Positionen der Deutschen Rheuma-Liga zur Versorgung mit Arzneimitteln

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Transkript:

Positionen der Deutschen Rheuma-Liga zur Versorgung mit Arzneimitteln Die Versorgung mit Arzneimitteln gehört für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen zu den wichtigsten Bausteinen der gesundheitlichen Versorgung. Gleichzeitig bildet die Arzneimittelversorgung einen wesentlichen Kostenfaktor in der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit unterschiedlichen Maßnahmen haben die Bundesregierungen versucht, die Kosten in diesem Ausgabenbereich zu dämpfen. Die Deutsche Rheuma-Liga bewertet die Maßnahmen primär unter der Fragestellung, wie eine hochwertige Versorgung rheumakranker Menschen sichergestellt und gleichzeitig eine rationale Arzneimitteltherapie erreicht werden kann. Dabei müssen nach Auffassung der Deutschen Rheuma-Liga Wege gefunden werden, die im internationalen Vergleich immer noch sehr hohen Arzneimittelpreise zu senken. Forschungsergebnisse veröffentlichen Die Basis für eine rationale Arzneimitteltherapie ist die Offenlegung aller Studienergebnisse durch die forschenden Institutionen, z.b. pharmazeutische Industrie, Universitäten. Bisher wird nur ein Teil der Studienergebnisse öffentlich gemacht. Durch die Nicht-Veröffentlichung von Studienergebnisse können schädliche Wirkungen und fehlender Nutzen durch die Zulassungsbehörden, den Gemeinsamen Bundesausschuss, Ärzte sowie Patientinnen und Patienten nicht immer ausreichend beurteilt werden. Durch die Nicht-Veröffentlichung ist Patientinnen und Patienten in der Vergangenheit mehrfach Schaden entstanden, der vermeidbar gewesen wäre. Daher sollten alle forschenden Einrichtungen verpflichtet werden, ihre Studien in Studienregistern anzumelden. Diese Verpflichtung muss aufgrund ihrer hohen Bedeutung gesetzlich geregelt werden. Anwendungsbeobachtungen offenlegen Nach der Zulassung werden Arzneimittel im Rahmen von Anwendungsbeobachtungen eingesetzt und überprüft. Ein Teil dieser Anwendungsbeobachtungen dient primär der Markteinführung von Medikamenten. Die Entlohnung von Ärzten für die Dokumentation und den Aufwand im Rahmen der Beobachtungsstudie ist fragwürdig, da auf diese Weise die Verordnungspraxis der Ärzte beeinflusst wird. Alle Anwendungsstudien, für die Ärzte Geld erhalten, müssen mit den jeweils vereinbarten Vergütungen offengelegt werden. Die Ergebnisse der Studien müssen offengelegt werden, um sicherzustellen, dass die Erkenntnisse aus den Studien für alle Ärzte zur Verfügung stehen. Nutzen von Arzneimitteln bewerten Die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland erstattet bisher alle verschreibungspflichtigen Medikamente nach der Zulassung, soweit sie nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss explizit aus der Erstattung ausgeschlossen worden sind. Eine Nutzenbewertung findet erst nach der Zulassung und dem Markteintritt statt. Es liegt im Interesse von Patientinnen und Patienten, dass wirksame Neuentwicklungen schnell Eingang in die Versorgung finden. Es liegt aber auch im Interesse von Patientinnen und Patienten, das Risiko für einen möglichen Schaden durch Medikamente auf das nicht vermeidbare Maß zu reduzieren und

unnötige Kosten für die Krankenversicherung durch teure Medikamente ohne Zusatznutzen zu vermeiden. Die derzeitige Praxis einer schnellen, durch intensive Marketingaktivitäten unterstützten Markteinführung von hochpotenten Medikamenten hat in einigen Fällen zu vermeidbaren Schäden für Patientinnen und Patienten geführt. Die Deutsche Rheuma-Liga ist daher der Auffassung, dass in der Regel bereits vor der Zulassung geklärt werden sollte, welchen Nutzen und Schaden ein Medikament hat. Dabei kann es sich nicht um eine abschließende Beurteilung handeln, da einige Langzeitfolgen evtl. erst später deutlich werden, doch eine belastbare Erkenntnis zum Nutzen und Zusatznutzen eines Medikaments muss durch den Hersteller vor der Zulassung nachgewiesen werden. Bei Medikamenten, die für die Therapie bei sehr seltenen Erkrankungen eingesetzt werden sollen, ist aufgrund der geringen Zahl von Betroffenen und damit möglichen Studienteilnehmern eine Nutzenbewertung vor der Zulassung kaum zu erreichen. Für Medikamente, die bei Erkrankungen eingesetzt werden, von denen 5:100.000 Menschen betroffen sind, soll daher der Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit ausreichen. Bei der Durchführung der Studien zum Nutzennachweis sollen insbesondere patientenrelevante Eckpunkte erhoben werden. Eine Beschränkung allein auf Surrogatparameter ist nicht ausreichend. Bei der Nutzenbewertung muss außerdem die Darreichungsform in die Bewertung mit einbezogen werden. Für Patientinnen und Patienten kann es zum Beispiel einen erheblichen Unterschied ausmachen, ob Medikamente selbst eingenommen oder gespritzt werden können, oder ob eine häufige Infusion erfolgen muss. Gerade für chronisch kranke Menschen kann hiervon abhängen, ob sie ihre berufliche Tätigkeit weiter ausüben können. Auch die Frage, ob ein Medikament gekühlt werden muss oder nicht, hat ggf. Auswirkungen auf Arbeitsfähigkeit und Teilhabe an der Gesellschaft. Die Deutsche Rheuma-Liga fordert außerdem, dass Studien in die Nutzenbewertung einbezogen werden, in denen auch Menschen mit weiteren Erkrankungen und ältere Menschen das Medikament erhalten. Bisher werden die Studien allein auf der Basis von vergleichsweise jungen und sonst eher gesunden Menschen mit einer rheumatischen Erkrankung durchgeführt. In der Realität der Versorgung werden die Medikamente in der Rheumatologie jedoch überwiegend von Patientinnen und Patienten eingesetzt, die die Einschlusskriterien für die Studien nicht erfüllen, aufgrund eines höheren Alters oder weiterer Erkrankungen. Für diese Menschen kann ein erhöhtes Risiko durch die Medikamenteneinnahme bestehen. Zulassungspflicht für Eigenblutpräparate Eigenblutpräparate werden als Individualrezepturen bewertet und sind nicht wie Fertigarzneimittel zulassungspflichtig. Trotzdem werden diese Präparate häufig eingesetzt und haben ein Nutzen- und Schadenspotential, das dem eines Medikamentes entspricht. Daher sollten auch Eigenblutpräparate ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Off-label-Verordnung unter Auflagen ermöglichen Dann, wenn aufgrund fehlender Medikamente oder des individuellen Krankheitsverlaufs keine Behandlungsalternativen bestehen, muss unter strengen Sicherheitsanforderungen eine Behandlung mit Medikamenten möglich sein, für die (noch) kein Nachweis des Zusatznutzens vorliegt bzw. bei denen die Zulassung für

den Indikationsbereich noch nicht erteilt ist, wenn es einen Hinweis darauf gibt, dass das Medikament wirksam ist. Vor allem für Menschen mit seltenen Erkrankungen ist eine regulierte Ermöglichung des off-label-einsatzes von Medikamenten wichtig, da nur wenige Hersteller für diesen Bereich Studien durchführen. Forschung zur den Therapiemöglichkeiten bei seltenen Erkrankungen sollte durch öffentliche Stellen gezielt gefördert werden. Die bisherige Regelung, dass Expertengruppen des BfARM den Einsatz von off-label-medikamenten bewerten, sollte ausgebaut werden, um eine schnellere Bearbeitung der Anträge zu erreichen. Bei Medikamenten, die für Erkrankungen eingesetzt werden, für die es keine Therapiealternative gibt, müssen die Anträge bevorzugt bearbeitet werden. Ärzte sollten verpflichtet werden, bei einem off-label-einsatz von Medikamenten besonders sorgfältig über potentiellen Nutzen und möglichen Schaden aufzuklären, die Medikamentengabe eng zu überwachen und die Ergebnisse im Rahmen von Registern zu dokumentieren. Die Daten aus den Registern sollen öffentlich zugänglich sein. Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen gerecht gestalten In der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es eine Vielzahl an Regelungen, die zu zusätzlichen Kosten bei rheumakranken Menschen führen. Ein Teil dieser Kosten entstehen im Arzneimittelbereich durch Zuzahlungen, Aufzahlungen oder die Notwendigkeit, Präparate komplett selbst zu zahlen. Für Zuzahlungen ist eine Belastungsgrenze generell bei 2 % des Einkommens, für chronisch kranke Menschen bei 1 % des Einkommens festgelegt worden. Bei der Belastungsgrenze werden jedoch im Arzneimittelbereich nur die Zuzahlungen für verschreibungspflichtige Medikamente berücksichtigt. OTC-Präparate sind dagegen von der Erstattung komplett ausgeschlossen, sofern sie nicht vom G-BA in eine Liste von Medikamenten aufgenommen sind, die bei schweren chronischen Erkrankungen Therapiestandard sind. Die Kosten für diese Medikamente werden auch nicht auf die Belastungsgrenze angerechnet. In der ärztlichen Praxis werden häufig Medikamente verschrieben, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss wegen des fehlenden Wirksamkeitsnachweises nicht als Therapiestandard anerkannt sind. Patienten erhalten in der Praxis die Information, dass das Medikament wirkt, von den Krankenkassen wird ihnen aber mitgeteilt, dass sie es wegen fehlenden Nachweises der Wirksamkeit nicht erstattet bekommen. Dies ist für Patientinnen und Patienten nicht nachvollziehbar. Nach Auffassung der Deutschen Rheuma-Liga müssen daher alle von Ärzten verschriebenen Medikamente und Maßnahmen bei der Berechnung der Überforderungsklausel von 2 bzw. 1 % des Einkommens mit berücksichtigt werden. Für den Fall, dass nach Auffassung der gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigungen Qualitätsdefizite bei der Verordnung von Arzneimitteln durch Ärzte bestehen, sollten geeignete Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung ergriffen werden. Aufzahlungen müssen von den Betroffenen gezahlt werden, wenn ein Medikament den Festbetrag überschreitet. In diesen Fällen stehen aber in der Regel geeignete Alternativmedikamente zur Verfügung, die vollständig erstattet werden, so dass keine Überforderung eintritt. Bei Unverträglichkeiten für bestimmte Bestandteile von Medikamenten müssen Ausnahmeregelungen möglich bleiben. Es ist allerdings

festzustellen, dass immer mehr Betroffene Aufzahlungen leisten müssen, da die Hersteller ihre Präparate nicht auf die Festbetragshöhe reduziert haben. Hier muss dringend gegengesteuert werden, um eine Überforderung von Patientinnen und Patienten zu vermeiden. In einzelnen Fällen fallen Aufzahlungen an, da der Arzt einen Austausch ausgeschlossen hat (aut-idem) oder das Medikament auf der Substitutions- Ausschlussliste enthalten ist. Sofern dann das Medikament nur zu einem höheren Preis erhältlich ist, haben Patienten keine Wahl, als die Aufzahlung zu leisten. Für beide Fälle muss gesetzlich festgelegt werden, dass die Aufzahlung entfällt und die Kosten für das verordnete Medikament komplett im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Sachleistungsprinzip erhalten Bei der Verordnung von Arzneimitteln muss das Sachleistungsprinzip erhalten bleiben. Dort, wo Krankenversicherte bisher die Kostenerstattung gewählt haben, werden nach Angaben der Krankenkassen nur etwa 30 % der Kosten tatsächlich erstattet. Jede Aufweichung dieses Grundprinzips der gesetzlichen Krankenversicherung trägt dazu bei, zusätzliche Belastungen für chronisch kranke Menschen zu schaffen. Rabattverträge Die Praxis der Rabattverträge führt für chronisch kranke und insbesondere für alte Menschen zu erheblichen Irritationen bei der Arzneimittelverordnung. Gerade für Menschen, die viele Medikamente einnehmen müssen, ist der Wechsel zu anders verpackten und anders aussehenden Medikamenten mit Problemen verbunden. In Einzelfällen sind außerdem Unverträglichkeiten zu berücksichtigen. Die Deutsche Rheuma-Liga anerkennt auf der anderen Seite das enorme Einsparpotential durch Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und Herstellern. Es ist aber aus Sicht der Deutschen Rheuma-Liga nicht sinnvoll, Rabattverträge als Instrument des Wettbewerbs zwischen den Krankenkassen auszugestalten. Stattdessen sollten zentrale Preisverhandlungen durch den GKV-Spitzenverband erfolgen. Es müssen Lösungswege gefunden werden, um zu vermeiden, dass ein häufiger Wechsel bei den Medikamenten erfolgen muss, der für einen Teil der Patientinnen und Patienten problematisch ist. Transparenz über die Ergebnisse der Vertragsverhandlungen ist für die Nutzer herzustellen. Ausnahmen von der Abgabe rabattierter Arzneimittel bei Unverträglichkeiten müssen möglich bleiben. Wirtschaftlichkeit und Qualität In der gesetzlichen Krankenversicherung wird durch unterschiedliche Maßnahmen versucht, das Verordnungsverhalten von Ärzten zu beeinflussen, so dass eine wirtschaftliche Verordnungsweise eingehalten wird. Richtgrößen, Zielvereinbarungen, Ampelsysteme, Selektivverträge werden auf KV-Ebene eingesetzt, um die Verordnung zu steuern. Durch den G-BA werden Therapiehinweise beschlossen. Aus Sicht der Deutschen Rheuma-Liga sollten vor allem Maßnahmen der Qualitätsentwicklung ergriffen werden, um eine rationale und wirtschaftliche Verordnung zu erreichen. Qualitätszirkel, Medikamentenberatung und unabhängige Fortbildung können zu einer gleichzeitig wirtschaftlichen und an der Versorgungsqualität orientierten Verordnung beitragen.

Von hoher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Information von Patientinnen und Patienten über die Arzneimittel. Im Rahmen des Shared-Decision-Making müssen Betroffene an den Entscheidungen beteiligt werden. Daher ist es von hoher Bedeutung, Informationen über die rationale Arzneimitteltherapie sowohl für Ärzte als auch Patienten aufzubereiten. Einsatz von Biosimilars Nach dem Auslauf von Patenten einiger original Biologika, die bei der Versorgung von Menschen mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden, werden zunehmend neu entwickelte Biosimilars, d.h. biotechnologisch entwickelte Präparate, die den Originalen in Struktur und Wirkung ähnlich sind, eingesetzt, um Kosten zu sparen. Die Deutsche Rheuma-Liga begrüßt, dass für Betroffene, die eine Biologika-Therapie neu beginnen, mit den Biosimilars eine kostengünstigere Verordnungsmöglichkeit besteht. Wenn Patienten sich bereits in Behandlung mit einem Biologikum befinden und es wird ein Wechsel von einem original Biologikum auf ein Biosimilar erwogen, muss bei der Entscheidung für oder gegen einen Wechsel jeweils die aktuelle Studienlage im Hinblick auf die Sicherheit eines Medikamentenwechsels berücksichtigt werden. Die individuelle Situation des Patienten muss bei der Auswahl beachtet werden und die Sicherheit des Patienten muss erste Priorität bei der Entscheidung behalten. Der Patient muss aufgeklärt werden und dem Wechsel zugestimmt haben. Biosimilars müssen außerdem anhand ihres Wirkstoffnamens eindeutig identifizierbar sein, um eventuell auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen nachverfolgen zu können. Aufgrund der für Biosimilars erleichterten Marktzulassung muss eine engmaschige Überwachung nach Marktzulassung über Register erfolgen. Die Teilnahme an diesen Registern muss verpflichtend sein. Aufgabe der Apotheken Apotheken haben eine wichtige Aufgabe in der Versorgung von Menschen mit Arzneimitteln. Apotheken sollten für alle Menschen gut erreichbar sein und eine neutrale Beratung zur Medikation anbieten. Versandhandelsapotheken ergänzen das Spektrum der Apotheken vor Ort und bieten traditionell im Bereich der OTC- Präparate günstige Preise für den Einkauf. Durch die Rechtsprechung des EuGH wird darüber hinaus auch der Zugang zu preisgünstigeren verschreibungspflichtigen Medikamenten über den europäischen Versandhandel ermöglicht. Aus Patientenperspektive sollten beide Formen von Apotheken verschreibungspflichtige wie nicht verschreibungspflichtige Medikamente vertreiben, so dass die Betroffenen entsprechend ihren Präferenzen zwischen Versandhandel und Apotheke vor Ort wählen können. Unabhängige Information von Ärzten sichern In der Vergangenheit hat es bei Medikamenten immer wieder unterschiedliche Verordnungszahlen in den Bereichen PKV und GKV gegeben, die auf eine Fehlversorgung in einem der beiden Bereiche hindeuten. Eine rationale Arzneimitteltherapie muss in erster Linie von der medizinischen Wirkung abhängig gemacht werden und basiert auf einem umfassenden Wissen der Ärzte zu Nutzen, unerwünschten Wirkungen und Wirkungen der Medikamente. Es ist in der Vergangenheit mehrfach der Versuch unternommen worden, den Einfluss von Medikamentenherstellern auf die Information und Weiterbildung von

Ärzten zu begrenzen. 95d SGB V fordert seit 2003, dass Fortbildungen für Ärzte frei von wirtschaftlichen Interessen sein müssen. Diese Maßnahmen sind nach Einschätzung der Deutschen Rheuma-Liga bisher wenig erfolgreich. Bei der Prüfung von Fortbildungsveranstaltungen durch die Ärztekammern müssen strengere Kriterien angewandt werden. Für die Prüfungen müssen ausreichende Kapazitäten bei den Kammern bereitgestellt werden. Über die Frage, ob das gesamte System der Fortbildung von Ärzten wie bisher durch Industrieunternehmen finanziert werden sollte, muss eine öffentliche Diskussion geführt werden. Auch muss sichergestellt werden, dass die von Ärzten verwendete Praxissoftware unabhängig ist. Ambulante und stationäre Medikation verzahnen Rheumakranke Menschen erleben immer wieder, dass sie im Krankenhaus auf ein Medikament eingestellt werden, das nach der Entlassung im ambulanten Bereich nicht weiter verordnet wird, weil kostengünstigere Alternativen zur Verfügung stehen oder der Arzt Bedenken aufgrund der hohen Kosten oder hohen Nebenwirkungen des Medikaments hat. Diese Situation ist für die Betroffenen nicht akzeptabel. Stationärer und ambulanter Versorgungsbereich müssen eine verzahnte Versorgung sicherstellen. Das Versorgungsmanagement muss hier wesentlich effektiver eingesetzt werden und darf sich nicht auf die Sicherstellung einer möglichst frühen Entlassung beschränken. Stand: März 2017