Beschluss des Sachverständigenbeirats für Naturschutz und Landschaftspflege in Berlin vom zum:

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Transkript:

Beschluss des Sachverständigenbeirats für Naturschutz und Landschaftspflege in Berlin vom 14.04.2005 zum: Ausbau des Sacrow-Paretzer Kanals und Auswirkungen auf die Havel in Berlin Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Sacrow-Paretzer Kanals (SPK) als Abschnitt des Ausbauvorhabens Projekt 17 VDE (P 17). Projektbedingt werden durch den Ausbau im Land Brandenburg erhebliche Wasserstandsabsenkungen und nachhaltige Veränderungen der Abflussverhältnisse im Land Berlin hervorgerufen, die aus Sicht der Landeskultur und des Naturschutzes sowie der Wasserwirtschaft vom Land Berlin nicht akzeptiert werden können. Nach Einschätzung des Beirates sind durch diesen Ausbau irreparable Schäden im Bereich der Berliner Havel, anschließender Gewässer und gewässerabhängiger Biotope nicht auszuschließen. In den zum Ausbau des SPK erarbeiteten Planungsunterlagen wurden die Folgen für die Berliner Havel jedoch nicht ausreichend dargestellt, so dass das Land Berlin nicht in der Lage ist, auf Grundlage der vorgelegten Planungsunterlagen das Risiko für die Berliner Landschaft und den Berliner Wasserhaushalt einzuschätzen. In den letzten Jahren wurden mit der Schleuse Charlottenburg und dem Wasserstraßenkreuz Magdeburg bereits zwei eigenständige Baumaßnahmen des P 17 fertig gestellt, so dass der verkehrliche Nutzen der Havel bereits ganz erheblich gesteigert worden ist. Es ist zu fragen, ob die Schwere der nicht auszuschließenden ökologischen Schäden in einem angemessenen Verhältnis zu dem jetzt noch zu erreichenden Anstieg des verkehrlichen Nutzens steht. Es wäre sinnvoll, zum jetzigen Zeitpunkt vor dem Weiterbau eine ökologische Risikoeinschätzung und eine Kosten-Nutzen-Analyse vom Bundesverkehrsministerium zu fordern. Der Sachverständigenbeirat für Naturschutz und Landschaftspflege empfiehlt der Senatorin für Stadtentwicklung, die planfeststellende Behörde aufzufordern, die Mängel der Planfeststellungsunterlagen zu beheben und das Einvernehmen zum Ausbau des SPK nicht eher zu erteilen, bis: 1. der zu untersuchende Wirkraum auf Flächen des Landes Berlin erweitert und die Auswirkungen in prüffähigen Unterlagen dargestellt und bewertet wurden, 2. die kumulierenden Effekte der verschiedenen Wirkfaktoren, die Auswirkungen auf den Wasserstand haben (hier vor allem Gewässerausbau, Trinkwassergewinnung, Spreewassernutzung in der Lausitz, Klimaeinfluss) im Zusammenhang untersucht und dargestellt wurden, 3. Lösungen ausgearbeitet und abgestimmt worden sind, die auf eine Absenkung der Wasserstände in Berlin verzichten, da die ökologischen Auswirkungen gravierend sind, 4. ein vollständiges, abgestimmtes Kompensationskonzept für die negativen Auswirkungen in Berlin vorgelegt wurde. 5. Der Sachverständigenbeirat empfiehlt der Senatsverwaltung weiterhin, vom Vorhabensträger zu fordern, die Ergebnisse der vom BMU aktuell stattfindenden Überprüfung der Nachhaltigkeit von Ausbaumaßnahmen an Bundeswasserstraßen abzuwarten, bevor mit weiterem Ausbau potenzielle irreparable Schäden entstehen. 1

Begründung: Zu 1: Wirkraum des Ausbaus Sacrow-Paretzer Kanal Das Planfeststellungsverfahren zum SPK umfasst die Fliesstrecke vom Göttinsee bis zum Jungfernsee in Brandenburg. Wesentliche Ausbaumaßnahme wird die Verbreiterung und Vertiefung der Fahrrinne sein, d.h. die Flussabschnitte werden auf 3,50 m und die Kanäle auf 4 m Wassertiefe ausgebaggert werden. Die herzurichtenden Breiten und Fahrrinnentiefen ermöglichen bis auf den Nedlitzer Durchstich den Begegnungsverkehr von Großmotorgüterschiffen von 110 m und Großschubverbänden von 185 m Länge, 11,40 m Breite und 2,80 m Abladetiefe. Besonders die Querschnittsvertiefung bedingt die erheblichen Ausbaufolgen im Land Berlin. In Folge der Querschnittserweiterung werden die Wasserstände in Berlin im mittleren Hochwasser um 17 cm und im Mittelwasserbereich um 5,5 cm gesenkt werden. Die sich hieraus ergebenden Folgen für Berlin sind aus den dargelegten Unterlagen nicht übersehbar und daher inakzeptabel. Zur Vorhabenprüfung ist jedoch unbedingt erforderlich, dass die Ausbaufolgen für das Land Berlin dargestellt werden. Nach UVP-Gesetz 6 (3) Nr. 4 besteht die gesetzliche Verpflichtung, die Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden zu beschreiben. (UVPG 2002) Dieser Wirkraum umfasst die Berliner Havelseen, anschließende Gewässer und gewässerabhängige Biotope bis zu den Schleusen Charlottenburg, Spandau und Kleinmachnow. Der Träger des Vorhabens kommt in der Rahmenuntersuchung zur Nordtrasse (AG Berliner Wasserstraßen 1998) bei der Einschätzung der Ausbaurisiken zu folgenden Aussagen: - Durch die Querschnittsaufweitung kommt es bei Beibehaltung der Stauziele der Wehre an den Schleusen Mühlendamm und Kleinmachnow zu einer Verringerung der ohnehin sehr geringen Fließgeschwindigkeiten. (AG Berliner Wasserstraßen 1998 Kap. 5-24) - Besonders bei Niedrigwasserperioden ist aufgrund der längeren Verweilzeiten besonders in den Bereichen der Einleitungen von Klärwerken (z.b. KW Ruhleben/SOW ca. km 1,50) und der erwärmten Kühlwassereinleitungen (z.b. Kraftwerk Reuter/SOW km 2,00-2,50) mit einer Beeinträchtigung der Beschaffenheit zu rechnen. (AG Berliner Wasserstraßen 1998 Kap. 5-24) - Bei Beibehaltung der Stauziele der Wehre an den Schleusen Mühlendamm und Kleinmachnow kann es durch die Reduzierung der MNQ-Abflüsse 1 in Niedrigwasserperioden zu einer Einschränkung der Versorgungssicherheit und zu Beschaffenheitsproblemen bei der Entnahme von Uferfiltrat (siehe Kapitel 5.2.1.2.4) der Wasserwerke Jungfernheide und Tiefwerder kommen. (AG Berliner Wasserstraßen 1998 Kap. 5-24) (1 MNQ = mittleres Niedrigwasser) Für Berlin ist es unverzichtbar, dass die Folgen aller Wirkfaktoren, die den Wasserhaushalt negativ beeinflussen, in ihrer Gesamtwirkung betrachtet und bereits in diesem Verfahren berücksichtigt werden. Der in den Planungsunterlagen bearbeitete Wirkraum ist unzureichend und berücksichtigt die erheblichen Beeinträchtigungen im Berliner Stadtgebiet nicht. Dieser Mangel ist zu beheben. Zu 2: Betrachtung der kumulierenden Effekte der Wasserstandsabsenkung Einer der wichtigsten Belange Berlins ist die Sicherstellung der Uferfiltratgewinnung im Bereich der Brunnen längs der Havel. Die Trinkwassergewinnung wird unmittelbar von den 2

Wasserstandsabsenkungen beeinflusst werden. Dieses Problemfeld wurde in den Planungsunterlagen nicht bearbeitet. Dazu legt 3b Abs. 2 (UVPG 2002) die UVP-Pflicht für kumulierende Vorhaben fest, d.h. die Verpflichtung zur Durchführung einer UVP besteht auch, wenn mehrere Vorhaben derselben Art (wie in diesem Fall die Nutzung der Ressource Wasser), die gleichzeitig von mehreren Trägern verwirklicht werden sollen, in einem engen Zusammenhang stehen. In der Anlage 1 (UVPG 2002) werden unter Nr. 14.2.1 der Bau einer Bundeswasserstraße, die für Schiffe mit mehr als 1.350 t zugänglich ist, wie der SPK und unter der Nr. 13.3 wasserwirtschaftliche Vorhaben mit Benutzung wie Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Ausbau eines Gewässers genannt. Diese kumulierenden Vorhaben müssen im Zusammenwirken betrachtet und entsprechend 6 (UVPG 2002) abgearbeitet werden. Dabei sind der Rückgang der Durchflussmengen und die daraus resultierenden Wasserstandssenkungen - hervorgerufen durch die Wassernutzung in der Lausitz und durch Klimaänderung - als Ausgangssituation mit erhöhter Empfindlichkeit angemessen zu berücksichtigen. Zu 3: Ökologische Auswirkungen des Ausbaus durch die Wasserstandsabsenkungen entlang der Havel und Spree in Berlin Die Berliner Havel hat einen naturnahen Charakter und besitzt noch eine gewisse Auendynamik. Sie wird von einer Vielzahl gewässerabhängiger Biotope gesäumt - Röhrichte, Bruch- und Auwaldreste sowie Überschwemmungswiesen. Diese Biotopqualitäten lassen sich nicht ohne eine gewisse Wasserdynamik, insbesondere Hochwasserereignisse, erhalten. Die AG Berliner Wasserstrassen ging in der Rahmenuntersuchung 1998 davon aus, das durch die Wasserspiegelsenkungen die Uferfläche um geschätzt 2,5 ha vergrößert bzw. die Wasserfläche um diesen Betrag verringert wird (AG Berliner Wasserstrassen 1998 Kap. 5-21). Im Klartext heißt dies, dass 2,5 ha wertvolle Flachwasserbereiche verloren gehen. In der Regel sind diese von Röhrichten oder anderen geschützten Biotopen bewachsen. Wenn diese trocken fallen, gelangen die Röhrichte in den Bereich der Absenkungstrichter der Brunnengalerien, der Standort trocknet aus und die Röhrichte sterben ab. Auf den Standorten siedeln sich vermehrt Gehölze und für den Lebensraum untypische Arten an, so dass der Lebensraum entscheidend an Qualität verliert. Durch Minimierungsmaßnahmen wurden der Eingriff im Bereich SPK und somit die Wasserspiegelsenkungen reduziert, aber auch die verbleibenden Auswirkungen können fatal sein, da dieser Effekt flächig entlang aller Röhrichtbestände entlang der gesamten Havel auftreten kann. In den ausgedehnten Röhrichten an der Unterhavel vom Pichelsdorfer Gemünd bis zum Jungfernsee leben insgesamt etwa 40 % des Berliner Bestandes des Drosselrohrsängers (AG Berliner Wasserstraßen, 1998). Die Art gilt in Deutschland in ihrem Bestand als stark gefährdet und gehört nach 10 (2) Nr. 11 BNatSchG in Verbindung mit BArtVO Anlage 1 zu den streng geschützten Arten, dessen Lebensräume auch dann nicht zerstört werden dürfen, wenn dies nicht absichtlich geschieht. In den Planungsunterlagen fehlt der Nachweis, dass die Populationen dieser und weiterer streng geschützter Arten durch die Wasserstandsabsenkungen nicht beeinträchtigt werden. Die AG Berliner Wasserstraßen (1998) beschreibt weitere Ausbaufolgen zum Planfeststellungsabschnitt 2 von der Mündung der Spree in die Havel bis Pichelsdorfer Gmünd für den Bereich des Landschaftsschutzgebietes und das geplante Naturschutzgebiet Tiefwerder Wiesen: 3

- Das entscheidende Konfliktpotential konzentriert sich auf den Bereich Tiefwerder Wiesen und das bis an das Havelufer angrenzende geplante Naturschutzgebiet. Von besonderer Bedeutung sind auch hier, neben der vorgesehenen direkten Vernichtung von wertvollem Lebensraum (Verbreiterung des Fahrwassers), die Auswirkungen des Gesamtvorhabens hinsichtlich hydrologischer Veränderungen. Diese betreffen nicht nur die Havel selbst, sondern über den Jürgengraben das Gebiet Tiefwerder Wiesen als wertvolle Hechtlaichwiesen. Kritisch ist hier insbesondere der Rückgang der Wasserstände und Abflüsse im Hochwasserfall (starke Verringerung von Überflutungsflächen) (Kap. 7-15). Falls ein weiterer Ausbau unumgänglich scheint, empfiehlt der Beirat, flankierende Massnahmen zu entwickeln, dass keine Wasserstandssenkungen auftreten. Eine Möglichkeit wird darin gesehen, die Wasserstände an der Schleuse Brandenburg derart zu steuern, dass sich die Wasserstände der Havel im Land Berlin nicht verändern. Zu 4: Vorlage eines vollständig abgestimmten Kompensationskonzeptes Falls durch den Ausbau des SPK über die zuvor genannten Minimierungsmaßnahmen hinaus Ausgleich und Ersatz erforderlich werden sollten, sollte ein länderübergreifendes Konzept erarbeitet werden, welches vor allem den Havelraum und angrenzende Feuchtgebiete in ihrer Biotopverbundfunktion berücksichtigt und die biologische Durchgängigkeit gewährleistet. Der Havelraum bietet ein großes Potenzial an Maßnahmen, so dass Kompensationszahlungen vermieden werden sollten. Zu 5: Nachhaltigkeit und verkehrlicher Nutzen sind fraglich Das Projekt 17 ist laut BVWP 2003 mit der politischen Zielsetzung des Begegnungsverkehrs für Großschubverbände bei voller Abladetiefe nach Wasserstraßenklasse Vb geplant. In den letzten Jahren wurde bereits ein großer Teil des Ausbaus auf der Strecke nach Berlin realisiert. So wurde die Trogbrücke bei Magdeburg gebaut, die die Schifffahrt von der Elbequerung unabhängig macht. Der Elbe-Havelkanal wird zur Zeit ausgebaut und damit die Undichtigkeiten behoben. Die Wasserverluste hatten bislang nur eine Abladetiefe von 1,60 m ermöglicht. Zukünftig wird hier eine Abladetiefe von 2,80 m möglich sein. Über Unterhaltungsmaßnahmen wurde die Sohltiefe der Havel in den Ländern Brandenburg und Berlin bereits von rund 2,50 m auf 3,10 vertieft (Bundesanstalt für Gewässerkunde 2002). Die Schleuse in Charlottenburg wurde realisiert, Westhafenkanal und Westhafen werden ertüchtigt. Erreicht wurde bislang, dass Berlin von: Europaschiffen und 156 m langen Schubverbänden mit voller Abladetiefe von 2,50 m und 1.350 t/1.500 t anstatt wie bislang mit 500 t Ladung, Großmotorgüterschiffen bis zu einer Abladetiefe von 2,20 m und Frachten bis 1.500 t (konnten bisher nicht fahren) angesteuert werden kann. Im Richtungsverkehr wäre sogar die Befahrung mit Großschubverbänden mit einer Abladetief von 2,20 m möglich. Durch diese vielen Maßnahmen wurde bereits eine Potenzialsteigerung für die Schifffahrt um bis zu 300 % erreicht. Der Ausbaugrad entspricht der Wasserstraßenklasse Va. Auf die Wasserstraßenklasse Va beschränkt man sich auch beim Ausbau des Oder-Havel-Kanals. Realisiert wird dort der Richtungsverkehr, d.h. einspuriger Verkehr mit Ausweichstellen. Die Wasserstraßenklasse Vb wäre eine Sackgassenplanung bis Berlin, denn danach geht es nur auf Wasserstraßenklasse Va weiter. Prognosen zum Verkehrsaufkommen gehen nach der zweiten Korrektur durch PLANCO 2002 von zwei Großschiffen pro Tag und nicht einmal 4

1 Großschubverband pro Woche aus. Der geringe verkehrliche Nutzen wiegt die Schwere der ökologischen Schäden nicht auf. Daher sollte das Land Berlin darauf dringen, dass dieses Projekt in seinem Ausbaugrad zurückgestuft wird. Grundsätzlich lässt sich fragen, ob der Ausbau des SPK überhaupt zu dem gewünschten verkehrlichen Ziel führt. Vorrangiges Ziel des P 17 war bislang der Einsatz von Containerschiffen. Diese benötigen zwar eine geringere Abladetiefe von 1,60 m, aber aufgrund der vorgesehenen zweilagigen Containerverkehre größere Durchfahrtshöhen bei den Brücken. Hierfür wäre die Anhebung bzw. der Neubau von 2 Brücken in Berlin vorzunehmen. (Die Brückenkorrektur wird im Rahmen der Planung der einzelnen Planungsabschnitte abgearbeitet.) Vor diesem Hintergrund könnte man nicht nur auf den Ausbau des SPK, sondern auch von Havel und Spree verzichten. Vom BMU wird im Zuge der Bundesverkehrswegeplanung und auf Grund der Knappheit der Mittel zur Zeit ein Ranking der weiter auszubauenden Wasserstraßen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie sollten vor Beginn weiterer Ausbaumaßnahmen abgewartet werden. Quellen: AG Berliner Wasserstraßen, 1998: Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Projekt 17. Ausbau der Berliner Wasserstraßen Trasse Nord. Rahmenuntersuchung. Textband. I.A. Wasserstraßen- Neubauamt Berlin BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 2002: Wasserwirtschaftliche Verhältnisse des Projektes 17, 4. Fassung. I.A. Wasserstraßen-Neubauämter Berlin und Magdeburg. 141 S, 14 Anlagen. UVPG 2002: Gesetz über die Umweltverträglichkeit (UVPG) Stand: 18.Juni 2002, BGBl. I S. 1914. 5