, wobei die Intimsphäre zu wahren ist. Eventuell vorhandene Verbände sollten möglichst entfernt werden, ebenso die Windel, Elektroden u.ä. Material. Sämtliche Skelettabschnitte sind komplett und v. a. überlagerungsfrei abzubilden qualitativ hochwertige Aufnahmen unter Berücksichtigung des ALARA-Prinzips sind notwendig, um kleinste Details zu erfassen. Ein passender Gonadenschutz ist bei männlichen Säuglingen und Kleinkindern so anzubringen, dass er nicht die knöchernen Strukturen überlagert. Mit Hilfe von Tapes, die über die Kante der Kassette/des Detektors gezogen werden, können die Extremitäten v. a. die Hände und Füße fixiert werden. Abb. 2: Schrägaufnahme des Thorax mit olivenartiger Verbreiterung der Rippen lateral (Kallus nach Fraktur) Weitere Untersuchungen Laut Leitlinie sind abhängig vom Kindesalter zudem die Sonographie des Schädels und Abdomens sowie die MRT des Schädels mit Anfertigung blutungs- und ödemsensitiver Sequenzen gefordert. In der Akutdiagnostik wird abhängig vom neurologischen Zustand des zugewiesenen Kindes die craniale CT oder MRT eingesetzt; bei kritisch krankem, komatösem Kind ist die cct Methode der Wahl, um rasch raumfordernde Blutungen nachzuweisen und die OP zu indizieren. Craniale MRT Bei der cmrt-untersuchung ist auf die Anfertigung diffusionswichtender Sequenzen (DWI) und blutungssensitiver Sequenzen (T2* GRE, SWI) zu achten, um Scherverletzungen und Blutungen mit hoher Sensitivität nachzuweisen. Da Einrisse der Brückenvenen sehr häufig im Bereich des Schädeldachs vorkommen, sind coronar orientierte Sequenzen (T1w IR, FLAIR) erforderlich, um resultierende schmale subdurale Hämatome nachzuweisen (Abb. 3). Zum Datieren des Alters von Hämatomen (Nachweis einer evtl. Mehrzeitigkeit von Misshandlungen) sollten Standard SE-Sequenzen (T1w, T2w) genutzt werden (Abb. 4a-d). Abb. 3: Hirnödem nach Schütteltrauma mit zarten hyperintensen subduralen Hämatomen infra- und supratentoriell, T1-wichtende Darstellung coronar Ganzkörper-MRT Eine Ganzkörper-MRT (GK-MRT) mit ödemsensitiven fettunterdrückten T2w-Sequenzen (z. B. TIRM/STIR) 4 radiologie technologie 3/2017

a b c d Abb. 4: Intrakranielle Blutungen, Dokumentation der Mehrzeitigkeit a T2-wichtend hypointense Abbildung des Hämatoms. Der Pfeil markiert die betroffene Brückenvene b T1-wichtend hyperintense Abbildung der akuten subduralen Blutung. Der Pfeil markiert zusätzlich ein subarachnoidales Hämatom c T1-wichtend Abbildung ausgeprägter beidseitiger subduraler Hämatome. Die unterschiedliche Signalintensität zeigt die Mehrzeitigkeit der Blutungen an aufgrund der verschiedenen Stadien des Abbaus der Blutbestandteile d T2-wichtend ebenfalls unterschiedliche Signalintensitäten. Dokumentation der raumfordernden Wirkung mit Mittellinienverlagerung. Der Pfeil markiert Membranen in den subduralen Hämatomen, die erst 2-3 Wochen nach Hämatom auftreten und T1w-3D-Sequenzen kann Verwendung finden; allerdings ersetzt diese Untersuchung nach aktueller Datenlage nicht den Röntgen-Skelettstatus zum Nachweis bzw. Ausschluss von Frakturen. Problemzonen für die GK-MRT sind die Rippen, die nicht vollständig und umfassend beurteilt werden können, sowie die Meta-/Epiphysenregion, bei der aufgrund des relativ hohen Stoffwechselumsatzes in der TIRM eine Signalsteigerung zu beobachten ist. Gleiches gilt auch für die Skelettszintigraphie, die mitunter bei der Fragestellung nach Kindesmisshandlung eingesetzt wird in der Leitlinie aber nicht vorgesehen ist. Verletzungsfolgen Charakteristische Verletzungsfolgen am Skelett bei der Kindesmisshandlung sind Rippenfrakturen, die typischerweise lateral bzw. dorsal in Nähe der Costovertebralgelenke auftre- radiologie technologie 3/2017 5

Abb. 5: 3D-Rekonstruktion einer cct, Untersuchung mit Nachweis einer scharf begrenzten nahtüberschreitenden Fraktur (gezähnelte Darstellung der Sutura lambdoidea) ten, wo die Querfortsätze der Wirbelkörper als Hypomochlion wirken Für eine Misshandlung hochspezifische transmetaphysäre Frakturen im Bereich der langen Röhrenknochen (v. a. um das Knie- und Ellenbogengelenk) kommen durch Ziehen und Verdrehen der Extremität zustande, bei denen Kantenabsprengungen (sog. corner fracture ) und Korbhenkelabscherungen (sog. bucket handle ) resultieren Direkte Gewalteinwirkungen durch Schläge, Stöcke, Gürtel etc. können zu Frakturen führen; klassisch sind Parrierfrakturen des Unterarms, wenn die Arme schützend vor das Gesicht genommen werden Sehr selten in den entsprechenden Altersgruppen (< 2 Jahre) nachweisbare Frakturen an Händen und Füßen sowie an der Skapula sind ebenfalls hochspezifisch für eine Misshandlung Sind mehrere Frakturen nachweisbar, sollte anhand der vorliegenden Heilungsstadien versucht werden, eine gewisse Datierung vorzunehmen. Wichtig ist zudem, dass andere Ursachen für mehrfache Frakturen wie beispielsweise eine Knochensystemerkrankung wie die Osteogenesis imperfecta oder alimentäre/metabolische Pathologien ausgeschlossen werden. Schädelverletzungen Am Schädel sind einfache lineare Frakturen häufig. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Gewalteinwirkungen können komplexe, bilaterale Frakturen (sog. egg shell fracture ) und Impressionsfrakturen resultieren die Röntgenuntersuchung in zwei Ebenen kann nahtüberschreitende Frakturen aufzeigen, die Weite des Frakturspaltes ist ebenso wegweisend (Abb. 5). Die cmrt weist im Vergleich zur cct die wesentlich höhere Sensitivität für interkranielle Verletzungen auf, zu denen in Abhängigkeit vom Mechanismus epidurale und subdurale Hämatome zählen. Typisch sind auch subarachnoidale Hämatome sowie Scherverletzungen mit Einblutungen im Hirnparenchym. Häufig betroffen sind die Balkenregion und das periphere Marklager. Prognostisch ungünstig ist das Auftreten von Läsionen in den Stammganglien, im Thalamus- und v. a. im Hirnstammbereich. Netzhautblutungen können nachgewiesen, aber nicht ausgeschlossen werden. Die ZNS-Verletzungen bei Misshandlung sind für die hohe Mortalität und Morbidität verantwortlich. So ist bei 40 bis 50 Prozent der Kinder mit ZNS-Läsionen bei shakin baby syndrome mit zumindest einer mentalen Retardierung infolge einer Atrophie zu rechnen. Fazit Die korrekte Bildgebung zum Nachweis oder Ausschluss einer Kindesmisshandlung setzt spezielle Kenntnisse in der Vorbereitung, Durchführung und Interpretation voraus. Je jünger das Kind ist, umso umfangreicher ist die Diagnostik. Der Röntgen-Skelettstatus ist aufgrund der hohen Spezifität im Nachweis der typischen Verletzungsmuster Bildgebung der Wahl für die Skelettläsionen. Die Auswahl der Schnittbildgebung ist abhängig vom Zustand und Alter des Kindes. Eine enge Zusammenarbeit zwischen MTRA und (Kinder)Radiologe ist unabdingbar. Literatur 1. Kleinman PK: Diagnostic imaging of child abuse. 2nd edn. Mosby, St. Louis, 1998 2. Leitlinie der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie (GPR) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Röntgengesellschaft: Verdacht auf Misshandlung Bildgebende Diagnostik. AWMF-Register Nr. 064/014., online unter http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/064-014l_s1_verdacht_ auf_misshandlung_bildgebende_diagnostik_2013-03_01.pdf (Zugriff August 2017) 6 radiologie technologie 3/2017