Personal und Organisation



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Transkript:

Personal und Organisation Dr. Susanne Neckermann Uni Mannheim Herbstsemester 2010 Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 1 / 62

5. Mitarbeitermotivation durch explizite Anreizverträge Nicht nur die Qualität (Talent, Humankapital) des Mitarbeiter sind entscheidend für Erfolg des Unternehmens Geschaffener Wert hängt entscheidend von Handlungen der Mitarbeiter ab Anreize der Mitarbeiter von hoher Bedeutung Dies gilt besonders dann, wenn eine Anstrengung für AN zu einem Disnutzen (Arbeitsleid) führt. Zentrale Fragen: Wie kann ein Unternehmen Mitarbeiter motivieren? Wie kann es die Handlungen der Mitarbeiter steuern? Wie können Anreizsysteme theoretisch analysiert werden? Welche Probleme treten bei der Setzung von Anreizen auf? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Fairness und Anstrengungen? Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 2 / 62

5.1 Anreizsystem und Anreizstrategie In Organisationen wird entschieden über die Verteilung von Beförderungen und Entscheidungsrechten Geld Arbeitsbedingungen, möglicherweise auch Lob oder Feedback Möglicherweise sonstige Benefits (wie Dienstwagen etc.) Mitarbeiter haben Präferenzen über diese Dinge Art und Weise der Verteilung beeinflusst Handlungen der Mitarbeiter Somit determiniert sie das Anreizsystem der Organisation Definition: Das Anreizsystem einer Organisation Das Anreizsystem einer Organisation ist das System formeller und informeller Regeln, welches determiniert, wie der durch die Organisation geschaffene oder vernichtete Wert auf die Mitglieder der Organisation aufgeteilt wird, und somit die Höhe des geschaffenen Wert beeinflusst. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 3 / 62

Beachte: Jede Organisation hat ein (nicht immer bewusst gestaltetes) Anreizsystem Wichtig: Motiviert es Verhalten zur Schaffung oder Vernichtung von Wert? Bewusste Anreizstrategie daher wichtiger Teil der Unternehmensstrategie Definition: Die Anreizstrategie Wie werden Belohnungen/Sanktionen an die Leistung eines Mitarbeiters oder eines Teams gebunden, um wertschaffendes Verhalten zu motivieren? Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 4 / 62

Wichtige Determinanten und Bestandteile: Allokation von Entscheidungsrechten Wer darf welche Entscheidungen fällen? Leistungsmessung/Performance Measurement Wie wird die Leistung eines Mitarbeiters oder eines Teams gemessen? Explizite Anreizsetzung durch Belohnungen und Sanktionen Wie beeinflussen leistungsabhängige Anreize die Leistung? Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 5 / 62

Wichtiges Element der Anreizstrategie: Leistungsabhängige Vergütung Richtet Interessen der Mitarbeiter an Zielen des Arbeitgebers aus Mitarbeiter profitieren direkt, wenn sie im Sinne des Arbeitgebers handeln Wachsende Bedeutung in der Unternehmenspraxis: Führungskräfte in den meisten Grossunternehmen leistungsabhängig vergütet In den letzten Jahren: Öffnungsklauseln in Tarifverträgen erleichtern die Einführung leistungsabhängiger Löhne auch für Tarifmitarbeiter Selbst bei Beamten leistungsabhängige Vergütungssysteme eingeführt Möglichkeiten der Leistungsmessung Durch objektive Leistungsmasse z.b. auf Basis von Kennzahlen wie Umsatz, EVA, Kundenzufriedenheit,... Durch subjektive Leistungsbeurteilung typischerweise durch Vorgesetztenbeurteilung Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 6 / 62

FALLBEISPIEL: Anreizverträge bei Safelite Auto Glass vgl. Lazear(2000) Safelite Auto Glass 1997 Marktführer beim Wechsel von Windschutzscheiben in den USA Bis 1993 Techniker erhalten festgelegten Stundenlohn von $10-12 Einführung des Performance Pay Plan (PPP) ab 1993 Jede Woche wird die Anzahl der von einem einzelnen Techniker installierten Scheiben erhoben Wochenvergütung wird nach der Anzahl der Scheiben berechnet: ca $20 pro Scheibe Aber Mindestgarantie des bisherigen Studenlohns Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 7 / 62

Beobachtung: Die Produktivität pro AN stieg Was genau ist die Ursache für diesen Anstieg? Anreizeffekt: Arbeiter arbeiten mehr, da Anreize gesetzt Auswahleffekt: Produktivere Arbeitnehmer haben grösseres Interesse an Stellen im Unternehmen (Selektion) Produktivität für jeden einzelnen Mitarbeiter bekannt Erlaubt die Kontrolle von Auswahl oder Anreizeffekt Anreizsystem wurde nicht überall gleichzeitig eingeführt sondern schrittweise in verschiedenen Regionen Erlaubt die Kontrolle von Zeit- oder Konjunktureffekten Ergebnis nach Regressionsanalyse: Die Einführung erhöhte die Produktivität (+ 44%) Die Hälfte des Anstiegs auf Anreiz-, die Hälfte auf Auswahleffekt zurückzuführen Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 8 / 62

Aber: Eine explizite Anreizentlohnung wird nur in rel. wenigen Unternehmen benutzt: In den USA beträgt z.b. der Anteil von Jobs mit expliziter Leistungsentlohnung max. 20% (Bull 1987). Gemäss MacLeod und Malcomson (1998) erhalten 24% der Beschäftigten in den USA eine leistungsabhängige Entlohnung, 34% sind es in GB (Millward et al. 1992). Largely because of data availability, there has been considerable work on such occupations as chief executive officers, golfers, mutual fund managers, tree cutters, windshield installers, and so on, for whom it is possible to construct objective measures of output. Work on these occupations has provided important insights into how incentives operate and how they translate into contracts. However, to put it simply, most people don t work in jobs like these. (Prendergast 1999) Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 9 / 62

Im Mittelpunkt des Kapitels steht somit folgende Frage: Warum findet man in der Praxis so selten explizite Anreizverträge? Kapitel 6 analysiert, inwiefern auch durch reine Fixlohnverträge Anreize gesetzt werden können. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 10 / 62

Antwort hängt zusammen mit Problemen objektiver Leistungsmessung Leistungsmasse von Faktoren ausserhalb der Kontrolle des Mitarbeiters abhängig Zufallseinflüsse wie Wetter, Konjunkturbewegungen,... Leistungsabhängige Vergütung erhöht Entlohnungsunsicherheit Controllability Problem, Risiko-Anreiz Trade-Off Typischerweise Leistungen für verschiedene Aufgaben wichtig (Multitasking) Nicht alle Aufgaben sind gleich gut zu messen Gefahr, dass Mitarbeiter sich auf gut messbare Aufgaben konzentrieren Multitasking Problem oder Alignment Problem Wert typischerweise von Gruppe von Mitarbeitern gemeinsam geschaffen Leistungsergebnisse sind oft Teamergebnisse Es ist schwierig individuelle Beiträge zu messen Interdependency Problem, Trittbrettfahrerprobleme Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 11 / 62

5.2. Der Trade-Off zwischen Risiko und Anreizen Anreize können durch direkt erfolgsabhängige Entlohnung des Arbeitnehmers erzeugt werden Wie sollten solche Anreizsysteme gestaltet werden? Analyse von Prinzipal-Agenten-Modellen Hintergrundliteratur: Milgrom und Roberts (1992), S. 206 ff., Kräkel (1999), S. 59ff, Prendergast (1999) Akteure: Prinzipal (Arbeitgeber) P Agent (Arbeitnehmer) A Ausgangssituation Leistung des Agenten kann vertraglich nicht festgelegt werden Es liegt ein so genanntes Moral Hazard Problem vor Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 12 / 62

Definition: Moral Hazard Ein Moral Hazard Problem liegt vor, wenn eine Vertragspartei nach Abschluss des Vertrages bestimmte Handlungen wählen kann, die den Nutzen einer anderen Vertragspartei beeinflussen von dieser anderen Vertragspartei aber nicht direkt beobachtet werden können. Ein Problem: Arbeitsergebnis wird nicht nur von Anstrengung abhängen sondern von Umwelteinflüssen (Konjunktur, Wetter, Maschinenschäden,...) Wenn der Mitarbeiter leistungsabhängig entlohnt wird, dann wird sein Einkommen stochastisch sein, da es auch von diesen Umwelteinflüssen abhängt In der Regel sind Menschen risikoavers, d.h. sie bevorzugen sichere Einkommen Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 13 / 62

5.2.1 Risikopräferenzen Risikoaverse Akteure bevorzugen sichere Einkommen Risiko verursacht einen Nutzenverlust AN möchte für das Einkommensrisiko entschädigt werden, leistungsabhängige Entlohnung ist somit relativ teuer Wie kann dieser Nutzenverlust bewertet werden? Betrachte dazu: Sicherheitsäquivalent und Risikopämie Definition: Sicherheitsäquivalent Das Sicherheitsäquivalent SÄ(W) eines stochastischen Einkommens W ist diejenige Auszahlung, bei der ein Akteur gerade indifferent zwischen einer sicheren Auszahlung in Höhe von SÄ(W) und dem stochastischen Einkommen ist. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 14 / 62

Definition: Risikoprämie Die Risikoprämie RP(W) eines stochastischen Einkommens W ist diejenige Auszahlung, die ein Akteur zusätzlich zu zahlen bereit ist, um statt der Lotterie eine sichere Auszahlung in Höhe des Erwartungswertes der Lotterie zu erhalten: RP(W ) = E[W ] SÄ(W ) Risikoprämie eines riskineutralen Akteurs gleich 0 (SÄ(W ) = E[W ]) Risikoprämie eines risikoaversen Akteurs positiv, da er für höheres Risiko kompensiert werden muss (SÄ(W ) < E[W ]) Risikoprämie eines risikofreudigen Akteurs negativ, da er für höheres Risiko zu zahlen bereit ist (SÄ(W ) > E[W ]) Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 15 / 62

Annahme: Risikoneigung hängt nicht von Höhe des Einkommens ab (konstante absolute Risikoaversion, Vereinfachung) Die Risikoaversion kann dann durch Parameter r gemessen werden Für risikoaversen Akteur r > 0 Für riskoneutralen Akteur r = 0 Für riskikofreudigen Akteur r < 0 Resultat: Berechnung des SÄ Es sei W ein stochastisches Einkommen mit Erwartungswert E[W] und Varianz V[W]. Das Sicherheitsäquivalent von W ist näherungsweise SÄ(W ) E[W ] 1 2 r V [W ] wobei r das Arrow-Pratt Mass der absoluten Risikoaversion ist. Herleitung siehe M&R S. 246f. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 16 / 62

5.2.2 Ein Grundmodell Modellannahmen Sogenanntes LEN Modell Lineare Verträge Exponentieller Nutzen (d.h. konstante absolute Risikoaversion) z.b. u(v) = 1 exp( rv), wobei v Nettoeinkommen (=Lohn - Arbeitsleid) Normalverteilte Zufallsvariablen Eine Periode (statisches Modell) Prinzipal risikoneutral Ursache: Arbeitgeber hat Möglichkeit Einkommensrisiko zu diversifizieren Agent risikoavers; Sicherheitsäquivalent seines Einkommens: SÄ = E[W ] 1 2 r V [W ] Agent wählt Antrengungsniveau e als verborgene Handlung (hidden action) Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 17 / 62

Disnutzen von C(e), wobei C (e) > 0 und C (e) > 0 Nutzenverlust durch Anstregung e wie Nutzenverlust durch Einkommensreduktion C(e) Zur Vereinfachung: C(e) = c 2 e2 Agent produziert s = e + ɛ ɛ bildet nicht vom Agenten kontrollierbare Faktoren ab, die Ergebnis beeinflussen ɛ normalverteilt ɛ N(0; σ 2 ɛ) Prinzipal erhält Ertrag θ s θ z.b. Stückdeckungsbeitrag der vom Agenten produzierten Güter Lohnschema linear im Leistungssignal w = α + β s Agent kann bei anderem Arbeitgeber Einkommen w A verdienen ( = Reservationslohn) Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 18 / 62

5.2.3 Das Optimale Entlohnungsschema Vorgehensweise: Rückwärtsinduktion Was wird der Agent tun, nachdem er Vertrag (α, β) akzeptiert hat? Wird der Agent ein Lohnschema (α, β) annehmen? Wie sollte der Vertrag (α, β) gestaltet werden? Arbeitseinsatz des Agenten bei gegebenem Lohnschema Wählt e, mit der er das höchste Sicherheitsäquivalent erreicht SÄ(w) = E[α + β(e + ɛ)] C(e) 1 rv [α + β(e + ɛ)] } {{ } } 2 {{ } Erw.Einkommen Risikoprämie Berechne (Wdh.:V [a X ] = a 2 V [X ] ): E[α + β(e + ɛ)] = V [α + β(e + ɛ)] = Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 19 / 62

A löst das folgende Optimierungsproblem max e Bedingung erster Ordnung Da quadratische Kosten C(e) = c 2 e2 α + βe C(e) 1 2 rβ2 σ 2 ɛ β c (e) 0 β ce = 0 e = β c Diese Anreizverträglichkeitsbedingung beschreibt Reaktion des Agenten bei gegebenem Lohnschema (incentive compatibility constraint) Muss vom Prinzipal bei Gestaltung des Vertrages berücksichtigt werden Agent wählt Anstrengungen so, dass sein Grenzertrag aus zusätzlicher Anstrengung β dem Grenzarbeitsleid entspricht Arbeitseinsatz steigt in β und sinkt in c Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 20 / 62

Wie wird sichergestellt, dass der Agent den Vertrag akzeptiert? Muss Nutzen erzielen, der den einer alternativen Stelle übersteigt Sicherheitsäquivalent muss den Reservationswert übersteigen Beachte: α + βe C(e) 1 2 rβ2 σ 2 ɛ w A Bedingung stellt sicher, dass Agent Interesse hat, den Vertrag zu unterschreiben Muss vom Prinzipal bei Gestaltung des optimalen Vertrages berücksichtigt werden Man nennt diese die Teilnahmebedingung Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 21 / 62

Optimierungsproblem des Prinzipals P maximiert seinen Nutzen Berücksichtigt dabei zwei Nebenbedingungen Anreizverträglichkeitsbedingung (AV) Teilnahmebedinung (TN) Prinzipal risikoneutral Sicherheitsäquivalent des P = Erwarteter Profit: Er maximiert: E[θ (e + ɛ) α β(e + ɛ)] = }{{} θ e α βe } {{ } erw.ertrag erw.lohnkosten max α,β,e θ e α β e u.d.n. α + βe C(e) 1 2 rβ2 σ ɛ 2 w A β C (e) = 0 Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 22 / 62

Zwischenresultat: Teilnahmebedingung wird bindend sein (d.h. mit Gleichheit erfüllt). Beweis: Man nehme an, dies wäre nicht der Fall: α + βe C(e) 1 2 rβ2 σ 2 ɛ > w A kann α senken ohne das (TN) verletzt Zielfunktion des P steigt kann nicht optimal sein Löse bindende TN nach Grundlohn α auf α = w A βe + C(e) + 1 2 rβ2 σ 2 ɛ und setze das α in die Zielfunktion des Prinzipals ein θ e α β e = θ e C(e) 1 2 rβ2 σ 2 ɛ w A Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 23 / 62

max β,e θ e C(e) 1 2 rβ2 σ 2 ɛ w A u.d.n.β C (e) = 0 Mit quadratischen Kosten C(e) = c 2 e2 max β,e θ e c 2 e2 1 2 rβ2 σ 2 ɛ w A u.d.n.e = β c Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 24 / 62

Resultat: Die Optimale Anreizintensität Der Agent sollte leistungsabhängig vergütet werden. Die optimale Anreizintensität β = θ 1 + rσ 2 ɛ c steigt im Grenzertrag des Prinzipals aus der Leistung des Agenten (θ) und sinkt in der Risikoaversion des Agenten (r), der Varianz des Leistungssignals (σ 2 ɛ ) und den Kosten seiner Anstrengung (c). Intuition: Je höher θ desto eher lohnt es sich hohe Anstrengungen zu induzieren Je höher die Varianz σ 2 ɛ des Leistungsmaßes, desto risikobehafteter das Einkommen des Agenten bei gegebenem β Höhere Unsicherheit höhere Risikoprämie Macht Anreizsetzung teurer und führt zu geringerer Anreizintensität Je höher Risikoaversionsgrad r desto höher die Risikoprämie und desto teurer die Anreizsetzung Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 25 / 62

5.3 Stücklöhne und das Multitasking-Problem Typischer AN wird mehr als eine einzige Aufgabe bearbeiten Problem: Leistung für einzelne Aufgaben wird unterschiedlich gut beobachtbar sein Was muss bei der Anreizsetzung beachtet werden? Beispiele: Hochschullehrer: Zeitaufwand für Foschung und Lehre Produktionsarbeiter: Zeit für die Produktion von Gütern oder für die Wartung der verwendeten Maschinen Verkäufer: Zeit für Verkaufsaktivitäten und Zeit für Kundenpflege Allgemein: Zeitaufwand für eigene Tätigkeiten und Aufwand zur Unterstützung von Kollegen Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 26 / 62

Das Prinzip der gleichen Kompensation Modellerweiterung Agent kann sich für zwei verschiedene Aufgaben anstrengen und wählt (e 1, e 2 ) Annahme: Anstrengungen der Aufgabe vollständige Substitute in den Kosten des Agenten: C(e 1, e 2 ) = c(e 1 + e 2 ) Beachte: Impliziert, dass Aufgaben für den Agenten austauschbar Beide Anstrengungen e 1, e 2 0 Signal für jede Aufgabe verfügbar s 1 = e 1 + ɛ 1 s 2 = e 2 + ɛ 2 Entlohnungsfunktion w = α + β 1 s 1 + β 2 s 2 Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 27 / 62

Frage: Wird der Agent an beiden Aufgaben arbeiten? Betrachte dazu Zielfunktion des Agenten: Betrachte: max e 1,e 2 E[α + β 1 s 1 + β 2 s 2 ] c(e 1 + e 2 ) 1 rv [w] 2 s.t.e 1, e 2 0 Situation, in der beide Aufgaben unterschiedlich entlohnt, d.h. β 1 > β 2 Es sei angenommen, dass e 1, e 2 > 0 Kann dies optimal sein? Verschiebe alle Anstrengung auf Aufgabe 1 so dass e 1 + e 2 und somit Kosten unverändert Erwarteter Lohn höher, da β 1 höher Widerspruch! Sind β 1 und β 2 unterschiedlich, so arbeitet der Agent nur für höher entlohnte Aufgabe Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 28 / 62

Resultat: Das Prinzip der gleichen Kompensation Sind Anstrengungen für zwei Aufgaben vollständige Substitute in den Kosten eines Agenten, so wird der Agent nur dann für beide Aufgaben einen positiven Arbeitseinsatz leisten, wenn die variable Vergütung beider Aufgaben gleich ist. Ansonsten wird er nur für die stärker entlohnte Aufgabe arbeiten. Analog für Zwischenfälle: keine perfekten Substitute Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 29 / 62

Konsequenz Balance der Anreizintensität für verschiedene Aufgaben sehr wichtig Sätze wie You get what you pay for bzw What you get is what you measure in der Praktikerliteratur Anreizsysteme dienen nicht nur dazu, Mitarbeiter zu höheren Anstrengungen zu veranlassen Auch wichtiger Einfluss auf Ausrichtung der Arbeitsanstrengungen Wird dies nicht beachtet, kann es zu Verzerrungen kommen Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 30 / 62

Die Messbarkeit von Aufgaben: Grosse Vorsicht ist angebracht, wenn die Leistungsergebnisse einzelner Aufgaben nicht oder schlecht messbar sind Sind solche Aufgaben wichtig, kann es manchmal sinnvoll sein ganz auf monetäre Anreize zu verzichten Wird nur die Leistung für einzelne Aufgaben belohnt und sind andere Leistungen wichtig, aber schwer messbar, dann wird ein Mitarbeiter letztere tendenziell vernachlässigen Ohne monetäre Anreize wird der Mitarbeiter insgesamt weniger leisten, aber möglicherweise gleichmässigere Aufteilung der Anstrengungen auf die Aufgaben Außerdem besteht für AN Interesse an Manipulation des Leistungsmasses. Sehr wichtiges Argument zu Begründung des Verzichts auf formelle Anreizsysteme in vielen Bereichen Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 31 / 62

Beispiele: Arbeitnehmer kann durch Anstrengung Menge und Qualität produzierter Güter beeinflussen Wenn nur Menge messbar, so wird die Qualität leiden, wenn nach Stückzahl entlohnt Möglicherweise besser, ganz auf explizite Anreize zu verzichten Ken O Brien (ehemal. Quarterback der New York Jets) Musste laut Vertrag Geldstrafe für jede Interception (Pass zum Gegner) bezahlen. Folge: Ken O Brien weigerte sich in zu vielen Situationen den Ball zu passen. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 32 / 62

Job Training Partnership Act Anbieter von Qualifizierungsmassnahmen wurden monetär entlohnt, falls Arbeitsloser neue Beschäftigung gefunden hat. Folge: Schulung nur von Arbeitslosen, bei denen hohe Chance auf Wiedereinstellung bestand. Sears (Online-Händler, Werkstatt u.a. für Autos) Mitarbeiter wurden auf Basis von Reparaturkosten bezahlt. Folge: Durchführung unnötiger Reparaturen, dadurch fast Schliessung der Autowerkstätten durch den Staat Kalifornien. H.J. Heinz Company Divisionsmanager bekamen Bonus, falls Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr angestiegen sind. Folge: Manipulation der Zeitpunkte von Warenlieferungen und Rechnungsstellungen. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 33 / 62

AT&T Programmierer wurden anhand der geschriebenen Zeilen in ihren Computer-Programmen entlohnt. Folge: Die Programme bei AT&T wurden unnötig lang. Explizite Leistungsentlohnung kann unerwünschte Effekte auf AN-Verhalten haben. Berücksichtigung von verzerrtem Signal in Entlohnungsvertrag führt zu ineffizienter Allokation der Anstrengungen. Dies ist bei reinem Fixlohnvertrag nicht der Fall. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 34 / 62

Vergleiche aber Safelite Studie nach Lazear Dort genau nachvollziehbar, wer welche Scheibe eingebaut hat Wenn Fehler aufgetreten, dann musste der einbauende AN den Fehler selbst beheben Leistungsmass war also: Anzahl der fehlerfrei eingebauten Scheiben Keine Qualitätsprobleme durch mengenbasierte Anreize Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 35 / 62

5.4 Teamanreize und Trittbrettfahrerprobleme Ausgangspunkt: Für viele wichtige ökonomische Aktivitäten gilt: Verschiedene Personen müssen zum Erfolg der Aktivität beitragen (Inputs leisten) Aus diesen individuellen Beiträgen (Inputs) entsteht ein gemeinsamer Output Man spricht von Teamproduktion Problem: Individuelle Beiträge häufig schwer zu messen Wie werden die einzelnen Teammitglieder dazu bewogen, entsprechende Leistungen zu erbringen? Dies soll im folgenden analysiert werden Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 36 / 62

Modellansatz n risikoneutrale Akteure produzieren gemeinsamen Output s Jeder Akteur wählt seine Anstrengung e i zu Kosten C(e i ) = c 2 e2 i Der Output hat den Wert s = e 1 + e 2 +... + e n Das Ergebnis wird uner den Akteuren gleichmässig aufgeteilgt Die First-Best Lösung: Bedingung erster Ordnung w i (s) = 1 n s e = argmax(s(e) n e i=1 C(e i)) s e i = C (e i ) Interpretation: Jeder Agent wählt Grenzertrag für das Team gleich private Grenzkosten. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 37 / 62

Gleichgewicht bei individueller Nutzenmaximierung Jeder Agent wählt nutzenmaximierendes e i Bedingung erster Ordnung max e i u i = w i s(e) C(e i ) w i s (s) e i = C (e i ) Das effiziente Anstrengungsniveau kann nur erreicht werden, wenn w i (s) = 1 für alle Agenten gilt. Das widerspricht aber der Bedingung, dass das Budget ausgeglichen sein muss: n i=1 w i(s) = s n i=1 w i (s) = 1 Resultat: Das Trittbrettfahrerproblem in Teams Leisten mehrere ökonomische Akteure Beiträge zu einem Teamergebnis und sind die individuellen Beiträge nicht messbar, so kommt es zu Trittbrettfahrerproblem, wenn das Teamergebnis auf die Teammitglieder aufgeteilt wird. Die geleisteten Anstrengungen werden niedriger sein als die gemeinsam wertmaximierenden Anstrengungen. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 38 / 62

Intuition: Jeder einzelne Akteur trägt die (Grenz-)kosten seiner Anstrengungen allein (Grenz-)ertrag teilt sich jedoch auf n Mitglieder des Teams auf Daher: Grenzertrag jedes Einzelnen aus seiner Anstrengung geringer als der des gesamtes Teams Akteure, die nur an ihrem eigenen Wohlergehen interessiert sind, werden geringere Anstrengungen leisten als die First-Best Anstrengungen Je grösser das Team, desto gravierender das Problem Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 39 / 62

Beachte: In der Realität arbeiten Teams in Unternehmen typischerweise über längere Zeithorizonte zusammen Es gibt daher die Möglichkeiten die Schlechtleister unter den Kollegen zu bestrafen Durch Leistungs- und Kooperationszurückhaltung in der Zukunft Durch bewusste soziale Sanktionen Dadurch werden zusätzliche Anreize geschaffen, zum Teamergebnis beizutragen Bei wiederholter Interaktion kann daher das Trittbrettfahrerproblem teilweise überwunden werden ( relationale Verträge) Erlaubnis von Kommunikation, glaubhaften Versprechungen etc kann Ergebnis ver ändern, da alle profitieren würden, wenn alle mehr leisten würden. Voraussetzung ist allerdings die gegenseitige Beobachtbarkeit der einzelnen Beiträge Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 40 / 62

5.5 Psychologische Aspekte 5.5.1 Verdängung intrinsischer Motivation Definition: Als intrinsisch motiviert bezeichnet man Tätigkeiten, die allein um ihrer selbst willen ausgeübt werden. (z.b. Spass an der Arbeit) Empirische Befunde deuten daraufhin, dass eine monetäre Leistungsentlohnung unter Umständen zu einer Verdrängung intrinsischer Motivation führen kann. Bsp.: Blutspenden, Kindergarten, Laborexperimente Aus diesem Grund kann es in bestimmten Situationen besser sein, auf eine monetäre Leistungsentlohnung zu verzichten. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 41 / 62

5.5.2 Fairnessüberlegungen Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass AN in ihr Entscheidungskalkül nicht nur ihre eigene Entlohnung mit einbeziehen, sondern auch die ihrer Kollegen. (z.b. Fehr & Schmidt 1999) Weiter kann eine individuelle, leistungsabhängige Entlohnung zu einer Ungleichheit in den AN-Einkommen führen. Dies könnte die Moral in der Abteilung negativ beeinflussen (z.b. durch Neid) Wirkt sich vermutlich auf AN-Leistungen aus. Besonders problematisch bei ungenauer Leistungsmessung, die evtl. für Einkommensunterschiede (anstelle von tatsächlichen Leistungsunterschieden) verantwortlich ist. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 42 / 62

5.6 Subjektive Leistungsbewertung Sehr häufig keine objektiven individuellen Leistungsmasse verfügbar Mögliche Ursachen: Objektiv messbares Leistungsergebnis oft Teamergebnis individuelle Beiträge objektiv häufig schwer messbar Trittbrettfahrerprobleme, wenn nur Teamleistung Anreizgrundlage Leistung zu komplex Anstrengungen in mehreren Dimensionen gewählt (Multitasking) nicht mit wenigen objektiven Leistungsßen zu erfassen Wenn nur objektive Maße Gefahr von Verzerrungen Starke externe Einflüsse auf objektive Maße lassen sich unter Umständen nur schwer herausfiltern zu hohe Risikoprämien Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 43 / 62

Dennoch: In den meisten Unternehmen versucht, Leistung von Mitarbeitern zu messen um Leistungsanreize zu setzen um Beförderungsentscheidungen zu fällen Lösungsmöglichkeit: Subjektive Beurteilung durch den Vorgesetzten/Performance Appraisal Beispiele Vorgestzter beurteilt Mirarbeiter summarisch auf einer Skala von 1 5 Zielvereinbarungen: Leistungsziele werden festgelegt und am Ende des Jahres gibt des Vorgesetzte einen Zielerreichungsgrad an Leistungsbeurteilung in wachsendem Ausmaßvergütungsrelevant: Indirekt: Einfluss auf Beförderungen oder Gehaltserhöhungen Direkt: Jahresbonus abhänig von Beurteilung des Vorgesetzten Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 44 / 62

5.6.1 Verzerrungen bei der Leistungsbeurteilung Typisches Problem: Vorgesetzte differenzieren zu wenig bei der Beurteilung Streuungstendenzen Streuung der Beurteilungen kleiner als Streuung der Leistungen Typischerweise: Tendenz zu mangelnder Streuung centrality bias Mittelwerttendenzen: Mittelwert der Beurteilungen verzerrt relativ zum Mittelwert der Leistungen Typischerweise: Tendenz zur nachsichtigen Beurteilungen leniency bias Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 45 / 62

Kompression der Beurteilungen ( Centrality bias ) Vorgesetzte beurteilen Mitarbeiter sehr ähnlich und differenzieren zu wenig Ursachen: Unsicherheit bei der Beurteilung Eigene Beobachtungsfehler antizipiert Korrektur durch Verzerrung zum Mittelwert Ungleichheitsaversion des Vorgesetzten Neid der Teammitglieder untereinander vermeiden Konsequenzen: Mitarbeiter mit sehr guter Performance kaum belohnt Möglicherweise schwächere Anreize Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 46 / 62

Nachsichtigkeit ( Leniency bias ) Mitarbeiter mit geringer Leistung tendenziell zu gut bewertet Ursachen: Kosten der negativen Beurteilung von Mitarbeitern: Unangenehm, Mitarbeiter negativ zu bewerten Negatives Feedback muss genauer begründet werden Schlechte Beurteilung eigener Mitarbeiter schlechtes Signal über eigene Leistung Fehler bei der Mitarbeiterauswahl schlechte Aufgabenverteilung etc. Konsequenzen: Mitarbeiter mit sehr schlechter Performance nicht identifiziert Mögliche Fehler bei Beförderungsentscheidungen Möglicherweise schwächere Anreize Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 47 / 62

FALLBEISPIEL: Leistungsbeurteilung von Tarifmitarbeitern eines Konzerns Jahresbonus gezahlt abhängig von Leistungsbeurteilung durch Vorgesetzten Beurteilungssystem mit Stufen 1 Leistung entspricht teilweise den Anforderungen 2 Leistung entspricht im Allgemeinem den Anforderungen 3 Leistung entspricht im vollen Umfang den Anforderungen 4 Leistung übertrifft die Anforderungen 5 Leistung übertrifft in hohem Masse die Anforderungen Durchschnitt aus verschiedenen Teilkriterien Im Folgenden: Durchschnittliche Beurteilungen aller Tarifmitarbeiter über die Zeit Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 48 / 62

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Konsequenzen mangelnder Differenzierung: Ökonomische Theorie Hohe Leistung wird zu wenig belohnt Niedrige Leistung wird zu wenig bestraft Grenzerträge der Anstrengung niedrig und Anreize sinken Studie von Kampkötter/Sliwka (2009) Daten über Bonuszahlungen und Gehälter in Grossbanken (Towers Watson InBank) Messe Grad der Differenzierung bei Bonuszahlungen in einer Einheit Schätze Effekte im Ausmass der Differenzierung auf Boni im kommenden Jahr Ergebnisse: Stark positiver Effekt der Differenzierung Effekt umso stärker je höher die Hierarchieebene Differenzierung kann auf unteren Ebenen jedoch manchmal schaden Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 54 / 62

Studie von Berger/Harbring/Sliwka (2010) Experimentelle Studie Gruppen von 4 Probanden 3 Probanden arbeiten als Mitarbeiter an einer mühsamen Aufgabe 1 Proband in der Rolle des Vorgesetzten muss Leistung der anderen Probanden wiederholt auf 5 stufiger Skala beurteilen Bonuszahlung an den Mitarbeiter abhänig von Leistungsbeurteilung Ergebnisse: starker Leniency Effekt : Fast nur beste Kategorie genutzt Doch höhere Leistung bei mehr Differenzierung Leistung um etwa 8% höher, wenn Vorgesetzter gezwungen wird zu differenzieren (Ein Mitarbeiter muss mindestens eine 2 bekommen, einer eine 3 und einer höchstens eine 4) Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 55 / 62

5.6.2 Lösungsmöglichkeiten Unterschiedliche Möglichkeiten, das Problem zu mildern Differenzierung nach unterschiedlichen Kriterien: Beispiel: Fachkompetenz, Initiative, Menschenführung, Sorgfalt,... Vorteile: Kann Bereitschaft erhöhen bei einzelnen Kriterien auch schlechte Beurteilungen abzugeben Macht die Kommnikation der Beurteilung durch den Vorgesetzten leichter Nachteile: Vorgesetzte machen tendenziell zu wenig Gebrauch von Differenzierungsmöglichkeit Einzelne Kriteren überstrahlen andere Sogenannter Halo Effekt Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 56 / 62

Zielvereinbarungen/Management by Objectives Vorgesetzte handeln Jahresziele mit Mitarbeitern aus Erreichung der Ziele einzeln geprüft Vorgesetzter legt Zielerreichungsgrad fest Möglicherweise Jahresbonus linear von Zielerreichungsgrad abhängig Vorteile: Kombinationen möglich von objektiv messbaren und subjektiv zu beurteilenden Zielen individuellen Zielen, Teamzielen und Unternehmenszielen Im Idealfall Zielvereinbarungen als Top-Down Prozess an Unternehmensstrategie angebunden Nachteile: Aufwändig Typischerweise Beurteilungsverzerrungen nicht vollständig reduziert Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 57 / 62

Beurteilungen in Management Panes/Beurteilerkonferenzen Beurteilung nicht durch Führungskraft alleine Gruppe von Fürhungskräften trifft sich zu Leistungsbeurteilung Meeting wird geleitet von übergeordnetem Linienmanager Moderation durch HR Es werden alle diesen Führungskräften direkt unterstellten Mitarbeiter diskutiert Häufig empfohlene Verteilung der Beurteilungen (z.b 10 % A, 20% B, 60 % C, 10 % D) Häufig Beurteilung in zwei Dimensionen: Performance (aktuelle Leistung) Potential (Mitarbeiter geeignet für Beförderung?) Einordnung in Performance Potential Matrix Genutzt beispielsweise von General Electic, Bayer, Commerzbank, Henkel, Accenture, PwC,... Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 58 / 62

Vorteile: Es wird nicht nur eine Führungskraft zu eine Beurteilten angehört Vorgesetzte müssen vor der Gruppe ihre Einschätzung begründen Einschätzung wird kritisch und offen diskutiert Da grössere Gruppe von Mitarbeitern diskutiert, Einhaltung der Verteilungsempehlung unproblematisch Grössere Transparenz über Leistungsträger der Organisation Nachteile: Höherer Aufwand Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 59 / 62

Forced Distribution System (Vorgegebene Verteilung) Vorgesetzte gezwungen vorgegebene Beurteilungsverteilung einzuhalten Beispiel: Vorteile: 10 % der Mitarbeiter müssen Exzellent, 70 % als Gut und 20 % als Verbesserungswürdig Vorgesetzter gezwungen Gut- und Schlechtleister zu identifizieren Möglichkeit: Verteilungsvorgabe vom Abteilungserfolg abhängig Nachteile: Verteilung typischerweise nicht gleich wirklicher Leistungsverteilung Chance auf gute Beurteilung sinkt wenn Kollegen erfolgreicher Kann mangelnde Kooperation oder sogar Sabotage auslösen Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 60 / 62

Zusammenfassung Monetäre Anreize als Mittel, Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Präferenzen dazu zu bewegen, im Sinne des Organisationsgestalters zu handeln Allerdings mögliche Probleme objektiver Leistungsmasse zu beachten: Mitarbeiter haben höhere Entlohnungsrisiken unterschiedliche Aufgaben eines Arbeitnehmers oft unterschiedlich gut messbar Oft nur das Ergebnis eines Teams verifizierbar Subjektive Leistungsmessung kann Performance Messung verbessern Vorgesetzter oder Kollegen können Leistung einschätzen Allerdings Beurteilung häufig verzerrt Kombination von objektiven Leistungsmassen und subjektiver Beurteilug häufig vorteilhaft Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 61 / 62

Literaturhinweise: Baker, G. (2002): Distortion and Risk in Optimal Incentive Contracts. Journal of Human Resources, 37, 728-751. Bull, C. (1987): The Existence of Self-Enforcing Implicit Contracts. The Quarterly Journal of Economics, 102, 147 159. Fehr, E. und K. Schmidt (1999): A Theory of Fairness, Competition, and Cooperation. The Quarterly Journal of Economics, 114, 817-868. Kräkel, M. (2007): Organisation und Management. 3. Aufl. Tübingen. MacLeod, B. und J.M. Malcomson (1998): Motivation and Markets. The American Economic Review, 88, 388-411. Medoff, J.L. und K.G. Abraham (1980): Experience, Performance, and Earnings. Quarterly Journal of Economics, 95, 703-736. Millward, N., Stevens, M., Smart, D. und W.R. Hawes (1992): Workplace Industrial Relations in Transition: The ED/ESRC/PSI/ACAS surveys. Dartmouth. Prendergast, C. (1999): The Provision of Incentives in Firms. Journal of Economic Literature, 37, 7-63. Dr. Susanne Neckermann (Uni Mannheim) Personal und Organisation Herbstsemester 2010 62 / 62