Wissenschaftler zwischen Deutschland und Frankreich Pilotstudie zur Mobilität der Wissenschaftler in Europa (Februar 2007) Im Auftrag der Deutsch-Französischen Gesellschaft für Wissenschaft und Technologie (AFAST-DFGWT), Bonn Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung Deutsch-Französische Veranstaltung für Studierende und Doktoranden, Potsdam-Griebensee am 27.01.2010 Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 1
Angestrebte Zielgruppe voll ausgebildete Wissenschaftler wissenschaftliche Berufserfahrung Grenzwechsel für länger als ein Jahr Schwerpunkt: Forschungsaktivitäten Schwerpunkt: außeruniversitäre Forschungseinrichtungen (ohne Studien- und Promotionsaufenthalte, Post-Doc- Stipendien und kürzerfristige Arbeitsaufenthalte) Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 2
Umfrage: 46 Teilnehmer (nicht überprüfte und nicht repräsentative subjektive Erfahrungen und Wahrnehmungen!) 34 dt. Wissenschaftler; davon: 7 entsandt oder m. Rückkehrgarantie 2 bis Pensionierung 8 ohne Rückkehrabsicht/-möglichkeit 10 mit Berufsbeginn in F ( Auswanderer ) 12 frz. Wissenschaftler; davon: 1 weiter in F angestellt 6 entsandt bzw. Rückkehrgarantie 3 ohne Garantie Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 3
Anerkennung von Diplomen und Berufserfahrung Keine Probleme in F und D in Frankreich: einzelne Ausnahmen keine Anerkennung der Erfahrung als unabhängiger MPI- Nachwuchsgruppenleiter, da Position bei CNRS nicht vorhanden Schwierigkeiten bei Rückkehr: Anerkennung d. Tätigkeit in dt. FZ ( GmbH ) fehlende Berücksichtigung der fachlichen MPI-Erfahrungen bei CNRS-Position bei wissenschaftlichen Auswanderern nach F: konkurrenzlose langfristige berufliche Perspektiven in F aber: i. d. R. Einstufung als Berufsanfänger bei Verbeamtung Schwierigkeiten bei Anerkennung dt. Diplome u. Berufserfahrung keine ausreichende Berücksichtigung der Promotion bei frz. Unternehmen bei Beförderungen Nachteile gegenüber Absolventen der Grandes Écoles sehr positiv: seit 1984 Verbeamtung auch von Ausländern/Ehepartnern Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 4
Arbeitsbedingungen und Organisation Ressourcen/Finanzierung in Frankreich: überwiegend keine Problem gelegentlich nicht ausreichende Forschungsmittel fehlende Stellen für Doktoranden und PostDocs (CDD) wenig Möglichkeiten für befristete Einstellungen vereinbarte Doktorandenstellen für Nachwuchsgruppen nicht oder nur mit großer Verzögerung bereit gestellt(2x) Probleme bei Verwaltung eingeworbener Drittmittel durch CNRS schlechtere Lehr- u. Forschungsbedingungen an Universitäten in Deutschland: eher besser und bessere Mittelverteilung als in F in Universität: größere Autonomie beim Einsatz der Mittel, aber schlechter als an Grande École in F (1x) Arbeitsverzögerungen durch Schwierigkeiten bei Rekrutierung von Doktoranden und Post-Docs für Nachwuchsgruppe in MPI Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 5
Arbeitsbedingungen und Organisation z. T. sehr unterschiedliche Management-, Kooperations- u. Kommunikationskulturen (siehe Zitatensammlung) Verantwortung/Selbständigkeit in Frankreich: überwiegend positive Bewertung CNRS/UMR: Arbeitsstil eher konservativ, weniger Verantwortung u. Selbständigkeit (2 NWG-Leiter) starke Kontrolle eines Laborleiters durch unterschiedliche Aufsichtsgremien bei sonst großer Selbständigkeit (1x) Universität: stark zentralistische top-down -Verwaltung ohne wissenschaftliche Selbständigkeit (1 von 4) in Deutschland: positiv größere bzw. sehr große Selbständigkeit und Verantwortung (alle Aussagen zu dem Thema) unzureichende Unterstützung bei Gründung einer NWG oder bei Eingewöhnung/Beginn der Arbeit (MPI) weniger bzw. stärker hierarchische Arbeitsorganisation (je 1x) Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 6
Arbeitsbedingungen und Organisation z. T. sehr unterschiedliche Management-, Kooperations- u. Kommunikationskulturen (siehe Zitatensammlung) Kooperation/Arbeitsklima: in Frankreich: bei Grenzwechslern : eher kritisch; bei Auswanderern : positiv CNRS/UMR: mäßiges bis sehr schlechtes Kooperationsklima insbesondere für befristete Arbeitsgruppen durch zentrale Beförderung und Dauerstellen; Sklerose (4 von 7) übermäßiges Konkurrenzdenken d. Wissenschaftler in und zwischen Labors durch zentrales Personalmanagement Universitäten: Arbeitsklima u. Kooperation z. T. problematisch; Intrigen u. Kungeleien (2 von 4) Abstimmung in Fluren und per Telefon wiss. Auswanderer : weit überwiegend positiv in Deutschland: positiv nur positive Reaktionen oder keine Probleme sehr hoher Anteil befristeter Stellen: negative Auswirkungen auf Arbeitsklima u. -qualität bzw. unerträglicher Wettbewerb zwischen jungen Wissenschaftlern in MPI(2x) Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 7
Verwaltung: Arbeitsbedingungen und Organisation in Frankreich: relativ häufige Beanstandungen: langsam, ineffizient und bürokratisch (Vergleich oft m. MPI/FZ) Schwierigkeiten mit zentralistischer Wissenschaftsverwaltung, insbesondere für Universitäten: bei Drittmittelverwaltung, Einstellung von Doktoranden, Dienstreisen und Bestellvorgängen (FZ: 5 von 7; Univ.: 3 von 4) in Deutschland: insgesamt positiv bzw. neutral MPI: sehr wirksam; FZ: eher vergleichbar mit F Universität: sehr schwerfällig, ganz schön störend (1x); ähnlich in F, dort aber mehr Kulanz Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 8
Renten- und Krankenversicherung möglichst im heimatlichen Gehalts- u. Versicherungssystem bleiben Wechsel ab ca. 45 J.: erhebliche finanzielle Verluste ( Mobilitätssperre ) große Unsicherheit über Auswirkungen auf spätere Rente in D/F Doppelrente? volle Anrechnung? endgültige Rentengesamthöhe? erheblicher Informationsbedarf starke Verluste bei VBL ( Reduzierung auf ein Viertel ) > notwendig: Befreiung von Sozialversicherungspflicht in F (DVKA) Krankenversicherung: sehr unterschiedliche Erfahrungen: Vergleich PKV/GKV in D v. GKV + Zusatzversicherung in F oder Mischsystem frz. Versicherung meist preiswerter Problem der Rückkehr ins dt. GKV/PKV-System Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 9
Steuern und Abgaben in Frankreich: vorteilhaftes, einfaches, transparentes u. familienfreundliches System (soweit ohne Zusatz- u. Nebeneinkommen) kurze Fristen, hilfsbereite Finanzämter, keine Steuerberater diverse Lokal- u. Sondersteuern (z.b. Wohnungssteuern) höhere Sozialabgaben in Deutschland: überwiegend Verbleib im frz. System (frz. Gehälter) extrem hohe Steuern bei geringeren sozialen Leistungen hohe Kirchensteuer: große Überraschung Doppelbesteuerung im ersten Auslandsjahr Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 10
Privates Umfeld und Lebensbedingungen der Familie in Frankreich: privates Umfeld: fast keine Probleme in F + D; Sprachprobleme viel leichtere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bessere Kinderbetreuung und längere Tagesschulzeiten eher Anstellungen für Partner in Verwaltung und Wirtschaft geringe Englisch- u. Deutschkenntnisse in Deutschland: schwerwiegende Probleme für Berufstätigkeit des Partners: Krippen: unzureichende Zahl und Qualität fehlende ganztägige qualifizierte Kindergärten Grundschule nicht anspruchsvoll genug frz. Schulen relativ teuer und nicht immer zugänglich fehlende Arbeitsmöglichkeiten nicht ausreichende Sprachkenntnisse Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 11
Zusammenfassung Vergleichbare Probleme auch in anderen EU-Ländern Unterschiedliche Management-, Zusammenarbeits- u. Kommunikationskulturen (siehe auch Zitatensammlung) Schwierigkeiten bei Anrechnung von Berufserfahrung bei Übernahme in öffentlichen Dienst in F fehlende uneingeschränkte Anrechnung von Auslandsjahren in der Rentenversicherung nicht ausreichende ggs. Anerkennung der Krankenversicherungen Fehlen zuverlässiger umfassender Informationen über konkrete Arbeits- und Lebensbedingungen im Nachbarland Auswirkungen des Auslandsaufenthalts auf Rente und Krankenversicherung Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 12
Handlungsbedarf/Handlungsoptionen? mehr Entsendungen und Abordnungen Harmonisierung von Renten- und Krankenversicherungen Bereitstellung umfassender Informationen über Auswirkungen auf Renten- und Krankenversicherung u. evtl. Optionen Informationen über Lebens- und Arbeitsbedingungen bessere Unterstützung und Beratung für Grenzwechsler Erfahrungsberichte (z.b. Zitatensammlung in Studie) Erfahrungsaustausch (z.b. Internetforum) repräsentativere und umfassendere Studie Einbeziehung weiterer Länder (z.b. GB, NL, A, I, SP, CH) Mobilitätsworkshop Bonn, 04.11.2008 13