Öffentliche Auftragsvergabe/Vergaberecht (9) Rechtsschutz (I) SS 2015 Kurt Reindl 1
Gliederung 1. UE Einführung 2. UE rechtliche Grundlagen 3. UE Persönlicher Geltungsbereich 4. UE Sachlicher Geltungsbereich 5. UE Quasi-in-house-Vergaben und andere Ausnahmen 6. UE Verfahrensarten im Überblick 7. UE Ablauf Vergabeverfahren I 8. UE Ablauf Vergabeverfahren II 9. UE Rechtsschutz I 10. UE Rechtsschutz II 2
Detailgliederung 9. UE Rechtsschutz I Primärrechtsschutz Nachprüfungsverfahren (zb 320 bis 327 BVergG; 3 bis 7 OÖ VergRSG) Einstweilige Verfügungen (zb 328 bis 330 BVergG; 8 bis 11 OÖ VergRSG) 10. UE Rechtsschutz II Sekundärrechtsschutz Feststellungsverfahren (zb 331 bis 335 BVergG; 12 bis 16a OÖ VergRSG) Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche ( 337 bis 341 BVergG) 3
Sekundäres Unionsrecht Rechtsmittelrichtlinie für den klassischen Bereich Rechtsmittel-RL 1989/665/EWG idf RL 2007/66/EG ABl L 2007/335, 31 Sektorenrechtsmittelrichtlinie Sektoren-Rechtsmittel-RL 1992/13/EWG ABl L 1992/76, 14, idf RL 2007/66/EG ABl L 2007/335, 31 4
Rechtsschutzeinrichtungen Vergabekontrolleinrichtungen in Ö Überprüfung von Vergabeentscheidungen des Bund und der ihm zuordenbaren Einrichtungen Seit 1.1.2014: Bundesverwaltungsgericht Vorher Bundesvergabeamt (BVA) Überprüfung von Vergabeentscheidungen der Länder und Gemeinden und der ihnen zuordenbaren Einrichtungen Seit 1.1.2014: Landesverwaltungsgerichte Vorher in Wien und Salzburg: Vergabekontrollsenate (VKS) In übrigen Bundesländern: Unabhängige Verwaltungssenate (UVS) Überprüfung der Entscheidungen der Bundes-/Landesverwaltungsgerichte Verwaltungsgerichtshof Verfassungsgerichtshof 5
Rechtsschutzeinrichtungen Durchsetzung von Schadenersatz- und Unterlassungsansprüchen in Ö Entscheidung durch Zivilgerichte Überprüfung der Entscheidungen der Zivilgerichte durch den Obersten Gerichtshof Kontrolle von letzten innerstaatlichen Entscheidungen Im Falle einer Verletzung von durch die Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gewährleisteten Rechten (zb auf ein faires Verfahren in Zivilsachen gem Art 6 EMRK) Beschwerde an den Europäischen Gerichthof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg 6
Rechtsschutzeinrichtungen Vergabekontrolleinrichtungen in der EU Korrekturmechanismusverfahren der Kommission ( 336 BVergG) Vorabentscheidungsverfahren zur Auslegung von EU-Recht vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg Vergabekontrolleinrichtungen im Rahmen der WTO Auslegung des Agreement on Government Procurement (GPA) durch das vom Dispute Settlement Body (DSB) einzurichtende Panel gem Art XX GPA ivm dem Understanding on rules and procedures governing the settlement of disputes (DSU) 7
Rechtsschutzeinrichtungen EGMR VwGH VfGH OGH EuGH Zivilgericht BVwG bzw LVwG Kommission Panel (WTO) Unternehmer Rechtswidriges Handeln des öffentlichen Auftragebers MS der EU MS des GPA 8
Rechtliche Grundlagen OSB USB BVergG 2006 Erster Teil: Regelungsgegenstand und Begriffsbestimmungen Zweiter Teil: Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber 1. Hauptstück: Geltungsbereich, Grundsätze 2. Hauptstück: Arten und Wahl der Vergabeverfahren 3. Hauptstück: Bestimmungen für die Durchführung von Vergabeverfahren 4. Hauptstück: Bestimmungen für besondere Aufträge und für besondere Verfahren Dritter Teil: Verfahren für Sektorenauftraggeber 1. Hauptstück: Geltungsbereich, Grundsätze 2. Hauptstück: Arten und Wahl der Vergabeverfahren 3. Hauptstück: Bestimmungen für die Durchführung von Vergabeverfahren 4. Hauptstück: Bestimmungen für besondere Aufträge und für besondere Verfahren Materielles Vergaberecht 9
Rechtliche Grundlagen OSB USB Vierter Teil: Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht BVwG 1. Hauptstück: Zuständigkeit, fachkundige Laienrichter, Ausschluss und Ablehnung 2. Hauptstück: besondere Bestimmungen über das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens Nachprüfungsverfahren, Einstweilige Verfügungen, Feststellungsverfahren Fünfter Teil: Außerstaatliche Kontrolle und zivilrechtliche Bestimmungen 1. Hauptstück: Außerstaatliche Kontrolle 2. Hauptstück: Zivilrechtliche Bestimmungen Sechster Teil: Straf-, Schluss- und Übergangsbestimmungen Vergaberechtsschutz Anhänge I bis XX 10
Rechtliche Grundlagen OSB USB Landesvergaberechtsschutzgesetze LVwG Wien: Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2014 (WVRG 2014)LGBl 2013/37 Niederösterreich: NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz LGBl 2003/20 idf 2013/99 Burgenland: Burgenländisches Vergaberechtsschutzgesetz - Bgld VergRSG LGBl 2006/66 idf 2013/79 Oberösterreich: Oö Vergaberechtsschutzgesetz 2006 - Oö VergRSG 2006 LGBl 2006/130 idf 2013/90 Salzburg: Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007 - SVKG 2007 LGBl 2007/28 idf 2013/92 Steiermark: Steiermärkisches Vergaberechtsschutzgesetz 2012 StVergRG 2012 LGBl 2012/80 Tirol: Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2006 LGBl 2006/70 idf 2013/130 Vergaberechtsschutz Kärnten: Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2014 - K-VergRG 2014 LGBl 2013/95 Vorarlberg: Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl 2003/1 idf 2013/44 11
Rechtliche Grundlagen OSB USB Beispiel Oberösterreich Oö Vergaberechtsschutzgesetz 2006 - Oö VergRSG 2006 1. TEIL GELTUNGSBEREICH UND ZUSTÄNDIGKEIT ( 1 und 2) 2. TEIL NACHPRÜFUNGSVERFAHREN ( 3 bis 7) 3. TEIL EINSTWEILIGE VERFÜGUNG ( 8 bis 11) 4. TEIL FESTSTELLUNGSVERFAHREN ( 12 bis 16a) 5. TEIL GEMEINSAME VERFAHRENSRECHTLICHE BESTIMMUNGEN ( 17 bis 23) 6. TEIL SCHLUSSBESTIMMUNGEN ( 24) LVwG Vergaberechtsschutz 12
Übersicht Rechtsschutzverfahren Primärrechtsschutz BVwG LVwG Nachprüfungsverfahren (zb 320 bis 327 BVergG; 3 bis 7 OÖ VergRSG) Einstweilige Verfügungen (zb 328 bis 330 BVergG; 8 bis 11 OÖ VergRSG) Sekundärrechtsschutz Feststellungsverfahren (zb 331 bis 335 BVergG; 12 bis 16a OÖ VergRSG) Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche ( 337 bis 341 BVergG) Zuschlag/Widerruf Nachprüfung einstweilige Verfügung Feststellung u Nichtigerklärung Feststellung u Schadenersatz bzw Unterlassung 13
Rechtsschutzverfahren Grundsätzliches Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte ist auf die jeweiligen Beschwerdepunkte der beschwerdeführenden Partei beschränkt ( 2 Abs 3 und Abs 4 Z 1 u Abs 5 Z 1 Oö VergRSG bzw 312 Abs 2 Z 2 und 312 Abs 3 Z 1 u Abs 4 Z 1 BVergG) Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag muss bestimmtes Begehren enthalten Pflicht zur Präzisierung, in welchem subjektiven Recht sich Antragsteller verletzt erachtet Andere als die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten kann das BVA daher nicht aufgreifen (insbesondere kann daher das BVA auch nicht im Rahmen allfälliger obiter dicta Aussagen zu nicht vorgebrachten Beschwerdepunkten treffen) (RV 1171 BlgNR 22. GP, 133). 14
Primärrechtsschutz Nachprüfungsverfahren (zb 320 327 BVergG, 3 bis 7 Oö VergRSG) Antrag auf Nachprüfung anfechtbarer Entscheidungen wegen Rechtswidrigkeit (zb 320 Abs 1 BVergG; 8 Oö VergRSG) zb Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung oder Widerrufsentscheidung Antragsmöglichkeit nur bis zur Zuschlagserteilung (Zuschlag) oder Widerrufserklärung (Widerruf) möglich Zuschlag/Widerruf Nachprüfung E E E E Nachprüfung 15
Primärrechtsschutz Nachprüfung Nachprüfungsverfahren als begleitende Rechtmäßigkeitskontrolle Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht (zb 312 Abs 2 BVergG; 2 Abs 3 Oö VergRSG) Durchsetzung subjektiver Rechte der Bewerber und Bieter im Vergabeverfahren keine Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens 16
Primärrechtsschutz Nachprüfung Offenes Verfahren Im Nachprüfungsverfahren anfechtbare Entscheidungen E Werden in 2 Z 16 lit a BVergG für die einzelnen Verfahrensarten aufgelistet Beispiele: 2 Z 16 lit a sublit aa: anfechtbare Entscheidungen beim offenen Verfahren Ausschreibung sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist Ausscheiden eines Angebotes Widerrufsentscheidung Zuschlagsentscheidung 17
Offenes Verfahren Nachprüfung Offenes Verfahren Ausschreibung/Angebot/Zuschlag Vorbereitung Angebotsfrist Zuschlagsfrist Leistungserbringung E Berichtigungen und sonstige Festlegungen Zuschlagsentscheidung Übermittlung der Angebote Öffnung der Angebote Prüfung der Eignung Prüfung der Angebote Aufklärung und Vervollständigung bei verbesserungsfähigen Mängeln Zuschlagserteilung Ausschreibungsunterlage E Bekanntmachung E Ausscheiden von Angeboten E 18
Primärrechtsschutz Nachprüfung nicht offenes Verfahren 2 Z 16 lit a sublit bb: anfechtbare Entscheidungen beim nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages) Nicht-Zulassung zur Teilnahme Aufforderung zur Angebotsabgabe sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist Ausscheiden eines Angebotes Widerrufsentscheidung Zuschlagsentscheidung 19
Nicht offenes Verf. mit Bek. Aufforderung zur Teilnahme/Auswahl Bewerber Ausschreibung/ Angebot/Zuschlag Nachprüfung nicht offenes Verfahren Vorbereitung Teilnahmefrist Angebotsfrist Zuschlagsfrist Leistung E Berichtigungen Prüfung der Eignung Nichtzulassung zur Teilnahme E Auswahl der aufzufordernden Unternehmen Aufforderung zur Angebotsabgabe Zuschlags -kriterien Über mittlung der Ange bote E Berichtigungen und sonstige Festlegungen Öffnung der Angebote Prüfung der Angebote Nachreichungen bei verbesserungsfähigen Mängeln Ausscheiden von Angeboten Zuschlagserteilung Ausschreibung/Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrags Zuschlagsentscheidung E E Bekanntmachung E 20
Primärrechtsschutz Nachprüfung Nicht anfechtbare Entscheidungen Alle nicht in 2 Z 16 lit a sublit aa bis oo genannten und diesen anfechtbaren Entscheidungen zeitlich vorhergehenden Entscheidungen ( 2 Z 16 lit b Satz 1) Nicht anfechtbare Entscheidungen können nur in dem gegen die ihnen nächst folgende anfechtbare Entscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag angefochten werden ( 2 Z 16 lit b Satz 2) 21
Nachprüfung Primärrechtsschutz Fristen für Nachprüfungsanträge (zb 321 BVergG; 4 Oö VergRSG) 10 Tage ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax bzw ab erstmaliger Verfügbarkeit bei Bekanntmachung der Entscheidung 15 Tage ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf brieflichem Weg Verkürzung auf 7 Tage im Unterschwellenbereich außer im Fall der Anfechtung einer freiwillig bekannt gemachten Entscheidung ( 55 Abs 5), welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll, wegen der drastischen Folgen gem 332 Abs 7 BVergG bzw 14 Abs 5 Oö VergRSG: Ein Feststellungsantrag gemäß 331 Abs 1 Z 2 BVergG bzw 12 Abs 1 Z 2 Oö VergRSG ist unzulässig, wenn der Auftraggeber die Entscheidung gemäß 55 Abs 5 BVergG freiwillig bekannt gegeben oder bekannt gemacht hat und der Zuschlag nach Ablauf einer Frist von zehn Tagen nach der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung erteilt worden ist. 22
Primärrechtsschutz 7 Tage bei Direktvergaben Nachprüfung ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von der anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können Hinweis: Wahl des Vergabeverfahrens gem 2 Z 16 lit a sublit nn einzige anfechtbare Entscheidungen des Auftraggebers bei Direktvergaben ohne vorherige Bekanntmachung also: 7 Tage ab Kenntnis oder Kenntnismöglichkeit der Wahl der Direktvergabe Spätestens 7 Tage vor Ablauf folgender Fristen, sofern diese jeweils mehr als 17 Tage (bei Übermittlung auf brieflichem Weg mehr als 22 Tage) betragen: bei Anträgen auf Nachprüfung der Ausschreibungsunterlagen: Angebotsfrist bei Anträgen auf Nachprüfung der Wettbewerbsunterlagen: Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten bei Anträgen auf Nachprüfung der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages: Teilnahmefrist verfahrensrechtliche Fristen: gem 56 Abs 1 Anwendbarkeit des AVG Berechnung nicht nach 56 BVergG, sondern nach den 32 und 33 AVG; vgl Walther/Hauck in: Heid/Preslmayer (Hrsg) Handbuch Vergaberecht 3 Rz 1928 23
Nicht offenes Verf. mit Bek. Aufforderung zur Teilnahme/Auswahl Bewerber Ausschreibung/ Angebot/Zuschlag Nachprüfung nicht offenes Verfahren Vorbereitung Teilnahmefrist Angebotsfrist Zuschlagsfrist Leistung NP Prüfung der Eignung Nichtzulassung zur Teilnahme NP Auswahl der aufzufordernden Unternehmen Aufforderung zur Angebotsabgabe Über mittlung der Ange bote NP sonstige Festlegungen Öffnung der Angebote Prüfung der Angebote Nachreichungen bei verbesserungsfähigen Mängeln Ausscheiden von Angeboten Zuschlagserteilung Ausschreibung/Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrags Zuschlagsentscheidung NP NP Bekanntmachung NP 24
Nicht offenes Verfahren mit Bekanntmachung Nachprüfung Beispiel: Anfechtung der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages beim nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung (Hinweis: Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages ist gem 2 Z 16 lit a sublit bb BVergG anfechtbare Entscheidung) Annahmen: (1.) Vergabe im USB; (2.) Teilnahmefrist beträgt 25 Tage (Variante a) bzw 15 Tage (Variante b). (Teilnahmefrist muss im im USB mind 14 Tage [ 64 BVergG] betragen; zur Fristenberechnung siehe 56 Abs 3 BVergG) Grundsätzlich beträgt die Frist für Anträge auf Nachprüfung einer anfechtbaren Entscheidung bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens im USB sieben Tage ( 321 Abs 2 BVergG; 4 Abs 2 Oö VergRSG). Sonderbestimmung für Frist für Anträge auf Nachprüfung der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages : Fristende 7 Tage vor Ablauf der Teilnahmefrist, sofern diese mehr als 17 Tage beträgt ( 321 Abs 4 BVergG; 4 Abs 4 Oö VergRSG) 30.04.2015 USB: Teilnahmefrist beginnt mit erstmaliger Verfügbarkeit der Bekanntmachung ( 64 BVergG) 15.05.2015/18.05.2015*) Ende Antragsfrist *) Berechnung gem VwGH 25.05.2015 Ende Teilnahmefrist (Variante a) 30.04.2015 07.05.2015/08.05.2015*) 15.05.2015 USB: Teilnahmefrist beginnt mit erstmaliger Verfügbarkeit der Bekanntmachung ( 64 BVergG) Ende Antragsfrist Ende Teilnahmefrist (Variante b) 25
Primärrechtsschutz Nachprüfung Inhalt eines Nachprüfungsantrags ( 322 Abs 1 BVergG; 5 Oö VergRSG) 1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen anfechtbaren Entscheidung, 2. die genaue Bezeichnung des Auftraggebers und des Antragstellers einschließlich deren Faxnummer oder elektronischer Adresse, 3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, insbesondere bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters, 4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller, 26
Primärrechtsschutz Nachprüfung 5. die bestimmte Bezeichnung des Rechts, in dem sich der Antragsteller als verletzt erachtet, 6. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, 7. einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen anfechtbaren Entscheidung, und 8. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde. 27
Primärrechtsschutz Nachprüfung Bekanntmachung von Verfahrenseinleitung und Verhandlung ( 323 BVergG; 18 Oö VergRSG) Unverzügliche Bekanntmachung im Internet Verständigung des Auftraggebers und des in Aussicht genommenen Bieters im Falle der Bekämpfung einer Zuschlagsentscheidung 28
Nachprüfung Primärrechtsschutz Parteien im Nachprüfungsverfahren ( 324 Abs 1 u 2 BVergG; 6 Abs 1 u 2 Oö VergRSG) Antragsteller Auftraggeber insbes im Falle der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter zb ist beim offenen Verfahren die Zuschlagsentscheidung eine anfechtbare Entscheidung ( 2 Z 16 lit a sublit aa) Alle Unternehmer, die durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung unmittelbar in ihren rechtlichen geschützten Interessen nachteilig betroffen sein können (Antragsgegner) 29
Nachprüfung Primärrechtsschutz Verlust der Parteistellung ( 324 Abs 3; 6 Abs 3 Oö VergRSG) des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters im Falle einer Zuschlagsentscheidung wenn dieser nicht binnen zehn Tagen ab Zustellung der persönlichen Verständigung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens begründete Einwendungen erhebt der Antragsgegner, wenn sie gegen die vom Antragsteller begehrte Entscheidung nicht binnen zehn Tagen ab Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung im Internet begründete Einwendungen erheben Sofern mündliche Verhandlung vor Ablauf dieser Fristen stattfindet, können Einwendungen spätestens in der mündlichen Verhandlung erhoben werden 30
Primärrechtsschutz Nachprüfung Nichtigerklärung der angefochtenen anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers durch Bescheid ( 325 Abs 1 BVergG; 7 Oö VergRSG) wenn (1.) die angefochtene anfechtbaren Entscheidung oder eine ihr vorangegangene nicht anfechtbare Entscheidung den Antragsteller in dem von ihm geltenden gemachten Recht verletzt, und (2.) die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist (Ergebnisrelevanz) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in den Ausschreibungsunterlagen oder in jedem sonstigen Dokument des Vergabeverfahrens in Betracht. 31
Primärrechtsschutz Nachprüfung Folgen der Nichtigerklärung: Verfahren tritt in Zustand vor Ergehen der rechtswidrigen Entscheidung zurück Auftraggeber hat Entscheidung erneut zu treffen Entscheidungsfrist Unverzüglich Spätestens binnen sechs Wochen ( 326 BVergG) Spätestens binnen zwei Monaten ( 20 Abs 1 Oö VergRSG) Keine aufschiebende Wirkung ( 320 Abs 3 BVergG; 3 Abs 3 Satz 1 Oö VergRSG ) Verfahrensstopp nur durch einstweilige Verfügung ( 328 ff BVergG; 8 Oö VergRSG) möglich 32
Primärrechtsschutz Nachprüfung Folgen einer unterlassenen Beantragung einer Nachprüfung Versäumung der Frist führt zur endgültigen Präklusion Die betreffende anfechtbare Entscheidung (und die ihr vorangehenden nicht anfechtbaren Entscheidungen) kann in weiterer Folge nicht mehr angefochten werden Es ist dem Bundesvergabeamt auch verwehrt, die Rechtswidrigkeit derart bestandskräftiger Entscheidungen im Zuge der Anfechtung späterer Entscheidungen inzident in Prüfung zu ziehen. (EBRV 1171 BlgNR 22. GP, 138) Unzulässigkeit eines Antrags auf Feststellung eines Rechtsverstoßes des Auftraggebers, sofern der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens hätte geltend gemacht werden können ( 332 Abs 5 BVergG; 14 Abs 4 Oö VergRSG) Feststellung ist Voraussetzung für Schadenersatzklagen gegen den Auftraggeber ( 341 Abs 2 BVergG) 33
Primärrechtsschutz Nachprüfung Kein Anspruch auf Schadenersatz gem 337 Abs 1 BVergG wenn Geschädigter Schaden durch Stellen eines Nachprüfungsantrags hätte abwenden können ( 337 Abs 2 und 4 BVergG) 34
Primärrechtsschutz Einstweilige Verfügung Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung Antrag auf Nachprüfung kommt keine aufschiebende Wirkung zu Problem: Gefahr der Schaffung unumkehrbarer Tatsachen, bevor über die vom Antragsteller behauptete Rechtswidrigkeit in der Hauptsache entschieden ist Daher: Möglichkeit der Veranlassung der Aussetzung des gesamten Vergabeverfahrens oder einzelner Entscheidungen des Auftraggebers (zb Zuschlagserteilung) bis zur Entscheidung des BVA über einen Nachprüfungsantrag oder Anordnung sonstiger geeigneter Maßnahmen Zuschlag/Widerruf E E Nachprüfung und einstweilige Verfügung E E 35
Nicht offenes Verf. mit Bek. Aufforderung zur Teilnahme/Auswahl Bewerber Einstweilige Verfügung nicht offenes Verfahren Ausschreibung/ Angebot/Zuschlag Vorbereitung Teilnahmefrist Angebotsfrist Zuschlagsfrist Leistung NP + EV Prüfung der Eignung Nichtzulassung zur Teilnahme NP + EV Auswahl der aufzufordernden Unternehmen Aufforderung zur Angebotsabgabe NP + EV Über mittlung der Ange bote sonstige Festlegungen Öffnung der Angebote Prüfung der Angebote Nachreichungen bei verbesserungsfähigen Mängeln Ausscheiden von Angeboten Zuschlagserteilung Ausschreibung/Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrags Zuschlagsentscheidung NP + EV NP + EV Bekanntmachung NP + EV 36
Primärrechtsschutz Einstweilige Verfügung Antrag auf Erlassungen von einstweiligen Verfügungen Antragslegitimation Unternehmer, die berechtigt sind einen Nachprüfungsantrag zu stellen Stellt sich nach Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Hauptverfahren heraus, dass der betreffende Unternehmer zu einem Nachprüfungsantrag nicht legitimiert ist, tritt die einstweilige Verfügung mit der Zurückweisung des Nachprüfungsantrages nach 329 Abs [4] außer Kraft (RV 1171 BlgNR 22. GP, 141) 37
Primärrechtsschutz Einstweilige Verfügung Inhalt des Antrags 1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers und des Antragstellers einschließlich deren Faxnummer oder elektronischer Adresse, 2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in 320 Abs 1 genannten Voraussetzungen (= Antragslegitimation für Nachprüfung anfechtbarer E), 3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit, 4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen, 5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und 6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde 38
Primärrechtsschutz Einstweilige Verfügung Information an betroffenen Auftraggeber vom Einlangen eines Antrags auf einstweilige Verfügung bei folgenden Begehren: Untersagung der Erteilung des Zuschlages, Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, Untersagung der Erklärung des Widerrufs oder Untersagung der Angebotsöffnung 39
Primärrechtsschutz Einstweilige Verfügung Aufschiebende Wirkung ab Zugang der oa Verständigung an den betroffenen Auftraggeber bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer EV Auftraggeber darf bis zur Entscheidung über den Antrag (auf Erlassung einer EV) 1. bei sonstiger Nichtigkeit den Zuschlag nicht erteilen oder die Rahmenvereinbarung nicht abschließen, bzw 2. bei sonstiger Unwirksamkeit das Vergabeverfahren nicht widerrufen, bzw 3. die Angebote nicht öffnen 40
Primärrechtsschutz Einstweilige Verfügung Interessenabwägung Voraussehbare Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers Allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen Befristung der EV Parteien des Verfahrens Antragsteller Auftraggeber Entscheidungsfrist Unverzüglich, längstens jedoch binnen sieben Werktagen nach Einlangen des Antrages 41
Primärrechtsschutz Einstweilige Verfügung Erlassungen von einstweiligen Verfügungen bis zur Zuschlagserteilung (Zuschlag) oder Widerrufserklärung (Widerruf) Vorübergehende Aussetzung des gesamten Vergabeverfahrens oder einzelner Entscheidungen des Auftraggebers (zb Zuschlagserteilung) bis zur Entscheidung des BVA über einen Nachprüfungsantrag oder Anordnung sonstiger geeigneter Maßnahmen Die Maßnahmen müssen nötig und geeignet sein, Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern 42
Primärrechtsschutz Einstweilige Verfügung Abhängigkeit von Nachprüfungsverfahren Antrag auf EV nur innerhalb der für das Nachprüfungsverfahren geltenden Fristen zulässig (10, 15 bzw 7 Tage gem 321) Wurde bereits Antrag auf Nachprüfung gestellt, kann Antrag auf Erlassung einer EV aber bis zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag gestellt werden Wurde Nachprüfungsantrag nicht fristgerecht beantragt oder der Antrag zurückgezogen Ist ein laufendes EV-Verfahren formlos einzustellen bzw tritt eine bereits erlassene EV außer Kraft Erlassene EV tritt spätestens mit Entscheidung des BVA über Nachprüfungsantrag außer Kraft 43