Die organisatorische Trennung zwischen Krankentransport und Notfallversorgung eine Wirtschaftlichkeitsreserve! Ulrich Schreiner AL Fahrkosten/Rettungsdienst Hohenroda, 09. Oktober 2003 Gesetzesbegründung zum HRDG 1998 Landtagsdrucksache 14/4016: Kernpunkt dieser Neuordnung ist die formal eigenständige Regelung der Notfallversorgung und des Krankentransportes... Seitdem sollen Notfallrettung und Krankentransport gemeinsam durchgeführt werden, allerdings haben die Träger zu prüfen, ob es fachlich und wirtschaftlich zweckmäßig ist, die Aufgaben ganz oder teilweise organisatorisch getrennt durchzuführen
Organisatorische Einheit und MZF-Strategie: Behauptungen Die einheitliche Organisation der Aufgabenbereiche Notfallrettung und Krankentransport erschließt Synergieeffekte Durch die organisatorische Einheit kann die Hilfsfristeinhaltung verbessert werden. Die Nutzung der gleichen Fahrzeuge für Notfallrettung und Krankentransport erhöht die Wirtschaftlichkeit des Rettungsdienstes insgesamt Feststellung zu den Betriebskosten Die Anschaffung, der Betrieb und die Besetzung von MZF (Typ B) sind gegenüber KTW (Typ A) teurer. Die Einführung von MZF in Schleswig-Holstein stößt bei den Leistungserbringern auf Widerstand, weil sowohl die Eignung dieser Fahrzeuge für den Krankentransport als auch die Wirtschaftlichkeit bezweifelt wird.
Beispiel: Kostenreduzierung durch organisatorische Trennung Direkt nach der Inkraftsetzung der organisatorischen Trennung im RDB Frankfurt konnten die Grundpauschalen für den Krankentransport von bisher ca. 195,- auf ca. 86,- abgesenkt werden. Die Schiedsstelle für den Rettungsdienst stellte zwischenzeitlich fest, dass sich für den Krankentransport im RDB Frankfurt erst seit 2002 ein Marktpreis gebildet hat und dieser bei nunmehr 81,- liege. Beispiel: Einsparvolumen der AOK Hessen Die Reduktion des Krankentransporttarifes in Frankfurt hat bei der AOK Hessen eine Verminderung der Kosten pro erfasster Leistung von ca. 218,- auf ca. 96,- bewirkt. Dadurch konnte bei rund 7.500 Krankentransporten für Versicherte der AOK Hessen im Jahr 2002 ein Einsparvolumen von ca. 915.000 erzielt werden.
Feststellung zur Hilfsfristeinhaltung bei organisatorischer Einheit Die Verknüpfung der einheitlichen Aufgabenwahrnehmung mit der Mehrzweckfahrzeugstrategie erhöht insbesondere in ländlich strukturierten Rettungsdienstbereichen die Hilfsfristprobleme. Die starre Zuweisung von Versorgungsbereichen führt an den Einsatzschwerpunkten zu einer intensiven Nutzung einzelner Notfallrettungsmittel für den Krankentransport. Rettungsmittelstandorte in peripheren Bereichen sind sehr gering ausgelastet. Gleichzeitig zeigen Auswertungen, dass die äußerst geringe Einsatzfrequenz i.d.r. zu einer mangelhaften Hilfsfristeinhaltung dieser Rettungswachen führt. Beispiel: MZF-Strategie an peripheren Standorten Vorgaben des Bereichsplanes: Zuweisung von 13 Ortsteilen als Versorgungsbereich Priorisierung der Notfallversorgung Verbesserung der Hilfsfrist Einsatzzeit 11% Fehlfahrten disponibler 1% KTP 18% nicht planbarer KTP 16% Notfalleinsätze 21% dringl. KTP 44% Standzeit 89%
Beispiel: MZF-Strategie an peripheren Standorten Hilfsfristeinhaltung für alle Notfalleinsätze dieses Standortes (n=123): bis 30 Min 5% keine Daten 9% Hilfsfristeinhaltung im zugewiesenen Rettungswachenversorgungsbereich (n=72): über 10 Min 22% bis 20 Min 27% bis 10 Min 59% bis 10 Min 78% Bei der Steuerung wird weder der zugewiesene Versorgungsbereich noch die Priorisierung der Notfallversorgung berücksichtigt. Ebenso ist für den zugewiesenen Rettungswachenversorgungsbereich keine Verbesserung der Versorgung erreicht worden. Feststellung zur Steuerungsqualität von Leitstellen Die Fehlsteuerung in den Zentralen Leitstellen führt zu einem erheblichen Anteil von nicht indizierten Notfalleinsätzen. Die Belegung von Notfallrettungsmitteln mit Krankentransporten ist eine offensichtliche Fehlnutzung, wenn die Einhaltung der Hilfsfrist nicht gewährleistet ist (dies ist in Baden Württemberg beispielsweise per Erlass untersagt). Diese Fehlnutzung muss durch eine Optimierung der Steuerung inkl. einer Vorhersageanalyse und einem medizinischen Dispositionsalgorithmus abgebaut werden. Hier besteht für HSM und HMdI dringender Handlungsbedarf
Beispiel für Fehlsteuerung Verteilung der NACA-Scores in einem ländlichen Rettungsdienstbereich Grundlage: 1.554 NA-Protokollen (01.05. -31.08.2002) Anzahl 700 600 500 400 300 600 Notfallpatientinnen oder Notfallpatienten sind Personen, die infolge einer Erkrankung, Verletzung, Vergiftung oder aus sonstigen Gründen 8,94% 3,93% in unmittelbarer Lebensgefahr befinden oder bei denen diese zu erwarten ist, wenn keine schnellstmögliche notfallmedizinische Versorgung oder Überwachung 35,01% und gegebenenfalls NACA Tod 7 eine Beförderung zu weiterführenden NACA 4-6 diagnostischen oder therapeutischen NACA 4-6 1-3 k.a. 52,12% Einrichtungen erfolgt ( 2 Abs. 3 HRDG). 407 200 167 120 139 100 0 43 geringfügige Störung ambulante Behandlung stationäre Behandlung akute Lebensgefahr nicht auszuschließen akute Lebensgefahr 17 61 Reanimation Tod k.a. NACA Score AG Geomed 2003 Forderungen der AOK Hessen Abbau der Fehlnutzung von Notfallrettungsmitteln durch Trennung der Fahrzeugpools für Notfallrettung und Krankentransport Abbau der Fehlsteuerung durch Vergrößerung der Dispositionsbereiche und Modernisierung der Leitstellentechnik Ermittlung der jeweils geeigneten Organisationsform durch ein wettbewerbliches Verfahren ( z.b. Markterkundung) Ggf. beschränkte Freigabe des Krankentransportes durch Genehmigungen nach den Dritten Abschnitt des HRDG
Ergebnis In der organisatorischen Trennung zwischen KTP und NFR kann eine Wirtschaftlichkeitsreserve stecken Die Auswirkungen des Gesundheitsreform Strukturgesetz und Neuregelung der Fahrkostenübernahme nur noch in zwingenden medizinischen Gründen, nach vorheriger Genehmigung (mit Ausnahme der Notfalleinsätze) bleibt abzuwarten