- 2 - Lebensmittelrecht

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Transkript:

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse des Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Dr. Tade M. Spranger Umfassende Untersuchung verschiedener europäischer Richtlinien und Verordnungen in Bezug auf ihre Möglichkeiten der Regulierung von Umweltauswirkungen Neuer Techniken neben dem Gentechnikrecht Derzeit bestehen unterschiedliche Auffassungen, ob die sogenannten Neuen Techniken wie CRIPSR/Cas und andere Genome-Editing-Verfahren unter dem bestehenden Rechtsrahmen des Gentechnikrechts reguliert sind. Würden mittels Neuer Techniken veränderte Organismen nicht als gentechnisch veränderte Organismen angesehen, unterlägen sie nicht den vorsorgeorientierten Maßgaben des Gentechnikrechts. Gegebenenfalls, so wird argumentiert, unterlägen mittels Neuer Techniken veränderte Organismen aber den allgemeinen europäischen Regelungen über den Anbau von Pflanzen, die Tierzucht, die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit und den Umweltschutz. Nach Untersuchung der oben genannten Rechtsbereiche kommt Prof. Spranger zu dem Ergebnis, dass die verschiedenen europäischen Richtlinien und Verordnungen weder für sich noch zusammen genommen ein dem Gentechnikrecht vergleichbares Schutzniveau gewährleisten. Sie heranzuziehen würde außerdem zu einer starken Aufsplitterung der behördlichen Zuständigkeiten führen. Aufgrund der entstehenden Zuständigkeits- und Prüflücken sind die u.g. Rechtsgebiete daher aus Umweltschutzaspekten nicht als Auffangrechte für die Regulierung hochtechnologischer Verfahren tauglich. Saatgutrecht Das europäische Saatgutrecht und das die europäischen Saatgutrichtlinien umsetzende Saatgutverkehrsgesetz stellen keine adäquaten Prüf- und Kontrollmaßstäbe für Neue Techniken zur Verfügung. Die Möglichkeit der Zulassungsverweigerung ist an eine Ermessensausübung gekoppelt und erfolgt zudem anhand vergleichsweise unspezifischer Kriterien. Zusätzlich ist das Saatgutrecht nicht darauf ausgelegt, spezifische Gefahren zu evaluieren, die sich bei der Anwendung hochtechnologischer Verfahren zeigen können. Vor allem aber ist es Sinn und Zweck des europäischen und nationalen Saatgutrechts, vornehmlich Sortenechtheit und Sortenreinheit zu gewährleisten. Sofern und soweit im Saatgutrecht Aspekte des Verbraucherschutzes thematisiert werden, geht es dementsprechend regelmäßig auch nur um den Gesichtspunkt, dass der Verbraucher vor dem Erwerb unzureichender Sorten geschützt werden soll. Verbraucher in diesem Sinne ist dabei nicht der Endverbraucher, sondern der Saatgutverbraucher. Maßnahmen der Nachkontrolle bzw. des Monitorings sind dem Saatgutrecht grundsätzlich fremd. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung verschiedene Restriktionen des Saatgutrechts herausgearbeitet hat: So entfaltet das Saatgutrecht keine Wirkung als Schutzgesetz und ist zudem aufgrund verfassungsrechtlicher Erwägungen nicht auf Wildformen anwendbar. Auch das Sortenschutzrecht besitzt keinerlei Relevanz für die vorliegende Fragestellung.

- 2 - Lebensmittelrecht Das europäische Lebensmittelrecht ist gleichermaßen ungeeignet, um als Auffang- Rechtsregime für Neue Techniken zu fungieren. Mit Blick auf die Verordnung zur Festlegung allgemeiner Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts 1 lässt sich insbesondere feststellen, dass lebende Tiere, soweit sie nicht für das Inverkehrbringen zum menschlichen Verzehr hergerichtet worden sind, Pflanzen vor dem Ernten, und Tabak und Tabakerzeugnisse nicht zu den Lebensmitteln in diesem Sinne zählen. Aspekte des Umweltschutzes spielen im Regime dieser Verordnung keine nennenswerte Rolle. Futtermittel werden einem klar anthropozentrischen Ansatz folgend nur insoweit erfasst, als sie an Tiere verfüttert werden, die ihrerseits für den menschlichen Verzehr vorgesehen sind. Unzureichend sind auch die Anforderungen an die Risikoanalyse und das Vorsorgeprinzip. Zwar spricht die Verordnung zur Festlegung allgemeiner Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts umfassend von dem Erfordernis einer umfassenden Risikoanalyse. Der hierzu vor allem in Art. 6 und 7 der Verordnung etablierte Mechanismus mag auf den ersten Blick recht umfassend erscheinen. Indes liegt bei Anwendung Neuer Techniken weder ein Agens, noch ein Zustand von Lebensmitteln vor, so dass eine Gefahr im Sinne der Verordnung automatisch ausscheidet. Zusätzlich ist das Vorsorgeprinzip im Anwendungsbereich der oben genannten Verordnung anthropozentrisch fokussiert, so dass mögliche Umweltbeeinträchtigungen ausgeblendet werden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Maßnahmen- und Sanktionskatalog im Lebensmittelrecht nicht geeignet ist, im Rahmen der Kontrolle Neuer Techniken als Auffangregime für das Gentechnikrecht zu dienen. Insbesondere arbeitet das europäische Lebensmittelrecht in erheblichem Maße mit Instrumenten, die eher an Selbstverpflichtungserklärungen der Hersteller erinnern. Ausschlaggebend hierfür ist der Umstand, dass dem allgemeinen Missbrauchsprinzip des Lebensmittelrechts folgend keine präventive Kontrolle oder gar Genehmigungspflicht für das Inverkehrbringen von Lebensmitteln existiert. Vielmehr obliegt die Einhaltung der entsprechenden Standards primär den Lebensmittelunternehmen, wohingegen sich der Staat auf eine allgemeine, zeitlich nachgelagerte Kontrolle beschränkt. Die sog. Novel-Food-Verordnung 2 beschränkt sich ausschließlich auf bestimmte Lebensmittel und weckt zudem Zweifel in Bezug auf die grundsätzliche Eröffnung des Anwendungsbereiches, aber auch hinsichtlich des Kriteriums der wesentlichen Gleichwertigkeit. Ob Neue Techniken überhaupt Kennzeichnungspflichten auslösen würden, ist fraglich. Unabhängig davon fehlt es unter Geltung der Novel-Food-Verordnung an Produktbeobachtungspflichten und einem der Freisetzungsrichtlinie 3 vergleichbaren Transparenzniveau. Die neue Novel-Food-Verordnung 4 perpetuiert hinsichtlich einer Anwendbarkeit auf Neue Techniken 1 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit. 2 Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten. 3 Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates. 4 Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission.

- 3 - allen Neuerungen zum Trotz grundlegende Unzulänglichkeiten der alten Novel-Food- Verordnung 5. Zusätzlich gilt, dass die neue Verordnung nicht als Auffangregime ausgelegt ist und zudem zentrale Überwachungsfragen der Eigenverantwortung der Lebensmittelunternehmer überlässt. Die Verordnung betreffend die Informationen der Verbraucher über Lebensmittel 6 widmet sich der Lebensmittelinformation und gehört damit zugleich zum Regelungsbereich des Verbraucherinformationsrechts. Sie zeigt sich lediglich als Ergänzung der Verordnung zur Festlegung allgemeiner Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts 7 und teilt somit die Defizite dieses übergeordneten Rahmens. Unabhängig davon würden mittels Neuer Techniken produzierte Stoffe aber auch nicht als Zutaten im Sinne der Verordnung betreffend die Verbraucherinformationen über Lebensmittel gelten. Ethische Bedenken spielen im Kontext dieser Verordnung keine adäquate Rolle; eine Präventivkontrolle findet nicht statt. Futtermittelrecht Das Recht der Futtermittelsicherheit, wie es vor allem durch die Verordnung über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln 8 geprägt wird, weist ebenfalls zahlreiche gravierende Lücken auf, die einer Kontrolle Neuer Techniken entgegenstehen. Dies gilt vor allem mit Blick auf den völlig anders gewichteten Regulierungsansatz im Lebens- und Futtermittelrecht. Die Verordnung erkennt aber darüber hinaus auch an, dass Vorgaben zu hochtechnologischen Anwendungen Vorrang genießen. Hier zeigt insbesondere der Verweis auf die Verordnung über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel 9 und über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebens- und Futtermitteln 10, dass die Verordnung über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln in keiner Weise darauf angelegt ist, eine auch nur annähernd vergleichbare Prüfdichte zu erlangen. Nähme man mittels neuer Technologien erzeugte Or- 5 Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten. 6 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Informationen der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinie 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission. 7 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit. 8 Verordnung (EG) Nr. 767/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 79/373/EWG des Rates, 80/511/EWG der Kommission, 82/471/EWG des Rates, 83/228/EWG des Rates, 93/74/EWG des Rates, 93/113/EG des Rates und 96/25/EG des Rates und der Entscheidung 2004/217/EG der Kommission. 9 Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel. 10 Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln sowie zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG.

- 4 - ganismen vom Anwendungsbereich der Freisetzungsrichtlinie 11 aus, so müsste diese Ausklammerung auch die die Richtlinie ergänzenden Verordnungen über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel und über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebens- und Futtermitteln, betreffen. Die Annahme einer Unanwendbarkeit der Freisetzungsrichtlinie müsste daher notwendigerweise zu einer eklatanten Regelungs- und Sicherheitslücke führen, da das allgemeine Lebens- und Futtermittelrecht in Bezug auf Sinn und Zweck, Mechanismen, Kontrollinstrumente etc. etc. explizit völlig anderen Standards folgt. Pflanzenschutzmittelrecht Die Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln 12 entfaltet über den engen Lebensbereich der Pflanzenschutzmittel hinaus keine Wirkung und ist darüber hinaus auch nur dann anwendbar, wenn die entsprechenden Effekte gezielt herbeigeführt werden sollen. Drüber hinaus versteht sich die Verordnung als Ergänzung des spezialrechtlichen Rahmens der Freisetzungsrichtlinie, nicht aber als Substitut für möglicherweise fehlende Vorgaben für Neue Techniken. Sonstiges Recht Bei der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 13 handelt es sich zwar um eine bedeutende allgemeine umweltpolitische Agenda der Europäischen Union, sie stellt jedoch keine konkreten Instrumentarien zur Verfügung, die zur Kontrolle Neuer Techniken geeignet wären. Die EG-Öko-Basisverordnung 14 geht von einem diametralen Verhältnis ökologischer / biologischer Produktion einerseits und GVO andererseits aus und widmet sich vor diesem Hintergrund der Regelung ökologischer / biologischer Produktion. Im Falle einer Unanwendbarkeit des europäischen Gentechnikrechts auf Neue Techniken würde die Öko-Basisverordnung schon vor diesem Hintergrund kein taugliches Auffangregime darstellen. Dies gilt umso mehr, als die in der Öko-Basisverordnung genannte Risikobewertung, aber auch die behördliche Nachschau in keiner Weise mit der Risikobewertung und den Obliegenheiten nach Freisetzungsrichtlinie zu vergleichen ist. 11 Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates. 12 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates. 13 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. 14 Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91.

- 5 - Im Falle der Unanwendbarkeit der Freisetzungsrichtlinie auf Neue Techniken verbietet sich schließlich auf nationaler Ebene auch ein Rückgriff auf allgemeine Kategorien des Polizeiund Ordnungsrechts. Ursächlich für diesen Befund sind neben den teils erheblichen Abweichungen des Landespolizeigesetze vor allem die Divergenz zwischen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge, die definitorischen Probleme bei der Konkretisierung verschiedener Grund-begriffe des Polizei- und Ordnungsrechts, sowie die fehlende fachliche Kompetenz der allgemeinen Polizeibehörden.