Stellungnahme zur Schwerarbeitsregelung

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Transkript:

GB Pressekonferenz Stellungnahme zur Schwerarbeitsregelung Es informieren Sie: Renate Csörgits ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende Mag a Dinah Djalinous-Glatz Referentin im ÖGB-Referat für Sozialpolitik Gabriela Kegelreiter-Maleninsky Pflegehelferin und Personalvertreterin ÖGB-Pressekonferenz, Wien, am 31. Jänner 2006

I. Der Gesetzesentwurf zur Schwerarbeit 1) Hintergrund Mit der so genannten Pensionssicherungsreform 2003 hat die Regierung eine massive Kürzung der Pensionen beschlossen. Die Frühpension wegen langer Arbeitslosigkeit wurde überfallsartig abgeschafft. Die Frühpension wegen langer Versicherungsdauer, die Männern bisher einen Pensionsantritt mit 61 ½ und Frauen mit 56 ½ ermöglichte, läuft in Schritten aus. Mit der Pensionsharmonisierung wurde ein so genannter Pensionskorridor eingeführt, der einen Pensionsantritt mit 62 ermöglicht. Nutzt man diesen jedoch, muss man zusätzliche Abschläge in Kauf nehmen. Für Frauen ist der Pensionskorridor bis 2028 irrelevant, da sie bis zu diesem Zeitpunkt früher in Pension gehen können. Im Rahmen ihrer Pensionsreformen hat die Regierung versprochen, dass Schwerarbeitende weiterhin früher und mit weniger Abschlägen in Pension gehen können. Diesem Anspruch werden die zwei Schwerarbeitsregelungen, die die Regierung beschlossen hat, nicht gerecht. (Regelung I wurde im Rahmen der Pensionssicherungsreform 2003 beschlossen, Regelung II mit der Pensionsharmonisierung). Auch der nun vorliegende Gesetzesentwurf des Sozialversicherungsänderungsgesetzes 2006, mit dem die beiden Regelungen für einen Übergangszeitraum bis 2019 abgeändert werden sollen, ändert nichts am Grundproblem: Nur sehr wenige ArbeitnehmerInnen werden die im Gesetzesentwurf vorgegebenen Kriterien erfüllen können. Die Schwerarbeitsregelungen der Regierung sind ein absolutes Minderheitenprogramm. ÖGB-Pressekonferenz, Wien, am 31. Jänner 2006 1

Schwerarbeitsregelung I für Männer geboren nach 30.6.1950/vor 1.1.1959, d.h. heute 47 55 Jahre alt für Frauen geb. nach 30.6.1955/vor 1.1.1964; heute 42 50 Jahre alt Rechtslage neu (SVÄG 2006) 1. 45 Beitragsjahre (Männer)/ 40 Beitragsjahre (Frauen), davon 270/240 Beitragsmonate Schwerarbeit 1. 45 Beitragsjahre (Männer)/ 40 Beitragsjahre (Frauen), davon in den letzten 20 Jahren 120 Beitragsmonate Schwerarbeit 2. Antritt 55 (Frauen)/60 (Männer) 2. unverändert 3. Berechnung ab 2008: Abschlag von 4,2 % pro Jahr des vorzeitigen Pensionsantritts (bemessen vom fiktiven Frühpensionsalter); abschlagsfrei im Jahr 2007 3. Abschlag von 1,8 % pro Jahr des vorzeitigen Pensionsantritts (bemessen vom Regelpensionsalter) Schwerarbeitsregelung II Rechtslage neu (SVÄG 2006) 1. 45 Versicherungsjahre, davon 180 Beitragsmonate Schwerarbeit 2. 60 61+ 3 Monate (bei 15 Schwerarbeitsjahren: 61 + 3 Monate, bei 20 Schwerarbeitsjahren: 60) 3. Abschläge: 2,1 % pro Jahr bei mindestens 15 Schwerarbeitsjahren, darüber 0,05 % pro Jahr weniger; mindestens aber 0,85% Abschlag (bei 40 Schwerarbeitsjahren) 1. 45 Versicherungsjahre, davon in den letzten 20 Jahren 120 Beitragsmonate Schwerarbeit 2. generell ab 60 3. 1,8 % pro Jahr des früheren Pensionsantritts Der frühestmögliche Pensionsantritt aufgrund der Schwerarbeitsregelung I ist der 1. Juli 2010. Die Schwerarbeitsregelung II tritt mit 1. Jänner 2007 in Kraft. ÖGB-Pressekonferenz, Wien, am 31. Jänner 2006 2

2) Kritikpunkte am Gesetzesentwurf Frauen sind weiterhin von der Schwerarbeitsregelung II ausgeschlossen Als Pensionsantrittsalter gilt für die Schwerarbeitsregelung II für Frauen und Männer das vollendete 60. Lebensjahr für Frauen ist das aber bis 2024 ohnehin das reguläre Pensionsantrittsalter. Für Frauen gilt also nur die ungünstigere Schwerarbeitsregelung I, die mit 1. Juli 2010 wirksam wird. Von 2007 bis 30. Juni 2010 kommt für Frauen überhaupt keine Schwerarbeitsregelung zum Tragen. Aber auch ab Juli 2010 werden nur sehr wenige Frauen eine Frühpension wegen Schwerarbeit antreten können. Denn um unter die Schwerarbeitsregelung I zu fallen, muss eine Frau 40 Beitragsjahre erwerben, davon müssen in den letzten 20 Jahren mindestens zehn Jahre Schwerarbeit liegen. Als Beitragsjahre gelten nur Zeiten der versicherungspflichtigen Beschäftigung (inkl. 60 Monate an Kindererziehungszeiten). Hat eine Frau in ihrem Erwerbsleben auch Arbeitslosenzeiten und/oder Zeiten, in denen Krankengeld von der Krankenkasse bezogen wurde, hat sie keine Chance auf Grund der Schwerarbeitsregelung mit 55 Jahren in Pension zu gehen. Wer krankheitsbedingt früher in Pension geht, hat nichts von der Schwerarbeitsregelung Viele Personen, die Schwerarbeit leisten, sind aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage das vorgesehene Pensionsantrittsalter zu erreichen und gehen in die Berufsunfähigkeits- bzw. Invaliditätspension. Die Leistung von Schwerarbeit wird bei der Berechnung ihrer Pension aber nicht berücksichtigt. Die Erfahrungswerte der Gewerkschaft Bau-Holz zeigen, dass zum Beispiel im Baubereich rund 80 Prozent der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, bis 60 zu arbeiten. Vielmehr gehen die meisten in Invaliditätspension. Von Seiten des ÖGB wurde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass viele Schwerarbeiter keine 45 Versicherungsjahre erreichen und deshalb von der Schwerarbeitsregelung nichts haben. Benachteiligung von Menschen, die in jungen Jahren Schwerarbeit geleistet haben Der Gesetzesvorschlag sieht den Nachweis von zehn Jahren Schwerarbeit innerhalb der letzten 20 Jahre vor. Zeiten der Schwerarbeit in jüngeren Jahren werden damit nicht in die Berechnung einbezogen, obwohl sie ebenfalls negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können. Aus den Daten der Bauarbeiterurlaubs- und -Abfertigungskasse lässt sich eruieren, dass jährlich durchschnittlich zwischen 1.500 und ÖGB-Pressekonferenz, Wien, am 31. Jänner 2006 3

2.000 Arbeitnehmer zwischen 40 und 49 Jahren aus der Bauwirtschaft abwandern. Diese Personen würden beispielsweise nicht unter die neue Schwerarbeitsregelung fallen. Aus dem Pflegebereich ist ebenfalls bekannt, dass viele Frauen nach einiger Zeit in andere Berufe wechseln. Auch das Bundeskanzleramt hat gegen die Nicht-Berücksichtigung der Schwerarbeit in jüngeren Jahren verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Nicht einmal zwei Prozent der Pensionsneuzugänge fallen unter Gesetz Nach Schätzung der Pensionsversicherungsanstalt werden ab 2010 pro Jahr nur rund 1.500 Pensions-Neuzugänge in die Schwerarbeitsregelung fallen. Das wären gerade 1,8 Prozent der jährlichen Pensionsneuzugänge (bezogen auf die Eigenpensionen)! Sogar die restriktive Vorgabe der Regierung, dass maximal fünf Prozent der Pensionsneuzugänge pro Jahr in die Regelung fallen sollen, wird damit weit unterboten. Fazit: Die geplanten Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen sind völlig ungeeignet, eine faire Lösung für SchwerarbeiterInnen zu schaffen. 3) Für ein faires Schwerarbeitsgesetz Hinsichtlich der gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine faire Schwerarbeitsregelung verlangt der ÖGB die Erfüllung folgender Forderungen: Auch schwer arbeitenden Frauen muss ein vorzeitiger Pensionsantritt auf Grund von Schwerarbeit ermöglicht werden. Bei der Schwerarbeitsregelung II muss deshalb das Pensionsantrittsalter der Frauen mit 55 festgelegt werden. Schwerarbeit muss bei der Berechnung der Berufsunfähigkeitsund Invaliditätspension berücksichtigt werden. Leistung von Schwerarbeit in jungen Jahren ist anzurechnen. SchwerarbeiterInnen müssen ohne Abschläge vorzeitig in Pension gehen können. ArbeitgeberInnen, die Schwerarbeit verlangen, müssen dafür einen höheren Pensionsbeitrag leisten (wie im Pensionsmodell des ÖGB, der Österreich-Pension" vorgesehen). ÖGB-Pressekonferenz, Wien, am 31. Jänner 2006 4

II. Die Schwerarbeitsverordnung 1) Hintergrund Zusätzlich zur Gesetzesänderung hat das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz den Entwurf einer Verordnung zur Begutachtung ausgesandt, mit der besonders belastende Berufstätigkeiten, die als Schwerarbeit gelten, definiert werden. Die Verordnung ist ein Versuch, innerhalb des restriktiven gesetzlichen Rahmens Schwerarbeit zu definieren. Auch die Verordnung gehört nach Ansicht des ÖGB überarbeitet. Als Schwerarbeit gelten gemäß Verordnungsentwurf Tätigkeiten, die eines der nachfolgenden Kriterien erfüllen: Tätigkeiten, die in Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht (unregelmäßige Nachtarbeit) geleistet werden. Als Nachtarbeit gerechnet wird die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr, sofern mindestens sechs Stunden pro Nacht gearbeitet werden und die Nachtarbeit zumindest an sechs Arbeitstagen pro Kalendermonat erfolgt, sofern nicht in diese Arbeitszeit überwiegend Arbeitsbereitschaft fällt. Tätigkeiten, die regelmäßig unter Hitze oder Kälte geleistet werden. Tätigkeiten unter chemischen oder physikalischen Einflüssen, wenn dadurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 Prozent verursacht wurde. Schwere körperliche Arbeit: Sie liegt laut Verordnungsentwurf dann vor, wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit von Männern mindestens 2.000 Arbeitskilokalorien und von Frauen mindestens 1.400 Arbeitskilokalorien verbraucht werden. Berufsbedingte Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf wie z.b. in der Hospiz- und Palliativmedizin und in psychiatrischen Pflegeheimen. ÖGB-Pressekonferenz, Wien, am 31. Jänner 2006 5

Berufstätigkeit bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 80 Prozent wird als Schwerarbeit gewertet, sofern für die Zeit nach dem 30. Juni 1993 Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 bestanden hat. Tätigkeiten, für die ein Nachtschwerarbeits-Beitrag geleistet wurde. 2) Kritikpunkte und Forderungen des ÖGB Restriktive Definition von Schwerarbeit im Pflegebereich Laut Entwurf soll berufsbedingte Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf als Schwerarbeit gelten. Als Beispiele dafür sind die Bereiche Hospiz- oder Palliativmedizin und die psychiatrischen Pflegeheime genannt. In den Erläuterungen wird ausgeführt, dass die Betreuung von Pflegenden mit einem Pflegebedarf der Pflegestufe 5 nach dem Bundespflegegesetz vorliegen muss. Aus Sicht des ÖGB ist das Anknüpfen an das Pflegegeld nicht sinnvoll. Pflegegeld gebührt erst, wenn ein Pflegebedarf für mindestens sechs Monate bestehen wird. Wenn jemand nach einem Unfall für zwei Monate einen Pflegebedarf von den geforderten 180 Stunden hat, aber danach wieder vollkommen gesund wird, erhält er/sie nie Pflegegeld. Für das Pflegepersonal ist jedoch der Pflegeaufwand in den zwei Monaten genauso hoch wie bei jemandem, der tatsächlich Pflegegeld bezieht. Aber auch die Höhe der Pflegegeldstufe 5 ist zu hoch. In Wien ist die Voraussetzung für die Aufnahme in eine Pflegestation die Pflegegeldstufe 3. Es kann vorkommen, dass eine Zeit lang nur Personen mit Pflegegeldstufe 3 oder 4 stationiert sind. Bedeutet dies, dass die Tätigkeit für diese Zeit keine Schwerarbeit ist? Und wenn im nächsten Monat sehr wohl Patienten mit Pflegegeldstufe 5 aufgenommen werden, liegt dann Schwerarbeit vor? In der Verordnung klargestellt werden sollte zudem, dass auch schwer belastende Tätigkeiten in der Rehabilitation und mobile Altenbetreuung unter die Verordnung fallen. Gerade die mobile Altenbetreuung ist eine schwer belastende Tätigkeit, da zu Hause oft technische Hilfsmittel zur Betreuung (z.b. spezielle Krankenbetten) fehlen. ÖGB-Pressekonferenz, Wien, am 31. Jänner 2006 6

Die Definition von Schwerarbeit im Pflegebereich muss verbessert werden. Arbeiten unter Lärm, unter besonderen psychischen Belastungen, Fließband- und Akkordarbeit sowie besonders gefährliche Tätigkeiten sind in die Definition der Schwerarbeit aufzunehmen. Psychische Belastung gilt nicht als Schwerarbeit Psychische Belastungen von ArbeitnehmerInnen werden im Verordnungsentwurf außer Acht gelassen. Weder sind Tätigkeiten erfasst, die eine besonders belastende Betreuungsarbeit darstellen (StreetworkerInnen im Drogenmilieu, PsychologInnen und PsychotherapeutInnen auf Kinderonkologien,..), noch Tätigkeiten, die mit Stress verbunden sind. Letzteres gilt für Tätigkeiten, bei denen Arbeitsabläufe maschinell vorgegeben sind (Fließbandarbeit, Callcenter) und für Akkordarbeit. Die Kriterien für die Definition von Schwerarbeit müssen erweitert werden. Die Definition der Nachtarbeit ist äußerst restriktiv Laut arbeitsmedizinischen Erkenntnissen kommt es bereits bei Personen, die fünfmal pro Monat Nachtarbeit leisten, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Arbeitet man länger als bis zwei Uhr Früh, stört dies den Tages-/Nachtrhythmus. Trotzdem ist im Verordnungsentwurf festgelegt, dass mindestens sechsmal im Monat Nachtarbeit im Ausmaß von jeweils mindestens sechs Stunden geleistet werden muss, damit die Tätigkeit als Schwerarbeit gilt. Zusätzlich fällt Nachtarbeit nur dann unter den Verordnungsentwurf, wenn diese im Wechseldienst erbracht wird. Personen, die ständig in der Nacht arbeiten, gelten demnach nicht als SchwerarbeiterInnen. Die arbeitsmedizinischen Empfehlungen zur Nachtarbeit müssen berücksichtigt werden. Nachtarbeit soll als Schwerarbeit gelten, wenn sie mindestens fünfmal im Monat zwischen 22 und 6 Uhr im Umfang von mehr als vier Stunden pro Nacht geleistet wird. Fazit: Sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch der Verordnungsentwurf müssen überarbeitet werden, um eine faire Pensions-Regelung für die SchwerarbeiterInnen zu schaffen. ÖGB-Pressekonferenz, Wien, am 31. Jänner 2006 7