Peter Obleser PROJEKT ORTSBILDPFLEGE UND GESTALTUNG IN NIEDERÖSTERREICH

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Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland Heft 85 Sigel WAB 85, 1990 Arkadenhäuser. Bauformen Wohnen und Dorfemeuerung. "Schlaininger Gespräche 1988" Eisenstadt 1990 Österreich ISBN 3-85405-116-3 Peter Obleser PROJEKT ORTSBILDPFLEGE UND GESTALTUNG IN NIEDERÖSTERREICH Am 19. Oktober 1981 war der offizielle Start der Aktion "Niederösterreich schön erhalten - schöner gestalten", welche im Rahmen der Agende "Förderung der Ortsbildpflege" von der niederösterreichischen Baudirektion durchgeführt wird. Die Aktion, welche zu den politischen Agenden des Landeshauptmannstellvertreters Dr. Erwin Pröll gehört, wurde aufgrund eines Landtagsbeschlusses aus dem Jahre 1976 ins Leben gerufen. Der Landtag von Niederösterreich verabschiedete damals folgenden Beschluß: "Die Landesregierung wird ersucht, im Sinne der Antragsbegründung einen öffentlichen Wettbewerb Schönes Bauen in Niederösterreich auszuschreiben und die damit verbundenen Maßnahmen zu treffen"} Es war also zu Beginn lediglich die zitierte Willensäußerung des Landtages als Grundlage für die einzuleitenden Tätigkeiten vorhanden. Die beiden Bearbeiter, Dipl. Ing. Obleser und Dipl. Ing. Fischer, waren auf eigenen Wunsch in die Baudirektion eingetreten beziehungsweise hatten sich dorthin versetzen lassen (Dipl. Ing. Obleser aus dem Bundeshochbau und Dipl. Ing. Fischer aus dem Gebietsbauamt I), um die Grundzüge der Aktion zu erarbeiten. Am Anfang der zu treffenden Überlegungen half groteskerweise eine Reihe von eher negativ empfundenen Erfahrungen, einen Denkansatz zu finden: 1 Sitzung der niederösterreichischen Landesregierung vom 29. 8.1976.

450 Es gab überall, genauso wie heute, hervorragende Fachleute. Die Veranstaltungen auf der Ebene der Ortsbildpflege gingen aber im großen und ganzen an der Bevölkerung vorbei. Die erste große Ausnahme von dieser Situation war jene Aktion, welche die Zeitung "Kurier" gemeinsam mit den Raiffeisenkassen durchführte und die erstmals größere Bevölkerungsteile ansprach. Es galt daher, in Form von internen Diskussionen Ansätze zu finden, wie man möglichst erfolgreich in das Gestaltungsgeschehen im Lande eingreifen könnte. Vor allem mußte der Auftrag des Landtages zur Durchführung des erwähnten Wettbewerbs erfüllt werden. Dies wurde dadurch gelöst, daß von Anfang an die Notwendigkeit bestand, eine regelmäßig erscheinende Publikation zu schaffen, welche kostenlos verteilt den Mitbürgern ständig Informationen über die Gestaltungsfragen und Gestaltungsproblematik geben konnte. In die damit geschaffene Broschürenreihe, welche viermal jährlich erscheint, wurde auch der W ettbewerb eingebaut. Es wurde allerdings ein permanenter Wettbewerb daraus, der jährlich aufgrund der Rückmeldung der Leser der Broschüren die vier bis fünf besten Beispiele einer Prämierung (mit der Goldenen Kelle) zuführt. Als zweites Standbein der Aktion wurde die Idee kostenloser Beratung für jedermann geboren und als drittes Standbein die Abhaltung von Vorträgen, Informationsveranstaltungen etc. Dies alles zusammen führte zu einer Art interner Ideologie, deren Prinzipien noch heute so aktuell sind wie zu Beginn und nach denen die Aktion nach wie vor erfolgreich arbeitet. Sie sind nach unserer Ansicht die geeignetste Möglichkeit, einen wirklich optimalen Beitrag zur Ortsbildpflege, die wir heute als Umweltpflege besser verstehen, zu liefern, o Ortsbildpflege hat ihren Mittelpunkt in der Gesinnung, im Herz, nicht im Verstand. o Ortsbildpflege kann daher auch nicht verordnet werden! Gesetzlich verordnete Ortsbildpflege empfindet der Bürger subjektiv als Einschränkung, wodurch jegliche Kreativität verhindert wird, o Die öffentliche Hand hat die Aufgabe, die Gesinnung zu heben und nicht Ortsbildpflegegesetze zu erlassen, o Ortsbildpflege muß eine individuelle Ordnung zum Ziel haben. Eine Vielfalt an Harmonie und keine landesweit verordnete Monotonie. Nicht Behübschung, sondern zeitgemäße Architektur, o Die Aktion will und muß Bewußtseinsprozesse einleiten, die das Erkennen eigener Bedürfnisse sowie der Zusammenhänge Mensch-Gemeinschaft-Umwelt (mit

451 dem Schwerpunkt der Gestaltung der bebauten und geformten Umwelt) zum Ziel hat. o Die Aktion soll Entwicklungen in Gang setzen, die zur selbst bestimmten Gestaltung des eigenen Lebensraumes führen. Aktive Selbstbstimmung innerhalb der gelebten Gemeinschaft anstatt passiven Konsumverhaltens und eingelemten Prestigegehabens. Es soll unter anderem ein Gegengewicht zur mißverstandenen Anwendung moderner Technologien entstehen, o Das einzige Instrument der Aktion kann nur die Kommunikation sein. Eine Kommunikation, die sich allerdings direkt an den Endverbraucher und möglichst nur an ihn, also an den einzelnen Bürger wenden muß. o "Die Sprache der Fachleute trifft den Verstand, die Sprache der Aktion will die Herzen der Menschen in Niederösterreich erreichen!" Die Aktion mit ihren Broschüren, Seminaren und Vorträgen soll daher keine Rezepte oder technische Bauanleitungen geben, da diese vom Nichtfachmann nicht umgesetzt werden können beziehungsweise eine direkte Umsetzung, ein bloßes Kopieren nicht zielführend und sinnvoll sein kann. In diesem Zusammenhang kann als Beispiel jene Tatsache dienen, daß das Buch "Der praktische Hausarzt" niemals den Arztbesuch ersetzen oder vielleicht dazu führen kann, daß seine Leser irgend einmal selbst operieren können. Daher sollte immer und überall "Sehen lernen" vermittelt werden. o Man muß als Tätiger in der Ortsbild- und Umweltpflege stets daran denken, daß es so etwas wie eine Informationspyramide gibt. Die Fachliteratur erreicht nur die oberste Spitze, die Ebene der Fachleute. Die Basis aber bleibt ohne Information und das sind allerdings jene Mitbürger, die letztlich das ausführen sollen, was sich der Ortsbild- und Umweltpfleger wünscht - die es vor allem mit Überzeugung ausführen sollen! Der Ortsbildpfleger muß daher in erster Linie die Sprache dieser Menschen sprechen und ihre ureigensten Bedürfnisse kennen und lösen lernen. Er muß der "Partner" schlechthin sein und nicht der "Verordner".Es ist daher notwendig, Schwerpunkte und Hilfestellung besonders jenen zukommen zu lassen, die als Multiplikatoren in der Bevölkerung wirken. Das sind zweifelsohne die vielen vorhandenen Verschönerungsvereine. Diese sollen allerdings "wirklich aktiv werden" und ihre Arbeit nicht in reinen Schmückungsaktionen vergeuden.

452 Zum Aufbau der Vorträge und Seminare, die auf Wunsch kostenlos für Vereine und Gemeinden gehalten werden, wäre zusätzlich zu sagen: Das nähere Befassen mit der Arbeit Frederic Vesters hatte zur Folge, daß natürlich auch ein anderer Arbeitsstil, als er bei technischen Abteilungen sonst üblich ist, entstand. Das Befassen mit fernöstlichen Philosophien zum Zwecke eigenen geistigen und seelischen Fortschrittes ergab die Erkenntnis, daß die heutige Naturwissenschaft und Physik bereits in ein spirituelles Stadium getreten ist und die Aussagen oft nicht mehr von reinen geisteswissenschaftlichen Ergebnissen zu unterscheiden sind. Es ist daher notwendig geworden, die M itbürger vordergründig mit den Problem kreisen "Vernetzung als kosmisches Gesetz" und "Polarität als kosmisches Gesetz" zu befassen und in mehr spielerischer Art, denn das ganze soll ja auch Freude machen, auf das W ie und W arum natumaher und damit menschengerechter Gestaltung hinzuweisen. Der Grundtenor der Vorträge darf daher keine erfolgsorientierte Linie vermitteln, wie auch die Vorträge selbst so gestaltet sind, daß mehr Wert auf grundlegende Information als auf erfolgsgerichtete Arbeitsmethoden gelegt wird. Es soll hier wirklich nur der Keim zu zukünftigen Entwicklungen gelegt werden, denn es wäre sinnlos, zum Beispiel den Begriff Polarität vermitteln zu wollen und dabei selbst M ethoden anzuwenden, die diesem Gesetz nicht entsprechen. Es geht also nicht darum, vordergründig technische Details und Gestaltungslösungen zu präsentieren, sondern diese sind die Folge des Verstehens der Grundprinzipien. Nicht "wie es geht" sondern "worum es es geht" wird gezeigt. Damit verläßt die Diskussion die Ebene des (guten oder schlechten) Geschmacks und es lassen sich objektivierbare Kriterien erarbeiten. Menschengerechte Gestaltung (Architektur) ist ja keine Frage des Geschmacks, sondern eine Frage des Bewußtseins, welches entsteht, wenn man sich der Zusammenhänge M ensch, Gemeinschaft und Umwelt bewußt ist, die Gesetze der Kybernetik2 versteht, und die Gesetzmäßigkeit der Polarität3 erkennt. Aus diesem Hintergrund heraus sollte es möglich sein, dynamische, rhythmische und mit menschlichem Maß versehene Architektur entstehen zu lassen. W enn in dieser Art und Weise grundsätzlich "Gesamtheitsdenken" gepredigt wird, ist es natürlich auch notwendig, daß die Aktion selbst so handelt. 2 Frederik Vester, Unsere Welt - Ein vernetztes System 3 Ebd.

453 Und so wurden auch diverse Grenzwissenschaften, wie zum Beispiel die Radiästhesie in die Arbeit miteinbezogen. Gerade diese Wissenschaft, welche die Gebiete Geobiologie und Geomantie für den Menschen öffnet, zeigt, wie wichtig Gesamtheitsdenken in unserer Zeit is t4 4 Tom Graves, Pendel und Wünschelrute: Radiästhesie; Münchner Gesellschaft für Geo- und Baubiologie (Hg.), Handbuch der Geo- und Baubiologie, München; Itzhak Bentov, Auf der Spur des wilden Pendels. Abenteuer im Bewußtsein; Alan Watts, Die Illusion des Ich. Westliche Wissenschaft und Zivilisation in der Krise; Blanche Merz, Orte der Kraft, wenig bekannte kosmo-terrestrische Energien, Genf 1983, Blanche Merz, Die Seele des Ortes, deren Wirkkraft auf unsere vier Körper, München; Max Toth, Greg Nielsen, Pyramid Power. Kosmische Energie der Pyramiden; Nigel Pennick, Einst war uns die Erde heilig; Jörg Purner, Radiästhesie - Ein Weg zum Licht. Mit der Wünschelrute auf der Suche nach dem Geheimnis der Kultstätten, Zürich-Chur; John Michel, Die Geomantie von Atlantis. Wissenschaft und Mythos der Erdenenergien; Reinhard Breuer, Das Anthropische Prinzip. Der Mensch im Fadenkreuz der Naturgesetze, München 1983; Stephen Skinner, Chinesische Geomantie. Die Lehren des Fengh-Shui von der geheimen Kraft der Erde; Mellie Uyldert, Mutter Erde. Orte der Kraft und ihre Wirkung auf Menschen, Tiere, Wasser, Wege, München 1987; Nigel Pennick, Das kleine Handbuch der angewandten Geomantie, Amrichtshausen.

454 Diskussion zu den Referaten Franz ARTNER und Peter OBLESER W iesinger: In den letzten Tagen wurde in einigen Ansätzen nicht nur über die Objekte selbst gesprochen, sondern auch über die Situation der Umwelt, in der sich diese befinden. Herr A rtner hat das kurz in Richtung auf die Bebauungs richtlinien angedeutet. Die großen Sünden, die geschehen sind, betreffen nicht nur die Gestaltung der Objekte selbst, sondern auch die Anordnung im Raum, das Problem der Zersiedelung, die nicht nur Konsequenzen in Bezug auf die Land schaftsästhetik, sondern auch auf die Infrastruktur hat. Gibt es in Ihrem Konzept auch diesbezügliche Richtlinien, also nicht nur in Hinsicht auf Schutzzonen, die Sie erw ähnt haben, sondern auch in Richtung auf Verhinderung des weiteren A usufem s der Ortschaften und der Zersiedelung der freien Landschaft? Bei der Frage der Lebensqualität haben Sie das Verkehrsnetz erwähnt. Sind Sie wirklich so der Überzeugung, der Ausbau des Verkehrsnetzes sei eine Grundvorausset zung für Lebensqualität, weil nämlich die M öglichkeit entsprechender M obilität schon entsprechende Lebensqualität in sich berge? Artner: Nicht der Ausbau des Verkehrsnetzes gehört zur Lebensqualität, sondern das Angeschlossensein an das Verkehrsnetz. Es ist nicht allein das Angeschlos sensein an das Straßennetz, sondern auch an das Eisenbahnnetz. Überregionale Y erkehrsverbindungen sind sowohl aus w irtschaftlichen als auch kulturellen Überlegungen einfach notwendig. Bockhorn: W elche Maßnahmen setzt die niederösterreichische Landesregierung, um Ihre Vorstellungen, Herr Obleser, zu unterstützen. Obleser: Zuerst möchte ich auf die Broschüre "Niederösterreich schön erhalten" hinw eisen, die vierteljährlich erscheint, kostenlos und quasi ein Service der Landesregierung ist. W ir sind so etwas wie die "Bunten Hunde" der niederöster reichischen Landesregierung. M an kann eine Situation, die aufgrund ganz be stimmter M echanismen entstanden ist, nicht mit Aktionen, die genau die gleichen M echanismen haben, beseitigen. Daher haben wir in Niederösterreich versucht, ein Ortsbildschutzgesetz zu verhindern, weil wir der Meinung sind, daß es ohne hin schon genug Gesetze gibt, die fast kein M ensch kennt, und auch niemand anwendet. W ir gehen den Schritt zurück an die vielzitierte Basis und glauben, daß in einer A rt Sysiphusarbeit in der Erw achsenenbildung längerfristig der Erfolg liegt. Die Landesregierung trägt dazu bei, es gibt in Österreich meines W issens kein Pendant zu uns, sondern es gibt im mer nur die technokratische Dorfemeuerung, die nach den verschiedensten Strickmustern probiert wird. Docker: Ihr Film arbeitet mit sehr suggestiven Mitteln: Musik, Darstellung, Farben. W er ist die Zielgruppe? Obleser: Die Zielgruppe ist eigentlich jeder. Man ist sonst immer zielgruppenorien tiert und jeder glaubt, seine Zielgruppe zu kennen. Ich glaube, daß man gewisse Dinge einfach präsentieren sollte und sie werden sehr viele Zielgruppen an spre chen. Einige Zielgruppen aber auch abstoßen, aber das liegt in der Natur der Sa che. W ir sind gar nicht sosehr erfolgsorientiert und versuchen nicht, die Dinge dann abtesten zu lassen, sondern es funktioniert eher aus dem Bauch heraus. Es hat sehr viele begeistert und sehr viele aber auch vor den K opf gestoßen. Roland Widder: Zum Themenkomplex Bestandsaufnahme, Stichwort "Körper und Seele im Dorf, veränderte Sozialstruktur", den H err A rtner angesprochen hat. Gibt es österreichweit Untersuchungen über die sozialpsychologische D orf Situa tion, diese Dorfidylle, die wir manchmal glauben, vor uns zu haben, wobei der Sozialdruck ein sehr ambivalentes Steuerungsmittel in einem D orf sein kann, daß also Kontrolle und ein freundschaftliches Verhältnis sehr eng beisammenliegen. Kann man heute noch vom ganzheitlichen Dorfleben und Bewußtsein im D orf

455 sprechen, welche Veränderungen - Anschlußmentalität, Mobilität, Verkehrswege usw. - gibt es? Bockhorn: Es gibt eine ganze Reihe von Dorfuntersuchungen. Ich kenne kaum eine, die dieses sozialpsychologische M oment stärker betont. Die früheren D orfuntersuchungen waren positivistische Beschreibungen bestimmter Elemente. Später hat man dann auch Vertreter anderer Fächer, zum Beispiel nicht nur Volkskundler, sondern auch Soziologen herangezogen und durch Zusammenarbeit versucht, das D orf in seiner Vielfalt zu erfassen. Ich denke etwa an die von Käroly Gaal internierten Dorfuntersuchungen, denen zumindest durch den Bereich der Sozialstruktur eine recht große Bedeutung zugekommen ist, so daß man erste Orientierungsmuster hatte, die manche Daten dann etwas griffiger gemacht haben. Kropf: Es gibt im Burgenland eine sozialwissenschaftliche Forschungsgesellschaft, die zeitweise Forschungsprojekte vorstellt und in eigenen Bänden in kurzer Form veröffentlicht. Darunter befinden sich manchmal auch Ansätze zu D orfuntersuchungen. Artner: Sollte es einmal dazu kommen, daß im Burgenland Dorfemeuerungsaktionen gesetzt werden, dann sollte unter aktiver Mitarbeit der Dorfbevölkerung eine Art Chronik und eine Analyse der gesamten Dorfstruktur erstellt werden. Das Ergebnis dieser Arbeit könnte die Grundlage für alle weiteren Schritte sein, die dann gesetzt werden sollten.was die Zersiedelung betrifft, so haben wir im Burgenland eigentlich lückenlos Bebauungspläne, zum Großteil allerdings in vereinfachter Form. D ie Richtlinien sehen vor, daß dann wenn jem and diese F örderungsmittel aus der Dorfemeuerung in Anspruch nehmen will, ein ordentlicher Flächenwidmungsplan vorhanden sein muß, und für jene Gebiete, für die eine rege Bautätigkeit geplant ist, Bebauungspläne und -richtlinien geschaffen werden. Helmut Widder: Herr Obleser lehnte in einer ketzerischen Bemerkung ein Ortsbildgesetz ab. Eigentlich ist es ein Beleg dafür, daß das positive Recht Grenzen hat. Geld hat in manchen Fällen dieselbe Steuerungskapazität wie das Recht. M aschinen und Technik haben eine hohe Steuerungskapazität, aber es gibt noch so etwas wie den menschlichen Faktor. Es gibt Organisationsformen, die sehr intensiv menschliche Kommunikation voraussetzen und einsetzen. Das ist ein neuer Produktionsfaktor in der Gesellschaft, der in den letzten Jahren mehr und mehr entdeckt worden ist. Wenn ich Sie recht verstanden habe, verlangen sie nicht ein neues Gesetz und viel Geld, sondern neue Kommunikations- und neue Interaktionsfoirnen, damit kann man vielleicht auch mehr erreichen. Obleser: Über das Gesetz der Bauordnung hinaus sollte man keine weiteren Ortsbildgesetze schaffen. Das Gesetz allein genügt eben nicht, man braucht auch den M enschenverstand. Ich würde mich eher als Katalysator betrachten.