Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zum Tierschutz-Verbandsklagerecht (LT-Drucksache 18/298)

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Transkript:

SCHLESWIG- HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND verband der richterinnen und richter, staatsanwältinnen und staatsanwälte Kiel, im Februar 2013 Stellungnahme Nr. 03/2013 Abrufbar unter www.richterverband.de Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zum Tierschutz-Verbandsklagerecht (LT-Drucksache 18/298) Der Schleswig-Holsteinische Richterverband lehnt den Gesetzesentwurf aus primär verfassungsrechtlichen Erwägungen ab. I.) Gegen eine landesrechtliche Einführung von Mitwirkungs- und Klagerechten von Tierschutzvereinen bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Dem Land Schleswig-Holstein fehlt hierfür die Gesetzgebungskompetenz, da in diesem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung bundesrechtliche Reglungen im Tierschutzgesetz vorliegen, die als abschließend anzusehen sind. Die zu dieser verfassungsrechtlichen Problematik vertretenen unterschiedlichen Rechtsauffassungen dürften dem Ausschuss aus der rechtspolitischen Diskussion zu einer früheren Bundesratsinitiative des Landes Schleswig-Holstein sowie angesichts der Diskussionsbeiträge zu ähnlichen Gesetzgebungsvorhaben in anderen

- 2 - Bundesländern (insbesondere in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein- Westfalen) bekannt sein, so dass davon abgesehen wird, den verfassungsrechtlichen Hintergrund und den Meinungsstand hierzu im Einzelnen darzustellen. Dennoch sei auf das überzeugende Kernargument hingewiesen, das gegen eine landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz vorgebracht wird: Im Tierschutzgesetz des Bundes finden sich differenzierte Regelungen zur Unterstützung der Behörden durch Externe. So werden zur Unterstützung der Behörde im Genehmigungsverfahren für Tierversuche Expertenkommissionen gebildet, an deren Besetzung Tierschutzorganisationen mitwirken ( 15 Abs. 1 TierSchG). Diese nur für Teilbereiche des Tierschutzrechts vorgesehene Einbeziehung von Tierschutzorganisationen spricht für die Annahme, dass der Bundesgesetzgeber insoweit von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art 74 Abs. 1 Nr. 20 GG in Verbindung mit Art 72 Abs. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht hat. Der Tierschutz gehört nicht zu den Regelungsbereichen, für die nach Art. 72 Abs. 3 GG abweichende Regelungen der Länder zulässig sind. Es bleibt damit anders als im Naturschutzrecht (vgl. hierzu Art. 72 Abs. 3 Nr. 2 GG und 64 Abs. 3 BNatSchG) kein Raum für Regelungen der vorgeschlagenen Art. II.) Darüber hinaus bestehen verfassungsrechtliche Bedenken gegen den vorliegenden Gesetzentwurf, weil er die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in entsprechenden Genehmigungsverfahren und anlässlich von Eingriffsfällen unverhältnismäßig belasten könnte und weil eventuellen Vollzugsdefiziten angesichts der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 20 a GG effektiver begegnet werden müsste. Gemäß 3 Abs. 1 des Gesetzentwurfs kann ein anerkannter rechtfähiger Verein vorbehaltlich der Einschränkungen in 3 Abs. 1 Satz 2 und den folgenden Absätzen Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen, ohne die Verletzung eigener Rechte geltend machen zu können 1. in Genehmigungs-, Erlaubnis und Anzeigeverfahren nach dem Tierschutzgesetz,

- 3-2. in bau- und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, die Belange des Tierschutzes berühren, soweit der Einbeziehung dieser Belange Bundesrecht nicht entgegensteht, 3. gegen Anordnungen oder wegen der Unterlassung von Anordnungen nach dem Tierschutzgesetz. Entsprechende Klagen von anerkannten Tierschutzvereinen wären nahezu zwangsläufig mit der Weitergabe der zuvor von der Genehmigungsbehörde erhobenen personenbezogenen Daten verbunden, da den Verfahrensbeteiligten im gerichtlichen Verfahren Akteneinsicht nach 100 VwGO zu gewähren ist. Eine solche gesetzlich angelegte Weitergabe personenbezogener Daten im Verbandsklageverfahren an nicht in eigenen Rechten berührte Dritte ist mit dem von Art. 2 Abs. 1 GG umfassten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nur dann vereinbar, wenn dies aufgrund eines verhältnismäßigen Gesetzes geschieht. Entscheidend ist deshalb, ob die Regelung einer Verbandsklage zur Problemlösung erforderlich und geeignet ist, wie dies beispielsweise für die naturschutzrechtliche Verbandsklage nach 64 BNatSchG bzw. für die Verbandsklage nach dem Umweltrechtsbehelfegesetz anerkannt ist. Hieran bestehen erhebliche Zweifel. Die Erforderlichkeit einer Verbandsklage im Tierschutzrecht wird von den Befürwortern zumeist auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf abstrakt mit der verfassungsrechtlichen Verankerung des Tierschutzes in Art. 20 a GG begründet. Danach schützt der Staat die Tiere...im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Die Vorschrift selbst nennt als Träger des Tierschutzes die drei Staatsgewalten, wobei der Gesetzesvollzug der vollziehenden Gewalt zugeordnet wird. Dass gerade im Tierschutzbereich auf der Vollzugsebene eine private Kontrollinstanz einzuführen sein sollte, ist damit in der Vorschrift selbst nicht angelegt. Allerdings wird zugunsten eines Verbandsklagerechts angeführt, dass den Tiernutzern der Rechtsweg offen stehe, den Tieren jedoch nicht, so dass nicht selten Ver-

- 4 - waltungsakte zu Lasten der Tiere getroffen würden. Es wird damit eine Erwägung aufgegriffen, die angesichts der Erfahrungen mit Vollzugsdefiziten im Naturschutz vor vielen Jahren zur gesetzlichen Einführung von naturschutzrechtlichen Verbandsklagen führte. Für den Tierschutz ist ein entsprechendes Vollzugsdefizit, das auch in diesem Bereich eine Ausnahme von dem Erfordernis einer subjektiven Klagebefugnis rechtfertigen könnte, bisher jedoch nicht ersichtlich. Berichte darüber, dass die zuständigen Behörden in Schleswig-Holstein in signifikantem Umfang Genehmigungen zum Schächten ( 4a Abs. 2 TierSchG), zu Tierversuchen an Wirbeltieren ( 8 TierSchG), zum Betrieb von Tierheimen und gewerbsmäßiger Tierhaltung ( 11 TierSchG) erteilt haben könnten, ohne dass die Voraussetzungen dafür vorlagen, sind nicht bekannt geworden. Entsprechendes gilt für die Genehmigungspraxis in bau- und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Es sind bisher auch keine sich häufenden Beschwerden darüber öffentlich geworden, dass Anordnungen nach dem Tierschutzgesetz unterblieben sein könnten, obwohl sie geboten gewesen wären. In der verwaltungsgerichtlichen Praxis haben sich bisher jedenfalls keine Anhaltspunkte für ein fehlendes Engagement oder eine fehlende Schlagkraft der Amtsveterinäre ergeben, vielmehr scheint es hierzulande ein vertrauensvolles und erfolgreiches Zusammenspiel von Tierschutzorganisationen, Tierschutzbehörden und Staatsanwaltschaften im Bereich des Tierschutzes zu geben. Die in der Gesetzesbegründung enthaltene Darstellung, Verwaltungsakte würden nicht selten im Zweifelsfall zu Lasten der Tiere getroffen, ist daher überraschend, und kann ohne nähere Untersuchung der Realität nicht Grundlage für die Schaffung einer grundrechtsrelevanten Ausnahmeregelung sein. Daher wird im vorliegenden Anhörungsverfahren besonderes Augenmerk darauf zu legen sein, ob seitens der beteiligten Tierschutzorganisationen gewichtige Anhaltspunkte für ein Systemversagen auf behördlicher Ebene vorgetragen werden. Wenn sich ein solcher Befund tatsächlich ergeben sollte, wären zunächst einmal die Ursachen hierfür zu klären, um möglichst effektiv für Abhilfe zu sorgen. Wenn sich z.b. ergeben sollte, dass die mit dem Tierschutz befassten Behörden personell unzureichend ausgestattet sind, die Aufgabenerledigung ineffektiv organisiert ist oder es an

- 5 - einer hinreichenden Fortbildung oder Motivation fehlt, dann würde es gerade der staatliche Schutzauftrag nach Art. 20 a GG gebieten, solche Mängel durch Verwaltungshandeln umgehend und effektiv dort zu beheben, wo sie bestehen, z.b. durch eine bessere Ausstattung der Behörden, durch klare ministerielle Vorgaben und eine verbesserte Fortbildung und Motivierung des Personals. Dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag würde es in einem solchen Fall dagegen nicht gerecht, stattdessen den einfachen Weg einer Verbandsklagemöglichkeit zu gehen. Ein solcher Lösungsversuch wäre zwar weniger mühsam, wirkte fortschrittlich und wäre bei vordergründiger Betrachtung kostenlos zu haben, er wäre jedoch als ungeeignet zu bewerten. Die Möglichkeiten der Justiz als Reparaturbetrieb sind in diesem Zusammenhang begrenzt; es würden sich so nur Fehlerkorrekturen in Einzelfällen in relativ langwierigen gerichtlichen Verfahren erreichen lassen, wobei dies von privaten Initiativen von Vereinen abhängen würde, die auch die Kostenrisiken tragen müssten. Wenn sich im Anhörungsverfahren nicht doch noch ein dringender Bedarf für eine Verbandsklagemöglichkeit ergeben sollte, ist aufgrund der dargelegten Verhältnismäßigkeitserwägungen davon abzuraten, den Gesetzesentwurf weiter zu verfolgen. Stattdessen sollte allen Mängelanzeigen von Tierschutzorganisationen außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens nachgegangen werden, mit dem Ziel, den Tierschutz innerhalb des bestehenden Rahmens zu optimieren. III.) Für den Fall, dass der Entwurf weiterverfolgt wird, sollten jedenfalls einige Änderungen der vorgeschlagenen Einzelregelungen erwogen werden: - Das in 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzentwurfs vorgesehene Verbandsklagerecht in Anzeigeverfahren nach dem Tierschutzgesetz dürfte nie praktisch werden, da eine Verbandsklage nach 3 Abs. 2 des Entwurfs stets den Erlass eines in Absatz 1 genannten Verwaltungsaktes voraussetzt, die Anzeige nach dem Tierschutzgesetz jedoch nicht gleichbedeutend mit einem Verwaltungsakt ist. Eine behördliche Anordnung nach 16 a TierSchG kann zwar Folge einer Anzeige sein, nämlich dann, wenn die Behörde gegen einen Gesetzesverstoß vorgehen will. Dieser Fall ist jedoch speziell mit 3 Abs. 1 Nr. 3 des Entwurfs ( Anordnungen nach dem Tierschutzgesetz ) erfasst. Solange

- 6 - an der letztgenannten Regelung festgehalten wird, läuft die Regelung zum Anzeigeverfahren leer. Die Streichung dieses Teils der Regelung sollte deshalb erwogen werden. - Die Regelung in 3 Abs. 1 Nr. 2 des Entwurfs ist außerordentlich weit und gleichzeitig relativ unbestimmt gefasst. In der vorliegenden Fassung wäre ein Mitwirkungs- und Klagerecht der anerkannten Vereine auch bei Vorhaben der Hobbytierhaltung, der Forschung und z.b. bei jeder einzelnen Windkraftanlage anzunehmen. Es sollte erwogen werden, an dieser Stelle nur Verfahren von besonderer Bedeutsamkeit in klarer Weise aufzuführen. Eine abgewogenere und zugleich klarere Lösung lässt sich dem entsprechenden Gesetzentwurf aus Nordrhein-Westfalen entnehmen, der in diesem Zusammenhang bau- und immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für Vorhaben zum Halten von Tieren zu Erwerbszwecken nennt. - Nach 3 Abs. 1 Nr. 3 des Entwurfs sind Rechtsbehelfe von Vereinen auch im Falle von Anordnungen...nach dem Tierschutzgesetz vorgesehen. Es erscheint nicht schlüssig, dass unter dem Gesichtspunkt eines Vollzugsdefizits ein Verbandsklagerecht auch dann geregelt wird, wenn die zuständige Behörde aktiv geworden ist, indem sie gegen einen Tierhalter mit einer Anordnung vorgeht. - Gemäß 1 Abs. 1 des Entwurfes ist einem Verein Gelegenheit zur Einsicht zu geben. Da es versäumt wurde, den Gegenstand der Einsicht zu nennen, sollte die Vorschrift entsprechend ergänzt werden. Es könnte z.b. nach dem Vorbild des Gesetzentwurfes aus NRW eine Einsicht in die tierschutzrelevanten Sachverständigengutachten vorgesehen werden. - Soweit in 4 des Entwurfs ein Anspruch auf Informationen über den Tierschutz nach den Verfahrensvorschriften des Informationszugangsgesetzes geregelt wird, stellt sich die Frage nach der Reichweite des Anspruchs. Sofern beabsichtigt sein sollte, dass sich der Informationsanspruch vollständig nach dem Informationszugangsgesetz richten soll, wäre die Regelung überflüssig, da ohnehin ein solcher Anspruch besteht. Da jedoch nur auf das Ver-

- 7 - fahren nach dem Informationszugangsgesetz Bezug genommen wird, kommt auch die Auslegung in Betracht, dass ein weitergehender materiell-rechtlicher Informationsanspruch im Sinne von 3 Satz 2 Informationszugangsgesetz geregelt werden soll, der nicht durch 10 Informationszugangsgesetz (Schutz privater Belange) begrenzt wäre. Gegen eine so verstandene Regelung bestünden wegen des dann vollständig vernachlässigten bereichsspezifischen Datenschutzes erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.